Und ob(8 glaubhast erscheint, wenn dieser behauptet, daß ohne seinWissen und Willen ihm die Druckschristen zugesendet wordenseien."„Welchen Anlaß" rc. tc.! Das ist nicht mehr Kautschuk, der doch nochder Dehnung einigen Widerstand entgegensetzt, das ist der flüssigsteStoff, den es überhaupt geben kann. Die Kröte der Fabel, die imLeuchten des Glühwürmchens einen„Anlaß" findet, auf daffelbs loszu-fahren, ist danach glänzend gerechtfertigt, denn welche mißliebige Personwäre wohl nicht verdächtig, die Uebersendung verbotener Schriften ansie„wiffentlich" veranlaßt oder mindestens geduldet zuhaben? Schondie bloße Thatsache, daß jemand aus seiner ovvositionellen Gesinnungkeinen Hehl macht, kann für die„unbekannten Verbreiter", die man nuneinmal nicht packen kann, ein„Anlaß" sein, ihm die staatsumstürzendeWaare ins Haus zuschicken, und somit zur strafbaren„T h eiln a h mean der Verbreitung" werden. Der Richter, der nun nicht verurtheilt,ist selbst reif für's Gesänzniß.„Das," schließt die„Frankfurter Zeitung", welcher das Verdienst ge-lührt, die Aufmerksamkeit des Publikums auf die reichsgerichtliche Lei-stung gelenkt zu haben,„ist die neueste Blüthe auf dem reichen Beetereichsgerichtlicher Rechtsprechung! dienstwonniglich wird sie vornehmlichden Staatsanwälten duften, die strebsam in Erfüllung ihrer Pflichtensind."Und, fügen wir hinzu, Früchte wird sie tragen, wie sie die privilegir-ten Staatsretter in ihren kühnsten Träumen nicht zu ahnen gewagt.Denn wer wollte daran zweifeln, daß es nunmehr aus ist mit derSozialdemokratie, aus mit der Verbreitung des verhaßten, ohne Rücksichtauf die Konvenienzlügen der Monarchie geschriebenen„Sozialdemokrat"?In deutschen Schulen lehrte man bisher der heranwachsenden Jugend,wie die alten Germanen, empört über die rabulistischen Künste der römi-fchen Advokaten, nach der Schlacht im Teutoburger Walve d-nselben, wosie ihrer habhast wurden, mit den Worten:„ Z i s ch, du N a t t e r!"die Zungen aus dem Hals geriffen hätten, und zwar als berechtigtenAkt des empörten natürlichen Rechtsgesühls. Wir rathen, diese Geschichtein allen Volksbüchern zu unterdrücken, es könnten sich sonst ganz eigen-thümliche Gedanken aufdrängen. Man lebt schließlich nicht umsonst ineiner Zeit, da die Rückkehr zu„deutscher Art und Sitte" von allenöffentlichen Tribünen herab gepredigt wird.Sozialpolitische Rundschau.Zürich,»4. September 1SS7.— Unsere Polizei, so schreibt man uns aus Deutschland,hat sich noch imnrer nicht von ihrer Verblüfftheit über dieöffentliche Einladung zum sozialdemokratischen Partei-Kongreß zu erholen vermocht. Sie wähnte, mit Hilfe des Reichs-gerichts und deS Freiberger Urtheils die Kette des Sozialistengesetzesfür ewige Zeiten um die verhaßte Sozialdemokratie geschlungen zu haben,und siehe da: e i n W o r t des Gefesselten— und klirrend ist die Kettezersprungen.Wozu nun die Reichsgerichts-Kniffe? Wozu die Freiberger Schmach?AlleS umsonst. Umsonst die deutsche Justiz prostituirt. Umsonst Deutsch-land vor aller Welt an den Pranger gestellt. Umsonst die schmutzigeSelbstbefleckung! Wie Spinnweben ist das mühsam geflochteneNetz des Lugs und des Trugs zerriffen, und lächelnd spottet die deutscheSozialdemokratie der verdutzten Schergen!Wie sie nur so dumm sein konnten! Man begreift es in der Thatnicht. Aber freilich, es ist ja immer so gewesen. Die gemeine Selbst-sucht im Bunde mit der Gedankenlosigkeit und der faulen Angst vordem Neuen hat zu allen Zeiten solch kindische Versuche zur FesselungdeS voranschreitenden Menschengeistes herbeigeführt. Und da die Ge-dankenlosigkeit sich nicht belehren läßt, so kehrt sich dieses traurigePolizeivolk auch nicht an die Erfahrungen der Vergangenheit und wieder-holt stumpfsinnig die alten albernen Versuche.Feuilleton.«iDie sozialen Parteien und unsere Stellungzu denselben."Die Literatur über die soziale Frage wächst bergehoch, so daß es demEinzelnen ganz unmöglich ist, allen ihren Erscheinungen zu folgen, selbstwenn Mittel und Zeit uneingeschränkt ihm zur Verfügung stehen. Dasbekannte Bibelwort:„Viele sind berufen, aber wenige auierwählt" giltauf keinem Gebiete mehr als aus dem der sozialen Literatur. Wennneun Zehntel deffen, was die Druckerpressen verläßt und mit dem An-spruch, als soziale Weisheit zu gelten, auf den Markt tritt, ungedrucktblieb«— die Welt verlöre nichts daran.Diese Art geistiger Produktion hat mehr einen symptomatischen als lite-rarischen Werth; sie ist symptomatisch, weil sie daS Göhren und Drän-gen der Geister verräth, die sich durch die soziale Bewegung angeregtfühlen, und die Aufregung anzeigt, welche die weitesten Schichten derGesellschaft ergriffen hat. Unmittelbar vor dem Ausbruch der Refor-mation und der großen französischen Revolution machten ähnliche Er-scheinungen sich geltend, und so werden auch diesmal die Wirkungenähnliche, die Folgen aber werden, entsprechend der total verändertenBühne, dem anders gearteten Charakter und der weit größeren Zahlder Akteure wesentlich verschieden sein. Wie 1517 und 1525 sich von178S und 1793 unterschieden, so auch das künstige Weltdrama von demletzteren.Die Erregung ist also da, und sie macht sich in zahlreichen literarischenProduktionen Luft, alle dazu bestimmt, dem geschichtlichen Werdeprozeßeinen Anstoß nach rechts oder nach links zu versetzen, da das kleineRenschlein nun einmal von dem Glauben nicht ablaffen kann, daß ernur des archimedischen Punktes bedürfe, um dem Weltenrad die Schnel-ligkeit seiner Umdrehung vorzuschreiben.Vor Allem ist es das stetige, dem beständig um eine Insel steigendenWaffer zu vergleichende Wachsthum der Sozialdemokratie, das die alt«Gesellschaft aus Rand und Band bringt und sie veranlaßt, nach Abwehr,nach Hilfs« und Rettungsmitteln zu suchen. Jeder schleppt herbei, wasSein Verstand ihm eingibt, da aber jeder nur auf Rettung des Bestehen->e» bedacht ist und jeder das für das Wichtigste hält, waS seinem Jnter-essenkreis, der in der Regel auch sein Jdeenkreis ist, am nächsten liegt,entsteht durch alle diese Borschläge eine Art babylonischer Sprachenver-wirrung: man kommt vor lauter Vor- und Rathschlägen zu keinen Hand-lungen. Mittlerweile aber steigt die Fluth Schritt vor Schritt, über«schwemmt die Insel Stück vor Stück, bis mit der Unterspülung desletzten Dammes der ganze alte Bau in sich zusammenstürzt, den Bodenfür ein neues Gebäude freimachend.Diese und ähnliche Gedanken überkamen uns, als wir daS von Kon-rad Wilhelm Kambli, Pfarrer in St. Gallen, verfaßte, imVerlag von Huber u. Cie. in St. Gallen erschienene voluminöse Buchlasen, das als Titel die Ueberschrift dieses Artikels führt. Kambli hat,wie er in der Vorrede angibt, sich fest Jahrzehnten mit sozialen Studien„vom christlichsitilichen Standpunkt aus" befaßt, auch Vorträge übersoziale Thematas in verschiedenen Städten der Schweiz, ferner in Straß-bürg, Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt, Worms gehalten; auch hat erauf dem Reformtag in Murten(Juni 1834) das Referat über dasThema„Die Stellung des freien Christenthums zu den sozialen Par«teien" gehabt.Dieses Referat gab die nächste Anregung zu dem vorliegenden Buch,das in der Hauptsache sich als eine Kompilation der literarischen Auslassungen aller möglichen sozialen Parteien und Schriftsteller darstelltund daher, wie der Verfasser selbst zugesteht, vielfach einen mosaikartigenCharakter hat. Der Verfasser läßt, wie er angibt, mit Vorliebe die ver-schiedenen Autoren selbst sprechen, well dies zur Orientirung jener Leserdiene, die wegen Mangel an Zeit das Studium der einschlägigen Lite-ratur nicht vornehmen könnten.Genug— unsere Polizei steht heute— nach gut 14 Tagen— voll-kommen starr da, wie das Milchmädch-n der Fabel, dem der Topf, aufden es all seine Hoffnungen gesetzt, plötzlich in Stücks zerbrochen.Ein Hoffnungsstrahl kam ihr nach dem ersten Schreck:„Das Ganzeist nur eine Finte— die Einladung eine Komödie, und die Tagesord-nung eine Kulisse, hinter der die Geheimbündelei sich versteckt. Drumflugs die Spitzelarmee mobil gemacht, die Verschwörer beim Ver-schwörungswerk ertappt— und wir haben den schönsten Geheimbunds-prozeß von der Welt, so daß der große Butzenmann Putty vor Ver-gnügen an die Decke springen und in der bekannten unnachahmlichenPose vor die staunende Menschheit hintreten und ihr verkünden kann:Ihr habt mich lange verlacht, lang« nicht an meine Größe glaubenwollen— jetzt könnt Ihr nicht mehr zweifeln— ich habe die Gesell-schast gerettet! Ich bin ein großer Mann— ancd' io sono— nunwas? Zwar nicht ein Rafael seacalnm von sst pictnm), aber dasgrößte Polizei-Genie meines Jahrhunderls. Was, meines Jahrhun-derts? Rein, aller Jahrhundertel"Ach, es wäre ja so schön gewesen— ach, es hat nicht sollen sein!Der arme Putty ist um seinen Lorbeer gekommen, trübselig flattertder gelbe Ziegenbart im Winde, und die verlockenden Aussichten aufeinen Riesenfang und einen Riesenprozeß sind wie ein Nebelbild in derLust zerflossen.Diese abscheulichen Sozialdemokraten haben all die schönen Hoffnungendurch«in einziges Wort zerstört: sie wollen öffentlich tagen, öffent-lich— nicht vor Putty's Spitzeln, aber vor Männern von Stel-l u n g und allgemein geachtetem Namen, so daß sür diePolizeiromans der Jhring-Mahlow und Konsorten kein Raum ist. Wennes auch gelingt, einen beliebigen Jhring-Mahlow oder mehrere in denParteitag hineinzuschmuggeln, was nützen ihre pflichteifrigsten Enthül-lungen, wenn unparteiische Männer von angesehener Stellung und makel-losem Ruf vor Gericht hintreten und sagen:Die Kerle haben gelogen!Gibt es ein deutsches Gericht, das einem Mann von angesehenerStellung und makellosem Ruf weniger Glauben beizumessen wagte alseinem Spitzel, und wäre er der bestempsohlene Vertrauensmann desPuttkamer?Soweit sind wir selbst in Deutschland noch nicht gekommen. Neulich ersthat das Altonaer Gericht seiner Verachtung sür Spitzel scharfenAusdruck geben, und das Reichsgericht sogar hat noch immer lieber zuden elendesten Rabulistereien seine Zuflucht genommen, als den Schimpfauf sich zu laden, als glaube es einem Spitzel, heiße er Horsch. Jhring-Mahlow, oder wie die„Pflichtgetreuen" deS Puttkamer sonst heißenmögen.Also das Spiel ist durchkreuzt, und der unglückliche Putty mit seinergeschlagenen Polizei wird thun müssen, was andere Menschen unterähnlichen Verhältnissen zu thun haben: er wird geschehen lassen,wasernichtändernkann.Im Allgemeinen ist das Vorgehen der Sozialdemokraten vom Publi-kum sehr günstig aufgenommen worden. Mit Ausnahmenotorischer Polizeiorgane— und selbst diese haben meist, wenn auch nurindirekt, die Unanfechtbarkeit der Einladung zugeben müssen— hat diegesammte Presse das Versahren der Sozialdemokraten gebilligt,die Korrektheit desselben anerkannt, und verschiedene gegnerische Blätterhaben es sogar ausgesprochen, daß daS Tagen eines sozialdemokratischenKongresses im öffentlichen Interesse liege.Trotzdem er noch nicht stattgefunden, können wir doch schon jetzt fest«stellen, daß der Kongreß der deutschen Sozialdemo-kratiegelungenist.Die deutsche Sozialdemokratie hat ihren Feinden einen betäubendenSchlag versetzt— sie hat den Vortheil deS Erfolgs für sich— umso mehr, da dieser Erfolg«in moralischer Triumph ist.Ja, ein moralischer Triumph!Und die Polizei fühlt das sehr wohl. Der einzige Polizist, der esvielleicht nicht fühlt, ist unser brave Putty. Und der kann ja nichtsdafür.Bedecken wir ihn mit dem Mantel deS Mitleids!— Heilig ist da» Eigenthum. Die Firma Brockhaus inLeipzig ist dieser Tage in Berlin in zweiter Instanz miteiner Klage gegen den Schriftsteller W. Lange, Redakteur der„DeutschenWir wollen dem Verfasser das Zeugniß ausstellen, daß er in derZitirung der Autoren möglichst unparteiisch verfahren ist, es versteht sichaber von selbst, daß der Leser trotzdem auf solche Weise kein objektivesBild der Bestrebungen der verschiedenen Parteien erhalten kann. Auchsind theilweise die Quellen, nach denen zitirt wird, von sehr Zweifel-haftem Werth. So wenn Kambli zur Beurtheilung des Nihilismus einelängere Stelle aus W-ber's„Allgemeiner Weltgeschichte" anführt, dieüberhaupt mehrfach als maßgebende Stimme über Personen und Par-teien herhalten muß, dazu aber unseres Erachtens ebenso wenig zu ver-wenden ist, wie ein Brockhaus'sches oder Meyer'sches Konverfations-Lexikon. Sehr kärglich in der B-urtheilung sind auch die englischen Ge-werkvereine und die amerikanischen Ritter der Arbeit weggekommen,wohingegen den christlich-sozialen Bestrebungen und ähnlichen Strömungenin Deutschland über Gebühr Beachtung geschenkt wurde. Das ergibt sichallerdings aus der Stellung deS Verfassers als Pfarrer. Neu war unsauch, John Stuart Will als sozialistischen Schriftsteller aufgeführt zufinden, wie denn überhaupt gegen die bezüglichen Rubrizirungen ver-schiedener Autoren sich sehr begründete Einwendungen machen ließen.Doch dies ist alles Nebensache, die Hauptsache ist die Tendenz deS Buchs,der Standpunkt des Verfassers. Wir haben es zur Abwechslung einmalmit einem„freisinnigen Protestanten" zu thun, im Gegen-satz zu den orthodoxen protestantischen oder ultramontanen Geistlichen,die bisher fast ausschließlich die Wortführer in der religiös-sozialen Be-wegung waren. Wie bei diesen ist aber auch nach Kambli„die sozialeFrage innerlich«ins mit der religiösen", fie fließe mit dieser zusammen,ja fie sei„ihrem innersten Kern nach" die religiöse Frage, eine Behaup-tung, die allen Thatfachen widerspricht, und zu welcher wir nur die Achselzucken können. Wäre beides eins, die eine nur durch die andere zu lösen,wie beantwortet sich dann die Frage» daß das Christenthum in 18 Jahr«Hunderten die soziale Frage nicht ,u lösen vermocht-, so krampfhafteVersuche es in allen Jahrhunderten machte, soziale Fragen in feinemInteresse auszunutzen? Alle Versuche, die soziale Frage auf demBoden des Christenthums zu lösen(so der kommunistische J-suitenstaatin Paraguai, die kommunistischen Sekte« des Mittelalters und der Neu-zeit), haben bewiesen, daß die soziale Frage durch die Religion nicht zulösen ist, und die tiefgehenden Differenzen, religiöser wie sozialer Auf-fassung, die innerhalb der patentirten Bekenner deS Christenthums vorhanden sind und unter ihnen jede« gemeinsame Vorgehen, jede Einigungunmöglich machen, sollten jedem halbwegs klarblickenden Geist zeigen,daß hier sehr weltliche Jnteressenfragen, die nur unter religiöser Maskesich verstecken, die entscheidende Rolle spielen.Da« Christenthum hat sich biSh-r unfähig zur Lösung der sozialenFrage gezeigt, und eS wird sich mit jedem Tag« der Entwickelung nurunfähiger erzeigen. Jeder Tag schärft mehr die Gegensätze, bringt diewahre Natur der sozialen Frag- alS einer«lassenintereffenfrage schärferzum Vorschein und zerreißt so immer mehr dm Schleier, dm Phrasen-thum und Gefühlspolitik jeder Art oder absichtliche Täuschung über fiezu verbreiten suchtm. Wer nach all den zahlreichen, klar vor Augenliegenden Thatfachen, welch« da» Verhalten der herrschenden Klassen, derKirche und der Regierungen der Arbeiterklaffe gegenüber täglich liefert,noch an die Möglichkeit einer Aussöhnung der bestehenden Klassmgegm-sätze glaubt, mit dem ist nicht zu rechten, der ist mit unheilbarer Blind«heit geschlagm und mit unzerstörbaren Jllufionen behaftet. Ueberall sehenwir die Vertreter des Christenthums, des katholischen wie deS protestantischen, die orthodoxe wie die sogenannt« freisinnige Richtung— letztereist überhaupt nur sporadisch vertretm und ist in keinem Staate und iu�keiner Kirche von irgendwie hervorragendem Einfluß— mit den Vertretern des Klassenstaats und der Klassenherrschaft Hand in Hand gehen,und bei allen Knebelungen der Arbeaerklusse bereitwilligst Handlangerdienst« verrichten. ES kann nach alledem auf un» nur erheiternd wirken,wenn Kambli schreibt:„Wie nach der Sage jener Abgrund in Rom stcherst schloß, als ein edler römischer Bürger in voller Rüstung stch alsOpfer hineinstürzt«, so wird auch die Kluft»wischen Arm und Reich sicherst schließen, wenn die Besitzmden im Stande find, nicht blos das ihrige,sondern fich selbst den Armen hinzugeben, die Schranken, welche imFühlen und Dmken, und darum im ganzen Benehmen fie von«inanderSchriftstellerzeitung", abgewiesen worden, trotzdem letzterer sie„Urb et-treter des siebenten Gebotes" genannt, und ihr„llnvevfrorenheit, um nicht zu sagen Unverschämtheit und Frechheft" vorgeworf«!hatte. Der Klage lag folgender That bestand zu Grunde:Die Firma F. A. Brockhaus hatte in einer von ihr herausgegebmeiSammlung spanischer Werke auch f i e b e n W e r k e des in seinem Vaterlande hochgeschätzten Dichters Trueb, in der Ursprache zum Abdruck gebracht, damit große Geschälte nach den spanisch sprechende»Ländern des südlichen Amerikas gemacht, dem Dichter selbst aber keine»Pfennig Honorar bezahlt. Einsp äteres Werk brachte nun i»Gestalt eines offenen Brieses an die Firma Brockhaus einen Schmerzen»schrei des um die Frucht eines langjährigen, mühseligen Wirkens uiüSchiffens gebrachten Dichters, und als die Frage des Abschlusses einerLiterarkonvention mit Spanien auf der Tagesordnung stand, druckte di>„Deutsche Schriftstellerzeitung" jenen wehmüthigen EchmerzensschrsTrueba's ab, um damit die Rothwendigkeit einer solchen Konvention z>erweisen.Durch diesen Brief nun, der die oben zitirten Sätze, letzteren sog«wiederholt enthielt, fühlten sich die Herren Eduard, Rudolf und Alber!Brockhaus beleidigt und strengten die Privatklage an. Das Schöffe»gericht hatte seinerzeit auf Freisprechung erkannt, weil es überzeugt war,daß den Angeklagten nur eine gute Absicht geleitet habe und demselbe»der Schutz des§133 voll zur Seite siehe. Das Schöffengericht hat»mit dem Angeklagten die Han dlungsweise der Kläger für sittlich v«r>werflich erachtet und gemeint, daß es unmoralisch sei, sich das geistigEigenthum eines anderen anzueignen, auch wenn demselben das objekti»Recht keinen Schutz gewährt.Di« Strafkammer VI» des Berliner Landgerichts stellte sich durchs«auf den Boden dieses ersten, sehr vernünftigen Erkenntnisses und«kannte auf Verwerfung der Berufung.Bis soweit wäre die Sache für unS von keinem besonderen Jnterefflder literarische Diebstahl ist schließlich nur eine Form der allgemein bitriebenen Ausbeutung der Arbeit— der geistigen wie der körperliche»Was uns veranlaßt, ihrer zu erwähnen, ist, daß die Herren Brockhau« eifrige Macher der Ordnung»Partei, der patentirt«Vertreterin des Patriotismus, und Retterin des bedrohten Eigenthums sind. Ein Mit ilied der Firma ist wiederholt in Sachsen als Ka»didat der Ordnungsmischmaschpartei aufgetreten. Nun, der Patri»tismus der Herren Brockhaus hat durch die russische, und des ProfitS halber politisch russifizirte Ausgabe ihres KonversationSlexiko«die beste Beleuchtung erfahren, sehen wir jetzt, wie es um ihre Achtu»vor dem E i g e n t h u m, vor den Früchten fremder Arbeit steht!Schüchtern sind die Herren weder hier wie dort, aber dafür sind ßum so empfindsamer. Stehlen ist angenehm, wenn'S was einträgt, ab«fich den Diebstahl vorwerfen lassen— pfui l da klagt man. Bismarldas Musterbild jedes wohlgesinnten Deutschen, würde ganz ebenso HandelAber, es gibt noch Richter in Berlin— wenn der Beleidigte n«Bismarck heißt. Und so fielen die Herren Brockhaus verdienlermaßab. Einen Trost gab ihnen der Angeklagte auf den Weg. In der Klajbeantwortung verlas er aus eine m Buch folgende Stelle über den Radruck:„Nachdruck wird jene liter arische Freibeuterei genau»welche mit Verhöhnun g de S Rechts und der Sitten d«auf ausgeht, da zu ernten, wo an der« fäeten. Das Gewerbe de« Raidruckers ist eine mala Ms begangene Schlechtigkeit, auf ihm ruhidie öffentliche Schmach und die öffentliche Verachtunidas Gewerbe ist ehrlos und unmoralis ch."Das Buch, in welchem solches steht, ist— der Band eines K o nv eosationslexikons, das er schienen ist im Verlage der berühmt»Firma W. A. BrockhauS.Die öffentlicheV erachtung den gewerbsmäßigen Nachdrucker»— Zur Rechtspflege des Militärstaat». Ran schreibt unS o«Halberstadt:Eine Angelegenheft, die zwar unsere Partei nicht direkt berührt,aber von allgemeinstem Interesse sein dürste und als Warnungsolche dienen kann, denen die schönsten Seiten des Militärstaats iw<nicht genügend bekannt sind, möchte ich zur öffentlichen Kenntniß bring«Vier Handschuhmachergehülfen und ein Lehrling sahen von ihrer Werstatt aus, wie aus dem benachbarten Kasernenhofe ein Kürassier„vo«trennen, niederzureißen." Nun ja, es ist möglich, daß ein einzelner Ph<»tast oder sagen wir, wenn dies besser klingt, ein einzelner Ideologe d«sagenhafte Beispiel des römischen Ritters nachahmt und sich opfert,Wahne, Unmögliches möglich zu machen, aber eine ganze Klassewahrt ihr Lebens- und Selbsterhaltungstrieb vor solcher Selbstaufopsrung, solchem Selbstmord, sie wird lieber im Kampse untergehen, ddas opfern, was nach ihrer Ansicht ihr das Leben allein wünschenswestund begehrenSwerth macht. Ran muß vor dem ges chichtlichen Entwicklungsprozeß gewaltsam die Augen verschließen und muthwillig die Net<kappe über die Augen ziehen, um sich solchen Jllufionen hingebenkönnen.„Der Sozialismus wird christlich sein oder er wird nicht sein," r»Kambli, die Christlich-Sozialen Englands zitirend, emphatisch au». DSozialismus hat stch erlaubt, in der Welt zu erscheinen, ohne das Cistenthum zu fragen, er ist in der einzigen Form von entscheidender!deutung, in der Sozialdemokratie, in direktem Gegensatz zum Christ«thum erwachsen, er wird sich auch weiter entwickeln und zum herrschend«System gelangen, ohne daS Christ enthum als Krückstock zu gebrauchen.Das Christenthum thut dem So zialiSmus gegenüber nur,«aS es allneuen Zeitströmungen gegenüber bisher gethan hat: es sucht sich sei«zu bemächtigen und ihn zu fälschen. Erkennend, daß eS siegreich nbgegen ihn ankämpfen kann, versucht es, ihn zu korrumpiren, und da stdies nicht gelingt, trftt es als sein Todfeind auf und ist bestrebt,mit allen Mitteln zu vernichten, zu welchem Zweck eS sich wie imn»zur dienenden Magd der herrschenden Klassen hergiebt, die ihrersefts'ihrem Verzweifiungskamps gegen den Sozialismus seine Bundesgenosse'nicht entbehren können. Der„Kulturfriede" in Deutschland zwischen d«protestantischen Kaiser und dem römischen Papst zeigt das schlagend U«deutlich.Das Christenthum hat sich bisher allen herrschenden Strömung«akkommodirt sangepaßt). Um das Heidenthum zu verdrängen, nahm«heidnische Sitten und heidnische Gebräuche in seinen Kultus auf. ZCAuSgangS des Mittelalters die fortschreitende Kultur das Bürgerth»als maßgebende Klasse erscheinen ließ, suchte es sich durch die Reformtum den Herrschastibedingungen der neuen Klaffe anzubequemen;wurde„freies Protestantenthum" unter der modernen freigeistigen Bollgeoisie, ist orthodoxes Muckerthum unter Junker- und Aristokratenhe«fchaft und blieb starr ultramontan für alle rückständigen Gesellschaftschichten und Völkerschaften. So entspricht es in allen seinen Abstufung'den Herrschaftsbedürfnissen der maßgebenden Klassen, und«S kann natvgemäß nicht mit einer Bewegung fympathistren und von ihr auf günstüAufnahme rechnen, die allen Formen der Herrschaft und Knechtschaft b»Krieg erklärt und ihnen ein Ende vorbereftet..Kambli will freilich von dem ganzen dogmatischen Christenthum nilpwissen, er begreift und gibt zu, indem er die bekannte Uebersetzung r«Aoes Guyot und Sigismund Lacroix:„Die wahre Gestalt de S Christ«!thums" krftifirt, daß die Sozialdemokratie alle Ursache habe, dies'Christenthum zu hassen und zu bekämpfen. Aber nach seiner Meimckschüttet fie das Kind Mit dem Bade aus; was die Sozialdemokratie»Christenthum bekämpft, ist nach ihm kein wahre» Christenthum, daS 1siarres Dogmenthum, Buchstabenglaube, ein« Art Götzendienerei. D«„wahre Christenthum" repräsentirt nach ihm allein der„freisinnige P»testantismu»", dieser ist die„wahre Religion", der Repräsentant dss„echt christlichen Geistes", der die Welt erfüllen und die Gegensätzeihr zur Aussöhnung bringen soll. Ganz abgesehen davon, daß so la»es Interessengegensätze und Klassenkämpfe innerhalb der Menschheit g«diese Gegensätze und Kämpfe nie durch Gefühle ausgeglichen wurdeund alle herrschenden Religionen stet» nur ein Mittel zur Aufrel?erhaltung des bestehenden SozialzusiandeS waren. Wir fragen: Ist d»Christenthum, das Kambli vertrftt, überhaupt noch Christenthum?(Schluß folgt.)