Aus Frankreich.Die anläßlich diL Streiks der Bergarbeiter von Decaze«»ille gegründete Genossenschaft der Minenarbeiter vonR i v e- d e- G i e r hat vor Kurzem den Jahrestag ihre» einjährigenBestehens gefeiert, und dies gegen alles Erwarten. Die Umstände, unterdenen ste ins Leben trat und zu arbeiten hatte, waren so ungünstig— siewaren absichtlich derart gewählt worden, um die Unentbehrlichkeit derKapitalisten zu demonstriren— daß man von vornherein sich den stärk-Pen Zweifeln an der Lebensfähigkeit der Genossenschaft hingeben mußte.Für uni Sozialisten haben ja überhaupt diese Art Arbeiterzesellschaf-ten nicht viel Berlockendes. Erstens sind sie im besten Falle nur einTropfen im Meer, ein Nothbehelf für einige wenige Arbeiter, ohneNutzen sür die ganze Klaffe. Soll dieser geHolsen werden, so müssen dieProduktivgenossenschasten in großem Maßstab, unter Mitwirkung derganzen Gesellschaft organiflrt werden. Weiter wird der Charakter derbetreffenden Arbeiter sehr oft„verunternehmert". Endlich ist die kleineArbeitergenoffenschaft den benachbarten großen Kapitalistengesellschastenauf Gnade und Ungnade preisgegeben. Letztere können mit ihren reichenMitteln der ärmeren Arbeitergenoffenschaft eine erbarmungslose Kon-kurrenz machen, der sie unfehlbar erliegen muß, und der Ruin wirddann fälschlicher und ungerechtfertigter Weise gegen den Sozialismusausgebeutet.So verhielten sich auch die französischen Sozialisten dem Unternehmenvon Rive-de-Gier gegenüber ablehnend, und das mit Recht. Trotzdemverdienen aber wohl die nach einjährigem Bestehen vorliegenden Resultate einer Erwähnung, sie zeigen, was übrigens schon längst bewiesenist, die Entbehrlichkeit der Kapitalisten und die Fähigkeit der Arbeiter,ihre Angelegenheiten selbst zu verwalten.Auf Antrag des Ingenieurs und Deputirten Laur überließ die Regie-rung im vorigen Jahre den Minenarbeitern von Rive-de>Gier mehrerealte verlassene Schacht?. An dem a l t und verlassen erkennt mandie Großmuth der Regierung, und welches ihre Absichten waren. Vondiesen Schachten werden bis jetzt zwei Minen betrieben, von denen dieeine zwei Einfahrtsschachte hat und eine Tiefe von 60 Metern erreicht.Die Arbeiter haben eine Dampfmaschine angeschafft, desgleichen auch anden Gruben sunktionirende BentilationSapparate. Eine dritte Mine solldemnächst in Angriff genommen werden, bis dato sind 700 Meter Galerien gegraben worden. Die Zahl der beschäftigten Arbeiter übersteigtNicht 60, sie fördern täglich 200 Hektoliter guter Kohle zu Tage undEnden leichten Absatz. Aus den benachbarten Departements sind großeestellungen eingegangen.Vom U. September 1886 bis 31. August 1887 sind 31,450 grs. anLöhnen vertheilt worden. Die Durchschnittslöhne betragen 4.50 Frs. sürHäuer, 4 Frs. für Steinebrecher und 3.50 Frs. für Tagelöhner. DieseLohnsätze stellen zwar nur 78% der in jener Region üblichen Durch-schnittslöhne dar, allein die Arbeiter hoffen auf ein baldiges SteigendtS zur üblichen Höbe. Die Löhne waren während der ersten Monatesehr gering, haben sich jedoch bald gehoben.Der»ericht der Genoffenschastidelegirten sagt, daß die Einrichtungs-kosten fast abgetragen und keine erheblichen Schulden vorhanden sind,und daß eine blühende Zukunft in Aussicht steht.Die Genossenschaft hatte sehr große Schwierigkeiten zu überwinden.Ueberschwemmungen mußten bekämpst, alte verlaffene Galerien von Schuttoereinigt werden, die schlechte Lust war zu vertreiben»c. Ihre Bnge-hörigen mußten sich die größten Opfer auserlegen und Entbehrungenoller Art tragen, um das Unternehmen ins Werk setzen zu können, undwenn sie nunmehr erfreuliche Resultate verzeichnen können, so haben siedies nur ihrer Standhaftigkeit zu verdanken.Ob sich die Genossenschaft lange halten wird, ist eine andere Frag»,die wir nicht bejahen möchten. Der Mangel an Kapital wird sich baldfühlbar machen, und die Konkurrenz größerer Unternehmen wird ihrschließlich d»S Lebenslicht ausblasen. Für den Augenblick gibt sie eineschwache Vorstellung, weffen die organisirte Arbeit fähig sein wird, wennsie mit allen Mitteln einer planmäßigen Produktion ausgerüstet ist.Der Pariser Gemeinderath hat wieder einmal die Regierungsehr in Harnisch gebracht, und dies durch seinen Beschluß, aus den Jahres-tag der Prollamtrung der ersten französischen Republik, den 22. S-p-tember 1822, einen Kongreß aller Kommunen Frank»r e i ch ü— eine Erinnerung an daS Fest der Federationen— einzube-rufen. Die Regierung hat den Beschluß annullirt, aber der Ausschuß desGemeinderathes hält ihn trotzdem aufrecht, nur hat er den Termin desKongreffei verschoben. BiS jetzt haben jedoch nur sehr wenige Gemeinden— vielleicht«in halbes Dutzend, und obendrein sehr kleine Kommunen—die Einladung angenommen. Die großen Zentren der Provinz, die revo-lutionären Städte wie Lyon, Marseille, Toulouse, Bordeaux haben dieEinladung nicht einmal zur Debatte zugelaffen. Dieser Umstand zeigt,daß Paris die Führerschaft im Lande verloren hat, und daß die Pro-Feuilleton.„Kie sozialen Parteien und unsere Stellungzu denselben."(Schluß.)Was auf Seit« 217 und folgende seiner Schrift Kambli als seinereligiöse Ansicht und die des freisinnigen Protestantismus entwickelt, istnicht mehr Christenthum, ist nicht mehr Monoth-iSmuS, da» ist reinerPantheismus, und der Zweifel, ob feine Meinung noch Christen-thum sei, kommt Herrn Kambli auch selbst, denn er stellt aus Seite 2lgan sich selbst die Frage:„Sollte aber die von uns entwickelte Vorstellungvon Gott kein Chnftenthum mehr sein!"— eine Frage, auf die, statt miteinigen Seiten von Scheingründen, welche die Widersprüche- immerschlimmer machen, er logisch und konsequent mit einem kräftigen: Nein!hätte antworten müffen. Entweder ist das Christenihum das historischgewordene Christenthum, oder eS ist kein Christenthum, ein dritte« gibtes nicht. Das historisch gewordene Christenthum beruht auf dem Glaubengn einen persönlichen Gott, deffen Sohn Jesu« Christus ist, gekommenin die Welt, um durch seinen Kreuzestod die Menschen von der Erb-fünde zu erlösen.Wer an diese Grundlehren des Christenthumi nicht glaubt, hat auf-gehört, ein Christ zu sein, und die Orthodoxen wie Todt haben voll-kommen Recht, wenn sie keine Vermittlung zulassen, und jeden, der andiese„Grund- und Heilswahrheiten des Christenthums" nicht mehr glaubt,als Atheisten brandmarken. Uns muthen daher die Widersprüche ganzmerkwürdig an, die darin liegen, wenn Kambli auf Seite 218 schreibt:„Uns ist Gott der der Welt innewohnende Grund, der der Welt inne-wohnende Zweck ihres Leben«, der unendliche Geist, aus dem allesGeistesleben alS auS seinem Urquell hervorgeht, der Ewige, Unveränder-liche, Getreue, bei dem kein Schatten, keine Spur de« Wechsels ist,"wenn er an einer andern Stelle, mit seinem Gesinnungsgenossen Pro-s-ffor Biedermann,*) ein zukünftiges Leben— das« und O des Christen»thums— in Frage stellt, und an dritten Stellen wieder, ganz im Sinneder orthodoxen Chrlstenschaft, von der Gotteskindschaft, der Emanzipa»tion des Fleisches, dem Kreuz, der Selbstverleugnung spricht.Hier kann man mit Recht sagen:«Zwei Seelen wohnen, ach l inseiner Brust." Auf der einen Seite die wissenschaftliche Erkenntniß vondem Widersinn, der Unhaltbarkeit aller Dogmen und Glaubenssätze desChristenthums, auf der andern Seite das Bestreben, wenigsten« denSchein und den Namen zu retten sür eine Ueberzeuzung, die man ausdm verschiedensten Gründen nicht offm und rückhaltlos zu bekennenwagt. Und diese individuellen Ansichten, eingeschränkt durch alle möglichenRücksichten— Ansichten, die jeder nach seinen persönlichen Auffassungenmodelt und bekennt, daS soll eine Religion sein! Das mag der Einzelnefür sich Religion nennen, eine Religion, die eine Bekennerschast vor-aussetzt und einen Kultus ermöglicht, ist ste nicht, und damit hört sieaus, al« sozialer Faktor zu rechnen. Dieser„freisinnige Protestantismus",der jeden sich seinen Gott nach seiner Fagon schaffen läßt, vorausgesetzt,*) Nicht der nationalliberale Leipziger Professor, sondern ein vor nichtlanger Zeit verstorbener Theologe gleichen Namens an der ZüricherHochschule ist hier gemeint.vinz ein eigenes, selbständiges Leben beginnt. Diese Thatsache ist derAusbreitung des Sozialismus sehr förderlich. Die Bürgermeister derGemeinden, die für Beschickung des Kongresses gestimmt haben, sind vonder Regierung abgesetzt worden.In St. O u e n, einem Vorort von Paris, wurde der Bürger-meister sowie sein Stellvertreter abgesetzt, ersterer, weil er nach denSchulprüfungen lauter sozialistische und revolutionäre Werke alS Prämienvertheilen ließ— wenn er den reaktionärsten Pfaffen-ölödstnn ausge-wählt, so hätte kein Hahn danach gekräht— letzterer, weil er sür denKongreß der Kommunen gestimmt. Der Gemeinderath von St. Ouenmacht der Regierung oft zu schaffen, da er ausnahmslos auS Sozia-listen besteht.Die radikalen Blätter stimmen dem Verbot der Regierung, den Kon-greß abzuhalten, durchaus bei. ES ist zu bezweifeln, daß der jetzige Ge-meinderath den Strauß mit der Regierung aufnehmen wird. Und dieArbeiter, d. h. die organisirten, klassenbewußten Arbeiter, werden sichschwerlich sür die in politischer Beziehung radikalen, im Uebrigen aberauch durchaus bürgerlich gesinnten Stadlväter ins Zeug legen.(Zudem ist die Idee eines Kongreffes der Kommunen auch kaum eineglückliche zu nennen. Wenn die Regierung, statt ihn bornirter Weise zuverbieten, sich sür den Kongreß erklärt hätte, so würde wahrscheinlicheine Parodie auf das Fest der Federationen herausgekommen sein. DaSBürgerthum, das in den Provinzialvertretungen dominirt, ist heutealles, nur nicht revolutionär. Die Red.)Unterdeffen geht die Bewegung sür Emanzipation der Arbeiter ihreWege. Für nächsten Monat stehen zwei Kongresse in Aussicht: derNationalkongreß der fozialistischen Arbeiterfederation(Poffibilisten) und der Kongreß der föderirten französischenGewerkschaften zu Montlugnn.Der Nationalkongreß wird die nämlichen Fragen behandeln, welcheder Pariser Regionalkongreß der Arbeiterfederation im vorigen Monatdebatttrt hat.Der Kongreß von Montlugon ist zu dem Zwecke einberufen, die Or-ganisation der Arbeiter in Gewerkiverbänden, welche voriges Jahr ausdem Lyoner Kongreß beschlossen wurde, zu fördern. Dieser von über700 französischen Fachgewerkschaften beschickte Kongreß hat drei wichtigePunkte in sein Programm aufgenommen: 1) Vergesellschaftung sämmt-licher Produktionsmittel, um der Ausbeutung von Mann, Frau undKind ein Ende zu machen; 2) Einführung des achtstündigen Normal-arbeitstages; und 3) Schaffung einer internationalen Fabrikgesetzgebung.In der Einladung zum diesjährigen Kongresse heißt es,„die Arbeiterwerden ausgesordert, sich einem eventuellen brudermör-d e r is ch en Kriege zu widersetzen, einem Kriege, der an Scheuß-lichkeiten AlleS übertreffen wird, was man bis jetzt gesehen, und dernoch dazu unsere Klaffenbefreiung um 20 Jahre Hinaueschieben wird."„Europa," heißt eS weiter,«befindet sich am Borabend eines allge-meinen BrandeS, welcher von der bürgerlichen und monarchistischen Re>aktion angeblasen wird, um noch einmal den drohenden Fortschritt deSSozialismus im Arbetterblut zu ersticken."Die Betheiligung der französischen Genossen an beiden Kongreffen ver-spricht eine rege zu werden. Mit großer Spannung und Achtung blickensie dem Parteitag der deutschen Genossen entgegen, deffen bloße Ankün-digung in der gesammten französischen Presse große Busmerksamkeiterregt hat.Ferdinand Gambon,«in Republikaner im echten, beste» Sinnedes Wortes, ist gestorben. Durch seine hartnäckige Opposition gegen dieJulimonarchie und später gegen daS Banditenreich Napoleon'S bekanntgeworden, blieb er bis zu seinem Tode ein Demokrat vom alten Schrotund Korn, der Alles für daS Volk und durch das Volk erstrebte. Wenner auch den modernen Sozialismus nach seiner theoretischen Seite hinnicht durchdrang, so stand er doch aus Gerechtigkeitsgefühl mit seinemganzen Wollen und warmem Herzen aus Seite des kämpfenden Prole-tariats. sür das er emtrat, wo und wie er konnte. Je seltener heut-zutage Männer, die sich unbefleckt erhalten, um so mehr Ehre seinemAndenken. vu.Sozialpolitische Rundschau.Zürich, 21. September 1887.— AuS Chicago kommt die Nachricht, daß der oberste Gerichtshofvon Illinois die Berufung der wegen der Mai-Unruhen vom vorigenJahre zum Tode verurtheilten Anarchisten abgelehnt, ihr Gesuch umdaß er überhaupt einen solchen besitzt, ist das auf das religiöse Gebietüb-rtragen« Manchesterthum; nicht mehr und nicht weniger. Dieser„frei-sinnige Protestantismus" bildet keine Kirche und keine Religion, undeine Partei nur insofern, al« seine Anhänger in der Negation einig stnd;in allem Positiven gehen sie weit auseinander, sie haben weder ein ge-meinsameS religiöses, noch politisches, noch soziales Glaubensbekei.ntniß,und da möchten wir in der That wissen, wie der„christliche Geist" be<schaffen sein soll, durch den allein nach Kambli die soziale Frage zu be-friedigender Lösung gebracht werden kann. Feste, bestimmte Zielpunkte,klares, bestimmtes, programmatisches Handeln. Geschlossenheit der Gleich-strebenden sind die ersten Bedingungen zur Lösung einer Aufgabe, undweil diese die Sozialdemokratie besitzt, sie besitzt als eine aus den Klassen-gegensätzen der Gegenwart naturnothwendig hervorgegangene Partei,deren Ziel durch ihren Ursprung klar, unzweideutigund unabänderlich geschichtlich vordiktirt ist, wird sieüber das ganze Konglomerat all ihrer Gegner schließlich siegen. Die!«der Partei immanente„historische Mission" ist es, welche ihr trotz allerVerfolgungen, aller Anfechtungen, aller Hindernisse die felsenfeste Sieges-zuverstcht gibt und sie über alle Machinationen der Gegner, große wiekleine, kaltblütig Hinwegichreiten läßt.Kambli hat sich mit den Hauptschriften der Sozialdemokratie befchSf,tigt, ihm stnd die Arbeiten von Marx, Engels, Laffalle, Liebknecht, Bebel,Dietzgen k. bekannt, und er hat die Güte, der Sozialdemokratie nebenverschiedenen schlimmen auch einige gute Seiten zuzuschreiben. Aber seinePolemik gegen die sogenannten schlimmen Seiten der Sozialdemokratieberuht augenscheinlich aus starkem Mißverständniß und Mangel an Durch-drinaung deS Gegenstandes. So z. B. wirft er, wie alle ihre Gegner,der Sozialdemokratie vor, sie bedrohe die persönliche Freiheit und schaffeeinen ZwangSzustand, der jede freie individuell« Entwickelunz verhindere.In gleichem Athemzug polemisirt er aber namentlich gegen B-bel'SSchrift„Die Frau" und bestreitet, daß jene Vielseitigkeit der menschlichenBusbildung möglich sei, die Bebel an der Hand historischer Beispiele alsin einer fozialistischen Gesellschaft in viel höherem Maße alS heute durch-führbar prognostizirt. Er fragt Bebel sogar etwas pikrrt auf dessen Aus-führungen hin, daß die heutige Handwerks- und profeffionsmäßige AuS-bildung einer universellen Ausbildung Platz machen werde, ob es auchkeine Kunstdrechsler von Profession mehr geben, sondern auch auf diesemGebiete der„Dilettantismus" das höchst« leisten werde, eine Frage, diesehr leicht zu beantworten ist. Der sogenannt« Dilettantismus, der aberam meisten diejenigen umfaßt, die aus innerem Beruf, auS„Herzensdrang", aus innerer Freude an einer bestimmten Thätigk-it,wenn auch nur als Rebenaufgabe, sich ihr widmen, hat auf allen Ge-bieten menschlichen WtgenS und menschlicher Entdeckungen daS Groß-artigste geleistet, und zwar so sehr, daß es noch sehr die Frage ist, obNicht die meisten der grobariizsten wissenschaftlichen Entdeckungen undmenschlichen Fortschritte mehr den sogenannten Dilettanten aus Herzens-drang, als den zunftmäßig Gelernten aus Berufszwang zuzuschreibenfind. Kambli alS Pfarrer sollte z. B. die Frage nah« liegen, warum eS«m verachteter jüdischer Zimmermannssohn und«in niedrig geborenerArabischer Kameeltreiber und nicht Gelehrte ihrer Zeit waren, welche dieBegründer der beiden wichtigsten Religionen der Welt wurden. Auchweiß Kambli so gut wie wir, daß der erfolgreichste und größte Apostelde« Christenthums nicht ei» Studirter, sondern ein armer Teppichweber-gesell« war; ferner daß wir die heute allseitig anerkannte Lehre vonunserem Planetensystem einem Berufszeistlichen(KopernikuS) verdanken,daß ein Barbier, Arkwright, die Spinnmaschine erfand u. s. w. u. s. w.Auch wollen wir aus die oben gestellte Frage an Bebel Kambli ant-einen neuen Prozeß verworfen habe. Der Tag der Hinrichtung sei auf den 11. November anberaumt. Hinzugefügtwird, daß die Vertheidiger der Verurtheilten an das Obertribunal d«Vereinigten Staaten zu appelliren beabsichtigten, daß dieser Schritt ab«so gut wie aussichtslos sei. Weiter wird gemeldet, daß die Anarchist«mit Repressalien sür den Fall der Hinrichtung drohen, geheime Versamm-lungen abhalten und öffentliche Protestmeetings gegen die Hinrichtungzu organisiren suchen.Die letztere Notiz ist in ihrer konfusen Fassung wieder recht bezeich-nend für die Art der Berichterstattung der Bourgeoispresse. GeheimeVersammlungen und öffentliche Meetings haben nichts mit einander zuthun, wahrscheinlich haben die„Anarchisten" zu ihren Besprechungen üb«die Protestoersammlungen die Herren Bourgeoisreporter nicht zugezogen.Die„Anarchisten", sagen wir. Denn daß an diesen Protestversamm-lungen nicht blos die Gesinnungsgenossen der Verurtheilten, sondern Allestheilnehmen wird, was antikapitalistisch denkt und fühlt, wasnoch ein unabhängiges Urtheil und Gefühl für Rechtund Gerechtigkeit besitzt, das steht für uns von vornherein fest.*)Die sieben Anarchisten sind zu Unrecht verurthetlt, es istihnen keine Beziehung zu dem BoMbcnwerfen nachgetvie-sen worden, es ist ihnen nichis bewiesen worden, als daß sie die Selbst-vertheidigung gegen Rechtsverletzungen gelehrt und sich fürdiese ausgerüstet halten. Der Richterspruch, der sie zum Tode verur-theilt«, ist ein Produkt deS K la s s e n h a s s e s und der Partei-j u st i z: nicht ihre Handlungen, ihre Tendenzen sollen fl? auf de«Schaffst büßen. Und dagegen sich aufzulehnen, ist Pflicht jedes, dersich nicht zum Mitschuldigen der Willkür machen will.Wir zweifeln deshalb keinen Augenblick daran, daß unsere Genossenjenseit« des Ozeans unter den Ersten sind, gegen den geplanten Just-z-mord zu protestiren und die Protestbewegung über das ganze Land hin-aus zu organisiren. Wir schließen uns dieser Bewegung mit vollemHerzen an und vereinigen unsere Stimme mit der der amerikanischen,klassenbewußten Arbeiter und wahrhaften Republikaner zum laute«Protest gegen die Ermordung der Opfer einesschmachvollen Tendenzprozesses. Wir protestiren dagegenals prinzipielle Gegner der Todesstrafe, wir protestire»dagegen im Namen derFreiheit, der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit!— Leben wir in den Zeiten der Inquisition? In Frank-furt am Main sitzt, wie man uns von dort mittheilt, seit dem4. Juni d. I. ein A r b e i t e r Namens Steuerer in Haft, zurück-gehalten von dem sanatischen OrdnungSwütherich FabriciuS, de«nur die Versügung über Daumschrauben, Pechstiesel k. fehlt, um ei«richtiger JnquisitionSmann zu sein.„Warum", schreibt unser Korrespondent,„schmachtet Steuerer ohne Richterspruch im Kerker? Man hat eilttNummer des„Sozialdemokrat" bei ihm gefunden, und will ihn nun zu»Schwur bringen: er soll angeben, von wem er das Blatt hat. Weiler das nicht kann, weil er lieber stumm bleibt, als sich zu einerfalschen Denunziation verleiten zu lassen, saugt man ihm dalBlut tropfenweise aus: Steuerer schmachtet in einem feuchten Gewölbe,ohne Licht, ohne Luft, ohne Buch, ohne daß man ihm den Anblick einelFreundes gestattet. Schändlich! Und wir verlangen keine Gnade, keimBevorzugung für ihn, sondern nur sein gutes Recht, den Schutz, d«die heutige Gesellschaft ihren ärgsten Verbrechern gewährt, den sie selb?Mördern nicht vorenthält— wir wollen einen offenen, ehrliche«Prozeß für unseren Freund!"„Wenn sich aber die heutigen Gewalthaber einbilden, durch solch bru-tales, hinterlistiges Vorgehen, wie gegen Steuerer, ihre Herrschaft zubefestigen, so rufen wir ihnen zu: Thoren, die ihr seid, das Gegentheüwird der Fall sein! Ihr«erdet unser durch solche Mittel am wenigste«Herr werden. Die Sozialdemokratie gleicht dem Strome, der, zu engeingedämmt, brausend aus seinen Usern tritt, AlleS mit sich fortreißend-was sich ihm in den Weg stellt. Verz ehnfacht, verhundertfacht eure Kerker,ihr werdet uns nie und nimmer bändigen!"So der Einsender.Wir aber wiederholen unsere Frag«: Leben wir in den Zeiten derInquisition! Ist auch die Tortur schon wieder eingeführt! Wen«man die Mittel der verrotteten Kriminaljustiz von ehedem nicht ent-behren zu können glaubt, nun, so habe man wenigstens den Muth, eioffen zu proklamiren.*) Lesen wir doch in dem Moment, da unser Blatt in die Preffe geht,daß die DistriktS-Affembly(Sektion) 4g der Arbeitsritter in ReimPark in ihrer am 4. September— also noch bevor der Entscheid desChicagoer Obergerichts bekannt war— abgehaltenen Sitzung den Be-schluß gefaßt,„die in Chicaao verurtheilten Anarchisten finanziellund moralisch zu unterstützen und die» allen Lokal- und Distrikt-Assemblies zu empsehlen."worten, daß Bebel versichert, eS sei unter Fachgenossen ein« allsettig a»erkannte Thatsache, daß unter denjenigen, die sich der KunstdrechslereiauS Liebhaberei, al« Dilletanten, widmeten, eine erhebliche Zahl sich be-finde, die mindestens 95 Prozent der handwerksmäßig gelernten Kunst-drechsler an Geschicklichkeit überträfen. Also auch dieser Hieb war ve«-fehlt. War z. B. nicht auch Ludwig XVI. als Dilettant ein sehr g«-schickler Schlosser, während er in seinem Handwerk al» König unter-mittelmäßig war?Wie es mit den menschlichen Fähigkeiten und der Möglichkeit ihr»Ausbildung steht, dafür kann wohl Jeder aus seiner eigenen nächste«Umgebung merkwürdige Erfahrungen berichten, gar Viele haben sie a«sich selbst gemacht und wissen, waS e» mit der Berufsfreiheit und d»Ausbildungsmöglichkeit in der heutigen Gesellschaft für eine Bewandt-niß hat.Kambli greift auch die Sozialdemokratie an, daß sie die bürgerlich«ZwangSehe und das bürgerliche Privateigenthum aufheben wolle, zw»Institute, die sicher beide aus Zwangs Verhältnissen beruhen und also düpersönliche Freiheit beschränken. Wenn nun die Sozialdemokratie dies«Zwangseinrichtungen beseitigen will, wie reimt sich denn damit der Bor-warf, sie schasse einen ZwangSstaat und vernichte die persönliche Frei-heit? Wo bleibt überhaupt die große staatliche Zwangsanstalt, wen»Engel« und Bebel ausführen, daß in dem Maße wie die sozialistisch«Gesellschaft sich entwickele, der Staat seinen repressiven Charakter, d»ihn allein zum Staat macht, die„Staats idee" bi.det, immer mehr ver-liere und schließlich ganz verschwinde? So könnten wir der Widersprüch«und Ungereimtheiten noch meh r hervorheben, wir verzichten daraus. Mbegreifen, daß Männer, die nicht die Auffassung theilen, daß es sich h'"um einen, auf dem Klaffen- und Jnteressen-Gegensatz beruhenden w-historischen Kampf handelt, oder die nicht den Muth haben, fest de«Dmgen auf den Grund zu sehen, kaltblütig zu prüfen und ohne Rück-ficht auf ihre von Vorurtheilen beherrschten Gefühle, den nüchternen Be«-stand zur Geltung kommen zu lassen, sich selbst die Illusionen schaffe»Es ist die alt« Vogelstraußtaktik, die sich jeden Tag wiederholt, ierklären sie uns, und damit ist sie für uns abgethan.Was Kambli über die BiSmarck'sche sogenannt« Sozialreform und de»Bismarck-Puttkamer'schen Polizei-Sozialismus schreibt, akzeptiren wir, dasfindet unser- Zustimmung, und eS ist gut, daß man sich über den Wertidieses Humbugs im Ausland nicht täuscht. Da« System, daS die Arbetter vo«oben mit Gnadenbrocken glücklich machen will, daS sie aber im Uebrige»belügt und täuscht, jede freie, selbständige Regung bei ihnen unterdrückt-sie mit Gut- und Bluts lasten bedrückt, kann nicht scharf genug veru«-theilt werden.Im Uebrigen können wir natürlich und selbstverständlich unS mit d»Grundauffassung Kambli'S tn keiner Weise befreunden. Wenn er meintes gebe kein soziales Dogma, keine glücklich mach-nd« Wirthschaftslehr«fo sei ihm erwiedert, daß Grundsätze allerdings keine Dogmen sind, un>Lehren an sich nicht glücklich machen. Bus diesen Zopf beißt die Sozial-demokratie nicht. Aber mit Eklektizismus und allgemeiner Grundsatzlosigteit schafft man auch keine neuen Gesellschasisorganisationen. H»man das Grundübel der Dinge erkannt, ist man sich über die Ursacheklar, so kann über die anzuwendenden Hellmittel kein Zweifel bestehe»Ueber das„Wie" und„Wann" mag man streiten, über daS„Ob" tfder Streit ausgeschlossen. Daß„an die Stelle eines sich stets schärfende»Klassenkampfes ein harmonisches, friedliches Zusammenwirren all«»Stände, aller Volksilassen und aller Bildungsstufen trete", um d»„höchste Glück der Menschheit" zu begründen, ist ein frommer Wunsckder ein gutes Gemüth, aber keinen scharfen Verstand, aber schiefe hifl»-