Elend der Kinder in den Wiener Vororten, in allen Jndustriebezirken,in den Gegenden mit„blühenden" Hausindustrien, mit Millionären er-zeugenden Kohlenwerken, bei den ArbeUern und Kleinbauern de« Land-«iithichaft zeigen könnten, wenn wir«S noch so wahrheitsgemäß darstellen könnten, wenn wir es noch so herzergreisend schildern wollten,man würde unS entgegnen, die Sache sei nicht wahr; es sei nicht soarg i es sei«ine Fügung Gottes; eS sei immer so gewesen; eS mußeben Arme und Reiche geben u. s. w.So würde stch die zufriedene und denkfaule Masse dieser Frage gegen-über verhalten, wenn sie für ein ganzes Land gestellt würde. Und diewenigen Egoisten, die das Denken nicht ganz oerlernt hatten, werdenausrufen:„Nach unS die Sündfluth! Tanzen wir nur weiter auf demVulkan und freuen wir uns des Lebens, machen wir uns keine Sorgedarüber, daß an unseren Kindern alles sich rächen wird."Heute läuft man mit dem Klingelbeutel herum, gründet Vereine, umden Kindern ihre Mittagskost zu sichern, vor einer nur halbwegs ener-gischen Maßregel schreckt man zurück. Als in Paris vor einigen Jahrendie gleiche Frage auitauchte, da entschloß stch die Gemeinde, die Kinderunentgeltlich zu beköstigen, ja sie that viel mehr, sie führte neben derallgemeinen Schulpflicht die allgemeine Pflicht ein. sich Mittags von derGemeinde beköstigen zu lasten. Mit einer Fsinsühligkeit, die unserem„gemülhlichen" Wien fern liegt, war der ganzen Maßregel hiermit derCharakter deS Almosens genommen. Das Kind des Millionärs, desMinisters fitzt am gleichen Tische und ißt aus derselben Schüssel mit demKind des Tagelöhners und des Arbeitslosen. Freilich, im Pariser Ge-meinderaih sitzen„berüchtigte Kommunards", im Wiener aber„berühmtePatrioten". Bei uns hütet man sich davor, die Bourgeoissöhnchen inschlechte Gesellschaft kommen zu lasten, und ist eifrig bemüht, die Klasten-gegensätze vom 6. Jahre an zu erwecken.Nun, uns kann es recht sein!Als man in allen Zeitungen zu sammeln begann, erboten sich«ineReihe Personen, armen Kindern einen Freitisch zu gewähren. Wir hosten,daß man wenigstens diese nicht akzeptirl hat. Da sollen die Proletarier-linder lieber noch recht schlechtes trockenes Brod esten, alS Tag für Tagdie Abfälle von den Tischen des Reichen z« erbetteln und Demüthigungenerleiden zu müsten.Da wir vorläufig noch nicht aus eigener Kraft das Elend aus derWelt schaffen können, so freut eS uns wenigstens, wenn man immermehr von demselben erfährt, wenn die Eikenntmß über die bestehendenZustände in immer weiteren Kreisen wachgerufen wird. Bei uns ist da-mit erst der Anfang gemacht worden! Unsere offizielle Statistik kümmertsich um Alles lieber als um die ökonomische und soziale Lage der Be-völkerung, private Untersuchungen werden von maßgebender Seite ehererschwert als gefördert, so daß wir heute noch aus einem so niedrigenNiveau sozialer Erkenntniß stehen, daß man ganz naiv eine Frage wiedie der hungernden Schulkinder durch die private Wohlthättgleit ausder Welt schaffen will, wo man doch endlich einsehen sollte, daß mandie hungernden Schulkinder nicht aui der Welt schaffen kann, ohne denEltern genügendes Einkommen zu verschaffen.Man kann schon auS dem bisher in den Zettungen veröffentlichtenMateriale ersehen, daß nicht nur uneheliche Kinder oder solche, derenEltern arbeitslos sind, hungern müsten, sondern auch solche, wo sichVater und Mutter oder gar Beide von Morgen früh b»S Abends spätschwer abrackern müsten, ohne für stch und ihre Kinder genug auf tag-liches Brod zu verdienen.Vor den tieferen Ursachen des UebelS verschließt man aber geflistent-lich Aug' und Ohr, und mit Recht!Würde die Bourgeoisie die letzten Ursachen nur in dieser einen Frageder hungernden Schulkinder, die sie jetzt beschäftigt, erforschen wollen,sie würde ganz gegen ih en Willen und zu ihrem höchsten Erstaunengleich, eitig die Wurzel aller übrigen sozialen Krebsschäden entdecken. Auchsie würde einsehen müsten, was sie nicht einsehen will, ja nicht darf,was das Proletariat aber schon längst erkannt hat, daß man weder eineeinzelne, noch die soziale Frage überhaupt endgiltig und sicher lösenkann ohne gründliche Neugestaltung der Gesellschastsordnung.Sozialpolitische Rundschau.Zürich, 26. Oktober 1887.— Man schreibt uns:„Die schärfere Tonart hat in St. Galleugesiegt," jammert die deutsche Reptilienpreste. Ist's wahr? Ja undNein! Nein, wenn damit gesagt sein soll, daß in Bezug auf diepolitische(— parlamentarische und sonstige—) Thätigkeit der Parteiirgend eine veränderte Auffassung Platz gegriffen habe. Das ist nichtder Fall. Wer die Berichte der verschiedenen Kongresse der Partei liest,wird finden, daß der vorwiegend agitatorische Zweck der parlamentari-fchen Thätigkeit stets betont, aber auch stets— ebenso wie auf demletzten Parteitag— die Unfruchtbarkeit der ausschließ-lichen Negation anerkannt wurde. Die Partei hat also in dieserBezrehung durchaus ihren alten, durch das Prinzip und die Logik ihrvorgeschriebenen Standpunkt bewahrt. Eine Partei, welche ein festes,klares Programm hat, und ihre politiiche Aktion von Prinzipienabhängig macht, kann nicht willkürlich ihr politisches Verhalten wechseln,wie man das Hemd wechselt. Und Umstände, welche die deutsche Sozial-demokratie zu einer veränderten Taktik zwingen könnten, sind bisherNicht«ingetreten. Unsere bisherige Taktik gegenüber dem Soziaüsten-gesetz und dessen Urhebern und Vollstreckern hat sich so vortrefflich er-wiesen und der Partei so große Erfolge gebracht, daß sie aus Tollhäus-lern bestehen müßte, wollte sie nun die Bahnen einer anderen Taktikeinschlagen. Das kann später möglich werden— jetzt aber wäreei der reinste Wahnsinn.Also«ine veränderte Taktik ist in St. Gallen nicht beschlossen wor-den, und sogar die Resolutionen betreffend dai Verhalten anderen Par-teien gegenüber entsprechen genau dem, was aus den früherenKongressen beschlosten wurde.Und doch ist ein S j e g der„schärferen Tonart" zu verzeichnen—wenn auch nicht in dem Sinne der deutschen Polizeiblätter. Nicht daßzwei verschiedene Tonarten im Kampf mit«inander gewesen wären-WaS die Polizeiblälier von derartigen Differenzen und Konflikten er-Iählen, ist eitel Schwafelei. Aber in der ganzen Partei istetnechärfere Tonart zur Herrschaft gekommen. Unter denobwaltenden Verhältnissen konnte und kann kein Genosse mehr«inesogenannt«„mildere Tonart" oder„gemäßigtere Richtung" befürworten.Der St. Gallener Parteitag hat einfach die Echan d-thaten der„Aera Puttkamer" quittirt."So die Zuschrift. Sie bestätigt, wie man sieht, Alles, was wir imLeitartikel der vorigen Nummer geschrieben.— Der Beschluß des Parteitag», welcher sich auf die Stel-lung der Sozialdemokratie zu den Anarchisten be-zieht, schreibt man uns weiter, liegt dem deutschen Polizeigeschwistervon allen gefaßten Beschlüssen am schwersten im Magen, denn er machteS den Herren für die Zukunft unmöglich, den Wauwau, welchen siesich künstlich angefertigt und auf den Namen Anarchismus getaust haben,für das richtige Konterfei der deutschen Sozialdemokratie auszugeben.In ihrem ohnmächtigen Grimm deuteln und nörgeln sie an der fatalenResolution herum, und finden allerhand daran„bedenklich". Namentlich,daß die Verantwortlichkeit für gewisse Verzweiflungsthaten den Aechternund Verfolgern der sozialdemokratischen Emanzipalionsbestrebungen auf-gewälzt wird. Das soll eine„bedenkliche Schwenkung nachlinks" sein,«ine„bedenkliche Konzession an die Propaganda der That".Papperlapapp! Nur kein albernes Geschwätz, ihr Denunziantenoolk.wa» da ausgesprochen ist, ist mcht blos die W a h r h e i t. wie I h rselbst sehr wohl wißt— denn daß der Verfolger für den vonihm provozirten Straf- oder Rache-Akt des Verfolgten die moralischeVerantwortlichkeit hat, ist seit Jahrtausenden anerkannt—«S ist auch im Reich« tag von den Rednern der Sozialdemokratie wieder-holt scharf und bestimmt ausgesprochen worden— von Liedknecht z. B.direkt mit Bezug aus Most. Also von„Schwenken" keine Spur. Diedeutsch« Sozialdemokratie läßt sich blos nicht von dem Boden, welchensie tnne hat, wegdrängen. Das ist Alles.— Nur mit aufrichtigem Bedauern vermag man ven nach-folgenden Bries zu lesen, den einer der oerurtheilten Chicagoer Anar-chisten, Louis Lingg, nach Bekanntwerden des Obergerichts-Ent-scheides an einen seiner Freunde gerichtet, und den dieser in der Chica-goer„Arbeiterzeitung" veröffentlicht hat. Mit ausrichtigem Bedauernüber die Selbsttäuschung, über dt« Verblendung, dl« ausdem Briese spricht, der anderseits von einem Mut he zeugt, dem wirzuletzt die Anerkennung versagen dürfen.Man höre also:„Cook County Jait, 20/9. 87.Lieber Freund!Wie ich aus Deinem letzten Schreiben zu ersehen Gelegenheit habe,hat Dich die zu erwartende Bestätigung deS„famosen" Unheils, imGegensatz zu mir so aufgeregt, daß es scheinen möchte, als könnte ichDich trösten. Und faktisch, wenn Du heute Gelegenheit gehabt hättest,an meiner Unterredung mit der schönen Heidelbergerin theitzunehmen,würdest Du meine Befähigung, Andern die Situation durch Lachen undScherzen vergessen zu machen, sicherlich anerkennen.Kapitalistische Lohnschreiber freilich und ähnliches Gezücht findet einensolchen Gleichmuth, oder richtiger Galgenhumor unbegreiflich, weil ihnenjedwedes Berständniß einer idealen Begeisterung abgehtWaS nun die Stimmung unter dem Volke selbst betrifft, so ist selbein Bezug auf den Protest wirklich zufriedenstellend. Anoer» jedoch be-züglich des Forderns.Sich mit einer Begnadigung zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe zu-frieden zu geben, ist einfach eines freisinnigen Mannes unwürdig.Sage mir nicht, daß dann die Agitation noch nicht aufhöre, denn ein«solche könnte nur— wenn Erfolg findend— in Kompromissen mit derkapitalistischen Partei enden, wiS Korrumpirung der Arbeiterbewegungbedeutet. Mir will eS aber scheinen, als ob manche sozialdemokratischeFührer solches lieber sähen als das rapide Umsichgreifen einer echt revo-lutionär-anarchistischen Bewegung, was unsere„gesetzliche" Ermordungunzweifelhaft im Gefolge hat.Ich hingegen bin anderer, entgegengesetzter Hoffnung und werde des-halb meinerseits»ich! nur eine„Begnadigung", sondern auch die weitere„Appellation" an das Oberbundesgericht— dem höchsten Institut dermonopolistischen Geldsäcke— hintertreiben. Jetzt würoe die Ausführungkavitalistischer Brutalität ihre besten Flüchte zu Gunsten de- Ardeiter-fache t-agen, nach 3— S Jahren, während wir hier fitzen, weiß der Teufel,wie die Stimmung ist. Und was würde unterdessen sein? Den Geld-protzen kann es natürlich nur lieb sein, wenn die Arbeiter Zehntausend«von Dollars aus dem Beschreiten des gesetzlichen Weges ausgeben, dennunterdessen beginnen sie— die Arbeiter— nichts wirklich Reoolutio-näreS. Aber ich und mein Freund Engel— vielleicht auch Parsons undFischer— sind eben den Ausbeutern nicht so gefällig, um da mitzu-machen.Dem Volke erst noch beweisen, daß eS wirklich keine Versammlung»-und Redefreiheit besitzt?Unsinn! Wem das durch die letz'jährigen Erfahrungen polizeischuftigerWill'ür und nun durch die BestSeizunq unseres Urtheils durch die„hohen" Gesetzeshallunken noch nicht begreiflich gemacht worden ist, wirdes auch nrcht durch eine vorauszusehende Bestätigung seitens der höchstenGesetzeshallunken und Monopolkreaturen begreiflich gemacht werden. ImGegentheil!Ich behaupte, daß solche einseitige Menschen erst recht an Gesetz undAutorität glauben würden, weil das Urtheil„dreimal gefällt" und dem-nach doch„gerecht sein müsse!"Also, mon eher arni, mit der Fortfetzung der Gerechtizkettsseuchemeinerseits„is nich!" Mögen die heutigen Machthaber thun, waS sienicht lassen können, und— darnach ernten.Näheres kannst Du auS unseren Organen, vorzüglich„Freiheit" er-sehen.--Louis Lingg."Man braucht nur einen Blick in die amerikanische Arbeiterpresse zuwerfen, um stch zu überzeugen, wie grundfalsch dt- VorauSietzunzensind, von denen der Briefschreiber hier ausgeht. Nicht nur steht dieArbeiterschaft nicht zur Aktion bereit hinter ihm und seinen Freunden,die vorgeschrittenen Elemente derselben haben auch alle Müh«, die Massenur zur Unterstützung der Begnadigungsgesuche zu be-wegen. AuS diesen fallchen Voraussetzungen erklärt sich auch der Haß, dender noch sehr jugendliche Louis Lrnzg gegen die„sozialdemokratischenFührer" hegt, den diese aber keineswegs zurückgeben.—„Da» Sozialistengesetz hat seine erzieherische Wirkungnoch nicht vollendet," orakelt Pindter- Bismarck oder Bismarck-Pindter in der„Norddeutschen Allgemeinen Zeitunqs"<Gosse. Den Anlaßzu diesem tiessinnigen Weisheitsspruch gibt natürlich der St. GallerParteitag, der unseren Polizisten, Polizeipolitikern und Reptilien schwerim Magen liegt.— Sapperlot, die„Norddeutsche" hat einmal dre Wahr-heit gesagt: das Sozialistengesetz hat in der That seine erzieherischeWirkung noch nicht vollendet, obgleich es schon aus ganz respektableLeistungen zurückblicken kann. Wir hätten gedacht, die„erzieherisch mWirkungen", die einerseits an deuischen Polizisten, Richtern und Angst-Philistern, anderseits an den deutschen Sozialdemokraten zu Tag getretensind— dort die Korruption, Servilität, Spitzelei und DenunziationS-seuche, hier der strammere Zusammenhalt und die schärfere Tonart—wir hätten gedacht, damit könne die„Norddeutsche" zufrieden sein. In-deß, des Menschen Wille ist sein Himmelreich; Pindter-BiSmarck oderBiimarck-Pindter ist nicht zufrieden, und warum soll es mit den„er-zieherischen Wirkungen" nicht noch weiter versucht werden, bis sie„voll-endet" sind? Man sollte eS zwar für unmöglich halten, daß die Korrup-tion, Servilität, Spitzelei und Denunziationsseuche noch gesteigert werdenkönnen, indeß nach dieser Richtung hin k mn die Leistungsfähigkeit unsererPolizisten, Richter und Angstphilister nicht hoch genug veranschlagt wer-den. Wer hindert unsere Polizisten und Richter, noch„neue RechtSgrund-sätze" zu entdecken und den Hypnotismus und die Gedantenlesereiin ihre Dienste zu nehmen?Und was die bösen Sozialdemokraten betrifft, so sind sie so bodenlosverdorben und niederträchtig, daß es ihnen ein diabolisches Gaudiumfein würde, wenn der biedere Puttp-Mahlow den Anlaß zu einer wei-teren„Verschärfung der Tonart" gäbe. Wir können also noch allerhandangemessene Ueberraschungen erleben. In jedem Fall aber soll Patty-Mahlow sein« helle Freude an den„erzieherischen Wirkungen" des Sozia-listengesetzeS haben. DaS verbürgen wir ihm.x Pfaff ist Pfaff! DaS ist ein altes Wort und ein grobes Wort,aber es ist ein wahres Wort und bleibt ewig neu. Lesen wir da in den„Freien Glocken" deS Herrn August Specht— Nr. 42 vom 16.Oktober—, daß auf dem sogenannten„Internationalen Freidenker-Kon-greß in London" sin welchem Tap Room er wohl„getagt" oder genächtethaben mag?) auch„die schwierige Frage" verhandelt wurde,„ob da«Freidenkerthum von der sozialen Frage getrenntwerden könne"(daS„Schwierige" an dieser Frage war jedenfalls,sie so ausgesucht dumm zu stellen. Anm. d. Red.)— und daß derKongreß der Freidenker nach gründlicher und tiesstnniger„Ausführung"zu dem Schkuffe gelangt ist:„daß das Freidenkerthnm gar keine direkten Be-ziehungen(aber vielleicht manchmal„ein Berhältniß"? Frageder R b.) zu dem hat, was man(»er? Frag« der Red.)„S- zia-lismus"(die Gänsefüßchen gehören den„Freien Glocken". Anm.der Red.) nennt."Und weiter expliziren die„Freien Glocken":Man kann Freidenker und zugleich sehr antisozialistisch gesinnt fein;oder man kann umgekehrt entschiedenster Sozialist sein und zugleich sehrfromm. Hat doch selbst das Chriftenthum ursprünglich einen entschiede»sozialistischen und kommunistischen Charakter gehabt."Nun,„iommunist.sch" mag sein; sozialistisch gewiß nicht. WaS dieBehauptung angeht, ein Freidenker könne«in Sozialistensresser und einSozialist ein Köhlergläubiger sein, so ist das, wenn man sich anden Buchstaben hält, unzweifelhast richtig, jedoch mit der Einschrän-kung, daß eS mit dem Freidenken der Einen und mit dem Sozia-liemuS der Anderen sehr mangelhaft bestellt ist. Ein durchgebildeterSozialist kann ebenso wenig den biblischen Krimskrams ernst nehmen,wie ein durchgebildeter Freidenker dem Sozialismus, welcher Wissen-schaft ist, feindlich gesinnt sein kann. Ja, Herr Specht. Der Sozia-lismus ist Wissenschaft. Und wer die Ergebnisse dieser Wisse«,schaft leugnet, hat nicht mehr Recht, sich«inen Freidenker zu nennen,als der Eiel oder Irrenhäusler, der bestreitet, daß 8 mal 3 neun ist.Aber daS paßt dem freidenkerischen P s a s f e n t h u m nicht in de»Kram, sonst würde ja vielleicht der biedere Bourgeois, den die faust-dicken Widersprüche der Bibel ärgern, abgehalten«erden, sich der Kirch«der„Freidenker" anzuschließen.— Die sächsischen LandtagSwahle« haben ein für unsre Parteisehr günstiges Resultat ergeben. Der Leipziger Landkreis wurdemit einer glänzenden Majorität behauptet, und wenn auch kein« neuenWahlkreise erobert wurden, so ist doch überall die Stimmenzahl fürunsere Kandidaten beträchtlich gewachsen— was ein entsprechende»Wachsthum der Partei bedeutet. Obgleich sich alle anderen Parteiengegen uns koalirt haben, so würden wir doch mindestens drei der inFrage kommenden Wahlkreise gewonnen haben, wenn für den Landtagdasselbe Wahlrecht bestünde, wie für den Reichstag— das heißt, wenndie 40 Prozent Reichstags Wähler, die durch den 3 Mar?-ZensuS vomWahlrecht ausgeschlossen sind, hätten mit stimmen können. Ei istdas ein um so größerer Erfolg, als die Gegner auch diesmal die be-kannten Manöver verübten und den bekannten Apparat mit ebenso großerRücksichtslosigkeit spielen ließen, wie bei den letzten Reichstagswahlen.Die Partei hat sich inzwischen an diese Kampsart gewöhnt. Der18. O k-tober war die Revanche für den 21. Februar. Und beiden nächsten Reichstagswahlen wird die Fahne der Sozialdemokratiewieder aus ihren sächsischen Hochburgen flattern.Die demokratischen Fortschrittler haben bei dieser Wahl wiederum ihr«absolute Ohnmacht bewiesen. Der Kamvs war überall zwischen den so«genannten Ordnunzsparteien und den Sozialdemokraten. Für«ine drittePartei ist in dem ökonomisch so hochentwickelten Sachsen kein Raum.— Folgendes sind die bei der sächsischen LandtagSwahl auf diesozialistischen Kandidaten entfallenen Stimmen:Leipzig(Landkreis): Bebel gewählt mit 3920 Stimmen gegen238S Stimmen, die der Kartellkandtdat erhielt.Dresden(Antonstadt): Liebknecht 1342 Stimmen(Kartell2067).Leipzig(Stadt) III: Liebknecht 1 497 Stimmen(Kartell 3940).Freiberg. Tharandt: Liebknecht 1S0 Stimmen(Kartell1717).Oschatz-Wurzen: Peters 405 Stimmen(Kartell 149», Deutsch-Freisinn 472).Zwickau: Bebel 799 St.(Kartell 2601).Meerane-Waldenburg: Preuß 816 St.(Kartell 1645), inLimbach halte Preuß die Majorität.Mylau-Treuen: Musikdirektor Stolle 447 Stimmen(Kar«tell 1312).Stollberg. Land: Liebknecht 1688 St.(Kartell 2321).Crimmitschau- Werdau: Musikdirektor Stolle 576 St.(Kartell 1605).Hartenstein- WildenfelS: Liebknecht 578 Stimmen(Kartell 1011).Frankenberg. Mittweida: Bebel 405 St.(Kartell 1502);Hohen st ein-Glauchau-Waldenburg: Otto 336 St(Kartell 1011).Pirna-Schandau: Lehmann 158 St.(Kartell 905, Deutsch-Freisinn 617).Die in den übrigen Wahlkreisen— meist ausschließlich ländliche—erzielte Stimmenzahl ist unwesentlich.Im Ganzen erhielt unsere Partei diesmal IZ,K8Z Stimmen gegm4,500 bei der vorigen Wahl in den betreffenden Kreisen.— Die Agitatoren, die sich von den Arbettergroschenmästen, spielten eine große Rolle in den Reden des nationalliberalenAgitators, Reichstagskand.daten und Bankdirektor» Dr. Jerusalemvon der Leipziger Diskonto-Gesellschaft.Jetzt hat der Bruder eben dieseS Herrn Jerusalem„Arbeiter grolch-n"im Betrag von»wei Millionen Mark unterschlagen undist durchgebrannt, nachdem er daS Vermögen seiner Bank im Be-trag von neun Millionen glücklich vermöbelt hatte.So sind sie, diese Ordnungssäulen! Bald heißen sie Birnbaum,bald Jerusalem. Immer aber find sie den„Arbeitergroschen" ge-sährlich.— Arbeiter und Maschine. Die Lobredner der kapitalistischenGesellschaft haben auf den Hinweis, daß die Maschin« die menschlicheArbeit verdrängt, stets die Ausrede bei der Hand, das sei nur vorüber«gehend der Fall, es habe sich noch stet« herausgestellt, daß sie dafürneue Industrien in'S Leben gerufen und so den au« der einen Brancheherausgeworfenen Arbeitern als Ersatz neue Arbeitsgebiete verschafft habe.Das total Falsche dieser Argumentirung ist schon oft nachgewiesen wor«den, aber immer und immer wieder begegnet man dieser Redensart, unddeshalb ist es auch nöthig, immer wieder auf die Sprache der That«fachen hinzuweisen, die mit unwiderleglicher BeweiSkrast gegen siezeugen.Nach dem ZensuS der Vereinigten Staaten stieg im Bereichederselben in dem Jahrzehnt von 1870 bis 1880 die Anwendung vonMotoren in der Industrie von 2300 Millionen Pferdekräften auf3600 Millionen, eine Zunahme von ungefähr 65 Prozent.Dt« Zahl der Arbeiter aber nahm, trotz der starken Zunahme derBevölkerung, nur um»1 Prozent zu, während sie im vorigen Jahr-zehnt über 100 Prozent betrug. In einer ganzen Reihe von Industrien,deren Produkt bedeutend st«eg, fiel die Zahl der Arbeiterabsolut.Was für die Industrie, das gilt auch für die Landwirth schaft.Im Jahre 1870 war das Berhältniß der Ackerbau-Bevölkerung zu derstädtischen wie 4 7 zu 43. Zehn Jahre später umfaßte erster« nur 40unter 100 und dabei veriah sie nicht nur die größere Industrie«Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen, sondern der Exportstieg außerdem noch gewaltig.Der bekannte David A. Wells gibt in einem Revue-Artikel weiter«Illustrationen dieser Art. Er sagt u. A.:„Die Benutzung deSDampfesin See- undUeberlandverkehr hat viele Arbeitskräfteentbehrlich gemacht. Im Jahre 1870 waren in der britische«Dampf-Handelsmarine auf 1000 Tonnen noch 4 7 Arbeits«träft« erforderlich, in 1884 nur noch 2 3, eine Abnahm« von 40Prozent. Die Kosten dei GetreidetranSporte» von New«Jork nach Liverpool haben sich feit 1860 um die Hälft« vermindert,auf den amerikanischen Eisenbahnen ist der TransporlpreiS fett 1860von 2.05 C. per Tonne und Meile auf 1.05 C. in 1885 gesunken. Dt«Erfindung der Herstellung von billigem Stahl hat die Betriebskosten de»Eisenbahnen vermindert. In allen Industrien ist Handarbeit durchMaschinen erfetzt und die Herstellungskosten find verringert wor-den; in den Baumwollspinnereien der Vereinigten Staaten um 32 bis50 Proient im Verlauf von nur zehn Jahren. Im Jahre 1840 fertigt«der Arbeiter der Spinnereien in Rhode Island bei dreizehn- bißvierzehnstündiger Arbeit 9600 Dards Sheet ing iisJahr, jetzt bringt er es bei zehnstündiger Arbeit auf 30,000-In allen ErwerbSztveigen ist die Zahl der Arbeiter*tt>mindert worden. In der Schuh- und Stiefel-Fabrika-tion verrichten jetzt 600 Mann, was vor fünfzehn oder zwanztßJahren 2145 leisteten. Die« sind nur einig« Beispiele von vielen.Das einzige Ausgleichsmittel für den Arbeiter auf dem Boden de<heutige« Gesellschastsordnung wäre eine im entsprechenden Verhältnisfortschreitende Herabsetzung der Arbeitszeit. Aber zu einetsolchen wird die kapitalistische Unternehmergesellschaft stch nie entschließe»-Sie wird, im günstigsten Falle, langsam und in gewisser Ealfununinachhinken, aber auch nicht mehr. Der moderne Kapitalismus brauV«inen stet» übersülllen ArbeitSmarkt, er braucht Arbeiter, die sich u»ljeden Preis anbieten, und daher wird ein wiiklich den Gesellschaftt'bedürsnissen enlsprechender Normalarbeitstag in der heutigen Gesellschas-nie verwirklicht werden.— Kann auch nnr In der Schweiz vorkommen. In Alto«!soll die Kaserne zumKantonsschulgebäude u m g e b a u>werden. In Deutschland wird man bald vor Kasernen übel'Haupt keinen Platz sür Schulen find-n.g°If»lschanNekeiVisptu«1te,mT