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078 Ruriofum sei erwähnt, daß die Nationalliberale Rorrespondenz" ber Reichsregierung Vorwürfe macht, in einer so inhaltsschweren Frage, wie die des verschärften" Sozialistengesetzes es sei, sich nicht vorher mit ben Parteiführern in Berbindung gefeht zu haben. Und ein anderes -nationalliberales Blatt, die Berliner Nationalzeitung", erklärt sogar ein folches Gesetz für" unannehmbar". Nun, die Nationalliberalen haben schon so viele Gefeße für unannehmbar erklärt, die sie hernach leichten Herzens hinunterschluckten, daß nur ein Narr diesmal an eine Ausnahme glauben kann. Und was das sonderbare Verlangen der Nationalliberalen Korrespondenz" betrifft, so sollte sie doch eigentlich von selbst wissen, daß man Bebiente nicht vorher um ihren Rath zu fragen pflegt. Herr Bennigsen weiß ja wahrhaftig aus eigener Erfahrung, wie Bediente trattirt zu werden pflegen. Die Behandlung, welche ihm sein„ Herr" ,, Chef" nennt ihn das Lakaiengesindel vor drei Jahren zu Theil werden ließ, war so hausknechtsmäßig, daß Herr Bennigsen in einem Anfall falscher Sentimentalität und romantischer Joeologie den Dienst kündigte, und sich auch bis vor einem Jahr ungefähr von der Stelle fernhielt, in der es so harte Hausknechts- Behandlung gibt. In der Zwischenzeit aber scheint er seine Ansicht geändert und der Haustnechtss Behandlung Geschmack abgewonnen zu haben, denn er ist in die Stelle zurückgekehrt. Da darf er sich nicht beflagen. Sett's Fußtritte je nun, warum ist er hingegangen? Er hat's so gewollt, und Jeber wird so behandelt, wie er es verbient.
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Während das Expatriirungsgesetz alle übrigen Barteien, mit einziger Ausnahme der konservativen, in Aufregung und Spannung verfekt hat, läßt es die Partei, für welche es bestimmt ist, und der es das Lebens licht ausblasen soll, im Grunde gleichgültig oder richtiger gleichmüthig. Die deutsche Sozialdemokratie ist in der Schule des Sozialistengesezes so wetterhart geworden und hat die heutige Bolizeiwirthschaft in Bes treff ihrer moralischen Dualität, wie ihrer Gefährlichkeit so gründlich verachten gelernt, daß fie, ohne auch nur mit einer Miene zu zuden, die Dinge an sich herantommen läßt auf Alles gefaßt, auf Alles vor bereitet.
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Etwas zum Kapitel von der freien Liebe. Wenn der Pfaff auf der Kanzel, der Profeffor auf dem Ratheber und der Bürgers mann am Wirthshaus tisch ihren Haupttrumpf gegen uns ausspielen wollen, dann donnern sie, der Sozialismus wolle die freie Liebe einführen. Das Eigenthum abschaffen, das würden sie, selbstlos mie fie nun einmal find, allenfalls noch ruhig mit ansehen. Aber die freie Liebe, den freien, einzig und allein auf die gegenseitige Neigung gegrün beten Geschlechtsverkehr, barüber kommt in seiner Reuschheit kein Pfaff, in feiner Sittenftrenge fein Bourgeois hinweg. Wer sich ein wenig auf bie Psychologie versteht, weiß auch, warum. Was man geheim zu treiben pflegt, gewöhnt man sich unwillkürlich an, als sündhaft zu betrachten, und die Sünde" freigeben, das geht absolut nicht an.
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Es wird also fort- gefündigt. Man verehrt die Tugend am höchsten, bie man am wenigsten übt. In der bürgerlichen Gesellschaft ist die Prostitution das Schuhmittel gegen die verpönte Freiheit bes Geschlechtsverkehrs. In sozial zurückgebliebenen Diftritten hilft man fich auf andere Weise.
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wunderbarerweise
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Deutsche liberale und auch Arbeiter- Blätter moquirten sich jüngst darüber, daß grade in den stockatholischen und erzkonservativen Provinzen Bayern's die Zahl der unehelichen Rinder im Verhältniß zur Bevölkerung größer fet als sonst irgendwo in Deutschland . Wenn das zu dem Zwed geschah, zu zeigen, wie alle -gefeßlichen oder durch Sitte und Gewohnheit eingebürgerten Ers fchwerungen der Eheschließung der Menschennatur gegenüber nichts vers mögen, so laffen wir es gelten, wenn aber die große Zahl der unehes lichen Geburten als Beweis angeführt wird für besondere Unsittlichkeit, so müssen wir uns entschieden dagegen auflehnen. Wo die Sittenverberb niß am größten, da ist von Geburten überhaupt nicht mehr die N- de. Uneheliche Geburten tönnen sogar als ein Beweis sehr großer Sit lich Teit gelten, indem sie den Schluß zulassen, daß da, wo sie in Masse vors Tommen, der soziale Sündenfall noch nicht geschehen. In den erwähnten Blättern wurde folgender Fall als charakteristisch mitgetheilt:
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Vor dem Amtsgericht Erding ( Oberbayern ) erschien vor einiger Zeit ein junger Bursche in einem Alimentationsprozeß. Der Vorgeladene leugnete die Vaters haft und erbot sich zum Eid, daß die junge Mutter mit mehreren Männern Umgang gepflegt habe. Der Richter lehnte aber ben Eid als unnöthig ab, da es notorisch und gerichts, bekannt sei, daß im Amtsbezirk Erding tein Mädchen bie Jungfernschaft bis zum 20. Lebensjahr bewahre." Die Bauern jenes Bezirkes, heißt es dann, sind sehr fromm und folgen ihrem Pfarrer unbedingt. Es ist deshalb kein Wunder, daß dort ein ultramontaner Vertreter im Reichstage sigt."
Wir müssen gestehen, wir finden an der Sache durchaus nichts so ungeheuerliches. Die Bauern betrachten eben blos die Ehe als ein Satra ment, nicht aber auch die Liebe, ein so satrisches" Ding fie auch ist. Sozial mögen die Verhältnisse nicht zum Besten bestellt sein, wenigstens läßt die Alimentationstlage barauf schließen, was aber die Sittenzustände anbetrifft, so mag der flockatholische Amtsbezirk Erding den Bergleich mit dem sehr aufgeklärten Leipzig 3. B. getroft aufnehmen. Wenn bie Pfaffen heucheln, so brauchen wir es ihnen nicht nachzumachen.
Es war zu erwarten, daß diejenigen der in unserer letzten Nummer als geheime Agenten der Berliner Polizei bezeichneten Personen, die nicht in flagranti überführt wurden, lauten Proteft gegen
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" Bu diesen( nämlich zu den Dorfwirthschaftsverwaltern) könnten von benen Gerichtsobrigkeiten nach Gefallen dergleichen Invaliden genommen werben, die zwar zu Kriegsdiensten untüchtig, gleichwohl aber noch ges fund genug wären, um der Landwirthschaft als Aufseher vorzustehen. Sein Amt würde sein, wohl darauf Acht zu haben, daß der Bauer seinen Acer so gut und zeitig, als es jedesmal möglich sein werde, zu bestellen u. f. w.. ,, endlich aber weder selbst noch sein Weib oder Kind und Gesinde sich dem geringsten müssiggange oder gar Stehlen ergeben wollten, sondern vielmehr alle von ihren ordent lichen Berufsgeschäften übrig bleibende Beit also anwenden müßten, daß sie allesammt durch ihre Hände Arbeit täglich so viel, als es sich thun ließe, auch wöchentlich durch das Ges Spann etwas erwerben möchten." Worauf denn jedes Dorfes Wirth schaftsverwalter alle Tage zu sehen und darnach zu fragen, auch sofort alle ordentliche Einnahme von dem Ackerbau, der Vieh- Zucht sowohl, als auch dem außerordentlichen täglichen Berdienst in eines jeden Bauers Hausbuch einzutragen, das eingegangene Geld in eines jeden Wirths gefchloffene Sparbüchse in des Bauers Gegenwart( wie gütig) einzulegen hat." Unter der Aufsicht dieser Prügelmeister, welche natürlich die Bauern zum größten Theile zu ernähren haben( barüber S. 23) schafft und regt fich Jung und Alt, Mann und Weib, ja felbft Rinder sollen zum Ranten Knüppeln", zum„ Stiden", zum Seidenbau" und allen land. wirthschaftlichen Arbeiten" verwendet werden.( S. 29) Man sieht, unsern Junker erfaßt ein wahrhaft kapitalistischer Heißhunger. Am Ende des Jahres versammelt der Wirthschaftsverwalter die getreuen und unge treuen Haushalter zur Rechten und zur Linken". Alsdann schließt er die Sparbüchsen auf und spricht zu ben getreuen Haushaltern, zu den Schafen: Sintemal fein Arges an Euch gefunden ist, und Ihr treu befunden seid, so will ich Euch geben, was Rechtens ist. Hier habt Ihr 9 Pfennige von 100, gehet hin und füllet bas Haus mit Fröhlich leit." Die Böde aber ftrafte er dann mit vielen Worten, so daß geschah ein großes Weinen und Schreien, und er sprach:" Gehet hin und sün biget hinfort nicht wieder."
Es heißt Seite 31:
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25% sollten abgenommen werden und davon 10 von Hundert der Gerichtsbarkeit, 5 von Hundert dem Dorfwirthschaftsverwalter, 1 von Hundert denen Dorf- Schulzen und Gerichten, und die übrigen 9 von Hundert dem fleißig gewesenen Unterthanen selbst in seine eignen Hände als eine Ergöglichkeit für seine faure Mühe ju beffen willkürlichen Aus gaben gegeben."
Das übrige Gelb bleibt in der Raffe liegen, um ben Gutsherren, Fabrikanten u. 1. w. billigen Kredit zu verschaffen.( Seite 34.) Unser profitmüthiger Junker gibt sich aber noch nicht zufrieden; selbst das Ges richts- und Gefängnißwesen soll im Intereffe des Geldsades verändert werden. Den Bauern einsperren, o wie verfehlt! Der gnädige Herr würde dadurch viel Arbeitszeit verlieren, die der Bauer sonst schanzend
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diesen Titel erheben würden. Bon Herrn Heinrich Dberwinder in Paris ist das denn auch bereits geschehen Herr Neuß in London war schon früher so naiv gewesen, Beweise" von uns zu verlangen. Es ist aber ganz selbstverständlich, daß solche Beweise, die nicht in faifirten Schriftstücken an die Polizei oder von der Polizei bes ftehen, zur Veröffentlichung absolut ungeeignet sind. Es wäre baber mehr wie findlich, der Polizei selbst die Mittel und Wege anzu geben, vermöge deren wir hinter ihre Schliche gekommen sind und noch öfter zu tommen gedenken.
Wie wir in den Besitz der veröffentlichten Liste gelangt, bleibt also unser Geheimniß. Wir haben einigen der bewährtesten Parteiführer ber deutschen Sozialdemokratie Rechenschaft darüber abgelegt und ihre ab. solute Zustimmung zu unserem Vorgehen erhalten. Wir haben einen einzigen Namen aus eigner Jnitiative auf die Lifte gefest, so starke Verdachtsmomente gegen Einzelne der Ge nannten auch bereits bei uns vorlagen. Dagegen haben wir sofort bei ben Personen, gegen die am wenigsten eigentliches Beweis Material vorlag, Nachforschungen veranstalten lassen, und der Erfolg war ein so überraschender, daß jeder Zweifel an der Zuverlässig feit der Liste für uns ausgeschloffen ist.
Dies für diejenigen auswärtigen Genoffen, welche etwa meinen solls ten, wir hätten uns in dem einen oder dem andern Falle von persön licher Boreingenommenheit leiten laffen. Die in voriger Nummer veröffentlichte Lifte ist ganz unabhängig von unsrer schwarzen Liste", bei deren Aufstellung übrigens gleichfalls trengste Rontrole geübt wird.
Wir sehen uns also nicht veranlaßt, irgend etwas von dem in voriger Nummer Gesagten zurückzunehmen, müssen uns aber anderseits ganz entschieden dagegen verwahren, daß man uns in ber Absicht, das Gewicht unsrer Angaben zu entkräften, mehr sagen läßt als wir thatsächlich gesagt. Wenn z. B. Herr Oberwinder fich dagegen verwahrt, Provotations: oder Dynamit- Agent zu sein, so bestreitet er etwas, was wir in Bezug auf ihn gar nicht behauptet. unsre Liste spricht von geheimen Agenten der Berliner Polizei". Die Polizei braucht aber Angeber verschiedener Art. Weber die Berufung des Herrn Dberwinder auf seine gemäßigten Gesinnungen", noch feine Drohungen von an den Pranger stellen" vermögen und von seiner Integrität zu überzeugen. Die Lifte hat die Stichprobe glänzend beftan den, und darum bleibt er auf derselben stehen, so gut wie Herr Reuß und die Uebrigen.
Mit Bezug auf Schröder und Haupt können wir berichten, daß gegen diese ein wahrhaft er drüdendes Material vorliegt. Da aber jezt die schweizerischen Behörden die Untersuchung in die Hand genommen, so laffen wir es vorläufig an dem Mitgetheilten genügen.
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Bismard's ,, Genialität" in der auswärtigen Polis tit erhält wieder eine prächtige Juustration durch den Gang nach DImü, auf dem er jetzt wir wissen nicht, zum wievielten Male begriffen ist. Wenn er in seinen Blättern entfeßlich mit dem Säbel raffeln und seinen Born über Rußland " betheuern läßt, dann kann man fest überzeugt sein, daß wieder ein Gang nag Dlmüz bevors steht. Der ganze jüngste Lärm von den gefälschten Depeschen", bie grimmige Sprache gegen Rußland alles war Romödie und hatte blos zum Zweck, die Aufmerksamkeit des Publikums von Bul. garien abzulenten, das den Russen überliefert werden foll im Augenblic, wo dies im Drude erscheint, vielleicht schon illerliefert ist.
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Der patriotische" und nationale" Staatsmann, der den Ruffen 1000 Millionen deutschen Kapitals in den Schooß warf und sein Mög lichstes thut, die Polen in die Arme der Russen zu treiben, sollte doch lieber Deutschland mit Rußland verschmelzen und Petersburg zur gemeinsamen Hauptstadt machen. Russischer Minister ist er doch.
-Vogelschutz und Menschenjagd. In der amtlichen Notiz über bie Verhandlungen der vorlegten Sigung des Bundesrathes heißt es wörtlich: Erledigt wurden folgende Gegenstände: Das Geset
zur Verlängerung des Gesetzes zum Schuh gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemo tratie; em Vogelschuzgese
Es war ein hübscher Zufall, der diese beiden Geseze in dem Verzeichniß mittelbar neben einander brachte ein verständiger Zufall, der es offenbar darauf abgesehen hatte, die Heuchelei, welche das ab: floßende Kennzeichen des Schnapsjunkerreiches ist, recht drastisch hervor. zuheben. Dieses mildherzige Reich, das den hilflosen Vögelein seinen mächtigen Schuh gewährt, und die Barbarei anderer Völker bewinselt, bie es in der Thierliebe nicht ganz soweit gebracht dieses gegen die Bögel so miloherzige Reich will seine besten Bürger in die Berbannung jagen, weil sie sich vor der rohen Gewalt nicht beugen, Spitzbuben nicht für ehrliche Leute erklären und dem Regiment des Lugs und der Unterdrückung ein Ende machen wollen.
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Wenn wir der Bismarc'schen Wirthschaft einst den Prozeß machen, dann wird diese Sigung des Bundesraths mit ihrem Menschenjagd und Bogelschutzgesetz in der Anklageatte sicherlich nicht fehlen.
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Mastbürgerpoesie.( Eingesandt). Die aus den„ besten" Ele. menten der Stadt Saalfeld( Meiningen ) zusammençesetzte Gesellschaft Union" feierte vor einiger Zeit ein großes Feft. Zwar galt es feinem Dichter oder Denker, auch keinem Feldherrn oder Staatsmann,
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auf dem ablichen Gute zugebracht hätte. Ueber den Bauer eine Geld. ftrafe verhängen, nichts thörichter als das; das Geld würde dem gnäs bigen Herrn für alle Ewigkeit verloren geben, während ihm gerade an einem wohlhabenden, vollblütigen Bauernstande gelegen ist, auf deffen Rüden er sein parasitisches Dasein fristen kann. Also bleibt nur wieder der Prügelstab übrig. Der Prügel wird eine fittliche Macht. Es lebe die neue heilige Dreieinigkeit, der Korporalstod in seinen drei Ge ftalten als Kulturpionier, Wirthschaftsorganisator und Sittenrichter! Seite 36 und 37 lesen wir:
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Es
Da aber selbst bei denen Bestrafungen derer Bauersleute, wodurch man bisher fie blos ums Geld zu bringen, allein selten zu güchtigen, noch seltener zu beffern gesucht hat, auf die Konservation ihres Ber mögens mit zu sehen, so müßte künftig kein Bauer mehr in Geldbußen, auch selten propter delicta privata( gemeiner Bergehen) zum Gefängniß fondemnirt werden. Denn durch die Geldstrafen verliert ein Bauersmann einen Theil seines Vermögens, durch das Sigen im Gefängniß versäumt er seine Wirthschaft, und wird also in beiden Fällen ärmer." tönnte lieber baher eine Mannszucht durch Stockschläge eingeführt werden, welche sie weit empfindlicher rühren, und also folgs sam und gehorsamer machen würde: Jedoch damit Niemand berselben durch diese Büchtigung an seiner Gesundheit( will sagen Ars beitsfähigkeit) beschädigt werden könnte, müßte nie über 40 Stods schläge auf einmal einem zuzählen zu laffen erkannt werden; und die Dorfwirthschaftsverwalter sollten diese Erefution verrichten."
Wahrhaftig, das Zeitalter der Humanität hat auch unseren Junker beledt. Die Gefängnißluft kann der Gesundheit schädlich sein, aber eine verständige Hautreizung, wie sie durch das Stodstreichen erzielt wird, ist derselben nur förderlich. Und nur 40 Stodhiebe, wie human! Doch Scherz bei Seite. Wir haben hier nicht das Produkt eines einzelnen, verfuselten Juntergehirns vor uns, nein, wir hören hier die geheimsten Herzenswünsche des ganzen damaligen Junkerthums reden. Die Schrift ist den hochwohllöblichen Chur- Märkischen Landständen gewidmet und führt sich im Ernste als ein Plan auf, zur Beit zung dieser wüften, tontribualen Hufen in der Chur Mark Brandenburg und Einführung einer besseren Verfassung auf dem Lande."( Bernburg 1762.)
Da sehet den Urgroßvater unserer modernen schafzüchtenden, schnaps brennenden Junker, die sich als die Advokaten des nothleidenden Bauerns standes aufspielen. Vor 125 Jahren durfte man in Preußen noch öffents lich Vorschläge machen, welche die Verstladung des Bauernstandes zum Bwecke hatten, heute wagt man das natürlich nicht, es ist aber durchaus nicht weniger als damals die geheime Triebfeder der ganzen junters lichen Sozial und Wirthschafts- ,, Reform". P. K.
aber doch war das Fest glänzend besucht und die Stimmung war so be geistert wie nur möglich. Man feierte eben einen Schweines schmaus. Natürlich fehlte es nicht an einem Festlied zur Erhebung der Gemüther, und wenn der Raum des„ Sozialdemokrat" es auch nicht erlauben wird, diesen Festgesang, wie er es verbient, vollinhaltlich abzus bruden, so wollen wir doch wenigstens den Schlußvers desselben ber Mits und Nachwelt nicht vorenthalten.
Man böre also, zu welcher Höhe des Geschmacks sich ber solide Rern unferes Voltes", wie der gesättigte Bürger bescheiden sich selbst au be nennen pflegt, aufzuschwingen vermag:
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Heil, Heil und dreifach Heil
Dem nun jest todten Schwein, bem tobten Schwein. Hoch leb' das ganze Schwein, mit seinem Hintertheil, and hoch leb' das Hintertheil, das ganze Schwein!" Welcher Aufwand von Geift! Man sieht, es ist die gebildete Gesellschaft, aus der die ,, Union " sich zusammensett. Proletarier friegten so etwas Schönes gar nicht fertig. Und deutsche Arbeiter würden auch schön angelaufen sein, wenn sie einen solchen Legt zu der angegebenen Melodie Heil Dir im Siegertranz gesungen hätten. Sicherlich hätte sich sofort ein Staatsanwalt ins Beug gelegt und scharfs finnig deduzirt, daß hier eine offenbare, schwere Verhöhnung der Majestät bes Staatsoberhauptes vorliege, zumal das Lied auf ttt rothem Papier gebruckt ist. Und für Dichter und Druder wären mindestens ein paar Jahre herausgesprungen.
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Nun, die gebildete, Union " hat dem Staatsanwalt in ihrer Art zu schaffen gemacht. Der Raffirer derselben, Dietmann, ist mit der Kaffe der Ge ellschaft durchgebrannt und hat bei dieser Gelegenheit auch verschiedene Tausende der Saalfelder Stadtkaffe mitgenommen. Jeder in seiner Art.
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Daß die Farmer im amerikanischen Westen keineswegs auf Rosen gebettet und, entgegen den Darstellungen der Brodzöllner im Deutschen Reichstage, mit allerhand Abgaben an das Groß fapital, theils in Form von Steuern, theils von Hypothekenzinsen übers lastet sind, dafür finden wir in einem Artikel des Phil. Tagblatt" einen interessanten Beleg. Derselbe lautet:
Ueber das Kapitel der Verschuldung des Farmers ist in diesen Blät tern schon öfters gesprochen worden. Nun kommt immer neues Mates rial, welches das Schlimmste bestätigt, was in dieser Hinsicht vorgebracht wurde. Der St. Louis Republican", ein größeres kapitalistisches Blatt, hat fich z. B. an die Erforschung der Frage gemacht, wieviel Rapital aus dem Dsten in den westlichen Farmen angelegt sei. Es bestehen nämlich eine Menge Banken, welche Farmen mit Hypotheken belehnen. Die Schuldicheine der Bauern behalten sie selbst und deponiren sie bei Trustgesellschaften. Dafür geben sie im eigenen Namen Bonds aus, die den Darlehen an die Bauen entsprechen. Damit ist das Darlehens geschäft in ein förmliches System gebracht und wird im größten Styl betrieben.
Auch die Sparkaffen im Dsten legen Geld in Farmen im Westen an. So ist nach dem Bericht der Examinatoren von New Hampshire allein von den Sparkassen dieses Kleinen Staates die Summe von 18 Mil lionen Dollars nach dem Westen geflossen, und die anderen Banken und Rompagnien in New Hampshire besigen noch viel mehr Verschreibungen von den westlichen Farmen, so daß die Schuld dieser an Gläubiger nur in diesem Stätchen auf 70 Millionen Dollars geschäzt wird.
Der Zensus gibt den Werth der Farmen in den zwölf West- Staaten Colorado , Dakota, Jalinois, Indiana , Jow 1, Ransas, Michigan , Minnes sota, Missouri , Nebraska , Ohio und Wisconsin auf 5143 Millionen Dollars an. Nun sind nach den Austünften des Washingtoner statistis schen Bureaus die Farmen in Kansas zu 50, in Jllinois zu 33 und in anderen Staaten von 15 bis 30 Prozent mit Hypotheken belastet. Der Republican" schätzt also, daß die Kapitalisten des Dstens beiläufig eine Milliarde in diesen Staaten auf Hypotheken ausgelehnt haben, wofür ste jährlich an Zinsen und Kommissionen wenigstens 80 Millionen Dollars erhalten.
Diese Staaten selbst haben aber auch Schulden im Betrage von 230 Millionen Dollars, wovon die Hälfte an Kapitalisten des Ditens. Die Eisenbahnen in fenen Staaten sind mit 3 Milliarden kapitalisirt, und die Papiere größtentheils im Osten. Es wird demnach berechnet, daß die Farmer im Westen jährlich nur für diese drei Posten 180 Millionen Dollars Zinsen an die Kapitalisten des Ostens bezahlen müssen. Und das ist noch lange nicht Alles. Noch ist ungerechnet, was die Bauern Tribut an die Schutzölner, Monopoliften und Batent- Inhaber bezahlen müffen, eine Summe, die auch in die Hunderte von Millionen Dollars geht. So drückt die Geldmacht auf die Bauern und treibt sie von Haus und Hof. Man kann sich nun denken, was für Geschäfte H. George bei dieser Bevölkerungsklasse machen wird, wenn er ihnen die Berechs tigung des Binses( notabene 8 bis 20 Prozent noch dazu) Klarmachen
will.
Bei diesem Stand der Dinge, der sich übrigens durchaus nicht bessert, wird der Gegensatz zwischen Westen und Often, oder vielmehr zwischen bem westlichen Ackerbauer und dem Großkapitalisten des Dstens, flar. Der Bauer allein ist aber nicht im Stande, diese Last abzuschütteln; der Arbeiter allein kann, bei seiner heutigen Stärke, die Lohnstla verei nicht brechen. Aber wenn Bauer und Arbeiter zusammenstehen und Front machen gegen die Ausbeuter, dann hat es für diese geschellt."
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Die Unsicherheit der französischen Zustände"- das ist das stehende Thema unserer Reptilienpresse. Ja, aber wo ist denn bie Sicherheit der deutschen Suftände? Das jetzige System hängt- wenigstens soweit die Person seines Hauptvertreters in Frage kommt an einem Haar. Eine fleine Erkältung, und der wantende Greis, in deffen Name der Hausmeier Bismard regiert, finkt ins Grab, und für einige Zeit ist's vorbei mit der Dynastie Bismarck . Sind das sichere Zustände?
Der Kronpring, der nach dem Tode des„ Heldenkaisers" bas Reich auf seinen Schultern tragen sollte, ist von den Aerzten zum Lobe verurtheilt.
Wird der Kronprinz früher sterben als der Raiser? Dber wird er ihn auf turze Zeit überleben? Das ist die Frage, welche das ganze offizielle und offiziöse Deutschland beschäftigt. Sind das sichere Bus stände?
,, Des Reiches Hoffnung und Zukunft" nannte ein Berliner Blatt vor nicht einem Vierteljahr den Kronprinzen. Und des Reiches Hoffnung und Zukunft" ist von einer unerbittlichen Krankheit ges padt, die fefter padt als Herr Krauts, der Hohenzollern Henter. Denn ihr ist in Jahrtausenden noch keiner entronnen, auf den sie die Hand gelegt.
Und stirbt der Kronpring, so kommt ein Mensch auf den Thron, ben nichts auszeichnet, als totale Unselbständigkeit und eine so knaben hafte Unreife, daß Bismarck ihn durch seine Reptile vor aller Welt wie einen Schuljungen abkanzeln läßt.
D die Franzosen tönnen lachen, wenn sie dieses deutsche National. zuchthaus sich betrachten, das jetzt in ein Lazareth umgewans belt ist. Sie müßten toll sein, wollten sie mit dem deutschen Bolle tauschen.
Das Schiebsgerigt.
in der Angelegenheit Gilles gegen den Sozialbemotrat" hat folgende Beschlüsse gefaßt:
1) Das Schiedsgericht erklärt:
a) daß es über die politische Zenbenz der Seitungen, bie Gilles vor 1884 rebigirte, nicht entscheiben kann, da dieselben ihm nicht vorgelegen haben;
b) daß Gilles selbst erklärt hat, die Altpreußische Beitung" set ein fortschrittliches Blatt, welches er bemokratisch redigirt habe.
2) Daß es