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dürfte-, daß ihm Thatsachen bekannt seien, aus denen es faft un aweifelhaft hervorgehe, daß die Sozialdemokratie in Deutschland ihren Höhepunkt erreicht habe, ja, daß in manchen Bezirken sie sogar in der Abnahme begriffen sei. Ja, meine Herren, wenn das die Wirkungen des Gesetzes waren, dann wird doch jeder Mensch, der halbwegs logisch benken kann, zugeben, daß dann zum allermindesten
die Verschärfungen des Gesetzes vollständig überflüssig
sind.
( Sehr richtig! links.)
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Aber es ist hier dem Herrn von Buttkamer wie dem Herrn von Helldorff gegangen: Herr von Helldorff versuchte ebenfalls eine ganze Reihe von wohlthätigen" Wirkungen dieses Gesezes nachzuweisen; auf der andern Seite mußte er aber doch zugeben und er behauptet, barin ganz persönliche Erfahrungen gemacht zu haben, namentlich in Bezug auf die Thätigkeit der Ausgewiesenen aus den Belagerungs. guftandsbezirken, daß nach dieser Richtung hin das Gesetz sogar ent schieben schäblich gewirkt habe...
... Nun will ich zunächst, um bei diesem Punkte einmal zu bleiben, Herrn von Helldorf zugeben, daß die Wirkungen, die er von den Auss gewiesenen in seinen ländlichen Bezirken verspürt zu haben vermeint, wohl wahr, aber durchaus nicht neu sind. Sie sind eine ganz natürliche Folge davon, daß jest eine Reihe von Jahren hintereinander über alle größeren Städte und Industriebezirke der Belagerungszustand verhängt wurde. Ferner find fie die natürliche Folge der Art und Weise, wie die Polizei in Deutschland mit den Ausgewiesenen umspringt. Das ist ein so wichtiges Rapitel, daß ich dabei nothwendigerweise einen Augenblick verweilen muß.
Die Berliner Polizei, die ja gewissermaßen als Sentralpolizei in Deutschland fungirtich möchte sagen, der Berliner Polizeipräsident ift eigentlich und in Wahrheit so eine Art deutscher Polizeiminifter, natürlich unter dem Kommando und der Oberaufsicht des Herrn von Buttkamer, weil bei ihm alle Berichte über die Thätigkeit der Aus gewiesenen aus allen Enden und Eden Deutschlands zusammenlaufen- die Berliner Polizei ist also über die Wirkungen der Ausweisungen Längft unterrichtet; daher ist es bei ihr bereits seit einer Reihe von Jahren Grundsay, von der Ausweisung nur in den allerseltensten Fällen Gebrauch zu machen, ganz im Gegensatz zu den Behörden im Königreich Sachsen, wo bekanntlich der Belagerungszustand über Leipzig und Ums gegend verhängt ist, bie mit wahrer Wolluft die Maffenausweisung bis zum heutigen Zage betreiben und auch dafür sorgen, daß diese Ausweisungen sofort in der Preffe als eine große, staatsretterische That ausposaunt werden. Recht drastisch ausgedrückt, was die Berliner Polizei in Bezug auf die Thätigkeit der Ausgewiesenen und ihre Wirkung im Lande denkt, hat vor Jahr und Tag einmal ein Polizeiwachtmeister hier in Berlin einem meiner Parteigenoffen gegenüber geäußert. Bei diesem wurde eine Haussuchung veranstaltet. Die Polizei die beiläufig bemerkt mit der Reichspost in den allerintimsten Beziehungen und Ver bindungen steht und sehr genau unterrichtet ist von allen Sendungen, welche bekannte Sozialdemokraten durch die Post zugestellt bekommen die Berliner Polizei wußte auch, daß an diesen Sozialdemokraten ein bestimmtes Packet Schriften geschickt war. Raum hatte der Postbote das betreffende Packet abgegeben, so erschienen etliche Kriminalschuhleute unter dem Rommando dieses Wachtmeisters, nahmen bei dem betreffenden Arbeiter die Haussuchung vor, belegten das eben angekommene Badet mit Beschlag und öffneten es. Da stellte sich heraus, daß dasselbe eine Anzahl verbotener Schriften von ein und demselben Inhalt enthielt, so. daß gar kein Zweifel vorhanden sein konnte, daß diese Flugschriften zur Verbreitung bestimmt waren. Nun sagte der betreffende Wachtmeister: Ja sehen Sie, mein lieber Herr soundso, es ist ja unzweifelhaft, daß diese Schriften zur Verbreitung bestimmt sind; aber da wir Sie noch nicht bei der Verbreitung erwischt haben, so können wir natürlich jetzt bei den Gerichten gegen Sie nichts machen. Die Thatsache, daß Sie das Packet bekommen haben, würde selbstverständlich vollständig genügen, um Sie auszuweisen; aber so dumm sind wir nicht mehr.' Hören Sie, meine Herren! ,, nicht mehr!"" Wir haben die Er fahrung gemacht, daß ihr, wenn wir euch ausweisen, draußen viel schlimmer feib und viel mehr schabet, als in Berlin . Hier in Berlin steht ihr unter unserer Kontrole, hier haben wir eine geübte und zahlreiche Polizei; wenn ihr aber hinaus in das Land kommt, agitirt thr überall herum. Diese Erfahrungen haben wir seit langer Beit gemacht. Ausgewiesen werden Sie also nicht, aber scharf beobachtet werden Sie."
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Meine Herren, ich frage Sie alle, kann in drastischerer Weise, als es burch diese Aeußerung geschehen ist,
die Schädlichkeit der Ausweisungen selbst vom Standpunkt des Sozialistengesetes
bargethan werden?.
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... Und nun, meine Herren, nicht allein das; wie ist nun die Praxis der Polizeibeamten im Lande gegenüber diesen Ausgewiesenen? Das ist in der That auch nothwendig festzustellen, weil auch hier wiederum Beweise vorliegen, wie diese Praxis in erhöhtem Grade dazu beitragen kann, die Wirkungen, welche die Urheber des Ausnahmegesetes demselben zugeschrieben haben, gerade in das Gegen theil zu verkehren. Wenn so ein unglüdlicher Ausgewiesener in eine andere größere oder kleinere Stadt kommt, kann er tausend gegen eins wetten, daß am nächsten Morgen sein Aufenthalt bereits der betreffenden Polizeibehörde genau bekannt ft. Er wird nicht allein von der Herberge angemeldet, wie dies ja Vorschrift ist in allen Gemeinden, sondern es tommt für ihn noch hinzu, daß sein Name auch im Polizeianzeiger" steht dieser ist der Polizeibehörde zugängig, jeder Polizeibeamte führt die Lifte der Ausgewiesenen beständig bei sich und weiß nun sofort, daß dies der und der von dort und dort Ausgewiesene ist. In vielen Fällen nun und namentlich habe ich da in Dresden sehr reichliche Erfahrungen gemacht paffirt folgendes. In der Regel wird der Mann auf die Polizei zitirt, dort werden ihm alle möglichen Fragen vorgelegt, er muß sich über seine Subsistenzmittel ausweisen, ferner erklären, was er zu thun gebenke u. s. m. Aber man ist nicht allein damit zufrieden. Von dem Augenblicke an darf er sicher darauf rechnen, daß er auf Schritt und Tritt von Polizeibe. amten verfolgt wird, daß er dann, wenn den Parteigenossen an dem betreffenden Drte es gelingt, ihm Arbeit zu verschaffen, es nur wenige Tage dauert, und die Polizei erscheint bei dem betreffenden Arbeitgeber des armen Teufels und unterrichtet diesen über seine Person. Da tommt es nun häufig vor, daß der Arbeitgeber, wenn die Polizei ins Haus kommt und sagt:„ Hören Sie, da haben Sie einen gefährlichen Menschen unter Ihren Arbeitern, der ist ein Wühler, der„ Kerl" ist von da und da ausgewiesen auf Grund des Belagerungszustandes", daß der Unternehmer erschricht und sich sagt: ich habe schon genug Sozial demokraten und der kommt nun auch noch mir in die Werkstatt und noch gar die Polizei dazu, die mir aus so und soviel Gründen schaden fann. Alsdann entläßt er den Mann. Aber was ist die weitere Wirtung? Die auf Grund der Ausweisung aus seinem Wohnorte ohnehin vorhandene furchtbare Erbitterung wird bei diesem Manne noch intensiver.
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theidigen, und, wenn die Gründe durchschlagend find, Aussicht, frei- in einem Maße, daß die gesammten Arbeiter in Deutschland und das Richt gesprochen zu werden. Der Polizei gegenüber nichts von alledem! Du ist, was wir an dieser Sozialreform auf das Entschiedenste bekämpfen mußt gehen, weil es mein Wille ist, und mein Wille ist meine Willfür." vollständig unter die Botmäßigkeit der Unternehmer, der Arbeitgeber So steht es in diesen Dingen. auf Grund dieser Drganisation gebracht werden, geht man jest syfte matisch darauf aus,
Also ich habe es an meiner eigenen Person erfahren, welch' furchtbarer Grimm, welcher Haß, welch' ungeheure Erbitterung Jeden beseelt, der von solchen Maßnahmen betroffen wird, und so begreife ich, meine Herren, daß diejenigen, die von diesen Maßnahmen betroffen werden, es gerade erst recht als ihre Pflicht betrachten, alles daran zu setzen, der Jbee, wegen derer sie verfolgt werden, zur Ausbreitung zu vers helfen...
worden, daß man geglaubt habe, es würden die sozialreformatorischen Nun, meine Herren, ist weiter in den Motiven ausgesprochen Bestrebungen der Regierung wenigstens einigermaßen in der Sozials bemokratie Entgegenkommen finden, und so gewissermaßen eine Art allmäliger Verständigung und Aussöhnung zwischen der Regierung und ben hinter ihr stehenden Parteien und der Sozialdemokratie oder wenig ftens einem Theile derselben möglich sein. Aber, sagt die Regierung, diese Hoffnungen haben sich leider nicht erfüllt, wir sehen keine Spur von einer sozialreformerischen Bewegung der Sozialdemokratie; es ist unzweifelhaft, die Sozialdemokratie wandelt ihre alten revolutionären Bahnen; und da sie das thut, können wir nicht allein dabei bleiben, daß die bisherigen Machtmittel, die Sie uns gegeben haben, uns weiter gewährt werden, wir müssen sogar mit noch schärferen Repressionsmitteln gegen fie vorgehen. Meine Herren, aus teiner Rede ist mir das so klar hervorgegangen, wie aus der Rede des Herrn von Helldorff, wozu diese schärferen Repressionsmittel benutzt werden sollen. Er erkannte an: heute ist die Sozialdemokratie scheinbar gegen früher eine ganz andere in ihrem Auftreten, fie tritt viel ruhiger, gemäßigter, ich will einmal den Ausbruck gebrauchen, anständiger" auf; alle die bösen Auswüchse, die wir früher an ihr beklagt haben, sind durch das Gesetz beseitigt. Nun sollte Herr von Helldorf von diesem seinem Standpunkt sagen: Gut, behalten wir das Gesetz, so wie es ist, weiter. Nein, sagt er aber, das genügt mir nicht, wir müssen es verschärfen. Warum? Gerade dadurch, daß bie Sozialdemokratie ein so gemäßigtes Gewand angenommen hat, so sachte, so gemäßigt auftritt, dadurch ist sie erst recht gefährlich, dadurch gewinnt sie eine Anzahl Leute, die unter der früheren, rauheren Form sich nicht gewinnen ließen;
Ich habe das an mir selbst empfunden. Ich bin seit dem Jahre 1881 aus Leipzig , wo ich seit 20 Jahren gewohnt habe, Bürger war, mein Geschäft hatte, auf Grund des Belagerungszustandes ausgewiesen worden. Ich bin auf Grund dieser Ausweisung gezwungen worden, aus meinem Geschäft auszutreten, meine Existenz zum großen Theil preiszugeben u.. w. Einer ganzen Reihe anderen Genossen ist ähnliches passirt. Wir aber, die sogenannten Führer, sind gegenüber den Arbeitern ver hältnißmäßig immer noch in günstigerer Position. Und doch, meine Herren, ich habe in den 25 Jahren, seit welcher Zeit ich im öffentlichen Leben ftehe, das werden alle diejenigen, die einigermaßen meine Thätigkeit verfolgt haben, wiffen, sehr viel Verfolgungen, sehr viele Gefängnißftrafen erlitten; ich bin in den verschiedensten Arten verurtheilt, gehegt und verfolgt worden; aber das sage ich Ihnen: nie in meinem Leben habe ich einen so andauernden Gram, eine solche Erbitterung empfunden als damals, als ich auf Grund des Belagerungszustandes ich möchte fast sagen wie ein räubiger Hund von Haus und Hof, aus meinem Geschäft und von meiner Familie weggetrieben wurde, ohne daß ich im Geringften in der Lage war, mir zu sagen: wie kannst du bich dagegen vertheidigen? Dem Richter gegenüber müssen Gründe, muß eine Verlegung des Gesetzes da sein; wenn ich dem Richter gegenüber. gestellt werde, habe ich Gelegenheit, mich zu verantworten und zu vers
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wir müssen also die Sozialdemokratie reizen,
das war der Sinn seiner Worte-, wir müssen Verschärfungen eins führen, und wenn es in Folge dieser Verschärfungen das ist die Folge, die ich daraus ziehe zu Butschen, zu Gewaltthaten kommt, so ist die Flinte da, die schießt, und der Eäbel, der haut....
Aber meine Herren, zu der Auffassung von der Stellung der sozi aldemokratischen Partei zu den Reformbeftreckungen der Regierungen zurück! Mich hat der Sak, der da in den Motiven steht, aufrichtig ge= freut, nicht etwa, weil er etwas Neues sagt; denn daß die Sozialdemo tratie eine Reformpartei im Sinne der Regierung werden würde oder werden könnte, den Gedanken habe ich nie gehabt, den hat kein Parteigenosse von mir in seinem Leben gehabt. Aber daß die Regierungen hier offen aussprechen, daß sie diese Hoffnung wirklich gehabt haben, daß sie gewissermaßen in der Rolle des Rattenfängers von Hameln nur die Neformflöte zu blasen brauchten
( Große Heiterkeit),
um zu erwarten, daß dann die Sozialdemokratie in größerer Bahl ihnen folgen würde, daß sie diese Hoffnung hatten, das amüfirt mich; und es amüsirt mich noch mehr, daß sie sich darin getäuscht haben. Ja, meine Herren, wenn Sie glaubten, daß die Sozialdemokraten Ihrem Lockruf folgen würden, dann müssen Sie vor Allem viel schönere Reformmelo bien pfeifen, als Sie bis jetzt gepfiffen haben. Revised of
( Heiterkeit.)
Mein Parteigenoffe Singer hat bereits hinlänglich darauf hingewiesen, wie eigentlich die Reformthätigkeit der Reichsregierung und insbesondere die Reformthätigkeit des leitenden Ministers, des Herrn von Butikamer, in der Wirklichkeit sich gestaltet hat.
Freilich erleben wir und darauf hat bereits der Herr Abgeordnete Dr. Bamberger neulich in seiner Rede hingewiesen zugleich, während man die ganzen Reformbestrebungen eigentlich nur dahin zu= sammenfaßt, daß es sich um eine beffere Gestaltung der Armenpflege handelt, daß diese kleinlichen Bestrebungen mit dem größten Aufwand von sozialistischen Schlagworten begründet und aufgebauscht werden. In ber That, meine Herren, wer die Motive zu den verschiedenen Geset entwürfen gelesen hat, namentlich in den ersten Jahren, bei dem ersten Unfallgeset, der wird erstaunt sein, in welcher Weise die Herren vom Bundesrathstisch sich in die Terminologie der Sozialdemokraten hineins gearbeitet haben; man glaubt, gewiffe Rapitel aus Karl Marx ' ,, Rapital" zu lesen wenigstens gewiffe Stellen, wenn man dieselben durchfteht, und wir haben ja gehört, wie Herr von Putttamer mit der Bose, die ihn immer so schön fleidet, von der kapitalistischen Pro. buftionsweise gesprochen hat, von dem Klaffeninteresse der Arbeiter, dom Klaffenkampf, vom Klassengegensatz und alle diese Ausdrücke und Schlagworte in einem den Arbeiterbestrebungen gewiffermaßen günstigen
Sinne anwandte.
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( Sehr gut! bei ben Sozialdemokraten.) Seine Art zu reden über diese Dinge deckt sich in der Ausdrucksweise genau mit der Ausdrucksweise der Sozialdemokratie in ihren wissenschaftlichen und Agitationsschriften.
Nun, meine Herren, hat mein Parteigenoffe Singer bereits aufmertsam gemacht auf den Streikerlaß, den Herr v. Puttkamer an die preu Bischen Behörden gerichtet hat....
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Heute ist thatsächlich das
Stoalitionsrecht der Arbeiter in ganz Deutschland vollständig illusorisch.
( Widerspruch rechts. Suruf: Maurerftreit!) -Herr von Kardorff macht Miene, die Hände über dem Kopf zusams menzuschlagen.
( Heiterkeit.)
Der Maurerstreit! Also weil es trok der Schwierigkeiten noch möglich ist, einen Maurerstreit zu inszeniren, ist in Deutschland das Koali tionsrecht frei? Eine merkwürdige Logit, Herr von Karborff! Sie wissen ja gar nicht, wie viel andere Bestrebungen der Arbeiter unmöglich ges macht sind, ferner, daß heute solche Bestrebungen eben nur noch möglich find in einer Großstadt wie Berlin , bei dem ungemein feften Zusammens halt der Arbeiter, wie er in Berlin existirt, wo eine jahrzehntelange Schulung vorhanden ist.
Wir erleben allüberall in Deutschland , in Sachsen z. B., wie man gegen die Arbeiterkomites, gegen die Lohnkommissionen auf Grund der in der ärgsten Reaktionszeit erlaffenen Bereinsgesetze in einer Weise vor geht, die drei Jahrzehnte lang für unmöglich gehalten wurde. Ueberall werden die Lohntommissionen als Vereine betrachtet, welche Statuten einzureichen hätten u. s. w...
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die viel besseren freien Institutionen der Arbeiter zu Grunde zu richten
und ihnen den Lebensfaden zu unterbinden.
( Sehr richtig! links.)
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... Und nun weiter, meine Herren: während auf diese Weise die Arbeiter bestrebungen allüberall unterdrückt, chifanirt, überall todt zu machen gesucht werden, auch dort, wo sie auf dem Boden der heutigen Gesellschaftsordnung irgend etwas leistungs- und lebensfähiges aufzus richten suchen, sehen wir, daß die Unternehmer sich einer nahezu schran tenlosen Freiheit für ihre Bestrebungen auf diesem Boden erfreuen. Gegenwärtig strengt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen die Lohn tommission der Berliner Maurer einen Prozeß an auf Grund des preußi schen Bereinsgesetzes die Kommission soll nämlich als politischer Verein mit anderen politischen Vereinen ähnlicher Art Verbindungen angeknüpft haben, was nach dem Vereinsgesetz in Preußen verboten ift und hat acht Monate Arbeit gebraucht, um das Belastungsmaterial zusammenzubringen zu einem Prozeß, in dem im ungünstigsten Fall, wenn die Richter im Sinne der Staatsanwaltschaft entscheiden, für die eins zelnen Betheiligten ein paar Wochen Gefängniß herauskommen. Wie fehen Sie aber dieselben Behörden verfahren gegenüber den Arbeitgeber inftitutionen? Wir sehen die Arbeitgeber über ganz Deutschland zu Ben tralvereinen, Verbänden organisirt, wie sie auf die Gesetzgebung einwirken, wie fie Wahlorganisation betreiben; wir sehen, wie überall die Innungen zusammentreten, um für die politischen Wahlen zu wirken, in 26 ganz offen vor den Augen der Polizei, unterstützt von den öffentlichen Behörden, in direktem schreiendem Widerspruch mit den bestehenden Vereins und Versammlungsgesetzen. Reine Staatsanwaltschaft verfolgt fie, ruhig läßt man diese Herren gewähren. Wir haben es bei den let ten Wahlen erlebt, daß Vereine, die entschieben keine politischen Vereine find, die Militärvereine, sich zusammengethan haben, sich politisch bei den Wahlen betheiligt haben; wir haben erlebt, daß im vorigen Jahre im Juli auf dem Militärverbandstage in Ratibor sogar ein Staatsanwalt, ein Wächter der Geseze, als Redner aufgetreten ist und die Militärvereine aufgefordert hat, doch ja mehr den Verbänden beizutreten, weil fie dann bei der Wahlagitation wirksamer eintreten fönnten. So die Beamten, die dazu da sind, die Gesetze zu achten und dort, wo sie vor ihren Augen übertreten werden, die Nebertreter zu verfolgen, diese werfen sich selbst zu Verlegern der Geseze auf, reizen gerade dazu an, geben das Beispiel. Und
... Weiter, meine Herren: die Regierung kommt jekt mit der Altersversicherung. Nun, wir wissen alle, daß in Deutschland bereits eine Anzahl von Drganisationen bestehen, die freiwillig, aus der eigenen Initiative der Arbeiter heraus, solche Raffen gegründet haben. Vor einigen Tagen ist hier im Hause bei einer Debatte eine derartige Kaffe des Buchdruckerverbandes erwähnt worden, eine Raffe, die 14,000 Mitglieder zählt. Auf die Beschwerde meines Freundes Grillenberger, daß die preußische Regierung verlangt habe, daß dieser Verein, welcher jahrzehntelang als bloßer Unterstügungsverein angesehen wurde, jett mit einem Mal unter das preußische Gesetz über das Versicherungswesen gestellt werden sollte und den Bestimmungen desselben fich anzupassen habe, und daß dennoch das bezügliche Gesuch bei der Regierung zu Han nover einfach abgewiesen wurde, hat Herr von Bötticher erklärt: ja, es habe sich herausgestellt, daß dieser Verein, daß diese Raffe bankerott sei. Diese Kaffe hat jest darauf eine öffentliche Erklärung in den Blättern erlaffen, die genau das Gegentheil beweist. Diese zeigt, daß die Kaffe, die bisher ihren Mitgliedern genau das Dreifache deffen zahlt, was in den Grundzügen der Invalidenversicherung in Aussicht steht, daß diese Raffe glänzend prosperirt, daß sie im letzten Jahre von Quartal ju Duartal ganz bedeutende Ueberschüsse gehabt hat, daß also gar kein Ges banke daran ist, daß diese Kasse dem Bankrott verfallen könnte. Ja, meine Herren, um Alles in die Reichsschablone zu bringen, und zwar
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glauben Sie denn, unsere Arbeiter seien Jdioten, daß sie diese schreiend ungleiche Behandlung, die ihnen im Vergleich zu den Unternehmern zu Theil wird, nicht gewahr werden?!
Nun werde ich genöthigt sein, auf die seitens der verbündeten Regierungen in dem Gesez beantragten Versch är fungen einzugehen. Es ist zwar wahr, daß nach der Erklärung, die Herr von Marquardsen Namens seiner politischen Freunde abgegeben hat, dies eigentlich als überflüssig erscheint, insofern nämlich, als er ja sagt: wir werden nur für die alte Fassung des Gesetzes und nur auf zwei Jahre Stimmen,- und es ist auch sicher, daß ohne die Zustimmung der nationalliberalen Partei das veränderte Gesez nicht durchführbar ist; aber, meine Herren, ich habe trotzdem verschiedene Gründe, Ihnen doch hier in Kürze diese Abänderungsanträge und ihre wahre Bedeutung flarzustellen, und zwar find das folgende.
Einmal bin ich nicht ganz sicher, und zwar auf Grund alter Erfah rung, daß die Herren von der nationalliberalen Partei eine Erklärung, die sie in der ersten Lesung abgeben, auch wirklich in der dritten noch aufrecht erhalten.
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( Buruf seitens der Nationalliberalen: Abwarten!) Dann erscheint mir sehr wichtig, daß Sie die wahre Natur dieser Anträge näher kennen lernen. Und dann, meine Herren, das ist die Hauptsache will ich beweisen, ich will nur sagen, mit welcher Leichtherzigkeit um feinen schärferen Ausdruck zu gebrauchen man im Bundesrath zu Verschärfungen kommt, zu denen in der That auf Grund des bestehenden Zustandes gar keine Nothwendigkeit exiftirt; und zwar nicht etwa eine Nothwendigkeit, weil die Gerichte nicht hoch genug Strafen ausgesprochen haben, sondern weil eine ganze Reihe von Straffällen und Vergehen in diesem Paras graphen genannt werden, und die Verschärfung der Strafe dafür beantragt wird, auf die bis zum heu= fünf tigen Zag noch kein Gericht in Deutschland hat er durch tennen tönnen, weil
diese Bergehen auch nicht einmal vorgekommen sind. ( Hört! hört! links.)
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Jm§ 19 heißt es: Wer eine verbotene Druckschrift(§§ 11, 12) ober wer eine von der vorläufigen Beschlagnahme betroffene Druckschrift(§ 15) ver- für breitet, fortsett oder wieder abbrudt, wird mit Geldstrafe bis zu Rech eintausend Mark oder Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. brei Bisher konnte nur bis zu sechs Monaten bestraft werden. Nun will ist ei ich hier gleich ausdrücklich bemerken, daß bis jetzt im deutschen Reich in ben neun Jahren, seitdem das Sozialistengesetz existirt, zwar sehr vielfach das ist wahr Verbreitung verbotener Druckschriften stattge funden hat und darauf verurtheilt wurde; aber es ist auch nicht bolle ein einziger Fall vorgekommen, daß eine Bestrafung aus fünf gesprochen werden konnte, weil eine verbotene Druckschrift fortgesetzt, Philif oder eine verbotene Druckschrift wieder abgedruckt wurde. Die deutschen N Gerichte haben nicht ein einziges Mal sich mit einem hinw solchen Fall zu beschäftigen gehabt und trotbem Sean- einsd tragt man die Verdoppelung der Strafe für diesen Fall....
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Die allermeisten von Ihnen haben gewiß gar keine Ahnung, ob mo etwas verboten ist. Ich mache mich anheischig, unter Sie 500 verschiedene benu Blätter und Broschüren zu vertheilen, von denen kein einziger unter diese Ihnen weiß, daß fie verboten sind, und von denen Sie, wenn Sie fie späte und das ist das Schönste dabei gelesen haben sagen werden: die wied fonnten gar nicht verboten werden. Und doch sind sie verboten! Das, jähri meine Herren, ist eben das Charakteristische an diesem Gesetze. Genau so geht es mit den anderen Paragraphen, in denen eine Ver- nicht schärfung der bisherigen Strafe beantragt ist.
Da heißt es jetzt im§ 17:
in di
bente
lang
Jugti
ift, t
Bis zu drei Monaten wird bestraft, wer an einer verbotenen Beto Bereinigung theilnimmt. Wer aber als Vorsteher, Leiter, Droner, hord Agent, Raffirer eines verbotenen Vereins oder einer verbotenen Versammlung sich bethätigt, erhält Gefängniß von einem Monat Jahr bis zu einem Jahr. illos d Meine Herren, kraft meiner Stellung als einer der sogenannten Führer ben, der Sozialdemokratie und als Mitglied dieses Hauses verfolge ich sehr schul genau alle auf Grund des Sozialistengefezes vorkommenden gerichtlichen auf In theile im deutschen Reich. Bis zu diesem Augenblick ist, so weit ich Bol weiß, im ganzen deutschen Reich also seit mehr als neun Fort Jahren Dief
nicht eine einzige Berurtheilung vorgekommen
polit
tonn
auf Grund dieses Paragraphen, sei es wegen eines verbotenen Bers die! eins, der fortgesetzt wurde, oder wegen einer verbotenen Versammlung, ftelle die abgehalten wurde.
Und trotzdem wird auch hier eine ganz bebeutende schär Berschärfung der Strafbestimmungen jetzt verlangt.
wort
Stech
Σ
Ich habe bisher immer geglaubt, daß, wenn man Strafverschärfungen min vorschlägt, es doch nothwendig sei, nachzuweisen, daß die Fälle von Ber- brut gehen in einer solchen Unzahl sich häuften, daß in der That daraus zu schließen set, die Strafe wirte nicht mehr. Das ist, so viel ich weiß, wir einer der einfachsten juristischen Grundsäße, und Herr Dr. Mars quardsen nicht mir zustimmend zu. Sie sehen nun, wie die Herren vom See Bundesrathstische, und darunter einer der ersten Juristen des König der reichs Sachsen- Geheimrath Dr. Held dem ganz entgegengesett fak geradezu für juristische Ungeheuerlichkeiten in diesem Gefeße mit Eifer bun eingetreten find....
Namentlich ist auch die Behauptung, welche sowohl in den Motiven steht, als hier am Bundesrathstisch gemacht worden ist: daß die fom
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