bofc eine„innere Mission" sich die Wohlthat der Kranlenpflezefür Leib und Seele aneignen und so das Eingreifen der Demokratie indie Aufgabe der christlichen Diakone verhindern sollte. Die freireligiösenGemeinden suchte man auszurotten. Orthodoxe Geistliche forderten rund-weg, die Ehen der Dissidenten als Konkubinat zu betrachten und dendaraus entsprossenen Kindern„christliche" Bormünder zu gebe«. ImFrühling>863 befürwortete die Kreuzzeitung endlich die Beseitigungdes preußischen Landrechtes, weil et„die Kirche läugnet",„die Ehebricht",„die Unzucht privilegirt". Da« fand nun auch der Prinz vonPreußen zu stark. Im Kreise der pommerschen Abgeordneten verlieher seinen Ansichten Ausdruck und schloß seine Mahnung mit den Worten:„Es sind nicht immer di« besten Patrioten, welcheam lautesten die Rückkehr zu alten Zuständen for-dern." AlS«leist.Retzow entgegnen wollte, bemerkte ihm GrafSchwerin, das prinzliche Palai» sei nicht der Ort für politische DiSkus-fionen, worauf der Prinz zustimmte und von Kleist-Retzow fich so-wandte...Wie gedrückt muß man gewesen sein, daß eine solche allgemeineAeußerung wie eine frohe Botschaft das Reich durcheilte!Die Reaktion rächte sich an dem Prinzen dadurch, daß sie gegen dieFreimaurer predigen ließ. Professor Hengstenberg lhat auch in einereigenen Schrift gründlich dar, daß die Freimaurer gerade so schlechteChristen seien wie die Freigemeindler.Der Prinz bereitete den Liberalen bald wieder eine Freude. ZuKönigsberg hatte sich aus loyalen Biedermeiern und Poltzeikreaturenein„Preußenverein" gebildet, der durch seine Denunziationen einenheillosen Terrorismus ausübte. Der an seiner Spitze stehende Generalvon Plehwe bat den auf Besuch nach Königsberg gekommenen Prinzen,eine Huldigung des Verein» entgegenzunehmen. Der Prinz lehnte ent-schieden ab, weil er keinen Preußen-V e r« i n sondern nur ei.r preußischesVolk kenne. Freilich war damit dem Preußenverein das Handwerkkeineswegs gelegt. Er förderte die„gute Gesinnung" und dazu warenihm Regierung und Polizei behülflich.„Der KönigsbergerFreimüthige" verübte unter der Redaktion Gmil Lindenberg«jegliche Niedertracht. Dieser Hetzer, vor dem selbst kein Beamter sicherwar, hatte wegen Erpressung und anderer Vergehen längere Zeit imZuchthaus geweilt. Aber er war ein brauchbarer Lump und de«.halb der Mann der Preußenvereinler. Von seinen Leistungen sagt einBeispiel genug: In Königsberg lebte, aller Politik fern, ein alter,pflichttreuer Steuerbeamter. Plötzlich entdeckte Lindenberg in ihm eingefährliches Individuum. In seinem Bureau war die Decke von schwarz-rothgoldener Borte eingefaßt und zweitens trug der Mann einen weichenFilzhut, einen Kalabreser. Die sofort eingeleitete Untersuchung ergabnun allerdings, daß kein Schwarzrothgold an der Decke leuchtete, aberder Kalabreser war eine unumstößliche Thalsache. Der Greis wiesseinem Vorgesetzten unter Thränen die in den Befreiungskriegengeholten Narben auf der Stirne. Die Wunden waren geheilt, aberdie Narben schmerzten zeitweise, daher der weiche Filzhut. Der Bor.S setzte sah diese Zeichen, sah die Thränen und erklärte den Rann füruldloS.Solche und ähnliche Geschichten gingen nicht ab ohne Injurien- undPreßprozesse, welche selbst die dem Hallunken gewogenen Staatsanwälteund Rechter nicht abzuwenden vermochten. Lindenberg wurde nichtweniger al« achtzehn Mal zu Strafen verurtheilt, unterließ jedoch nie,im Bewußtsein, von seinen Gönnern gehalten zu werden, die niederen.wie die höheren Instanzen in seinem Blatte zu belehren, wie sie eigent-lich hätten urtheilen sollen. Und so oft wurde er dem König zur Gnadeempsohlen, daß dieser endlich erklärte, von ihm keine Gesuche mehr ent-gegenzunehmen.Aber Individuen dieser Sorte sind zähe,— um ihrer Unsauberkeit�willen auch stets gesucht und so erhielt denn Lindenberg noch eine höhere�Mission. Man hat späterhin entdeckt, daß der General von Gerlach den»Prinzen von Preußen sorgsam überwachen ließ undjdaß der frühere Zuchthäusler Lindenberg, der am Herzen-der„Kreuzzeitung" ruhte, von ihm beauftragt war. einen Bericht überdas Benehmen deS künftigen Trägers der preußischen Krone bet dessenAufenthalt in Rinden abzustattten..."Das war vor 30 Jahren.Und jetzt? Wie sieht ei» in dem Preußen au», in demvtetche au», al»deren Herrscher Wilhelm l. gestorben?Welche Partei herrschte am Hofe? Die Kreuzzeitungspartei.In wessen Händen ruhte die P o l i z e i? In denen des Minister?nach dem Herzen der Kreuzzeitung. Und will man wissen,wie sie gehandhabt wird, so braucht man nur verschiedene Namen undTitel in obigen Ausführungen zu ändern, und sie treffen Satz für Satzauf die Jetztzeit zu. Der Krüger ist an Stelle de« Stieber getreten, aberdas System ist um kein Haar anders geworden. Die Zerstörung miß-liebiger Vereine, ob sie noch so harmloser Natur, blüht und die„Gründe",die dafür angeführt werden, sind heute um kein Haar besser alS damals.Die„innere Mission" ist in verstärkter aber um so verfchlechtetererAuflige auf die Tagesordnung gesetzt worden, und die Arbeit derHengstenberg und Lindenberg wird durch ein ganze? Heer ähnlicher Ge«sellen verrichtet, an ihrer Spitze ein Pfaffe, von gleichem Zelotismuswie der«ine und von gleicher Schamlosigkeit, Rachsucht und—„Zähig-Feuilleton.Im Kreislauf der ZuKunst.(«u» dem„St. Galler Stadt-Anzeiger.")Man zählte seit Christi Geburt>»38. In Deutschland hat es dierepublikanische Regierung trotz ihre« fünfundzwanzigjährigen Bestände»noch nicht vermocht, die große Masse des Volkes für die neue Staats-ordnung zu begeistern. Die meisten Gebildeten sind freilich an der Re>publik tnteressirt, denn die hohen und höchsten Aemter und Würdensind nicht mehr da» Monopol des JunkerthumS, sondern jedem Tüch-tigen, ohne Rücksicht auf da» Familienwappen, zugänglich. Die fteefin-nige, organistrte Arbeiterschaft ist aus Prinzip republikanisch, denn diedemokratische Republik allein kann die politische Grundlage der sozialenFreiheit sein.Die Landbevölkerung aber, bei welcher da« Verständniß für den Kampfum eine ideale Zukunft weniger entwickelt ist, findet noch keinengroßen„wesentliche«" Unterschied zwischen der früheren Monarchie unddem derzeitigen republikanischen System: die Steuern sind nicht leichtergeworden, die Unabhängigkeit der kleinen Bauern von den ZinSherrenhat sich keineswegs vermindert, wenn auch an die Stelle der Junkerdie bürgerlichen Kapitalisten getreten sind. Freilich find schon einigesehr w-chtige soziale Reformen durchgeführt worden; allein sie beschränktensich fast einzig aus den Kreis der Industrie; die Landwirthschaft wurdefast noch gar nicht berücksichtigt. Die monarchischen Traditionen lebendaher in der Landbevölkerung noch weiter fort.Außer dem Adel ferner, sür den es nun keine Sinekuren und keineglänzenden Hofehrenimter mehr gibt, sind es auch noch die nach Tau-senden zählenden früheren Hoflieferanten, Hofschneider. Bedienstete rc.,welche, in den zwei Dutzend ehemaligen deutschen Residenzstädten groß.gezogen, nun überall im Volke gegen die Republik agitiren. Diese erscheint infolge dieser und anderer ähnlicher Umstände noch keineswegsvor den Prätendenten gesichert, die über einen so zahlreichen Anhang ver-fügen und von der Verbannung aus unaufhörlich gegen die bestehendeOrdnung hetzen und wühlen......Besonders ist es die Schweiz, wo sie, das auch«hnen gewährte alte,heilige Asylrecht mißbrauchend, eine ganz geheime revolutionäre Orga.nilation aelchaffen haben. Auf ihren hier gelegenen Villen und Schlössern,so auf„KönigStreu",„Fürstenburg".„Kaiserschloß".„Kronenthal", fin-den regelmäßig geheime Zusammenkünfte statt, zu welchen auch ver-schieden» Persönlichkeiten von„notorischem Ruf", monarchische»dgeord-nete des deutschen Reichstags rc. zu ericheinen pflegen.Die internationale Stellung der Schwe, ist insolaedessen eine ziemlichbellle Einerseits herrscht im Lande natürlich die wärmste Symparhe sürdie Rachbarrepublik als solche. Anderseits aber möchte die Regierungdas»svlrecht nicht schmälern, auch verbannten Fürsten gegenüber nicht.Sie wandte sich daher an diese mit einem sehr höflichen Schreiben, mwelchem sie ersucht wurden, auf die internationalen Pflichten der Eid-keit" wie der Andre. Was der„Preußenverein" im Kleinen, daS leistetheute oder sucht im Großen zu leisten der wohlorganistrte Verband derdeutschen K r t e g e r v e r e i n e— und sein Protektor hieß Wilhelm I.Er duldete es, daß diese, angeblich nur der Pflege der kameradschaftlichenGesinnung gewidmeten Vereine zu Parteizwecken der Reaktion mißbrauchtwurden. Allerdings haben die Streber der neuesten Aara es auch nichtdaran fehlen lassen, ihm da» rothe Gespenst in der nöthigen Schreck-gestalt immer wieder vor Augen ,n halten. Die Reden, in denen derPuttkamer die anarchistische Gefahr in den fürchterlichsten Farben schilderteund ihr eine hundertmal stärkere Ausdehnung andichtete alS sie jebesessen, sie wiren weit weniger für den Reichstag als für den„aller-gnädigsten Herrn und Kaiser" bestimmt, wo sie ebenso wenig ihreWirkung verfehlten als gewisse Brandschriften, die wahrscheinlich eben-falls nur in usum delphini— für den Landesherrn verfaßt wurden.Und daß das Minden des der heutigen„Kamarilla" verdächtigen Thron-folgerS San e m o hieß, da? pfeifen die Spatzen von den Dächern.Zdbsiverstäirdlm watati» rnutandis— den veränderten Umständen ent-sprechend, aber das macht die Sache nur noch schofler.„Wie gedrückt muß man gewesen sein, daß einesolche allgemeine Aeußerung wie eine frohe Bot-schaft das Reich durcheilte"— heißt eS oben.DaS war geschrieben, ehe die Proklamationen Friedrich III. ver«öffentlicht worden. Auch diese gehen nicht über ganz vage Allgemein-Helten hinaus, so daß sogar der Stöcker sie in seinem Sinne deutelnkonnte. Und doch werden sie vom ganzen bürgerlichen Liberalismusals„frohe Botschaft" aufgenommen. Das ist bezeichnend sür die Zu-stände unter Wilhelm'» l. gesegneter Herrschast. Man wird, um siezu charakterisiren, einst nur nölhig haben, den Erlaß Friedrich III.an Bismarck abzudrucken und hinzuzufügen: Als Wüb-lm I. starb, galtda» al« liberallSozialpolitische Rundschau.Zürich, 2l. Mär»>888.ot. An Stell« des tobten Kaisers ein schwerkranker— anStelle des Bismarck'schen R giments unter kaiserlicher Firma ein Jnter-regnum, welches dem Bismarck'sch-n Regiment kein Ziel setzen wird—das ist die politische Situation in Deutschland. Was immer die Mei-nungen und Wünsche gewesen sind, welche der bisherige Kronprinz inBezug auf daS Bismarck'sche System hegte oder noch hegt— die Um-stände, unter denen er zur Regierung gelangte, machen ihm jedeskräftige Eingreifen zur Unmöxl chkeit. Hätte der alte Kaiser noch einigeMonate gelebt, und wäre der Kronprinz alS Genesener auf denThron gekommen, so wäre ein Konflikt mit dem Mann, der dem Wal-dersee-Konventikel und dem Versuche, den schwerkranken Thronerben zutödtlicher Operation oder Verzicht auf die Krone zu drängen, sicherlichnicht ferne stand, nach menschlicher Berechnung, nach menschlicher Psycho-logie unvermeidlich gewesen.Es ist jedoch anders gekommen. Der alte Kaiser starb rascher, alSallgemein angenommen wurde, und die Krankbeit des neuen hat eineso bedenkliche Wendung genommen, daß die Hoffnung auf Genesen aus-geschlossen erscheint.Und so war es denn dem bisherigen Leiter der Regierung nicht schwie-rig, das Heft in der Hand zu behalten— zumal AlleS geschickt auf denThronwechsel vorbereitet war.Bet Besprechung der letzten BiSmarck'schen ReichstagSrede führten wirschon aus, daß dieselbe hauptsächlich nach San Remo gerichtet warund die Unentbehrlichkeit des Sprechers deutlich machen sollte.Es unterliegt jetzt kaum einem Zweifel mehr, daß der Redner damalsbereits wußte, wie nahe der Thronwechsel bevorstand.Daß Herr S t ö ck e r sich für die nächste Zeit— wohl während derganzen Dauer des Interregnums— nicht hervorwagen wird.— daßPv»th?a»ner ntcht fest Im Oaiut ra�u— i»«*«*staber auch höchst neben'ächlich— im Wesentlichen wird AlleS bleiben,wie eS ist. Und unter den obwaltenden Verhältnissen kann es auch garnicht anders erwartet werden.Man versetze sich nur in die Lage deS todtkranken neuen Kaiser», fürden die bloße Reise in„sein Reich" schon ein tollkühnes Wagestück war— er steht ohne Berather, ohne Stütze, ganz unvorbereitet einem Mannvon dem energischen Ehrgeiz und der verzehrenden Herrschsucht einesBismarck gegenüber, der seit Jahrzehnten Schritt für Schritt Alles daraufeingerichtet hat, sich auf Lebenszeit die Diktatur zu sichern und sie in s-inerFamilie erblich zu machen— wo ist da auch nur die leiseste Chanceerfolgreichen Ringens?Um mit diesem System. daS sich polypenartig inS ganze Staatsweseneingedrängt, überall sich festgesogen und festgeklammert hat, zu brechenund aufzuräumen, bedürfte es eine« eisernen Willens und einer frischenund nicht zu ermüdenden Kraft.genossenschaft gütigst Rücksicht nehmen zu wollen. Die Fürsten ver-sprachen alles ebenso höflich, hielten aber gewohnheitigemäß ebenso unhöflich nicht». Die höflichen Mahnungen mußten wiederholt werden,jedoch mit demselben Erfolg, denn die Herren dachten nicht im geringstendaran, mit ihren revolutionären Wühlereien nachzulassen. Auf eine,wenn auch in gestnnungssreundlicher Form gehaltene, aber sehr energischeVorstellung der deutschen Regierung hin erließ endlich unsere Behördean die rücksichtslosen Asylgenösstgen eine scharfe, ernste Verwarnungmit der Androhung, man würde sonü g-röihigt sein, die Herren desLande» zu verweisen. Die Fürsten erwiderten darauf, sie können nichtannehmen, daß die Schweiz der deutschen Regierung zulieb von demdurch Jahrhunderte geheiligten Asylrecht ihnen gegenüber, nur weil siefürstlichen Geschlechtes sind, abweichen würde; denn sie hätten nichtsbegangen, das sonst eine solche harte Maßregel zu rechtfertigen vermöchte.E» sei nicht wahr, daß sie geheime, gegen die Sicherheit der Nachbar-staaten gerichtete politsche Zusammenkünfte veranstalteten oder veran-stalten. WaS böse Zungen alS solche denu.rzirten. seien einfache Soireen,Familienfestlichkeiten-der sonstige Empsangsangelegenheiten gewesen.Heber Politik werde da keineswegs systematisch verhandelt, und wennman auch ab und zu in der Konversation einige Worte über die politischenVerhältnisse wechsle, so sei ja das noch keine Verschwörung.Es fanden sich auch einige schweizerische Blätter, w-lche die„hohenHerrschasten" in Schutz nahmen und gegen die Landesbehörde in m.hroder weniger scharfer Form austraten. So äußerte sich z. B. die fromme„Ostschwei,"») in ihrer Nummer vom 2v. Januar>238 in folgender be.zeichnenden Weise:„Die Ehre der Eidgenossenschaft läßt es nicht zudaß unsere Bundesbehörden Bütteldienste für die radikale deutsch-Regierung thue. Wenn das deutsche Volk in seinem Herzen noch heilig-Treue fühle gegen seine angestammten Fürsten, so ka»n es nicht di-Aulgabe de» Schweizervolkes sein, hiegegen auszutreten. Im übrige,müh hier betont werden, daß die hohen Herrschasten, die ypi unS enAsyl gefunden haben, wohl nicht nur dazu allein gut seien, Steuern z,zählen. Unsere verfassungsgemäß garantirte Preß-, Versammlung»- unRedefreiheit ist nicht für die Anarchisten und Atheisten allein da."Ein anderes Blatt, die„Thurgauer Zeitung", druckte diesen Art»,ab und machte dazu folgende Bemerkung:„Indem wir die muihigervon einem guten Geiste zeugenden Worte unserer verehrten Kollegiaus tiesster U-.berzeugung unterschreiben, möchten wir dieielben no,durch folgendes ergänzen: Es muß in Bezug aus da« Berhältniß zden betreffenden hohen Herrschasten noch besonders berücksichtigt werde,daß sie durch ihren Reichthum nicht allein Hunderttausende an Steuerzahlen, sondern dazu noch Millionen jährlich unserem Rationalvermözezuwenden, indem sie dadurch, daß sie off-neS Hau« halten. Jnduftrund Handwerk sördern. Und daS alle, soll einer Partei zuliebe geopfeiwerden, die zufällig an der Sv tze eine« Rachbarstaate» steht"? IDer tapfere Zürcher„Stadifink" machte darauf aufmerksam, daß d») Zur Erklärung bemerken wir, daß die katholisch konservativ..Osts-tweiz" und die weiter unten genannte liberale„ThurgauZeitung" mit besonderem Eifer»um Einschreiten geg-n die sremd«Wühler aufgefordert haben. Red. de»„Sd."Es muß ein Herkule» sei», wer eine« Augiasstall reinigen»ist.Sin sterbender Kaiser kann e» gewiß nicht.Und wäre er a i ch t sterbend— strotzte er von Kraft und Gesundheitund hätte er de« beste» Wille«— wäre er der Aufgabewachsen,Nein—«r wäre et nicht.Die anstößigsten Persönlichkeiten, die widerlichste« Auswüchse könnt»er beseitige», allein daS System in» Herz treffe«—»immer-mehr!DaS kann nur ein einziger Souverän: da« souveräne Volt.— Lohnt e» oder lohnt eS nicht? DaS ist augenblicklich dt»große Frage in Deutschland. Lohnt eS, mit dem neuen Kaiser schön zuthun und ein liberales Mäntelchen umzuhängen, oder lohnt es, den„Charakterfesten" zu spielen und an Puttkamer und Stöcker festzuhalten,bis Wilhelm II. den Thron besteigt? Sine schwierige Frage, der«»Beantwortung von der Beurtheilung der Krankheit des neuen Kaiser»abhängt. Aber wem soll man in dieser Beziehung glauben? Hat fichdoch über den Stand der Krankheit des Kaisers Niemand so schlechtunterrichtet erwiesen, al» die„gutunterrichtete" Presse, d. h. die auS derbekannten Berliner Zentralstelle Unterrichtete. Es ist erstaunlich, waSdiese, voran die„Kölnische Zeitung" und ihr Ableger, die„StraßburgerPost", in fal'chen Berichten über da« Befinden des geliebten Thronfol-ger« und späteren Kaisers schon geleistet haben, und merkwürdigerweiseimmer nach der ungünstigen Seite hin. Sonst pflegt heiße Liebeoptimistisch zu machen, diesmal wurde sie die Ursache eines um so rühren-deren Pessimismus. Kurz bevor Friedrich III. von San Nemoabreiste, hatte ihn die„Etraßburger Post" noch dargepellt, al» bis auf>20 Pfund Gewicht abgemagert, so daß alle Welt höchlich erstaunt war,alS der vermeintlich Zusammengeschiumpfte sich plötzlich dem deutsche»Volke in ziemlich stattlicher Erscheinung zeigte. Aber die Liebe der„Gut-unterrichteten" läßt sich durch d-n Anichein nicht täuschen, immer wiedermacht sie sich in pessimistischen Betrachtungen über die Näh« der„Mab-wendbaren Katastrophe" Lust, und daneben in Verdächtigungen des eng-tischen Arztes, der da» Verbrechen begangen, von der Halsabschneidungs-Prozedur entschieden abzurathen. Es ist nicht die Schuld der gutgefinn-ten Presse, daß Dr. Mackenzie noch nicht von dem patriotischen BerlinerPöbel gesteinigt worden ist.Wie gesagt, daS geschah aus purer Anhänglichkeit an den angestammtenThronerben, und die Furcht, er könne durch seine„liberalen" Mucke»die Hoffnungen und Entwürfe gewisser Kreise stören, hat damit nichtdas geringste zu thun. Die Hinweise auf das Nahen der Katastrophehaben lediglich den Zweck, die Gemüther vor schmerzlichen Enttäuschungenzu bewahren, keineswegs aber den, die unsicheren Kantonisten in derPolitik zum Ausharren im bewährten System zu ermuntern. Alsobleibt die Frage bestehen: Lohnt es oder lohnt eS nicht?— Ganz besonders scheint sie— die vorerwähnte Frage nämsich—daS Gemiith unseres Freundes Puttkamer zu beschästigen. DerGute ist um die Gesundheit seines jetzigen Königs und Kaisers so be-sorgt, daß er erst die Verkündigung desselben im Landtag vergaß, unddann den öffentlichen Anschlag der Proklamation desselben zu veranlasse«— übersah. Wenn wir einst unserer republikanischen Grundsätze über»drü-stg sein sollten, werden wir bei Herrn von Puttkamer Unterricht inmonarchischer Gesinnung nehmen.— Wie die Polizei, da» Instrument der politischen Ge-walthaber, auch im D-enste der ökonomische« Gewalthaber steht, daszeigt sich so recht deutlich in Leipzig. Von der Aussperrungder dortigen S te i n m e tz e n durch die„ch r i st l i ch e n" Zunft»meister haben wir schon Meldung gethan, und auch wie die Leipzig»Polizei den Fachverein der Steinmetzen auf den Wunsch d«christlichen Jnnungsmeister auflöste— nur um den beiagtenantisemitisch-christiichen Ausbeutern einen Gefallen zu thun und dierebellischen Steinmetzen wehrlos zu machen. Letzterer Zweck ist jedochnicht erreicht worden: Die Steinmetzen krochen nicht zu Kreuz, sonder»hielten fest zusammen und setzen den reaktionären Angreisern geschlosseneReihen und unüberwindlichen Widerstand entgegen. Das ist natürlichein großes Verbrechen, und da die frommen Herren JnnungSmeifier mit..<6ren"«Irbettern nicht fre-iq werden, so mußte die Poliz-i ihnen wiederzur Hilfe eilen.Wie könnten die Steinmetzen so geschlossen dastehen und so einmülhi«gen Widerstand leisten, wenn sie nicht„organisirt" wären? Sinte»malen sie aber, nachdem der„Fachverein" aufgelöst worden, keineöffentliche Organisation haben, so müssen sie eine geheime haben— 123,>2»!— So argumentirt die Polizei und ihre Handiangermdie Staatsanwaltschaft.Gedacht, gehandelt!Die Polizei»erhastet erst drei der ehemaligen VorstandsmitgliederdeS ehemaligen Fachvereins— dann noch vier andere Mitglieder desnämlichen Exvereins, und verlegt sich darauf, nach„Material zu suchen".Das ist ja heutzutage Regel in Deutschland, erst verhaften und dannnach dem Grund„suchen". Es wurde jedoch nichts gefunden. Nachveralteten Rechtsbegriffen hätten die so schnöbe ihrer Freiheit Beraubtennun entlassen werden müssen. Nach modernen Rechtsbegriffe» ist jedochjetzt verbannten Fürsten eines schönen TageS wieder dazu berufen sein!tonnten, ihre Throne zu besteigen und schließt mit den bedeutungsvollenWorten:„Und dann"?..Ein Professor des„demokratischen" Staatsrechts endlich wirst in den„Neuen Zürcher Zeitung" die Frage auf, ob nicht der Bund, wenn e»die bei uns niedergelassenen Fürsten ausweist, staatsrechtlich und mora»lisch verpflichtet wäre, ihnen ihre Villen und Schlösser abzukaufen, dnman eS ihnen unmöglich macht, dieselben zu benutz«, was einer Expro»priation gleich komme.Daß die demokratischen Blätter ebenfalls Stellung zu der Asylfrag»nahmen, versteht sich von selbst. Doch wäre e« überflüssig, unserendemokratischen Lesern gegenüber diese rein prinzipielle Frage nochmalszu besprechen. Kurz resümirt, verlangten unsere Gesinnungsgenosse»,daß das Asylrecht auch den Fürsten gegenüber großmüthig gewahrtbleibe, etwaige Verschwörungen aber nicht geduldet werden sollen.Einige Monate nach dieser Kampagne trat ein Ereigniß ein, übe»welches wir im nächsten Artikel berichten wollen.Wie in unserm letzten Artikel bereits gemeldet, bemächtigte sich einige»schweizerischen Preßkonkurrenlen eine wohlerwogene Aufregung, da die.Aktien der asylgenösstgen Fürstlichkeiten zu sinken begannen. EinigeZeit daraus geschah aber etwas ganz Sensationelles, das an die bekann-ten Ereignisse vom Jahre 1838 ermnerte.Es war eines unlchönen TageS, als die deutsche Regierung von de«Reichstage die Ermächtigung oerlangte, daß Personen, welche für denUmsturz der bestehenden Ordnung, beziehungsweise für die Wiederher«fiellung der Monarchie in gemeingefährlicher Weise thätig sind, desLanve» verwiesen und des Bürgerrechtes verlustig erklärt werden.Der monarchistische«geordnete von Puttkamer, ein Enkel desHetzsvitzelmeisters der B smarckischen A-ra, meldete sich zum Wort undsprach im wesentlichen folgende«:„Ts ist kürzlich in Zürich aus D-nun-z-ation des Redakteurs vom dortigen„Stadlfink" hin von dem Polizei«Hauptmann Boller ein Individuum verhaftet worden, welches sich zuerstal« monarchistischer H-tzipitz-ü blamirt hatte, dann aber als ein vonunserer republikanischen Regierung bezahlter Hetzspitzel sich entpupvte.Die offizielle Bestätigung dieser Tha'.sache durch den Zürcher Polizei«Hauptmann übergebe ich hiemit zu Händen deS Reichstages. Daraus istalso ersichtlich, daß die republikanische Regierung monarchistische Wühle, �teten durch bezahlte Agenten provoztrt, um da« Volk durch das„weißeGespenst" zu schrecken und auf diese Weise sür sich auszunutzen."Der sachliche Inhalt der Erwiderung des Minister« Jakobineswar:„Wie schon der selige Großvater des Vorredners seinerzeit««,klärt ha', kann kein Kulturstaat ohne Polizeispitzel bestehen. Solange esMonarch st-n gibt, die es Ms den Umsturz der bestehenden Staatsordnungabsehen, werden wir Spione haben müssen, die uns über deren Umtriebeauf dem Laufenden halten, damit wir die Ordnung sichern können. Daßunsere Spione sich den Herren Monarchisten nicht von vornherein alsPolizeiaqenten vorstellen, ist klar; daß sie vielmehr GesinnungSg»rnss-nschast heucheln müssen, ist freUich traurig, gehört aber zum fOuruf u. s. w."Der Vollständigkeit wegen wollen wir hier noch den Inhalt der Rsd»des sozialistischen Abgeordneten Bebel, eines Sittel» des seWtett»VorMaßHeudar,fcfi-droibei!'»:-i