Abonuements werden bei allen schweizerischm Postbureauz, sowie beim Verlag und dessen belannten Agenten eutgegengenommen. und zwar zum voraus zahlbaren VierteljahrZpreig»an: Kr. 2, sSr dieSchweiz(Kreuzband) SB. 3, füc Teutschland(Couvert) sU 1,70 für Oesterreich(Co Udert) Kr. 2,50 für alle übrigen Länder de» Weltpostvereins(Kreuzband) Znserate die dreigespaltene Petitzeile 25 C!S. 20 Psg. Der IoMemokrat Krgan der Sozialdemokratie deutscher Junge. Krscheint wöchentlich einmal in Zürich (Schweiz ). Jerkag der »olrsbuchhandlwwG Hottingen, Zürich . Vostscudungeo franlo gegen franlo. Gewöhnliche Briese «ach der Schweiz losten Doppelports. M 28. Briefe an die Redaltion und Erpedition des in Deutschland und Oesterreich verbotenen.Sozialdemokrat' wolle man unter Beobachtung äußerster Borsich» abgehen lasten, z n der Regel schicke man uns die Briefe nicht direkt, sondern an die belannten Deckadresten. In zweiselhaften Fällen«ingeschrieben. 8. Juli 1888. Parteigenossen! Vergeht der Verfolgten und Gemaßregelten nicht! Alte Taktik. Seit dem Regierungsantritte des jungen Wilhelm treten in der deutschen Presse die Gerüchte von beabsichtigten Attentaten auf den jungen Kaiser und den alten Bismarck immer häufiger auf. Waren es jüngst noch dieAnarchisten", so sind es heute schon dieSozialisten", und zwar speziell dieBerliner Sozialisten", denen solche Attentatsgelüste zugemuthet werden. Kein Zweifel, der Kaiser soll für die Zwecke der Reaktion präparirt werden, derAppell an die Furcht" soll ihn blind machen, und mit berechtigtem Spotte fragte daher jüngst ein oppositionelles Berliner Blatt Bismarck '« Hintermänner, ob denn solche Mittel jetzt schon nöthig seien. Oder will man blos das Publikum an den Gedanken der Attentate gewöhnen? Wahrscheinlich Beides. Da ist uns dieser Tage wieder eine Broschüre zu Gesicht gekommen, die vor ungefähr zwei Jahren unter der lieber- schrift:Warum verfolgt man uns?" erschien. In derselben finden wir eine Stelle, die für die gegenwärtige Situation uns so zeitgemäß erscheint, daß wir sie nachstehend zum Abdruck bringen wollen: Es ist eine alte und gute Regel: mau soll auch vom Feind lernen. Und am besten lernt man vom Feind, wenn man ermittelt, welche Handlungen einerseits ihm angenehm und welche ihm unangenehm sind. Man muß immer das thun, was dem Feinde unangenehm ist. Das ihm Unangenehme ist das Beste. Und man muß immer ver- meiden, was dem Feind angenehm ist. Das müssen wir unter allen Umständen festhalten.-- *#4 H k A.. u i; ch f e» h u'ätig l eilen nunc» dem Feinde jetzt sehr angenehm.--- Lobt der Feind uns, so können wir sicher sein, eine Dumm» heit gemacht zu haben. Zetert er über uns, so find wir auf dem richtigen Wege. Der Tadel des Feindes ist das schönste Lob, die Verleumdungen des Feindes die schmeichelhafteste Anerkennung. Unsere Feinde sind sehr unzufrieden mit uns ein Beweis, daß wir auf dem richtigen Weg gehen, die richtige Taktik be- folgen das heißt, die Taktik, welche unseren Feinden am verderblichsten ist, am schnellsten ihre Niederlage herbeiführen muß. Und von dieser Taktik werden wir uns nicht abdrängen lassen. Daß wirein Element der Unruhe" sind, leugnen wir lücht. Ohne einElement der Unruhe" kein Fortschritt. Nur indem sie die herrschende Minderheit unruhig macht, kann die beherrschte Mehrheit ihr Recht und die Verbesserung ihrer Lage erlangen," sagte der Engländer Bentham, der ge- wiß kein Revolutionär war. Wir werden fortfahren,die herrschende Minderheit unruhig zu machen," und wir werden erst dann aufhören,ein Ele­ment der Unruhe" zu sein, wenn wir das Recht der beherrsch- km Mehrheit das Recht des arbeitenden Volkes zur Gel- kuug gebracht haben. Wir werden Alles vermeiden, was unsere Feinde von uns wünschen. Wir werden keine Exzesse, keine Putsche, keine Atten- täte machen. Wir werden Alles thun, waS unsere Feinde wünschen, daß wir nicht thun. Wir werden nach wie vor dem Volk zeigen, wer und wo die Anarchisten, die Aussauger, die Räuber, die Mörder sind. Wir werden nach wie vor dem Volk zeigen, was die So- jialdemokratie ist und was die Sozialdemokraten wollen. Wir werden nach wie vor dem Volk zeigen, daß die Sozial- demvkratie ausschließlich die Interessen des Volkes befürwortet Mtd verficht; und daß die heilige Doppelausgabe, welche sie sich gesteckt hat, die ist: Licht und Wissen unter die Massen zu bringen. Und das Volk von seinen Unterdrückern, Blutsaugern und Berdummern zu befteien. Diese Aufgabe werden wir erfüllen genau in der Weise, bie unseren Feinden die unangenehmste ist. Und. kein UkaS, keine Verfolgung wird uns auch nur um eines Haares Breite von dem Weg der Pflicht abdrängen, der für unsere Partei auch der Weg des Sieges ist. Der Verfolgung Unserer Feinde spotten wir. Wir wissen, wir werden ver- wlgt, weil wir Recht haben: und so werden die Ver- fagungen für uns nur zu einer Quelle der Stärke, zu einem Hebel der Macht. Und die Geschichte lehrt uns, daß noch keine Idee durch die brutale Gewalk hat ausgerottet werden fonnen. Wohl aber lehrt sie uns, daß alle Regierungen und Systeme, die auf brutaler Gewalt beruhten, mit ffrutaler Gewalt die Ideen und das Recht zu unterdrücken üch vermaßm, jämmerlich zu Grunde gegangen sind. Wir wissen: die stolze Fahne der Sozialdemokratie wird einst ü b er D eutschland wehen und über allen Kulturländern der Erde. Und wir wissen, die Zeit wird kommen, wo die Gewalt- haber von heute entweder der Vergessenheit an- heimgefallen sind, oder der Unsterblichkeit der Infamie und wo die Menschen sich wundern werden, wie es einst möglich war, daß Personen vom Schlage der heutigen Gewalthaber zu Ruhm und Ehren gelangen konnten. Unsere Genossen bedürfen keiner Mahnung zu muthigem Ausharren und Bordringen. Das ist die guteerzieherische Wirkung" des Sozialistengesetzes, daß es die Feiglinge aus unseren Reihen getrieben hat und dieCharak- tere härtet wie Stahl. Jeder Hammerschlag der Ver- folgung schmiedet fester die Genossen und die Partei." Wie gesagt, das ward vor zwei Jahren gedruckt; es lautet aber, als wäre es für den heutigen Augenblick geschrieben. Und ganz natürlich, die Regierung bewegt sich im Kampfe gegen uns in demfehlerhaften Kreise" der Gewaltspolitik. Bei allen ihren Verfolgungen kommt sie immer wieder an den Anfang zurück ihre plumpen Fälschungen wiederholen sich immer wieder, längst abgethane und vereitelte Ränke und Kniffe praktizirt sie stets von Neuem, und trotzdem die Dummen nie alle werden, täuscht sie schließlich doch Niemanden als sich selbst! Unsere Genossen spotten aber der polizeilichen Fallen ebenso, wie sie der Verfolgungen spotten. Briefe aus Deutschland . 28. Juni. Die Junker- und Pfaffenklique, welche das böseInterregnum" jetzt glücklich los ist, hat sich von ihrem Schrecken und ihrer Verblüfftheit noch nicht ganz erholt. Sie begeht Fehler über Fehler, und das plan- lose, widerspruchsvolle, unstetige Verhalten der Reptilienpresse verräth die innere Brüchigkeit des Systems und das böse Gewissen der Macher. Unter den Fehlern verstehen wir z. V. die Korporalproklama­tion an das H e e r und vor allen Dingen das G e s ch i m p f e aus Tüticken�i«. Jen. Prsilamat;.: F.-. ir, der ganze.. Welt eine» bitter­bösen Eindruck gemacht, der vernü?snger Weise nicht beabsichtigt sein konnte, und dieses G-schimpf-: hat zur Folge gehabt, daß der Schleier nun allmälig abgezogen wird von den unglaublich gemeinen Jntrtguen, deren Zweck es war, die Thronbesteigungunseres Fritz" zu verhindern. Mackenzie, der.so schmählich Angegriffene, hat es nun offen ausgesprochen, daß die sogenannte Militärpartei, d. h. die Partei des Bismarck und des neuesten Kaisers Wilhelm II. die Abstcht gehabt habe, den Kronprinz den vorigen Kaiser(von heut an gerechnet; bei diesem unheimlich raschen Kaiserwechsel ist es schwer, die chronologische Zeitfolge zu präzisiren) von der Regierung auszu- schließen; daß um diese Absicht zur Ausführung zu bringen der Krebs hätte offiziell konstatirt werden müssen, und daß er, Mackenzie, sich der Krebsdiagnose nur deshalb nicht angeschlossen habe, um dieses infame Spiel zu vereiteln. Es mag darüber gestritten werden, ob Mackenzie als Arzt zu einer politischen Rolle berufen gewesen sei, aber es kann nicht geleugnet werde», daß die schuftige Jntrigüe, in deren Mittelpunkt er gerathen, ihm nur die Wahl ließ zwischen zwei Entschlüssen: entweder seinen Pa- tienten, der, weil er die Jntrigüe durchschaute, sich ihm anvertraut hatte, an dessen Feinde zu verrathen, oder so zu handeln, wie er gehandelt hat. Wir stehen nicht an, zu erklären, daß er unter den obwaltenden Um- ständen das gethan hat, was Ehre und Menschlichkeit ihm geboten. Mit welchen Gefühlen muß man aber diese deutschen Aerzte, insbe- sondere den Judenhetzer Bergmann(von") betrachten, die um jeden Preis vor aller Welt den Krebs feststellen und um jeden Preis den unbequemen Thronerben durch eine chirurgische Operation beseitigen wollten! Was muß man von der P a r t« i denken, die IHN an ihrer Spitze die Acrzte anstachelte, und mit Gewalt den Thronfolger vom Throne fern halten wollte, weil er ihrem gemeingefährliche» Treiben nicht huldreich war! Und wie muß vor allen Dingen unser UrtheU lauten über den Sohn, der den Vater durchaus der Bergmann'schenOperation" unterwerfen wollte, und im November vorigen Jahres ausdrücklich zu dem Zwecke»ach St. Nemo reiste, um die Operation zu erzwingen und der dann, da ihm dies nicht gelang, nach einer(in derTimes" geschilderten) Szene beispielloser Gefühllosigkeit, in Zorne sich von den Eltern trennte! Es ist erst der Zipfel des Vorhangs entfernt aber ein grausiges Bild menschlicher Verkommenheit ist es, das sich uns dar- bietet. Und bald wird auch, was heute noch dunkel ist, aufgedeckt sein. Die Organe der Militär, und Juu.'erpartei find durch Mackenzie's Offenheit ganz niedergedonnert. Daß d i e s e r, oder sonst Jemand von der Gegenpartei, frei von der Leber weg reden werde, das hatten die dunkeln Ehrenmänner, die jene an die finstersten Hoftrazödien des Mittelalters erinnernde Jntrigüe ausgeheckt und durchgeführt haben, sich nicht träumen lassen. Für dies- b-sch-äukten Köpfe hört die Welt näm- lich an den Grenzen des deutschen Reichs auf daß ein Engländer und daß eineEngländerin" über Machtmittel verfügen kann, die kein Bismarck 'scher Staatsanwalt, Polizist und Soldat zu erreichen, ge- schweige denn zu zertrümmern vermag daran hatten diese Know- nothingS offenbar nicht gedacht. Einige von ihnen hatten Lunte gerochen und die Verhaftung Mackenzie's vorgeschlagen, den man ja dann & laeinäugigen Wolf" hätte tcaltire» können; allein Mackenzie war eben kein rechtloser D e u t s ch e r, und der Skandal wäre nur noch größer geworden. Genug, das Schlimmste, was wir vermuthet, ist durch die Enthüllungen Mackenzie's im vollsten Maße bestätigt, ja es ist ü b e r t r o f f e n; und wir kennen jetzt authentisch die moralische Qualität der Menschen, mit denen wir unS herumzuschlagen haben. DieT h r o n r e d e", die gestern unter militärisch, fürstlichem Schau­gepränge die Herren Volksvertreter bildeten nur die Staffage von dem jungen Kaiser mit schnarrender' Leutnantsstimme verlesen ward, gehört auch in die Reihe der Fehler. Ein Bischen mehr Saniz hätte dem Volk doch in die Augen gestreut werden müssen! Dieses nüchterne, frostige, hochinüthige, jeder Idee baare, die albernsten Einbildungen und Vorurtheile zum Ausdruck bringende Aktenstück zeigt etwas zu deutlich da« Kaliber- seiner Verfasser. Der Entwurf soll nämlich von dem neuesten Kaiser selbst sein der Hausmeier habe blos etwasredigirt" undgemildert". Auf den Knauf deS Schwerts gestützt, der Friede nach Außen gepredigt, und der B ü r g e r k r i e g nach Innen: das ist der Inhalt. Ob's mit dem Frieden nach Außen ernst ist das wissen wir nicht und glauben wir nicht, mit dem Krieg nach Innen, mit dem Bürgerkrieg, ist's aber gewiß ernst. Die 33'/, Pfennig- Sozialreform desGroßvaters" der Bater wird von dem pflichttreuen Sohn kaum erwähnt und Kampf gegen die Umsturzbestrebunge n", das ist das Prozramin für dieinnere Politik" dieses Kartellkaisers. Natürlich erheischt der Kampf gegen dieUmsturzbestrebungen" die B e i b e h a l t u n g des Sozialisten- gesetzes. Und nicht blos die Beibehaltung, sondern dieV e r s ch ä r- f u n g". Wir wären Thoren, wollten wir uns Illusionen machen; und wir wären Lügner, wollten wir Unzufriedenheit äußern. Kein Zweifel, eS wäre uns im Interesse der Humanität lieber gewesen, ein Regiment wäre gekommen, das den f r i e d l i ch en V e rlauf der Arbeiterbewegung und die reformatorische Lösung der sozialen Frage ermöglicht hätte. Wenn aber unsere Feinde denn einmal dengewaltsamen Weg" wollen, je nun, so ist dieser neuest« Kaiser gerade der Mann, den wir uns als Feind wünschen. Er ist aus dem Holz der Menschen geschnitzt, welche die Vorsehung zur Zerstörung der Reiche bestimmt hat. Bezeichnend für die Situation ist, daß Bismarck schon zu zügeln beginnt. Er weiß: wer zu schnell geht, kommt nicht leicht ans Ziel, und er möchte doch sein Werk nicht überleben. Aus derThronrede" sei blos noch des Passus über Rußland erwähnt. Das Juchtenreich hat selbstverständlich die lebhaftesten Sympathien des neuenalten Fritz", der sich zu dem altenalten Fritz" ungefähr ebenso verhält, wie derneue Luther " zu dem alten. Schade nur, daß das ersehnte Bündniß mit Rußland den Verzicht auf das Bündniß mit Oesterreich und Italien bedeuten würde. Doch laffenwir daS Politisiren. Der Krieg ist uns erklärt, und wir wissen, was wir zu thun haben. Ebenso wenig jedoch, wie wir uns einem Zweifel hingeben, was die nächste Zukunft unseren Genossen bringen wird, ebenso wenig liegt für uns irgend ein Grund zur Entmuthigung vor. Unentwegt wird die deutsche Sozialdemokratie den Kamps gegen das heutige Ausbeutungs- und Knechtungssystem auf allen Gebieten des politischen und wirthschastlichen Lebens weiter führen, unbekümmert dar- um, ob die Einzelnen in diesem großen Befreiungskampfe für die Mensch- heit fallen; wissen wir doch, daß die Lücken durch neue Streiter aus- gefüllt werden, und daß jeder Tag, den die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung ihr Leben fristet, unsere Armee verstärkt. Daher Kampf gegen Kampf; unerbittlich und unbarmherzig reißen wir den herrschenden Klaffm die beuchleriiche Maske vom Gesicht, mögen sie sich mit dem Purpur bedeck-, im Frack, im MilitSrrock, ober in der Kutte uns präsentiren, wir werden sie behandeln, wie sie es verdienen. Wem der Sieg zufallen wird? Uns ist es nicht zweifelhaft. Hier die morsche, in allen Fugen krachende, von ihren Lastern zerfressene Gesellschaft und dort daS jugendfrisch im Bewußtsein seines Rechts und seiner unbezwingbaren Kraft sich machtvoll ausraffende arbeit- nde Volk, dem der Sieg bereits aus den kühnen, strahlenden Augen blitzt. Die scheinbar dem Frieden gewidmet« Thronrede ist von dem Geist unduldsamer Herrschsucht diktirt, sie ist eine Kriegserklärung gegen die wichtigsten Aufgaben der menschlichen Gesellschaft, denn mit dem Phrasen- gebimme! von sozialer Ausgleichung, hinter dem nichts steht, fördert man nicht ernsthaft soziale Ausgaben. Die Kundgebung des Bismarck 'schen Schülers zeigt, daß er seinen Platz zwischen den Pfaffen und den Militärs einzunehmen beabsichtigt; sie streut zugleich aber eine Saat aus, die aufgehen wird, jedoch nicht zum Nutzen feiner kaiserlichen Majestät und der hinter ihm stehenden Ausbeutergesellschaft. AuS Frankreich . Paris , 2S. Juni. Der Boulangismus hat der französischen Kammer schnelle Beine ge» macht, sie stürmt mit ungewohnter Hast auf die A r b e i t e r s ch u tz- Gesetzgebung" loS, nachdem sie sie seit Jahren auf die lange Bank zu schieben beliebte. In der zweiten Hälfte des Mai hatte sie die erste Lesung des Hastpflicht- und U n fa l lv er si ch e r u n g s< G e- s e tz e s im Handumdrehen erledigt, und in der letzten Woche beendete sie die erste Lesung der Vorlagen und Anträge, welche die Regulirung der Frauen- und Kinderarbeit betreffen. Trotzdem legten gerade die betreffenden Verhandlungen beredtes Zeugniß ab von der erschreckenden Gleichgültigkeit, welche die Masse der Parlamentarier aller politischen Fabrikmarken der wichtigen Frage der Arbeiterschutzgesetzgebung entgegen- bringen, eine Gleichgültigkeit, die bei den Debatten über die Frauen- und Kinderarbeit bei einem großen Theile derselben in offene Feindselig- keit umschlug. Während die Herren Abgeordneten keine Sitzung verfehlen, welche durch einen Skandal zuamüsiren" verspricht, oder in der es sich darum handelt, Hinz den fettesten Bissen zu Gunsten des Kunz zu entreißen, war die Kammer bei den Verhandlungen über die Arbeiter- schutzgesetze sehr schlecht besucht und mehr als einmal beschlußunfähig. Man fügte sich eben nur sehr widerwillig einer unvermeidlich gewordenen Konvenienzpflicht. Wenn trotz alledem in der ersten Lesung ein im Ver- gleich zur bismärckischen Sozialstümperei annehmbares Gesetz zu Stande gekommen, so ist dies nur dem Druck der schwülen politischen Situation zuzuschreiben, welche die Köderung deS ungeschlachten Proletariats allen Parteien zur Pflicht der Selbsterhaltung macht. DennProlo" spricht bei den Wahlen ein gewichtiges Wort mit. Das Unfallsgesetz zerfällt in zwei Theile, von denen der erste die Haftpflicht der Betriebsunternehmer, und der zweite die Unfallverfiche- rung der Betriebsunternehmer unter«inander behandelt. Das Gesetz erkennt das Prinzip der vollen Hastpflicht des Betriebsunternehmers bei allen Unfällen an, die der Verunglückte nicht absichtlich verursacht hat. Letzteren Fall ausgenommen, hat weder Arbeiter noch Arbeitgeber seine respektive Schuld oder Unschuld an einem Unfall nachzuweisen. Die volle Hastpflicht des Betriebsunternehmers wird aus den Artikeln des Zivilrechts abgeleitet, denen zufolge Jedermann für den Schaden auf- kommen muß, den Personen, für die er verantwortlich ist, oder Sachen, die er in seiner Verwahrung und Aussicht hat, verursachen. Das Gesetz gilt für alle Arbeiter, die im Privat-, Staats- oder Kommunal-Betrieb, in Fabriken, Hüttenwerken, Brüchen, Werkstätten, Minen, Magazinen, Verkehrsanstalten, auf Bauplätzen, beim Auf- und Abladen k. beschäf­tigt sind, für alle Industrie-, Forst, und Land-Arbeiter, die mit mecha- nischen Werkzeugen, mit Damps- und anderen Maschinen umgehen, für Arbeiter, die mit explodirbaren Stoffen zu thun haben»c. Bei voller, dauernder Arbeitsunfähigkeit in Folge eines Unfalls bei der Arbeit hat der Betriebsunternehmer für eine lebenslängliche Rente