Wen Landtag der Zeitfolge nach auf den Ton und Inhalt prüft, fwird finden, daß das reaktionäre Gift in den späteren Schriftstücken wesent- lich abgeschwächt worden ist. Natürlich ist diese Zlbschwächung blas eine Konzession an die offent- liche Meinung und das beleidigte Volksgefühl indeß daß man sich tu einer solchen Konzeffwn verstehen mußte, ist immerhin nicht ohne eine gewisse Bedeutung. Der neuealte Fritz" merkt, daß auch sein hohenzollernschädel sich nicht durch die Wand stoßen läßt. Und er wird das noch besser lernen. Auch der Spaziergang nachPetersburg dürfte dem jungen Rann einige Enttäuschungen bereiten. Die überschwänglichen Hoffnungen auf die ruffische Allianz und auf die Erneuerung derheiligen Allianz" find bereits wie Seifenblasen zerplatzt. England, das schon die erste »heilige Allianz " zu Fall brachte, durchkreuzt alle Pläne, und da weder Oesterreich noch Italien einer deutsch -russischen Allianz beitreten können, dies also das Ende des famosenDreibunds" zur unausbleiblichen Folge hätte, so wird der neuealte Fritz" seinen Spaziergang nach Peters- durg pour le roi de Prusse machen, wie stch das für einen König Hon Preußen geziemt. Allerlei Enthüllungen. Unter dieser Ueberschrift schreibt die berlinerVolkszeitung": »In dem neulich von uns bereits erwähnten Buche deS Geheimraths SchneiderAus Kaiser Wilhelms Leben"(Berlin , Otto Janke ) findet fich(II., 129) folgende merkwürdige Stelle: An die Stelle der Fortschrittspartei war jetzt(1870) schon die sozialdemokratische oder die sogenannte Arbeiterbewegung getreten, welche überhaupt um diese Zeit eine große Ausdehnung gewann. Streiks, Assoziationen und Meetings aller Art fanden statt. Bis jetzt hatte diese Erscheinung unsere leitenden Staatsmänner ziemlich kalt gelassen, ja man schien sich derselben zur Einschüchterung für die Fortschrittspartei bedient zu haben, nach welcher Richtung hin sie auch immerhin gut gewirkt haben mag. Nun fing die Sache aber doch an, den Protektoren über die Köpfe »u wachsen. So der Borleser weiland Kaiser Wilhelms L Die Bedeutung dieser Sätze wird dadurch natürlich noch erheblich gesteigert, daß nach der, durch mehrere Facstmiles der kaiserlichen Handschrift bestätigten, Ver« ficherung des Verfassers, Kaiser Wilhelm das Manuskript dieses Werkes durchgesehen und, soweit eS Unrichtiges ent» S'tt, durch Ergänzen und Streichen verbessert hat. Die obige Stelle ist dem kaiserlichen Stifte nicht zum Opfer gefallen." Nun, der alte Wilhelm mag wohl gedacht haben, daß es in dieser Beziehung überhaupt nichts mehr zu verheimlichen gibt. Die Thatsachen find zu allgemein bekannt. UnS interessirt an der Ausplauderei auch weniger die Mittheilung über die demagogische Ausnutzung der Arbeiter- Bewegung settenS der HerrenProtektoren", als das naive und darum um so werthvollere Zugeständniß, daß dieProtettoren" fich bei ihrem Spiel gehörig die Finger verbrannt, daß Herr Bismarck und Konsorten watsächlich die Rolle des Zauberlehrlings gespielt haben. Wir Wben das oft hervorgehoben, aber es freut einen auch, es öffentlich kvnstatirt zu sehen. Heute versuchen dieselben Künstler, den Anarchismus in gleicher Weife hegen die Sozialdemokratie auszuspielen, wie ehedem diese gegen die Fortschrittspartei. Aber leider bleibt hier die erwünschte Wirkung ganz «JiS. Die Sozialdemokratie läßt sich nicht einschüchtern, und den Anar- chiimus bringt eS nicht zum Wachsen. Merkwürdig! Ob da nicht ein Zusammenhang besteht? Dir Ungeduld, mit der man am Berliner Hofe dem Tode des Lwischenkaisers entgegensah, und die ja in dem Versuche, Friedrich in «an Remo schon zur Abdankung zu überreden, sich gar zu früh M die Oeffentlichkeit gedrängt hatte, wird nachträglich durch verschiedene Berichte in amerikanischen Blättern prächttg illustrirt. Es liegt zwar sonst nicht in unserer Gewohnheit, dem Hofklatsch und den Hofskandalen «sondere Aufmerksamkett und Raum zu schenken, aber angesichts des ServiliSmuS der deutschen Presse und der byzanttnischen Verhimmelung des neuen Kaisers, wie sie gegenwärtig in Deutschland im Schwünge, ist eS doch angebracht, auch die Stimmen der ausländischen Presse zu «zistriren. So werden demNew-Dork Herald" über dieersten *haten" des neuen Kaisers folgende charakteristische Einzelnheiten wttgeih-ilt: Kaiser Friedrich starb 12 Minuten nach 11 Uhr am Freitag Morgen. Der Kronprinz Wilhelm stand mit anderen Mitgliedern der Familie an «S Kaisers Sterbebett. Im Moment des Todes verließ der Kronprinz ««S Zimmer und gab seinem Adjutanten, Major Baron von Natzmer, Befehl, den Palast durch einen neuen Kordon von Truppen umgeben zu lassen, sandte ferner einen anderen Offizier aus, um da« Gardehusaren- Regiment zum Patrouilliren zu befehligen und eS anzuweisen, Niemand Passiren zu lassen. Die Husaren kamen im scharfen Trab an und erfüllten ihre Pflicht vortrefflich. Selbst Dr. Mackenzie war für eine halbe Stunde «in Gefangener urd die vom Hofmarschall Fürst Radolin Radolinsky Und Graf Seckendorf, dem Kammerherrn des Kaiser «, ausgestellten Pässe waren innerhalb zwei Minuten nach dem Tode Friedrichs annullirt. Banz Potsdam wurde von Truppen abgestreift, gerade als ob ein Krieg ausgebrochen wäre. Diese ganz unnöthige militärische Maßregel war der erst« Akt des Neuen Kaiser«: der zweite war die Anordnung, daß die kaiserliche Purpurstandarte auf seinem eigenen Palaste aufgehißt werde. Fünf Minuten nach seines Vaters Tod war es geschehen. Es wurde also nicht viel Zeit verloren, um die neue kaiserliche Autorität geltend zu wachen. Niemand wagt viel über diese Dinge zu sagen, aber sie verursachen Beunruhigung und werden als Vorzeichen von dem bettachtet, was da lammen wird. Ein einflußreiche« Mitglied des Reichstags, nicht ein Sozialist, sondern ein echter Rationalliberaler, sagte zu mir: Ich sehe Gefahr für Deutschland im Anzug. Die Kaiser Wilhelm Und Friedrich starben beide friedlich in ihren Betten. Aber unser junger Und energischer Kaiser Wilhelm wird, wie Ihr Amerikaner sagt,in seinen Ettefeln sterben". Ich glaube nicht, daß die Gefahr eines Krieges ernstlich besteht, dagegen werden die provokatorischen milttärischen Maß- »egeln eine Stimmung in Deutschland hervorrufen, welche innere Sttei- figkeiten und eine Erhebung der Sozialisten hervorrufen werden. Die Unmittelbare Wirkung von Wilhelm« Regime wird die Vermehrung der Auswanderung von Deutschland nach Amerika um 80 Prozent sein." In den Augen der Nationalliberalen, die ja von denen der Polizei »iH grundverschieden sind, spiegeln sich natürlich die Zustände so, daß er, der biedere Rationalliberale, fürchtet, die Provokationen der deutschen Polizei- und Willkür-Despottewerden eine Erhebung der Sozialisten hervorrufe n", während die stramme Polizei des strammen Wilhelm eine solche Erhebung eben hervorzurufen hofft Und strebt. Und wenn die Sozialisten trotz Allem und Allem dem herrlichen Kriegsheer" nicht die erwünschte Gelegenheit geben, daß die Flinte schießt und der Säbel haut, so wird man doch mit Hülfe der pflichtgetreuen Puttkamer'schenNicht Gentlemen" ein Attentat h la Hödel zu Stande bringen, da« für eine Zeit lang wenigstens auch feine Zwecke erfüllen wird. Eins von den beiden Gespenstern wird «ine Pflicht thun, sei eS das Rothe Gespenst oder das KriegSgespenst vielleicht auch beide! In einer andern Depesche wird die Frage, warum Wilhelm II. sofort dach erfolgtem Tode seines Vaters Schloß Friedrichskron militärisch um- («1» und alle Insassen de« Schlosses für eine Zeit lang förmlich ge- gen halten ließ, folgendermaßen beantwortet: Friedrich hatte während seiner Krankheit Memoiren über die Beschichte derselben verfaßt, sowie über die Unterhandlungen, die man wtt ihm in San Remo zum Zweck seiner Abdankung gepflogen tte; auch befanden sich darunter Aufzeichnungen über die vielen irren, welche die Partei seines Sohnes und Bismarcks ihm bereiteten. Diese Memoiren wollte der gute Sohn konfiSziren. Aber ttotz sechsstündigen Suchens fand er sie nicht: die Mama hatte kurz zuvor die Papiere anderwärts in Sicherheit gebracht." Und bekanntlich kolportirte die Reptilpresse letzter Tage selbst die Nachricht, Bismarck und Wilhelm hätten einen Spezialgesandten nach Bngland geschickt, um von der Großmutter die Herausgabe dieser Papiere iu verlangen. Für so verblendet darf man aber doch wohl den genialsten Staatsmann unseres Jahrhunderts nicht halten trotz seines schlechten -Gewissens. Da müsse« die Elsasz-Lothringer ja gute Deutsche werden. Die drei ersten Vereine in Schiltig heim im Elsaß , sind von der dortigen Kreisdirektion u. A. angewiesen worden, ihre Bereinsnamen in deutsche umzuändern. Die drei Vereine heißen: Ge- sangvereinHarmonie", TurnvereinKonkordia" und Mustkverein Fanfare". Hoffentlich ist einer der drei Vereine so gescheidt und nennt sich von jetzt ab Kreisdirektion. DaS ist gewiß ein bessere» Deutsch alsHarmonie". Mit euergischem Protest wendet sich derGrüllianer" in einem Die Politik der Baumwollenen" überschriebenen Artikel gegen eine in verschiedenen Schweizerblättern veröffentlichteEpistel eines Herrn Nationalraths und Großfabrikanten", worin dem Grütliverein die Lektion gelesen und sein in Glarus gefaßter Protestbeschluß gegen die bekannten Ausweisungen als eine Art Landes- verbrechen taxirt wird. Weshalb? Gar nicht etwa aus polittschen, sondern aus Geschäftsgründen: der gut« Mann hat Angst, solche Beschlüsse könnten dennachbarlichen Regierungen" unangenehm sein, wodurch das bundesräthliche Bemühen, durchalle möglichen An­strengungen" Zollkonzessionen zu erlangen, durchkreuzt zu werden Gefahr laufe..." Also wäre Alles, worauf es eigentlich ankommt, Rebensache," schreibt dazu unser trefflicher Kollege. Ob eine Ausweisung innerlich fich rechtfertigt oder nicht, ob sie der stolzen Geschichte der Republik inS Gesicht schlägt oder nicht, ob sie fich mit unser«» Gesetzen und unserer Auffassung von schweizerischer Freiheit vereinbaren läßt oder nicht darnach zu fragen wäre eine Lappalie. WasRecht, Landesehre, Freiheit"; wasTreue an altschweizerischer Tradition"; wasMännerstolz vor Königsthronen", das sind alles Dummheiten-, es kommt nur darauf an, waS dennachbarlichen Regie­rungen"(nicht etwa Völkern!) in die Augen paßt; es kommt darauf an, die fremden Machthaberfreundlich" zu stimmen, damit sie in Zoll- fachen und dergleichen mit sich reden lassen; was wir über Alles setzen müssen, das ist das Handelsintereffe unserer Spinner und Weber und sonstigen Großexporteure; diese? Handelsinteresse ist weit wichtiger als die Reinhaltung des Wappenschildes unserer Freiheit;'rauS mit Allen, die diese Freiheit etwa zu einem Wort, daS unfern und den fremden Herren nicht gefällt,mißbrauchen"! Wir gestehen, so verkrämert und verjudet sind wir allerdings nicht, um uns zu dieser Politik bekennen zu können; wir haben im Grütli- verein eine andere Auffassung vom Republikanismus; da« Studium der Geschichte des Lande« gab uns andere Lehren. Wir meinen, die Republik müsse sich als Republik auch zeigen und geben nach Außen; sie sollte, wenn dem monarchischen Nachbar der Windhauch der Freiheit zuwider, diese Abneigung nicht auf ihr eigenes Thun und Lassen über- tragen; sie dürfe sich nicht nach fremden Winden, sondern habe sich einzig zu richten nach dem republikanischen, demokratischen Geist, der ihren Ruhm und ihre Stärke begründete. Die Schweiz ist nicht geworden, was sie ist, durch Bücklinge und Höfeln; wollte sie die Politik des Höfelns jetzt bleibend zur maßgebenden erheben, so wird man auch die Erfahrung machen, daß nur fortwährende Demüthtgungen und schließ- licher Verfall refultiren. Sichducken und Machtanbetung ist nicht Jedermanns Sache. Der Grütliverein ist nicht dazu geboren; es war auch nicht alter Schweizer Art. Wenn trotzdem der nationalräthliche Epistelschreiber, der eben auf einem anderen Standpunkt steht, die Giütlianer beschuldigt, daß sie sich sett einiger Zeit" zu Handlungenverketten" lassen,welche sehr gegen die Interessen deS Vaterlandes sind", so weisen wir diese leichnertige Anklage entschieden zurück. Der Grütliverein hat in solchen Fragen nie eine andere Stellung gekannt, als die der Hochhaltung der altschweizeri- schen Traditionen. Er wird dabei verbleiben. Freiheit und Ehre sind das Höchste; man soll sie nicht verhandeln wie ein Stück Baumwolle oder Käse!" Das ist würdig und acht republikanisch gedacht, aber gerade deshalb ar nicht nach dem Geschmack der bürgerlichen Prozentpatrioten, die in der Zolitik den Ton angeben.Kann man von Freiheit und Ehre leben? Werfen Freiheit und Ehre Profit ob?" denken sie nach Analogie de« tapferen Sir John und weichen muthig einen Schritt nach dem andern zurück, dem großen Nachbar zu Liebenaus daß er ihnen gnädiglich einige Zollkonzessionen" zukommen lasse. Und wenn ihr Kalkül noch richtig wäre! Aber die erleuchteten Herren vergessen dabei, daß bei den Zollsragen das polittsche Wohlwollen gar keine Rolle spielt, sondern lediglich Wirthschafts- und FiSkal-Interessen entscheiden. Die deutschen Großfabrikanten sind zwar sehrreichstreue" Leute, aber aus einen Profit verzichten, nur damit ihren Schweizer Konkurrenten sür ihr politisches Wohlverhalten eine Belohnung zu Theil werde, das lassen ihre heiligsten Grundsätze, ihre Geschäfts Prinzipien nicht zu. Verschließt Deutschland gegen einen so guten Verbündeten, wie Oesterreich , seine Zollgrenzen, so wird eS dem Schweizer Fabrikat schwerlich seine Thore öffnen, selbst wenn man ihm aus lauter Ge- sälligkeit auch noch den verhaßten Namen der Repubik opferte. Der«eue Puttkamer hat noch kein Lebenszeichen von sich gegeben. Es wäre zu wünschen, daß es immer so bliebe. Allein das ist nicht zu erwarten, und was dem Herrn Polizeiminister etwa an Eifer abgehen sollte, das würde durch den exzessiven Eifer der untern Polizei- Organe zehn- und hundertfach ersetzt. Herr von Ehreuberg ist ein glücklicher Mann. Während die anderen Hoch- und Landesverräther die D ietz, Appelt und Kon- forte,: auf viele Jahre ins Zuchthaus oder ins Gesängniß geschickt werden, befindet er sich auf freiem Fuß, lebt sogar, wie man uns aus Deutschland schreibt er, deradlige" Habenichts unter dem falschen Namen Herr von Ernst bei Begas in Wiesbaden unter den Augen der Wiesbadener Polizei auf einem großen Fuß, und schreibt Bücher. Die gerichtlichen Vernehmungen bezüglich seiner Thätigkeit in der Schweiz und an anderen Orten haben zwar die be- lastendsten Momente zu Tage gefördert Material, von dem ein Tau- sendstel nach der landesüblichen Praxis ausreichen würde, um jeden ehr- lichen Menschen, namentlich wenn er Sozialdemokrat ist, in Untersuchung«- Haft zu bringen aber die Herren Untersuchungsrichter sind so liberal, wie die Herren Protektoren in Berlin eS anbefohlen haben. Welche Bewandtniß es mit dieser Liberalität hat, das wissen die Leser de«Sozialdemokrat". Wir haben es in Deutschland nachgerade so herrlich weit gebracht, daß man einNicht-Gentleman" sein muß, um seitens der Richter und Polizisten anständig behandelt zu werden. Wen unsere Richter und Polizisten nicht mißhandeln, der kann kaum mehr für einen Gentleman gelten. Apropos, wenn von Richt-Gentlemen die Rede ist, muß man an den Puttkamer denken. Und beim Puttkamer fällt uns eine Anekdote«in. In einer berühmten Stadt Deutschlands lebt eine berühmte Sängerin, die zwar einen Mann hat ja die Fama spricht ihr sogar zwei Männer, ihr angetraute Ehemänner zu aber daneben auch ver- schiedene Liebhaber. Der eine derselben, welcher den bösen Sozialdemo- kraten diefreie Liebe " und dasTheilen" mit sittlichem Pathos vor- zuwerfen pflegt, hat zwei Söhne, die er eines Tags in die berühmte Stadt zu der berühmten Sängerin mitnahm. Unter gesellschaftsrettenden, familienerhaltenden Tugendbolden kommt Derarttges vor. Wohlan, die berühmte Sängerin, welche eine sehr hübsche Frau ist, gefiel auch den beiden Söhnen, und siehe da: ein Verttag ward abgeschlossen zwischen Vater und Söhnen, und daS brave Kleeblatt theilte sich in die berühmte Sängerin. Wenn das nichtfreie Liebe " undTheilerei" war oder ist denn di« Geschichte spielt in neuester Zett was ist eS dann, Herr Puttkamer ? Wir vergaßen vorhin zu schreiben, daß das Ehrenberg'sche Opus fertig, ist. ES betitelt sich:Demokratische Mar wl und Justiz"/ auS den Erlebnissen eines Deutschen in Zürich , z»gleich ein Be- wei» für die Nothwendigkeit von Ausnahmegesetzen gegen Diejenigen, welche bei uns Zustände anstreben, die den Züricher Staatleinrichtungen gleichen. Von A. v. Ehrenbe r-g. 14 Bogen Oktav. Verlag von Hermann Riesel und Kompagnie, Hagen in Westfalen . Der Titel ist lang, konfus und doch' deutlich. Also AuS« nahmegesetze nicht bloß gegen die Sozialdemokraten, sondern auch gegen. die Fortschrittler, denen ja von derNorddeutschen Allge- meinen" bei jeder Gelegenheit nachgesagt wird, sie erstrebten die Repu- blik, d. h.Zustände, die den Züricher StaatSeinrichtungen gleichen". Die Kollegen Haupt und Schröder verunglückten voriges Jahr mit ihrem Material für die Expatriationsgesetze. Der ehr- geizige Chrenberg will gleich Material für ein Ausnahmegesetz gegen vi« Fortschrittler liefern. Weß Brot ich, deß Lied ich sing, denkt der patriottsche LandeSverräther. Und darum schrieb er auch schon vor Erscheinen obigen Pamphlets, er, der Majestätsbeleidiger und Fürsten« fresser ex officio, unmittelbar nach dem Tode des alten Wilhelm ein« speichelleckerisch«frömmelnde Berherrlichungs- Broschüre auf den Kaiser Wilhelm I. und ließ sie in Wiesbaden unter seinem NamenAlfred v. E." publiziren. Auch ein Beitrag zur Sittengeschichte des zweiten deutschen Kaiser« reichS. Wie die Arbeiter bestohlen werde«. Die Art und Weise, wie die Kohlen-Arbeiter bestohlen werden, schildert ein Korrespondent aus den Revieren Iowa '« wie folgt: Da die Arbeiter nur für die Kohlen bezahlt bekommen, welche nicht durch daS Sieb fallen, liegt es im Interesse der Kohlenbarone, möglichst große resp. weite Siebe zu haben. So wurden diese Raubinsttumente denn auch allmälig verbessert, d. h. die engeren durch weite ersetzt, so daß jetzt bereits Siebe gebraucht werden, wo 2'/, bis Zzöllige Brocken durchfallen. Die durchgefallenen Brocken werden gleich den anderen auf den Markt gebracht und verkauft, nur wird der Lohn für'S Graben der- selben auf die Weiseerspart". Ein weiterer Schwindel, wodurch den Lohnsklaven selbst dieser letzt« Rest deS Lohnes, welchen sie für die Kohlen erhalten, die nicht durchgefallen sind, gestohlen wird, ist das Trucksystem. Diese freien amerikanischen Souverain« haben nämlich daS Recht, zu wählen, entweder ihren ganzen Verdienst nach dem Kompagnie-Store zu bringen, für schlechte Waaren zu bezahlen, waS verlangt wird, oder sie können gehen. Gehen! etwa zur nächsten Kohlengrube, um dort für den gleichen oder gar besseren Lohn der Arbeit zu bekommen? Bewahre! Geht so einfreier Amerikaner" in eine Mine, so ist er in allege- gangen", denn die Kohlenbarone haben eine Verschwörung gebildet, und führen eineschwarze Liste". Selbst die Gesetze sind für die Katz, sagte kürzlich ein Kleinbürger von DesmoineS, als wenn Gesetze überhaupt jemals für'S arbeitende Volk was genutzt hätten." Ja, da« ist in Amerika ! wird der deutsche Spießbürger hier mit patriotischem Hochgefühle uns entgegnen. Aber in Deutschland ist es in dieser Beziehung n i ch t b« s s e r. DieFränkische TageSpost" berichtete letzter Tage über ein ähnliches Raubsystem, da« an Arbeite« rinnen in Hof prakttzirt wird. Darnach wird in einer dortigen neu eingerichteten Fabrik für ein Bettzeug, welches 80 bis 82 Meter lang sein soll, 3 Mark Lohn bezahlt. Nun erfährt aber kein Arbeiter, wie lang die Stücke wirklich find, denn in das Lohnbuch wird das Längen- maß nicht eingeschrieben. Eine Arbeiterin, welche einmal darauf be- harrte, das Längenmaß der Stücke zu wissen, erfuhr, das es statt sechzig 74 Meter waren. Sie hat aber bis zum heutigen Tag sür die 14 Meter, die zu viel waren, noch keinen Pfennig bekommen; daS macht 70 Pfg. bei diesem einen Stück Bettzeug. Vor ein paar Jahren wurde bekannt« lich über ähnliche Prakttken aus einer schlesischen Fabrik berichtet, wo es schließlich zu einem allgemeinen Aufruhr der Weber kam und die Behörde zu Gunsten der Arbeiter intervenirte. Schon im Jahre 1878 bei der damals im Gange befindlichen Revision der Gewerbeordnung beantragte unser Genosse M o t t e l e r, der damals im Reichstage saß, einen Paragraphen, nach welchem die Textilfabrikanten verpflichtet sein sollten, bei Uebergabe der Materialien an ihre Arbetter in oder außer dem Hause schriftliche Arbeitsverträge(Schuß- oder Musterzettel) au«- zustellen, welche neben anderem auch eine genaue Angabe deS Lohne« für ein bestimmtes Quantum Arbeit enthalten sollten. Natürlich wurde dieser Antrag abgelehnt. Wäre er angenommen worden, so konnte« Schwindeleien wie die vorstehend aufgeführten nicht mehr vorkomme«. Aber derBetrug" ist eben nicht blos Monopol des Waaren-Handel», sondern wird auch der Waare Arbeiter gegenüber prakttzirt, und zwar von Rechts wegen. Hierin unterscheidet sich derbibelfromme" Engländer sowenig vom atheistischen" Franzosen als derherzlose Dankee" vomgemüthvollm Deutschen ". Und auch die katholischen Klöster und Waisenhäuser(z. B. in Frankreich ) betreiben die Kinderausbeutung mit der gleichen schäm- losen Raffinirtheit. Auf dem Gebiete der Oekonomie sind eben die bürgerlichen Begriffe von Recht und Unrecht ebensowenig anwendbar al« die Moralbegrisse von gut und schlecht. Unser heutiges Produkttons- system kennt nur einen Codex, und der heißt: Prosit. Was den Profit fördert, ist gut und Recht, waS ihm Hindernisse oder«e- schränkung auferlegt, ist Unrecht, schlecht. Unmoral, schl Manschreibtuns:«nfgepaßt! Die Nicht-Gentlem«« des ordengeschmückten Spitzelgenerals Krüger in Berlin haben neue Instruktionen erhalten. Mehrere derselben wurden bereits v o t der Ausweisung unserer Genoffen aus der Schweiz nach England 'vorgeschoben, um fich mit denbewährten Händen daselbst zuneuen Thaten" zu vereinigen. Das schweizerische A s, l r e ch t ist glücklichunter"gebracht. Die Fremdenpolizei" der Republik wird immer mehr im Geiste des preußi- schenStatthalters" zu B e r n geleitet. Die Denunziant« np res fe kontrolirt und dirigirt da« republikanische Sechs- Männer- Regiment öffentlich mit einer Unverfrorenheit, die auf sehr e, n f l uh­reiche" Hinterleute schließen läßt. ES ist also genügend dafür gesorM, daß in Bern ein Rückfall in v o r puttkamerisch« Allüren mcht sobald erfolgen kann.. Jetzt wirdder zweite Streich" vorbereitet. WaS an Machern vom alten System zur Korrumpinrng der internationalen Arbe itev- Bewegung und speziell der deutschen gerettet werden konnte, stre« bereits die Finger(allerdings momentan noch unter der Deck«) auch gegen das Asylrecht in England auS. Charakteristisch in dieser Hinsicht ist die Thatsache, daß der Freund und frühereRitarbeiter" deS deutschen P o l i z e i s p ir> N s Schr-vde»r in RieSbach -Zürich , der Mechaniker Josef Kaufmann, au« Oesterreich , Stellmacher'» Intimus und Rathgeber, gegenwärttga» Gründer und Hauptwort-führer einer G r u p p« t» Poplar im Ostende Londons fungirt, die sichluternat ,»> nal" undsozialistisch"(odersozialdemokrattsch') nennt und derart in deutschen Arbeiterkreisen Boden und Anhang zu ge» Winnen sucht.__.. Was für Zwecke wohl der Herr mit dieser Wiederaufnahme seiner früheren Thätigkeit im Aug« hat? Sollen vielleichtneue Thaten aus­geheckt werden, Thaten, durch welch« wie das schweizerische, so auch da« englische A s y l r e ch t durchlöchert werden könnte? I o s e f K a u f- mann, derselbe, von welchem aktenmäßig festgestellt wurde, daß er ten Polizeispion Schröder mit der Berliner Polizer i« Verbindung brachte, al« G r ü n d e r und Wortführer einers o» IM- listischen, internationalen"«rbeitergruppe. da» sprüht deutlich genug dafür, daß die deutschen Arbeiter in England gegen alte Neugründungen erwähnter Art vorsichtig zu sein und tn erste Linie Leuten wie Josef Kaufmann oder dessen Freunden(tw Werkzeugen) überall, wo sie sich blicken lassen, daS H a n d w rrf mit allem Nachdruck zu legen haben, wollen sie nicht selv» die in der Schweiz begonnene Henkerarbeit fortsetzen helfen. Man lese die in der deutschen ReaktionSpreffe laufend kolporttrten Alarmnachrichten über in England geplante Atten�ätte» reie« und die fortgesetzten Anstrengungen, un« und s p e z unsere Freunde in Deutschland in möglichst direkten Zu­sammenhang damit zu bringen..,. w In dies« Kategorie gehören auch die Nachrichten e»neS L o n i>o n e>r Spezialkorrespcrndenten über di«U e b e r n a h m« d e r R«dal t, o N deSSozialdemokrat" und Führung der Parte, durch Genosse R° ck o w in London ", überUeberdring un g e r beb« licher Mittel" durch den Abgeordneten Singer und dergleichen Polizei- Schwindel mehr, der stch mit Vorliebe au« derNord. deutschen Allgemeinen", dem Leiborgan des Herrn Reichskanzler» und seiner Kreaturen in die verwandte Presse verliert und auch m gewiss»« Schweizer Blättern«in freundliches Asyl gefunden hat. Willst Du wissen, werichbin.sofrage.mitwemtchgehe. Zur Korruption der oberen zehntausend. In deutsch «! Zeittrngen voriger Woche findet sich folgende' Notiz: Ein in Sportkreisen vielbesprochener Vorfall ereignete sich am Sonn« tag in Hamburg . Beim norddeutschen Derby steuerte der den Besuche«» der Berliner Rennbahnen wohlbekannte Jockey W. Smith Herrn Oehl- schlüget'«Padischah"; der Hengst schnitt sehr schlecht ab. Da« Retten muß wohl manchem Sportsman eigenthümlich vorgekommen sein, den«