Wir sind heute in der Lage, das berüchtigtegeheime KreiS- schreiben des BundeSratheS" betreffend Ausübung der politischen Polizei wenigstens in seinen wesentlichen Theilen wortgetreu zu publi- ziren. Den lauen Politikern, welche meinen, man müffe der Obrigkeit gegen» über unter allen Umständen handeln, wie Sem und Japhet gegen ihren betrunkenen Vater Noah   handelten, bemerken wir zweierlei: Einmal ist der Bundesrath nicht unser Vater, sondern unser politischer Segner und der Sozialdemokratie gegenüber schonungsloser Angreifer, der sogar, wie wir soeben gezeigt haben, in seiner Kampfweise ungesetz- liche Besugniffe sich anmaßt. Sodann aber streiten wir für die heimische Freiheit, für unser Land, ob auch heute noch der größere Theil unseres Volkes von Haß und Furcht verblendet oder aus stumpfem Jndifferen- tismus die Gefahr, ja den begonnenen Zerfall unsers schweizerischen demokratischen Wesens nicht zu sehen vermag. Von persönlicher Feindschaft wissen wir uns frei. Die Reaktionäre mögen von der Herrschaft deS Landes zurücktreten; mehr verlangen wir nicht. Vorher werden wir aber auch nicht ruhen.--- DaS Kreisschreiben vom ll. Mai an alle KantonSregierungen lautet nach einleitender Berufung auf die Botschaft vom 12. März und den Bericht des Bundesanwaltes über dieAnarchisten-Unterfuchung" des Jahres 1885, folgendermaßen: Unterstützt durch die einstimmigen Voten der Mitglieder der Bundes« Versammlung machte es sich der Bundesrath zur Pflicht, sofort die besten Mittel aufzusuchen, welche das vorgesteckte Ziel zu verwirklichen geeignet sein möchten." Folgt Anführung der Konferenz der Justiz» und Polizeidepartemente der Kantone mit der meisten flottanten Bevölkerung vom 28. April in Bern  . Dann wird gesagt, daß die famose, neu errichtete Zentralstelle für politische Polizei es sich zur Aufgabe mache,alle in unserm Lande vor» kommenden Thatsochen polizeilicher') Natur, welche unsere innere Sicher- heit und unsere internationalen Beziehungen berühren, zu sammeln und zu sichten. Diese mit dem genügenden Personal ausgestattete Beamtung ist der Leitung des Departements-Chefs und seines ersten Sekretärs unterstellt." Den kantonalen Behörden wird aufgegeben: 1)Die kantonalen Polizeibehörden sammeln sorgsältig alle Thatsachen, welche auf ihrem Gebiete sich ereignen und unsere innere Sicherheit!), sowie unsere Beziehungen zum Auslande betreffen. Ueber alle diese Vorgänge, sowie über deren Urheber, erstatten sie von sich aus und ohne weitere Einladung, Bericht an unser Justiz» und Polizeideparte» ment. 2)Insbesondere richten sie ihre Aufmerksamkeit auf die öffentlichen und geheimen Versammlungen, sowie auf die Zeitungen und Publika- tionen, in welchen die Fragen unserer sozialen Organisation und der Apolitischen und sozialen Organisation anderer Staaten behandelt und diskutirt werden. Ueber diese Versammlungen und Publikationen er- statten sie ebenfalls Bericht und treffen Vorsorge, daß die diessälligen Publikationen regelmäßig unserm Departemente zukommen. 3)In Betreff derjenigen Personen, welche an solchen Versamm- lungen oder an der Redaktion oder Verbreitung derartiger Preßerzeug- niffe aktiven Antheil nehmen, sammeln die kantonalen Polizeidirektionen sorgfältig alle Notizen, welche geeignet sind, über deren Ramen, Herkunft, Beschäftigung und Subsistenzmittel Auskunft zu er- theilen und übersenden diese Notizen regelmäßig unserm Departe- ment. In gleicher Weise verfahren sie auch gegenüber Fremden, deren Existenzmittel unbekannt sind oder deren Anwesenheit auch aus an» »dern Gründen unserm Lande Schwierigkeiten be- reiten könntet) 4)So oft«ine dieser Personen ihren Wohnort verläßt und in einen andern Kanwn zieht, ist von der kantonalen Polizeibehörde und unserm Justiz- und Polizeidepartemente sofort Kenntniß zu geben und gleich- zertig der Polizeibehörde des andern Kantons, in welchen sich diese Person begeben hat, davon Mittheilung zu machen. Wir setzen voraus, daß in jedem Kanton und je nach Bedürfniß in «jeder bevölkerten Stadt, sowie in jeder Ortschaft mit zahlreicher flot- «tanter Bevölkerung 4) aus dem Polizeipersonal oder unter den übrigen «Beamten eine oder mehrere Personen, welche die erforderliche Bildung «und den richtigen Takt besitzen, sowie die nöthige Zeit zur Verfügung «haben, zur Besorgung der erwähnten Funktionen bezeichnet werden. «Der einstimmigen Ansicht der Herren Departements-ChefS, welche mir konsultirten, entsprechend, haben wir f ü r den Moment den Sedanken aufgegeben, in den Kantonen Bundespolizeibeamte «aufzustellen. Wir schätzen den Eifer und die Hingebung') der kantonalen Behörden, woran es dieselben bis jetzt nie haben fehlen lassen'), als «hinreichend, um die Ausführung dieser Idee unterlaffen zu können, «und hoffen, daß wir niemals in die Lage versetzt werden auf diesen «Sedanken zurückzukommen oder andere Maßregeln ergreifen zu müssen, welche die Regelmäßigkeit diese« Dienstes zu sichern geeignet Auf der andern Seite begreifen wir wohl, daß die Anforderungen dieses Dienstes vielleicht Sie nöthigen werden, in bevölkerten Lokali- täten und in Ortschaften, wo die bewegliche Bevölkerung anwächst, «Ihr Personal zu vermehren oder die Besoldung desselben zu erhöhen. Wir find daher geneigt, Ihnen zu diesem Zwecke da, wo das Bedürf- «nih eS erfordert, Beiträge zu leisten. Wir ermächtigen unser Justiz, und Polizeidepartement, über diesen Punkt mit den Kantonsregierungen derjenigen Kantone, die durch diesen «neue» Dienst in erheblicher Weise belastet werden, sich zu verstän- «digen und uns bezügliche Vorschläge zu machen 8). Wir ersuchen Sie, obig- Anordnungen unverzüglich,»Voll- «Ziehung zu setzen und uns über diejenigen Maßnahmen, welche «Sie zu diesem Zwecke getroffen haben, Bericht zu erstatten. Uebrigens behalten wir unS vor, obige Instruktionen nach Maß- «gab« der gemachten Erfahrungen zu ergänzen') und die Frag« zu Iprüfen, ob e» nöthig ist. Seiten« der Kantone, außer den sofortigen «Informationen, noch periodische Berichterstattungen einzuführen. sow,e nach gegebenen Zeiträumen die Herren Chefs der Polizeidepartemente «der Kantone zu wetteren Berathungen zu besammeln." Was sagt der Leser, dem noch etwa« schweizerischer Freihettssinn in unserer reaktionären Zeit geblieben ist, zu diesem Machwerks? Da« also ist die politische Poli»«i. wie sie der Bundesrath ver- steht, und für welche die Bundesversammlung einstimmig«inen firedtt von 20.000 Fr. bewilligt haben soll?« Zum Glück wird nichts so heiß gegessen, als e» gekocht wird! Sowett w» unterrichtet find, müssen wir zur Ehre der KantonSregierungen be» kennen, daß diese, wenigstens zum Theil, mehr, viel mehr Schweizerfinn »ad Achtung vor den Rechten und Freiheiten unsere« Volkes gezeigt haben, als die Bundesbehörde. Diesesgeheime Kreisschreiben" aber Ist ein so dunkles Blatt tn unserer politischen Geschichte, daß es fort muß, mit dem»undesrath oder ohne denselben. Denn unsere Nach- kommen sollen fich nicht sagen lassen müffen, daß eS am Ende des IS. Jahrhunderts eine Zeit gab, in welcher der Schweizer  , der sich anmaßte, »>> polittstren, d. h. seine demokrattschen Rechte auszuüben,«uter Polizeianssicht gestellt wurde. Da» darf nicht sein.- Schweizervolk, schläfst Dn? ') IM. WaS kann nichtpolizeilicher" Natur werden, bei einigem guten Willen der Machthaber! Man hat«. auch schon Religions» Immer', natürlich, nach der Meinung der Polizei, nach freiem Belieben........... >) Also Fremde, deren Existenzmittel der Polizei nicht bekannt sind, verursachen ohne Weitere« unserem LandeSchwierigkeiten"! Armes Land! Vorsichtiger BundeSrath! ') Dieflottante Bevölkerung" war von jeher der Schrecken aller Reaktionäre und Sadtburger. ') An den Bundetrath? ) Küsse den Hund auf's Maul, bi« Du hast von ihm, was Du willst sagt der Araber. 7) Nach dem Zuckerbrod die Peitsche. 8) Kredit haben wir ja. ') Nur zu, mein« Herren! Das Volk ist geduldig. D. Red. So unser Bruderorgan. An der Echthett dieses Uriasbriefes ist nicht zu zweifeln. Die offiziösen Papageien des Bundesrathes haben in der Neuen Zürcher-Zeitung  " und imBund" berettS Entschuldigunzen ge- stammelt. Auch über die Frivolität, mit der dasKreisschreiben" über die ersten Grundsätze der Bundesverfassung, über Rede-, Vereins- und Press Freiheit, sich hinwegsetzt, wollen wir kein Wort verlieren, sie kann nicht Wunder nehmen, wenn man sich an die Frivolität der Motivirung erinnert, unter welcher die Ausweisungen unserer Genoffen, zumal T a u s ch e r's, erfolgt find. Neben dem Druck von Berlin   ist es eben auch der K l a s s e n i n st i n k t, die Sorge um die durch den anwach senden Sozialismus bedrohte Herrschaft der Bourgeoisie, welche den Bundesrath zu seinem Spitzelfeldzuge anfeuert. Soweit dieses Spionir- uad DenunziationSsystem sich gegen die Schweizer   richtet, haben wir unseren schweizerischen Genossen den Kampf zu überlassen, soweit es gegen die Fremden geht, dürfen wir aber die auch uns, den Fremden. zustehenden Rechte nicht widerstandslos und schweigend uns rauben lassen. Und nach dieser Hinsicht hat da«Kreisschreiben" auch bereits Erfolg« erzielt. Alle offiziellen Bemäntelungen und alle offiziösen Ableugnungen schaffen die T h a t s a ch e nicht aus der Welt, daß der Bundesrath von sich auS Haussuchungen und Verhöre anstellt gegen die Per sonen, welche ihm von den d eu ts ch e n P o l ige ib e h ö r d en als der Verbreitung sozialistischer Schriften verdächtig denunzirt werden. Und daS schlechte Gewissen des BundeSratheS Überdieseden deutschen  Polizeibehörden zugute kommenden Maßregelungen verräth sich schon darin, daß er, um den Ausdruck sozialistische Literatur zu vermeiden, den Kautschukbegriff:Schriften provokatorischen Inhalts" in seinBundesdeutsch" einzubürgern versucht. Der Bun- desrath mag noch so pathetisch versichern, er habe diese polizeilichen Maßregeln nicht auf Ansuchen der deutschen   Behörden, sondern dem eigenen Trieb gehorchend angeordnet, so ist das eine Behauptung, die den Charakter dieser spionirenden Polizeithätigkett deshalb nicht im Ge- ringsten erhöht. Unwürdig einer republikanischen Regierung wird diese bundesräthliche Züchtung von Spionen und Denunzianten, dieses Nebeneinander- oder Handinhandarbeiten mit der deutschen   Polizei, vorerst gegen die deutschen   Sozialisten, auch eine, den Absichten ihrer Urheber ganz ent- gegengesetzte Wirkung haben. Mögen heut- noch die Elemente, welche sich gegen eine solche Art freundnachbarlicher Beziehungen" durch den Bundesrath auflehnen, in Minderheit sein kommen wird der Tag, an dem diese bundesräthliche Praktik an ihren Folgen und unter dem Unwillen de» Schweizervolkes zusammenbricht. Wie das Kapital mit Gesundheit und Leben des Arbeiters umspringt. Es ist eine, einem jeden Kenner des modernen Wirthschafttlebens be- kannte Thatsache, daß in der heutigen Gesellschaft das Leben und die Gesundheit deS Arbeiters nichts gelten, wenn es sich um ein Mehr oder Minder des Einkommens handelt, welches der Fabrikant au» der Thätigkeitseiner" Arbeiter zieht. Besonders Marx hat imKapital" eine große Zahl von Beispielen vorgeführt, wo das englische Fabrikantenthum in seinem Heißhunger nach Mehrwerth jede Rückficht auf die in seinem Dienst frohnenden Arbeiter bei Sette setzte, und er, durch Eingreifen des Staate« ge- zwungen werden mußte, von gesundheitsheitSschädlichen, ja direkt mörderischen Praktiken im ProdukttonSprozeß abzustehen. Das Kapital ist aber gelehrig. Ist ihm heute ein Weg verlegt, sehen wir eS morgen auf einem andern Wege demselben Ziele zu- sir-bcn. Ist es verboten, Kinder in einer Fabrik länger als acht Stunden täglich zu beschäftigen, so. sehen wir, wie versucht wurde, st« in verschiedenen Fabriken zweimal stehen Stunden auszunützen. «uf dieselbe«rt werden die gefitzlichen GesundheitSvorschrtsten von englischen Fabrikanten die der andern Ländern sind natürlich um nichts bester umgangen, wenn dieselben ihnen bei der Jagd auf Profit im Wege sind. Sind gewisse mörderische Praktiken abgeschafft, erscheinen flugS neue auf der Bildfläche. Eine dieser Praktiken kam auch auf dem diesjährigen Kongreß der englischen   Trades-UnionS in Bradford   zur Sprache. Es handelt sich um das System desDampfens" �oteawiog"), welches in einem großen Theil der Baumwollwebereien von Lancasbire angewendet wird. Mit diesemDampfen" hat eS folgende Bewandtniß: Um daS zur Kette bestimmte Garn steif zu machen, und damit das daraus hergestellte Gewebe an Gewicht gewinne und mög- l i ch st schwer erscheine, wird erster«» einem Verfahren unter- warfen, durch welches eine Art StärkeNeister aus den einzelnen Faden deS Garnes gebracht wird. Dieser Kleister wird hergestellt aus Weizen- mehl, Kartoffelmehl, Sago   und dergleichen. Nach Angabe eines hiefür gewiß unverdächtigen BlatteS, derDaily News", wird dieser Kleister oft, besonders bei billigen Zeugen, dem Garne in solcher Masse zugesetzt, daß dasselbe dadurch Ivo, 150 und sogar 2<X> Prozent an Gewicht ge- winnt. Das diesem Prozesse unterworfene Garn ist aber spröde und würde, ohne Weitere« so verarbeitet, zu viel Bruch ausweisen, zu oft reißen. Um den Fäden nun die Sprödigkett zu nehmen und sie weich zu machen, und um andererseits es zu ermöglichen, recht viel Kleister in das Tuch hineinweben zu können, wird die Verarbeitung dieses Garnes in Räumen vorgenommen, deren Atmosphäre im höchsten Grade mit Feuchttgkett geschwängert ist. Am ober» Theil der betreffenden Webstühle find durch- löcherte, mit Dampf gefüllte Röhren angebracht, welche ihren Inhalt gerade über die Köpfe der Arbeiter hinweg brausend und zischend in den Arbeitsraum hinausstoßen. Alle Ventilation wird bei dieser Gelegenhett abgeschloffen, und häufig dauert dieses Einlaffen des Dampfe» den ganzen Tag hindurch. Die Atmosphäre in den betreffenden Räumen wird dabei so dunstig, daß e» oft nicht möglich ist. quer über dieselben hinwegzusehen. I« stärker der Kleister aus da« Garn aufgetragen ist, desto größer muß natürlich der Feuchtgehalt der Luft sein, da der Faden ganz weich und elastisch werden muß, um weiter verarbeitet werden zu können. Je größer also die Fälschung, desto stärker die Einwirkung de« DampfeS  , und je stärker die'«, desto stärker auch wie wir sehen werden die Opfer an Gesundheit und Leben der Arbeiter. Die Weber Männer und Frauen find dergestalt während ihrer ganzen Arbeit«,-it an eine durch und durch feuchte Atmosphäre gebannt. Wenn fie die Fabrik verlaffen, klagen fie, so ist ihre Kleidung von der Feuchtigkeit gesättigt wie«inWaschlappen". Vi« erzählen, daß der Dampf in den Arbettsräumen sodick" sei, daß sie nach ihren Webstühlen tappen" müffen. An den Wänden und Pfeilern rinnt beständig die Feuchtigkeit in Strömen hernieder, und der Fußboden ist so schlüpfrig, daß man kaum zu stehen vermag. In einer solchen Luft haben st« bei einer Temperatur von 85 SV Grad Fahrenheit(24 2K Grad Reaumur) so hoch geben Bourgeoisblätter an den ganzen Tag hindurch zu arbeiten. Die Arbeiter beschweren fich bitter über dieses System und verlangen, daß der Staat zu ihren Gunsten eingreife, ohne daß indeß alle» Prot«- stiren der unter diesem System Leidenden etwas genützt hätte. Sie weisen darauf hin, daß die hohe Sterberate, die die Weberstädte in Lancashire  , wie Blackburn, Preston u. s. w., notorisch aufweisen, diesem fluchwürdigen System der Waarenverfälschung zuzuschreiben sei. Beson- der» die Konstttution der in so großer Zahl in der Weberei beschäftigten jungen Frauen leid- unter diesem Verfahren ungeheuer. Rheumatismen, «uSzehrung, Luftröhren- und Brustfellentzündung, überhaupt die ganze lange Reihe der Brustkrankhetten aller Art werden bei ihnen dadurch hervorgerufen. Die Höhe der Sterblichkett in den Weberdistrikten Lancashire  '« hat denn auch schließlich die Aufmerksamkeit der Gesundheitsbehörden auf fich gezogen und die Gesundheitsbeamten stehen nicht an, zu erklären, daß sie die Ursache dieser hohen Sterblichkeit in demDampfen" suchen. Besonders gab ein Arzt. Dr. Stephenson in Blackburn  , in einem der Gesundheitsbehörde seine» Ortes unterbreiteten Bericht in sehr energischer Weise seiner Meinung hierüber Ausdruck. Die Sterberate in Blackburn  , dem Ort, der sich den zweifelhasten Ruhm erworben, dem Dampfen" die größte Ausdehnung gegeben zu haben, war derart ad- norm gestiegen, daß sie den Durchschnitt der andern Großstädte bedeutend überschritt. Indem er auf die Gründe dieser außerordentlichen Sterblich- keit zu sprechen kommt, bemerkt Dr. Stephenson:Neben dem lang- samen Ersticken im Rauch ist es das abscheuliche System, die Atmosphäre in den Arbeitsräumen der Weber durch Einlaffen von Dampf mtt Feuchtigkeit zu sättigen, welches zum großen Theil für die hohe Zahl der Sterbefälle an Brust- und ähnlichen Krankheiten verantwortlich ist. Dieses System wird meistens angewandt, wenn die Konstitution am wenigsten fähig ist, seinen Einflüssen zu widerstehen, im Winter, oder während des Vorherrschen? trockener Winde, oder während des Frostes. Das System ist nicht schädlich an sich, wenn die Leute bei der Arbett sind.(? Red.) Aber sie erkälten sich, wenn sie ihre Arbeit verlassen und in ihren, von Nässe ttiefenden Kleidungen in die kalte Lust hinausgehen. Widerstehen sie allenfalls einer sofortigen akuten Entzündung, so wird doch meistens der Same gelegt zur Auszehrung oder andern chronischen Leiden." An einer andern Stelle seines Berichts wiederholt Dr. Ste« phenson, daß die hohe Sterblichkeit in Blackburn   hauptsächlich zuzuschreiben seidem Hinmorden der Einwohner im Großen durch Einlassen von Dampf in die Fabrikräume und der Verunreinigung der Luft durch den dichten schwarzen Rauch der Schornsteine." DieDaily News", der wir in der Darstellung des Vorstehenden im Wesentlichen gefolgt sind, sieht sich bemüßigt, zu diesem Bericht zu be« merken:Dr. Stephenson's Phrase,die Hinmordung der Einwohner im Großen," ist vielleicht ein Anflug von Uebertreibung, wie ihn sogar Männer der Wissenschaft zu Zeiten sich erlauben." Gleichzeitig aber meldet dasselbe Blatt, daß aus den Thatsachen, welche durch die als Zeugen vernommenen Arbeiter vor einer hiezu ernannten UntersuchungS« kommission festgestellt wurden,ziemlich klar hervorgehe, daß ein guter Theil der großen Zahl von Todesfällen im Winter diesen Praktiken zuzuschreiben ist." Und trotzdem der Ausdruckhinmorden" nur eine Phrase? l Wer darf daS Kind beim rechten Namen nennen?" u. f. w. Der Trades-Unions-Kongreß hat eine Resolution angenommen, in welcher das Parlamentarische Komite desselben beauftragt wird, das Dampfen" im Parlament zur Sprache zu bringen und auf seine Ab- schaffung hinzuwirken. Ob ein gesetzliches Verbot helfen wird? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Daß mit dem Erlaß eines entsprechenden Schutzgesetzes allein nicht allzuviel gewonnen ist, geht aus dem PassuS im Berichte des Dr. Stephenson hervor, in welchem er über den schädlichen Einfluß des dichten Rauches der Schornsteine auf die Gesundheit der Arbeiter klagt. Und doch bestehen Gesetze, dieSmoßs Prevontion Acts", die diesen Uebelstand abstellen sollen. Zwar meint dieDaily RewS", die Lokal» behörden brauchen nur diese Gesetze in Kraft zu setzen. Ja, aber warum geschieht es nicht?! Einfach deshalb, weil diese Lokalbehörden bei der Sache interessirt sind. Weil fie entweder selbst Fabrikanten find oder doch von denselben abhängen. Weil sie selbst ein Thell der Klaffe find, der derartige Gesetze unbequem find. DiesesDampsen" ist ein kleines, aber bezeichnendes Beispiel für die Rücksichtslosigkeit des Kapitals. Damit die Fabrikanten ihre Waaren verfälschen können, damit sie mit diesen Verfälschungen ihre Abnehmer betrügen und ihren Baumwollenstoff mtt Hülfe der Kriegsschiffe und Kanonen des Staates etwa den Wilden als Erzeugniß unserer Zivtti- sationauf den Leib treiben" können, wird die Gesundheit von Tau« senden von Arbeitern und Arbeiterinnen geopfert, werden Tausend« einem frühen Tode geweiht. Möglich, daß ein Verbot momentan Besserung schafft. Im Wesmt« lichen wird nichts dadurch geändert werden. Das Kapital braucht Menschen» eben und Menschenglück, um bestehen zu können. Schwindsucht und ähnliche Krankheiten bezeichnen seine glorreiche Bahn, kein Zäsar ohne Blut und Leichen auf seinem RuhmeSpfade. Verlegt man dem Kapital den einen Weg, über Krüppel und Leichen hinweg immer neues Kapttal anzusetzen, so sucht es sofort einen andern, und wird so lange solch« Wege finden, als die kapttalistische Produktion besteht. Ein Ende wird dieses systematische Morden ein wahrer Hohn auf daS fünfte Gebot, wie es im christlichen Staat gelehtt wird erst nehmen, wenn nicht mehr um des Profils, sondern um der Menschen und ihrer physische» und ästhetischen Bedürfnisse willen produzirt wird. Unter Bezugnahme auf den heutigen Leitartikel theilen wir mit, daß die Londoner   Adresse unseres Verlags folgende sein wird: German Cooperative Publishing Society, 114 Keutish Town Roati, London   N. W, Alles Weitere in nächster Nummer. Uedaktio« und Eipeditu« des».Sizialdemskrat". Sozialpolitische Rundschau. Zürich  , Iv. September 1888. Die Wahlen zum Preußischen Landtag verursachen dem Kanzler Eisenstirn der übrigens recht mürbe wird einiges Kopf» zerbrechen. Putikamer, der Alles hübsch besorgt hätte, war leide« nicht wieder auf die schlotttigen Krautjunkerbeine zu bringen, und der neu« Polizeiminister ist an die ganz schmutzige Arbett, für die Herr von Pol de Chambre von der Natur prädestinirt war, noch nicht so gewöhnt, daß vollständiger Verlaß auf ihn sein könnte. Zu dieser Ver« legenhett kommt die größere, daß der jüngste Kaiser fich mehr und mehr zum«ukaut tsrribls auSwächst und ein wahrhast phänomenales Talent entwickelt, in den weitesten Kreisen anzustoßen. Die famose Strecken» Rede war nur ein Beispiel von vielm. Gettdem find schon wieder ver» schieden« Reden losgelassen worden, die nachträglich korrigttt werde« mußten. Und den Reden entsprechen die Handlungen. Ein unbe« rechenbarer Wille, der selbst nicht rechnet und auch nicht berechnet werde« kann! Da war mit dem Großvater viel besser ausjukommen, der ging wie«in gutes Uhrwerk pünktlich und ohne Fristionen man brauchte ihn nur regelrecht aufzuziehen, und das war ja nicht schwierig. Genug mit den Lorbereitungen zur nächsten LandtagSwahl hat's seine Haken. Gegen Rußland   darf die Reptttienarmee nicht mobilisirt werden, daS verbietet daS cnfant terrible, und gegen die Franzosen zu mobilifiren, wie wettand im Frühling des folgenden JahrS dazu ist die Situation etwas zu gespannt. Da» Spielen mit dem Feuer ist zu gefährlich geworden. Thatsache ist: die vismarck'sch« Politik hat sich seit den letzten Reich«. tagSwahlen nach allen Richtungen hin k o m p r o m i t t i r t, und anstatt der beabsichtigten Jsolirung Frankreichs   hat fie den sogenannte« Dreibund" i s o l i r t und die Stellung Frankreichs   wesentlich be« festigt. Und die koloffalen Blößen, welche die Biimarck'sche Politik in den letzten Monaten deS heldengreislichen Regiments und während des programmwidrigen Zwischenreichsunseres Fritz" fich gegeben hat! Bismarck   ist jetzt überall erkannt, und obgleich die Moral aus der Politik verbannt ist, so spielt doch wenigstens das psychologische Moment in der Politik eine wichtig- Roll«, und es ist für den deutschen  Reichskanzler nicht nützlich, daß Jedermann nun weiß, weffen er sich unter Umständen feiten« deS einst mit so heiligem Respekt betrachteten genialen Staatsmanns" zu versehen hat. Kurz, ER ist nicht auf Rosen gebettet, und es liegt ein Stück Nemefis darin, daß die neueste Aera, auf welche ER sich so sehr gefreut, und welche ER so kunstvoll und so rücksichtslos präparirt, schon in den Flitterwochen IHM Tage bringt, von denen ER sagen muß:Ste Psallen MIR nicht!" 887 init ttmü