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versumpft sind, und ihrer ungeheueren Majorität nach mit der Regier ang durch Dick und Dünn gehen.

Wir haben uns schon oft über diesen Punkt ausgesprochen. Je kräf= Higer das Proletariat in den politischen Stampf eingreift, je tlassenbe­wußter es auftritt, desto mehr wird das Bürgerthum von seinen poli­tischen Jdealen abgedrängt, desto geschäftsmäßiger betreibt es die Politik der Interessen, desto offener verkündigt es seinen Wil­len, das Privileg der ökonomischen Ausbeutung statt auf das sogenannte Recht", mit dem nicht mehr weit zu kommen ist auf die nackte Gewalt zu stüßen.

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Diese Entwicklung, welche durchaus logisch ist, kann nur irrthümlich als Rückentwicklung bezeichnet werden. In Wirklichkeit ist es eine nor­male und hocherfreuliche Vorwärtsentwidlung. Ein Rück­schritt nur dem Scheine nach- thatsächlich ein Fortschritt. Die Ver= treter der bürgerlichen Gesellschaft gelangen immer mehr zu der Er­kenntniß, daß ihre Sache eine schlechte ist, die sich mit Vernunft gründen nicht länger vertheidigen läßt, und da kommen sie denn folge­richtig zu der einzigen Vernunft" der unvernünftigen zu der ultima ratio legten Vernunft der Kanonen, Flin= zur ten und Säbel. Unsere deutschen Bürger haben es mit sehr seltenen Ausnahmen bereits glücklich so weit gebracht der Blut- und Eisen­mann Bismarck ist ihr Mann. Er ist Junker, verachtet die bürger­liche Kanaille, haßt alle bürgerlichen Ideen und Ideale- das thut aber nichts: er stüßt die Gesellschaft der Ausbeutung, und das genügt, ihm die Unterstüßung des Bürgerthums zu sichern. die Unterſtügung Die Fortschrittspartei muß das jetzt erfahren. Das Bürgerthum wendet sich von ihr ab; und da sie die Thorheit begangen hat, das Manchester­programm zu dem ihrigen zu machen, so hat sie die Möglichkeit ver­scherzt, eine bürgerlich demokratische Partei zu werden und als solche noch eine Zeitlang lebensfähig zu sein. Wie die Dinge liegen, hat die Fortschrittspartei sich zwischen zwei Stühle gesetzt und kann niemals wieder auf die Beine kommen.

Für uns ist das Resultat der preußischen Landtagswahlen ganz gleichgiltig. Die Arbeiter haben sich, außer wo sie noch Schwanz an­derer Parteien sind, nirgends an den Wahlen betheiligt. Herr Eugen Richter   bedauptet, die Arbeiter hätten hierdurch gegen ihr eigenes In­teresse gehandelt. Hr. Richter verwechselt offenbar die Intereffen der Fortschrittsphilister mit denen der Arbeiter. Hätten die Arbeiter in der dritten Klasse für Fortschrittler gestimmt, so würden unzweifelhaft ein paar Dußend Fortschrittler mehr gewählt worden sein. Allein, was hätte das den Arbeitern genügt? Oder hätten die Arbeiter einen Schacher machen und sich die Handlangerdienste an die Fortschritts­partei mit ein paar Mandaten bezahlen lassen sollen wie ja hier und da angeregt worden ist? Das hätte uns alle Nachtheile und die ganze Blamage eines Kompromisses gebracht, ohne den geringsten prattischen Vortheil, da die paar Sozialdemokraten im Landtag auf die Gnade der fortschrittlichen Fraktion, also des Herrn Eugen Richter  , angewiesen wären, und für die Partei absolut nichts zu erreichen vermöchten.

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Genug die Fortschrittspartei ist auf dem Aussterbe- Etat, und das Terrain, welches sie für die Demokratie verliert, erobern wir Sozial­demokraten und noch ein tüchtiges Stück dazu.

Ich irrte mich neulich der Rheinische Prozeß, dessen Ver­handlungen diese Woche begonnen haben, ist nicht der große Monstre­Prozeß, welcher seit März spielt und in Elberfeld   seinen juristisch- po­lizistischen Mittelpunkt hat. Ein Monstreprozeß ist's auch, jedoch nicht fo umfangreich und mehr lokaler Natur. Die Verhandlungen sind in Düsseldorf   Der andere Prozeß ist noch immer in der Schwebe; das Material" will den Polizisten und Untersuchungsrichtern nicht in den Mund fliegen, und so wird denn fortwährend mit Stangen im Nebel herumgestochen hier Haussuchung, dort Haussuchung u. 1. w. Es will indeß Alles nichts nüßen. Das Material" glänzt durch Ab­wesenheit.

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In Leipzig   hat die Polizei wieder einmal eine Anzahl Genossen verhaftet und möchte gar zu gern ein neues Geheimbundsprozeßchen bas 16. oder 17. seit Erlaß des Sozialistengesetzes in Szene setzen. Wenn nur das verwünschte Material" hübsch auf dem Präsentirteller geliefert würde! and futu

Wie das Kapital, auch wenn das Rohmaterial im Preise steigt, das fertige Produkt aber im Preise sinkt, doch er= höhte Profite erzielt, wird im Sächs. Wochenblatt" an der Hand des neuesten Geschäftsberichts der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnig treffend illustrirt. Es heißt da:

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Die sächsische Maschinenfabrik( vormals Hartmann) hat wieder ein Geschäftsjahr hinter sich, und die Aktionäre freuen sich königlich, 2 Pro­zent mehr als im Vorjahre, wo es 6 Prozent Entbehrungslohn" gab, einstecken zu können. Es ist belehrend, zu verfolgen, wie dieser Mehr­gewinn entstanden ist. Es wurde dieses Jahr ein Reingewinn gemacht von 668,000 Mart, 132,000 Mark mehr als im Vorjahre. Dieses Mehrergebniß fonnte erzielt werden, troßdem im lezten Jahre zuge­standenermaßen die Preise der Rohmaterialien, Kohlen u. s. w. bedeutend höhere waren als im Vorjahre, die Preise der fertigen Produkte sich aber nicht gesteigert haben. Der größere Ueberschuß bleibt in der That räthselhaft, solange wir uns nicht mit den Arbeitslöhnen beschäftigen. Da finden wir, daß im vor­legten Geschäftsjahre durchschnittlich 2800 Arbeiter beschäftigt wurden, welche insgesammt 2,643,000 Mart Lohit erhielten. Es beträgt dies auf den Kopf pro Jahr 944 Mark oder fast genau 18 Mart pro Woche. Das ist an und für sich schon ein gering­fügiger Lohn, ganz besonders für hier, wo die Lebensmittelpreise die fast jeder anderen Stadt übersteigen. Aber es muß noch in Betracht gezogen werden, daß der Arbeiterdurchschnittslohn noch bedeutend niedriger ist, da aus obengenannter Lohnsumme auch noch die vielen Hunderte von Beamten, Technikern, Werkführern bezahlt werden, welche für ihre meistentheils nicht gerade anstrengende Arbeit eine ganz erkleckliche Summe erhalten. Im legten Geschäftsjahre sind aber 3042 Arbei­ter beschäftigt worden, welche zusammen einen Lohn von 2,817,000 Mark erhielten. Das macht auf den Mann pro Jahr nur za. 926 Mart, also 16 Marf weniger als im Vorjahre. Auf diese Weiſe find schon 54,000 Mark direkt am Lohne   gespart" worden. Diese Summe beträgt reichlich/ Prozent.& 3 bleiben nun noch die Quellen der übrigen 1/3 Prozent zu suchen und die giebt uns der Geschäftsbericht des Unternehmens sehr genau an: Infolge be­deutender Aufträge angestrengter Betrieb in allen Betriebs­zweigen, deren Leistungsfähigkeit auf das höchste Maß beansprucht ist. Deutlicher gesprochen heißt das: Verlängerte Arbeits­zeit und intensiverer Betrieb. Daraus also sind jene noch fehlenden 100,000 Mart geflossen, die die armen Kouponabschneider mehr erhalten. Es ist, wie gesagt, belehrend, wenn auch nicht gerade belustigend, zu sehen, wie tros preiserhöhter Rohprodukte und verbilligter Fabrikatpreise das Kapital immer noch steigende Ueberschüsse zu er= zielen versteht aus der Arbeitskraft

Wer erinnert sich nicht der ebenso wißigen als zutreffenden Erklärung, die Heinrich Heine   in seiner Italienischen Reise von der Ironie giebt? Sie wird Einem unwillkürlich in's Gedächtniß gerufen, wenn man ficht, wie jämmerlich feige fich der größte Their Der deutsch  - freisinnigen Presse gegenüber dem unberechtigten und unge­rechtfertigten Ausfall Wilhelm II.   gegen sie benimmt. Statt denselben energisch mit aller Schärfe zurückzuweisen, spielt der eine Theil die schmählich Verkannten, der andre aber macht seinem Aerger in Artikeln 2c. Luft, die sarkastisch sein sollen, auf die aber, da ihnen jede Schneid fehlt, nur die Heme'sche Definition paßt: a

Schönes Nannerl, die Ironie is ka Bier, sondern eine Erfindung der Berliner  , der flügsten Leute der Welt, die sich sehr ärgerten, daß sie zu spät auf die Welt gekommen sind, um das Pulver erfinden zu fönnen, und die deshalb eine Erfindung zu machen suchten, die eben so wichtig und eben Denjenigen, die das Pulver nicht erfunden haben, sehr nützlich ist. Ehemals, liebes Kind, wenn Jemand eine Dummheit beging, was war da zu thun? Das Geschehene konnte nicht ungeschehen gemacht werden, und die Leute sagten: der Kerl war ein Rindvich. Das war unangenehm. In Berlin  , wo man am flügsten ist und die meisten Dummheiten begeht, fühlte man am tiefsten diese Unannehmlich­feit. Das Ministerium juchte dagegen ernsthafte Maßregeln zu ergreifen; bloß die größeren Dummheiten durften noch gedruckt werden, die kleineren erlaubte man nur in Gesprächen, solche Erlaubniß erstreckte sich nur auf Professoren und hohe Staatsbeamte, geringere Leute durften ihre

aber alle, diese Vorkehrungen halfen nichts, die unterdrückten Dummheiten traten bei außerordentlichen Anlässen desto gewaltiger hervor, sie wurden sogar heimlich von oben herab protegirt, fie stiegen öffentlich von unten heimlich von oben herab protegirt, sie stiegen öffentlich von unten hinauf, die Noth war groß, bis endlich ein rückwirkendes Mittel er= funden ward, wodurch man fede Dummheit gleichsam ungeschehen machen und sogar in Weiheit umgestalten kann. Dieses Mittel ist ganz einfach, und besteht darin, daß man erklärt, man habe jene Dummheit bloß aus Fronie begangen oder gesprochen. So, liebes Kind, anvancirt Alles in dieser Welt, die Dummheit wird Ironie, ver­fehlte Speichellederet wird Satire, natürliche Plump­heit wird kunstreiche Perfifflage, wirklicher Wahnsinn wird Humor

Dummheiten bloß im Verborgenen laut werden lassen;

Verfehlte Speichelleckerei wird Satire" zu Dußenden könnten wir mit Beispielen dafür aufwarten. Wirklich muthig hat sich nur ein Blatt gezeigt, die Berliner Volkszeitung", die auch dafür der Bann­strahl Eugen Richters getroffen

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Grade wie vom Teufel gesprochen" erscheint der Leipziger Zeitung", dem amtlichen Organ der Sächsischen   Regierung der Ausspruch des sehr loyalen Pfarrers Naumann in seinem bettelsuppenhaften" Arbeiterkatechismus: Das Recht unserer Könige und Kaiser sind ihre" Thaten für das Volk. Stände ein schwaches abfaulendes Geschlecht an unserer Spize, ich wüßte nicht, ob ich ihm mit Freuden huldigte"

Die Leipziger Zeitung" findet solche Säße immer bedenklich, vor allen Dingen aber aus so I chem Munde und in solchem Buche. Gewiß, und sie hätte hinzufügen dürfen: und bei solchen Mo­narchen.

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Glückliches Oesterreich! Es hat seine Schnapssteuer nach preußischem Muster, es hat seine Ausnahmegeseze nach preußischem Muster, und es wird auch einen Kaiser haben nach preußischem Muster. Unfre Leser erinnern sich wohl noch der sensationellen Rede des Abgeordneten Pernerstorfer im öfter­reichischen Reichsrath, in welcher derselbe verschiedene Heldenthaten eines sehr hochgestellten av alters brandmarkte, u. A. wie dieser hoch gestellte Kavalier mit verschiedenen Freunden einen alle Leichenzug zum Stehen brachte und mit seinen Freunden. ebenfalls Stavaliere im vollen Galopp über den Sarg hinwegsetzte, wie er nach einem Saufgelage seine bezechten Kumpane pardon, Mitkavaliere in das Schlafzimmer seiner Frau führte 2c. 2c. Herr Pernerstorfer nannte allerdings feinen Namen, aber der Getroffene meldete sich, indem er den Verkünder seiner Heldenthaten durch drei. fast hätten wir gesagt Raufbrüder Mitkavaliere. überfallen und ihm mit dem Knüppel den Beweis liefern ließ. oder liefern zu lassen. versuchte, denn die Braven( man bittet, nicht Bravi zu lesen) kamen an den Unrechten daß sich so etwas tein Privatmann gefallen lassen fann.

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Nun, in seinem Buch, Das Ende einer Welt", theilt der französische  Schriftsteller Edm. Drummond ein tonservativer Katho­Tik mit, daß der fragliche sehr hochgestellte Kavalier Niemand anders ist als Kronprinz Rudolph von Oester­ reich  . Glückliches Oesterreich, es wird sein in Jubel und Wonne schwimmendes Nachbarland um nichts zu beneiden haben, nicht ein­mal um seinen unglaublichen Kaiser.

Sonderbarer Weise sind die so gleich hochgeborenen und gleich hoch­gesinnten Jünglinge durchaus nicht so intime Freunde als man nach einem bekannten Sprüchworte meinen sollte. Eine Zeit lang schien es zwar, als sollte zur Freude der beiderseitigen Unterthanen zwischen ihnen sich ein intimes Freundschaftsverhältniß entwickeln, sie ließen sich zusammen photographiren und alle loyalen Herzen schlugen höher bei dem Gedanken an das vielversprechende Kronprinzen- Bündniß. Aber ach, die Freude sollte nicht lange dauern. Plößlich bekam die Freundschaft einen Riß, und seitdem wollen Rudolph und Wilhelm nichts mehr von einander wissen. Mit blutendem Herzen müssen wir daran erinnern, daß, als Wilhelm glücklich Kaiser geworden, seine Antrittsvisitte in Wien   machte, Rudolph schleunigst in die Karpathen reiste zur Bärenjagd.

juive. Und die Ursache des verderblichen Haffes? Cherchez la Man suche die Jüdin. Ein echter deutscher Mann mag feinen Juden leiden, doch ihre Töchter füßt er gern. Wilhelm fand eines Tages, daß Rudolph einen guten Geschmack habe, und da er auch kein Stoſt­verächter ist, so wandelte er gottesfürchtig und dreist zu dem Hause, zu dem ein freundlicher Stern den Weg verkündet. Und das kann sich fein Kronprinz gefallen lassen. idsb." 800

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Als einen Beweis, wie trefflich die deutschen Arbeiter ihr Koalitionsrecht auszuüben verstehen( vergl. unsern heutigen Leit­artikel) lassen wir hier zwei Notizen folgen, die wir in der Arbeiter­Presse der letzten Woche finden.

In der Berliner Volks- Trübüne" lesen wir:

Die Abrechnung vom Hamburger Tischlerstreik liegt nun­mehr in einem Schriftstück vor, welches ein imposantes Zeugniß ablegt von dem Opfermuth und dem Solidaritätsgefühl der deutschen   Arbeiter. Die Einnahme betrug nicht weniger als 88,528 Mark. Darunter find freilich 15,000 Mark geliehenes Geld, das theils an die Zen­tral- Streitfommission, theils an Private zurückzuzahlen ist. Der Be­richt schließt daher mit den Worten: Sollten demnach die Kol­legen im Stande sein, noch zur Deckung unserer Schulden etwas bei­tragen zu können, so ersuchen wir, die Beiträge an die Zentral- Streif­taffe in Stuttgart  , Herrn E. Kloß, Hauptstraße 37, Heslach, zu senden. Mit unsern lokalen Schulden werden wir schon allein fertig."

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In einer aus Norddeutschlanp datirten Korrespondenz der Wiener Gleichheit" lesen wir:

Die Berliner   Maurer sind weitsichtige und vorsehende Leute. Letzte Woche haben sie in einer von 3000 Mann besuchten Versamm= lung beschlossen, nächstes Frühjahr die Forderung neunstündiger täglicher Arbeitszeit und eines Stundenlohnes von 60 Pf. zu stellen. Die Bauherren sind also nun unterrichtet und können auf diese For­derungen hin die neuen Bauverträge abschließen. Die Berliner   Maurer sind vorzüglich organisirt und von lebhaftem Storpsgeiste beseelt, so daß zu erwarten ist, sie werden die gestellten Forderungen auch durchsetzen. Motivirt werden die Forderungen der neunstündigen Arbeitszeit unter anderem mit der stetig sich steigernden Einführung der Maschinenarbeit in Bauwesen, welche Arbeiter überflüssig machen. Gehen diese Forder= ungen durch, so wird die weitere Wirkung eine beschleunigtere Einfüh rung der Maschinen sein was für die Arbeiter selbstverständlich kein Grund ist, ihre Forderungen nicht zu stellen.

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In diesem Kampf zwischen Arbeit und Kapital muß eben die Ent= wicklung auf die höchste Spize getrieben werden, bis der große Um­schlag kommt und die Maschinen statt in den Dienst des Kapitals zur Arbeiteruuterdrückung, in den Dienst der Arbeit zur Ar= beiterbefreiung gestellt werden."

Man sieht, wo es die Verhältnisse ermöglichen, wissen die Arbeiter in Deutschland   ebenso den ökonomischen Kampf zu führen, als ihre Kollegen in irgend einem andern Lande. Aber nicht überall, nicht in allen Industriezweigen ist das möglich, es ist nur eine begünstigte Min­derheit, die das noch mit Erfolg vermag, die Mehrheit sieht sich Fak­toren gegenüber, gegen die selbst die beste Gewerkschaft nicht aufzufom­men vermag. Dieser Mehrzahl gegenüber betrachten sich die günstiger gestellten deutschen Arbeiter nicht als eine Aristokratie, die ihnen, wie es die Bourgeoisie heute thut, von Zeit zu Zeit ein Geschenk hinwirft mit den Worten:" Macht es wie wir!" sondern als ihre natürlichen Vorfämpfer im Stampf für ihre soziale und politische Emanzipation.

Deutschland   ein Narrenhaus. Die außerordentliche Vorliebe Wilhelm II.   für das höhere Blech hat zwei Berliner   Blechvirtuo= sen, den Kammermusikus o slef und dessen Kollegen E. Philipp zu dem Plan begeistert, demselben im Königlichen Opernhause zu Berlin  einen großartigen Kaisergruß mit Paucken und Trom= peten darzubringen. Alles, was Berlin   an Künstlern in Blech be= herbergt, soll sich zu diesem Zweck vereinigen, und so haben denn die beiden Herren an ihre Kollegen" folgenden Aufruf erlassen, der in den Kreisen der Sachkenner wir müssen uns leider für inkompetent erklären als in Ton und Inhalt des hohen Zweckes würdig er­achtet worden ist:

Kollegen! Blicken wir in die Geschichte unseres geliebten deutschen Vaterlandes zurück, so leuchtet uns eine Zeit entgegen, in welcher mit dem Herrscherhause, mit Kaiser und Reich, die ritterliche Kunst des Trompetenblasens eng verbunden und die Bläser jener Zeit weit und breit gesucht waren. Mit dem Zerfall des alten deutschen Reiches ver­fiechte auch unsere Kunst, ging der Ruf und das Ansehen der Bläser verloren. In Anbetracht der einst so ruhmvollen, erhebenden Ver­gangenheit sollte da nicht einem Jeden der Wunsch erwachen, eine gangenheit ähnliche Zeit wiederkehren zu sehen? Sollte nicht das Verlangen her= vortreten, die edle, ritterliche Kunst wieder zur Geltung zu bringen? Neu erstanden ist das deutsche   Kaiserreich, mit ihm ein glorreiches, er­habenes Kaiserhaus, strahlend hoch und hehr durch die Welt! Die Zeit ist da! Lasset uns dem Kaiser nahen, bringen wir in unserer Kunst, mit schmetternden Trompeten, jubelnden Hörnern und feierlich tönenden Posaunen dem Kaiser unsern Huldigungsgruß! Vereinigen wir uns, wie einst die Kameraden vereinigt waren, zu einer erhebenden Feier, durch die Macht unserer Töne hochzupreisen unseren geliebten Staiser Wilhelm II.  "

Nach der Berliner Volkszeitung" haben sich schon mehr als 300 Trompeter gefunden, die grandiose Jdee auszuführen, ebenso hat Wilhelm bereitwilligst zugesagt. den Kameraden in Blech sein aller= höchstes Ohr zu leihen,

Wäre die Farce nicht so zum Todtlachen albern, so könnte sie einen beinahe ernst stimmen.

Sehr geschmackvoll. Folgende Notiz entnehmen wir der Frank­furter 3tg.": Newyork  , 27. Oft. Die Partei der Weiber= rechtler( Equal Rights' Party) hat eine alte Jungfer mit Namen Linda Gilbert als kandidatin für das Gouver= neursamt und eine Frau Cynthia Leonard als Kandidatin für das Newyorker Mayorsamt aufgestellt."

Wir haben die amerikanischen   Frauenrechtler, die in ihrer Mehrheit eingefleischte Bourgeois sind, hier nicht zu vertheidigen, aber als im höchsten Grade abgeschmackt müssen wir es bezeichnen, wenn ein ernst­haftes politisches Blatt wie die" Frankf. 3tg." doch sein will, die Kandidatin derselben damit gekennzeichnet zu haben glaubt, daß sie ste eine alte Jungfer" nennt. Als ob es nicht unverheirathete Frauen gäbe, die Tausende von Männern an Wissen, Verstand und Charakter himmelhoch überragen. himmelhoch überragen.

Vom Schlachtfelde der Arbeit. Nicht weniger als vier Grubenkatastrophen, die zusammen gegen 300 Menschen­Leben kosteten, sind in der vergangenen Woche gemeldet worden. Wir sagten Gruben katastrophen dies ist der offizielle Name- thatsächlich aber muß es heißen Gruben verbrechen. Denn der heutige Stand der Bergwerkstechnik ist ein solcher, daß man fast alle Explosionen 2c. in Gruben vermeiden, die Verheerungen der sogenannten schlagenden Wetter auf ein Minimum verringern kann, wenn man nur ernsthaft will, wenn nicht in erster Reihe die Interessen des Kapitals, des Kapitals und wieder des Kapitals bei den Grubenverwaltungen entschieden. Im Interesse des Kapitals wird an den Schußzvorrichtun= gen gespart, wo es nur immer möglich ist, im Interesse des Kapitals wird mit ungeschwächten Kräften fortgearbeitet, wenn auch schon un­trügliche Anzeichen vorliegen, daß sich Wetter gebildet, im Interesse des Kapitals wird mit dem Leben der Arbeiter va banque gespielt, als wäre es eine blecherne Spielmarke, feinen rothen Heller werth. Geht's gut, so geht's gut, und geht's nicht gut, so appellirt man an die öffentliche Mildthätigkeit, die Todten bleiben todt, und die Mörder denn sie sind Mörder, die tantieme- lüsternen Direktoren, die das Leben ihrer Arbeiter so gewissenlos auf's Spiel setzen, gehen frei aus, werden möglich noch bedauert.

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Und stellt man sie wirklich vor Gericht, wo finden sich Richter, ihr verbrecherisches Verfahren so zu brandmarken, so zu bestrafen, wie es geschehen müßte, wenn Recht und Gerechtigkeit walten sollen? Aber ein Narr, der Recht und Gerechtigkeit erwartet im Klassen­ſta a t.

Herr Krohm hat seine eklatante Genugthuung er­halten. In seiner Klage wider Schippel, die am 8. November zum Austrag kam, hat der Gerichtshof zu Recht" erkannt, daß die Be­zeichnung als Spitel" eine schwere Beleidigung involvire und den Redakteur der Berliner Volkstribüne" zu 100 Mark Geldbuße, event. 20 Tagen Gefängniß, verurtheilt.

Wir sind vollkommen mit dem Gerichtshof einverstanden, daß ein Spigel etwas so Verächtliches ist, daß die Bezeichnung als solchen einen anständigen Menschen tief beleidigen muß. Aber, wenn dem so ist, wer ist eigentlich bei dem Prozeß der Verlierer?

Als charakteristisch für Herrn Krohm heben wir hervor, daß während er in der, in unsrer vorigen Nummer veröffentlichten Erklärung sich als den quasi Schußengel Schippels aufspielte und uns für dessen voraussichtlich trauriges Schicksal verantwortlich machte, er vor Gericht eine nach drückliche Bestrafung Schippels verlangte, weil es faft scheine", als habe derselbe wider besseres Wissen" gehandelt.

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Oesterreich  . Unsere österreichischen Bruderorgane Arbeiterstimme"," Volksfreund" und" Rovnost" in Brünn  , Gleich­heit" in Wien   und Hlas Lidu" in Broßnis veröffentlichten nach­folgenden Aufruf, auf dessen Bedeutung wir nicht erst aufmerksam zu machen haben:

Arbeiter! Genossen!

" Als nach den folgenschweren Ereignissen von 1866 Raum für das öffentliche Leben in Desterreich wurde, betrat die Arbeiterklasse zum ersten Male selbstständig als sozialdemokratische Arbeiterpartei den po­litischen Boden und trat damit in die Reihen der internationalen Be­wegung. Die überraschend großartigen Fortschritte der Partei weckten überschwängliche Hoffnungen auf rasche und ausgiebige Erfolge. Aber bald zeigte es fich, daß der Kampf der sozialdemokratischen gegen die herrschenden Parteien ein schwerer sein, und daß es zähen Ausharrens und einer strammen Organisation bedürfen werde, um den Angriffen von allen Seiten zu widerstehen. Die ersten Opfer fielen, der Versuch wurde gemacht, ihr Fortschreiten zu unterdrücken. Umsonst. Die Ver­nichtung der Bewegung scheiterte damals und in der Folgezeit so oft sie wieder versucht wurde. Was die Bewegung an Breite verlor, ge= wann sie an Tiefe und Energie. So ist die Geschichte der österreichi= schen Arbeiterpartei dieselbe, wie die Geschichte des Proletariats aller Länder: hundertmal geschlagen, aber nie besiegt.

Freilich sollte die innere Entwicklung der österreichischen Sozialdemo= fratie nicht so ungestört ihren Fortgang nehmen, wie ihr hoffnungsvoller Anfang zu verheißen schien. Zwar die Verquickung mit bourgeois­liberalen und kleinbürgerlichen demokratischen Elementen, die sie eine Zeit lang charakterisirte, war rasch beseitigt, ebenso wie die späteren Versuche der Feudalen, die Bewegung für sich auszunüßen, fläglich mißlangen. Beides besorgte das Verhalten der herrschenden Parteien selber. Aber indem die Bourgeoisie aus Furcht vor der Arbeiterklasse ihren Sieg nicht voll ausnüßte, ließ sie Reste des alten Feudalstaates bestehen, die auf Schritt und Tritt hemmend wirken, sie überließ es der Arbeiterklasse, einen Theil jener Arbeit zu thun, welche selbst zu verrichten ihre weltgeschichtliche Aufgabe gewesen wäre. Weiter erschwerte die absichtliche Hemmung der geistigen Entwicklung, welche seit jeher die Völker Oesterreichs   getroffen, jeden Fortschritt. Schließlich und hauptsächlich aber war die kapitalistische Entfaltung und Ausnutzung der Produktivkräfte, die Entwicklung der Industrie zwar in riesen­schnellem Fortschreiten begriffen, aber ungleichmäßig und im Verhältniß zu andern Staaten noch wesentlich zurückgeblieben. Zu den Verschieden­heiten des Volkscharakters, welche das vielsprachige Oesterreich bietet, kommen so noch die Gegensäße der ökonomischen Verhältnisse eines Lan­des, welches neben Bezirken mit moderner Industrie auf höchfter Stufe, Gegenden mit ganz rückständigen Wirthschaftsformen aufweist.

Ünter so schwierigen Verhältnissen mußte die eigenthümlich österreichische Methode der Anwendung und Handhabung der Gesetze und Verord= mungen, welche endlich im Ausnahmszustand ihren schärfsten Ausdruck fanden, die natürliche Entwicklung um so stärker beeinflußen.

Die Arbeiterbewegung hatte aber auch unter den eigenen Fehlern zu leiden. Meinungsverschiedenheiten untergeordneter Natur, welche auf dem gemeinsamen Boden der gemeinsamen Bestrebungen nicht nur mög­lich, sondern naturgemäß sind, einerseits Ueberschätzung, andererseits Unterschätzung einzelner Agitationsmittel wurden zur Ursache überflüf­