thun müssen, gegen eine so tief in den Verhältnissen begründete Bewegung, wie die Sozialdemokratie, ist kein Kraut gewachsen.
Es ist nach all den Unbilden, die Bismarck den deut schen Arbeitern zugefügt, nach all den schmerzlichen Opfern, die seine brutale Gewaltpolitik ihnen auferlegt, ja nur eine sehr schwache Vergeltung, ihn in der Presse zu brandmarken. Daß er selbst eine ganz andre fürchtet, zeigen seine wahrhaft grotesken Vorsichtsmaßregeln gegen etwaige Attentate auf seine werthe Person. Nun, an dergleichen denkt heutzutage kein Mensch. Das wäre in der That sehr- sagen wir, um das Schlagwort zu vermeiden irrationell. Aber nicht minder irrationell wäre es, selbst auf dte Züch tigung in der Presse zu verzichten, weil Bismarck ja nur ein Werkzeug der Kapitalistenklasse ist. Ihring- Mahlow war auch nur ein Werkzeug, aber die Berliner Arbeiter haben ihn doch verhauen, daß es eine wahre Freude war. Warum soll ein fräftiges Wort gegen seinen Oberchef falscher Radikalismus sein?
Noms Ehre.
Unter diesem Titel veröffentlicht das St. Louis Tageblatt" eine Abhandlung über das Thema, wie das Papst thum in Nom feineswegs überall, wo seine Söhne" in Gefahr sind, mit der ihm nachge= rühmten Energie vorgeht, sondern sie vielmehr unter Umständen mit Wollust preisgibt nämlich dann, wenn diese Söhne der alleigselig= machenden Kirche sich bei den maßgebenden„ Vätern" in Rom mißliebig gemacht. Unter Andern legt dafür das Schicksal des von der Pariser Kom mune als Geisel genommenen und nach der Auflösung derselben erschos= senen Erzbischofs Darboy von Paris Zeugniß ab. Der auf ihn bezügliche Theil des Aufsaßes hat als werthvoller Beitrag zur Geschichte der Pariser Kommune ein doppeltes Interesse und lassen wir sie daher im Nachstehenden folgen:
Es gibt innerhalb der riesig umfangreichen Literatur über die Pa riser Kommune nur ein einziges Buch, in welchem sich die Beweise für Rom's Verhalten in der Geisel= Affäre befinden; dieses Buch ist die von der Ver. Staaten- Regierung im Jahre 1878 herausgegebene Sammlung von Berichten des Ver. Staaten- Gesandten zu Paris , Elihu B. Washburne, vom Jahre 1870-71. Aus diesen nur Wenigen bekannten Dokumenten hat Schreiber dieses vor zwei Jahren( in einem längeren von der„ New- Yorfer Volkszeitung" publizirten Auffaze) das Wichtigste über die Interna der Geiselgeschichte und Roms Verhältniß zu ihr zum ersten Male der deutschen Lesewelt mit= getheilt; er hat inzwischen seine diesbezüglichen Untersuchungen fortge= jezt und jene Arbeit aus zerstreuten Notizen, die sich in Washburne's ( vor einem Jahre publizirten) ,, Reminiscences" befinden, vervollständigt. Folgendes ist das Resultat:
Unterm 8. April wandte sich der( am 5. April als Geisel arretirte) Erzbischof Tarboy an den Präsidenten der Republif. Thiers, mit der Bitte, dem mörderischen Wüthen der Vorsailler Truppen Einhalt zu gebieten.
Da hierauf keine Antwort erfolgte, sandte man( d. H. die Kommune= Behörden) auf Wunsch des gefangenen Erzbischofs deffen Mitgefangenen, Generalvifar Lagarde, als Botschafter nach Versailles ab. Lagarde's Mission bestand darin, dem Präsidenten einen zweiten Brief des ge= fangenen Grzbischofs zu übergeben und ihn zu bitten, in die Aus= wechselung Blanqui's gegen den Erzbischof und zwei oder drei jeiner Mitgefangenen zu willigen.
Generalvifar Lagarde ich wur, daß er, auch falls seine Mission fehlschlagen sollte, als Geisel zurückkehren würde. Lagarde leistete den Schwur dem Erzbischof, der Kommune und dem ihn zum Bahnhof geleitenden Vermittler Flotte. Er übergab dem Präsidenten Thiers des Erzbischofs Brief, kehrte aber nicht nach Paris zurück und ließ überhaupt nichts von sich hören. Erst fünf Tage später, am 17. April, schrieb Lagarde an die Mittelsperson Flotte, daß seine Mission gescheitert sei. Flotte ging zum Erzbischof in's Gefängniß und beschwerte sich über Lagarde's Treulosigkeit. Der arme Darboy mochte nicht glauben, daß sein Generalvifar solcher Ehrlosigkeit gegen ihn fähig sei; nach friegsrechtlichem Gebrauch fön= nen alle Geiseln sofort erschossen werden, sobald eine auf Ehrenwort zum 3 weck von Unterhandlungen auf Zeit entlassene Mitgeisel nicht prompt zurück= tehrt; Grzbischof Darboy sagte einmal über das andere:„ Lagarde hat mir geschworen, daß er wiederkommt; er wird noch fommen."
Die Kommune rachte aber nicht Lagarde's Ehrlosigkeit an den Ge fangenen.
Der Erzbischof schrieb nun einen Befehl an Lagarde, seinem Schwure gemäß in's Gefängniß zurückzukehren; Lagarde antwortete( nid) t an ben Grzbischof, sondern an die Mittelsperson Flotte), daß ihn Präsident Thiers noch zurückhalte. Präsident Thiers hatte aber schon acht Tage zuvor das Auswechselungsgesuch abgelehnt und erklärt, daß Ihn der Grzbischof nichts angehe.
Jn Versailles, am Siße der französischen Regierung, befand sich der päpstliche Nuntius Chigi, der sich nicht dazu verstand, auch nur einen Finger für den gefangenen Erzbischof zu rühren. Weder offiziell, noch offiziös, noch als Privatperson mochte er für seinen Bruder in Chrifto ein Wort bei Herrn Thiers einlegen. Wer aus der Tagesgeschichte weiß, wie schnell sonst die Noten und Depeschen aus dem Vatikan an den Nuntius fliegen, sobald ein Interesse der Stirche in Gefahr erscheint, der kann das Schweigen Noms und des Nuntius in Versailles nicht als ein zufälliges, sondern mir als cin a b= sichtliches erflären.
Erst am 18. April, als der Erzbischof schon 13 Tage in Gefangenschaft war, wandten sich vier Canonici ( darunter der Geiselflüchtling Lagarde) mit einer Petition an den Ver. Staaten- Gesandten Washburne zu Paris , er möge sich bei Thiers für die Auswechselung Blanqui's gegen Darboy verwenden. Diese Petition an Washburne durch ein Begleitschreiben zu unterstüßen, hatte der Nuntius, Kardinal Chigi, die außerordentliche Güte; er selbst aber mochte sich nicht an Thiers wenden. Washburne's Thätigkeit im Interesse der Geiseln und ihrer Auswechselung begann am 20. April und währte bis zum letzten Momente, den 22. Mai Abends. Alles hierauf Bezügliche ist in der oben erwähnten, von der Ver. St. Regierung 1878 herausgegebenen BerichtSammlung enthalten. Washburne giebt kein Urtheil ab, sondern liefert nur seinen Briefwechsel mit den verschiedenen, an der Sache interesfirten Parteien und den Inhalt seiner Unterredungen und Stonferenzen mit ihnen.
Aus diesen Aktenstücken ist zunächst die hochwichtige Thatsache zu fonstatiren, daß, als Washburne am 23. April den gefangenen Erzbischof besuchte, dieser ihm erklärte, 1) daß er gut behandelt werde und 2) daß dies der erste Besuch set, den er empfange. Von der ganzen katholischen Klerisei hatte also Niemand innerhalb jener 18 Tage den gefangenen Erzbischof auf= gesucht, obschon die Geisel- Affäre zu den wichtigsten Tagesereignissen jener Epoche gehörte. Die ganze katholische Kirche hatte den Erzbischof im Stich gelassen. Das war Rome Rache für des Erzbischofs Votum gegen die Unfehlbarkeit. Erzbischof Darbon sandte durch Washburne's Vermittelung noch zwei Briefe( am 23. und 28. April) an den ehrlosen Generalvikar Lagarde, mit der Aufforderung, zurückzukehren, um nicht das Leben der anderen Geiseln zu gefährden; der Generalvikar rührte sich nicht und der Nuntius Kardinal Chigi noch weniger.
Am 2. Mai berichtete Herr Washburne an den Ver. Staaten Staatssekretär Fish über einen am 30. April unternommenen Geisel- Lyn ch versuch.
"... Ich bedaure, sagen zu müssen, daß das Leben des Erzbischofs in unmittelbarster Gefahr ist. Unglücklicherweise hat sich ein Gerücht verbreitet, daß Bismarck zu Gunsten des Erzbischofs interveniren wolle und dieses Gerücht erzeugte die größte Aufregung. Am letzten Sonntag drang eine Gesellschaft von Nationalgardisten in das Mazas- Gefängniß, mit der ausgesprochenen Absicht, den Erzbischof zu erschießen. Glück licherweise kam ein Kommunemitglied in diesem Moment hinzu, dem es gelang, die Ausführung dieser Absicht zu ver= hindern. Die Gefängnißbeamten haben den Erzbischof zu seiner Sicherheit in eine Zelle eines anderen Flurs des Gefängnisses versetzt. Aber was Sonntag durch das zufällige Erscheinen eines Kom= mune- Mitgliedes verhindert ward, kann jeden Tag passiren." Washburne benachrichtigte den Nuntius Chigi und Thiers selbstver= ständlich in angemessen dringender Weise von der Lynch- Gefahr, in welcher der Erzbischof schwebt, aber Rom beharrte in seinem gransigen Schweigen.
Am 12. Mai zwar bequemte sich der Nuntius, zu Herrn Thiers zu gehen, um eine( natürlich ablehnende) Antwort des Präsidenten auf des Erzbischofs Memorandum vom 10. Mai abzuholen. Aus den diesbezüglichen Aktenstücken geht aber zur Evidenz hervor, daß der Nuntius in seiner Konferenz mit Thiers fein Wort für die Geifeln eingelegt hat, sondern froh war, daß das Gesuch abschlägig beschieden wurde.
Und der Nuntius wäre wohl schließlich noch gar nicht zu Thiers gegangen, wenn er nicht durch den in Paris weilenden Ver. Staaten Gesandten Washburne sozusagen„ gezwiebelt" worden wäre.
Nach dem 12. Mai hat sich der Nuntius überhaupt nicht mehr um die Geschichte gefümmert, sondern ruhig das sichere Ende der Tragödie( 24. Mai) abgewartet.
So rächt sich Nom an seinen Söhnen, die ihm bedingungslosen Gehorsam verweigern. So giebt es seine Bischöfe dem Tode Preis, wenn das selbstsüchtige Interesse des Vatikans- Herrscher ins Spiel kommt."
Der Sozialismus bricht sich auch bei den französischen Arbeitern immer mehr Bahn. Bei den jüngst stattgehabten Neu- Wahlen für das Pariser Gewerbeschiedsgericht wurden in der Klasse der Arbeiter im ersten Wahlgange 16 Sozialisten( 11 Possibilisten und 5 Sozialisten blanqnistischer und unabhängiger Richtung), bei den Stichwahlen noch 6 weitere Sozialisten( 4 Possibilisten und 2 unab= hängige Sozialisten) gewählt, so daß im Ganzen auf 27, von den Arbeitern zu erwählende Schiedsrichter nur fünf Nichtsozialisten kommen. Die opportunistische Presse ist in Verzweiflung darüber, daß, wie Figura zeigt, innerhalb der Arbeiterorganisationen das nichtsozialistische Element jeden Einfluß verloren hat, und daß die Sozialisten jetzt den Ton angeben. Der Temps" tröstet sich nur damit und hofft auf eine Nückkehr zur Vernunft", daß unter den Sozialisten selbst die Possibi= listen entschieden die Oberhand haben( aber nur in Paris ), welche den revolutionären, auf die Zerstörung der bestehenden Ordnung hin arbeitenden Parteien noch vorzuziehen seien, da sie, wenn auch noch nicht so markirt wie die englischen Trades- Unions, doch eine bedeutsame Entwickelung an den Tag legen, die in gewissem Grade die Schärfe des Kampfes mildern könnte, den die Sozialisten dem Kapital und der Arbeit( des Kouponabschneidens vielleicht?) liefern wollen.
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Unter den erwählten Schiedsrichtern befinden sich auch die von der Regierung wegen getreuer Vertretung der Arbeiterinteressen Gemaßregelten Boulé und Meyer, deren Wahl eine wohlverdiente Ohrfeige für das Kabinet Floquet ist, die um so schärfer trifft, als die Autorität" nicht nur mit dem Nachdruck aller möglichen„ Unregel= mäßigkeiten" gegen Boulé und Meyer arbeiten ließ, sondern auch die Possibilisten zu Verbündeten, um nicht zu sagen Handlangern, hatten; troßdem wurde Meyer mit einer guten Majorität, Boulé aber mit der größten, überhaupt erhaltenen Stimmenzahl 1236 gewählt. Die Regierung beeilte fich natürlich, das proletarische Verdikt zu fassiren, hat sich aber dadurch nur eine weitere Blamage zugezogen, da der ganze erhaltene Erfolg trotz der erbittertften reaktionären und possibilistischen Agitation gegen die Gemaßregelten nur darin bestand, daß grade der verhaßte Boulé zum zweitenmale, und noch dazu mit über 100 Stimmen mehr als vorher erwählt worden. Die Negierung muß fonsequenter Weise die Wahl zum zweiten Male für ungültig erklären und das betreffende Schiedsrichteramt bleibt bis zu den nächsten Neuwahlen vakant, die Wählerschaft hat sich jedoch durch diesen Umstand nicht von ihrem Vertrauensvotum für die Gemaßregelten zurückhalten lassen. Zum Kapitel der Wahlsiege muß noch bemerkt werden, daß Ende Dezember 6 Sozialisten in das Gewerbefchiedsgericht zu St. Quentin und 2 Sozialisten in den Gemeinderath zu Calais gewählt worden sind, erfreuliche Beweise für das Ümsichgreifen der sozialistischen Erkenntniß und die Sträftigung des sozialistischen Einflusses.
Die Fortschritte, welche die sozialistische Bewegung nach Breite, Tiefe und Stärke zumal in der Provinz macht, waren auch recht deutlich auf dem Kongreß ersichtlich, welcher vom 23. bis 30. Dezember in Troyes tagte.
Dieser Kongreß war bekanntlich ursprünglich von den Possibilisten entschieden, von diesen aber fallen gelassen und bekämpft worden, als die mit seiner Organisation beauftragten Gewerkschaften von Troyes erklärten, er solle das Werk aller sozia listischen Organisationen, ohne Unterschied der Schulen sein. Zieht man die Beschimpfung und Verdächtigung durch die Possibilisten in Betracht, so darf der Kongreß, der so Vertreter der kollektivistischen, blanquistischen und unabhängig sozialistischen Richtung vereinte, als ein überaus gelungener bezeichnet werden. 327 Fach- und Studienvereine waren durch 36 Delegirte vertreten. Die geringe Zahl der Delegirten erklärt sich dadurch, daß der kurz zuvor stattgehabte Kongreß zu Bordeaux die geringen materiellen Mittel der Arbeiterorganisationen erschöpft hatte, und daß abgesehen von den Gemeindebehörden von Lyon und Troyes keine Behörden den Kongreß unterstüßen, wie dies üblich, solange die Syndikatsfammer unklar und flach dahin gewerkschaftelt. Der Kongreß behandelte in geschlossenen Sizungen und öffentlichen Versammlungen 11 Fragen über Organisation eines großen Nationalverbandes der Gewerkschaften, Abhattung eines internatio= nalen Kongresses zu Paris ,*) Zweck und Nußen der Streiks, Kinder- und Frauenarbeit, Sozialisirung der Produktionsmittel, Revision der Konstitution, Aufhebung der Nationalschuld, autoritären und libertären Kommunismus, Recht auf Arbeit, Mittel zur Durchführung der Kongreßbeschlüsse, friedliche Versuche behufs einer sozialen Umgestaltung. Die Beschlüsse lauten im Allgemeinen im sozialistischen Sinne, doch spukt in seinen Resolutionen wieder der Generalstreit herum, und dem Beschluß über die Frauenarbeit ist in Bezug auf die künftige Gesellschaft ein echt proudhonistscher Zopf angehängt. Der Kongreß hat in erster Linie die Gründung eines großen Nationalverbandes aller französischen Gewerkschaften und parallel damit die Vereinigung aller sozialistischen Gruppen und 3irkel zu einem zweiten sozialistischen Verband beschlossen. Leider wird der Beschluß wohl wie die meisten seiner Vorgänger und Kollegen noch etliche Zeit auf dem Papier bestehen bleiben. Um jeinen Anfang mit der Verwirklichung der Kongreß- Resolutionen zu machen, sollen sich am 10. Februar alle Arbeiter auf die Mairie begeben, um von den respektiven Behörden die Einführung des achtftündigen Normalarbeitstags und eines Minimallohns zu fordern. Am 24. Februar jollen die Arbeiter von Neuem zu der Mairie pilgern, um den Erfolg ihrer Schritte zu erfahren, von denen sich übrigens der Kongreß selbst nichts verspricht.
Der Kongreß beschloß außer einer Sympathieadresse für den in Hainfeld tagenden Kongreß der österreichischen Parteigenossen noc) Wünsche für Abschaffung der stehenden Heere und Einführung einer Boltsmiliz, Amnestic aller politisch Berurtheilten und Aufstellung einer sozialistischen Kandidatur bei der am 27. Januar statt
*) In der betreffenden Resolution wurde ausdrücklich der Wunsch ansgedrückt, die deutschen Arbeiter recht zahlreich auf dem Kongreß vertreten zu sehen. Ned. d.„ S.-D."
findenden Ersawahl in Paris . Besondere Erwähnung verbient, daß die vom Kongreß veranstalteten öffentlichen Versammlungen ungemein zahlreich besucht waren und unter enthusiastischem Beifall verliefen. Ueberhaupt verhielt sich die gesammte Arbeiterbevölkerung von Troyes und Umgegend dem Kongreß und den sozialistischen Theorien gegenüber äußerst sympathisch und zustimmend. Die lokalen Polizeibehörden hätten laut Ordre den Kongreß gern hintertrieben, mußten sich aber mit einem von vorn herein erlassenen Verbot des verhaßten rothen Banners begnügen, das sie gern bis auf die rothen Draperien erstreckt hätten, mit welchen der Sizungssaal dekorirt war. Trotz alledem wurde doch in der letzten Kongreßfizung die rothe Fahne unter stürmischem Beifall des Publikums entfaltet, und der Polizei- Kommissar rächte sich für diese Improvisation" nachträglich dadurch, daß er ohne jede Beranlassung mit einem Dutzend Polizisten und Gensdarmen in die am folgenden Tage stattfindende öffentliche Versammlung einbrach. Doch fam es, dank der Besonnenheit der Arbeiter, nicht zu dem sehnlich gewünschten Tumult, der die Verhaftung von Delegirten decken sollte. Die Polizei hatte wieder einntal ihre Liebesmühe umsonst verschwendet.
Hoffentlich gleichen die Folgen, welche sich an den Kongreß fnüpfen, seinem Verlaufe, und bleibt das einheitliche Vorgehen der verschiedenen sozialistischen Fraktionen, welches der hervorstehendste und bedeutendste Zug des Kongresses zu Troyes ist, für die Zukunft in Kraft und legt wie beschlossen, den ersten Stein zu einer Einigung und Verbindung aller Arbeiterorganisationen sozialistischer Richtung.
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Sozialpolitische Rundschau.
London , 16. Januar 1889. Noch einmal der Dynastie Bismarck- Tyras Noth und Klage. Man schreibt uns: Wieder einmal sind die Ver= schwörer glücklich selbst in die Grube gefallen, die sie Andern gegraben. Dem unglücklichen Tölpel von Herbert Bis= mard fann fein Herrgott das flammende Brandmal der Infamie von der Stirne entfernen, das ihm ein undiplomatischer Engländer mit rothglühendem Eisen aufgedrückt hat. Wenn dieser Stöter einen Funken von Scham- und Ehrgefühl hätte, würde er sein Amt niederlegen und sich irgendwo in einer abgelegenen Kolonie( für der= artige Burschen paßt ja Ostafrika ) vergraben, so daß kein anständiger Mensch ihn mehr zu Gesicht bekommt. Er wird das allerdings nicht thun. Und auch sein würdiger Vater wird es nicht thun, den ganz gleichzeitig ein ebenso tödtlicher Schlag, ein wahrer Stoß in's Herz" getroffen hat. Das Reichsgericht hat die Anklage gegen Gefften abgelehnt und dessen sofortige Freilassung verfügt. Der Verfasser der Anklageschrift war bekanntlich Niemand anders gewesen als Bismarck senior nur daß die Anklageschrift sich Immediatbericht genannt und obendrein die Sanktion des neuesten Kaisers erhalten hatte. Daß der eigentliche Angeklagte nicht Gefften war daß es in Wirflichkeit galt, an dem todten Kaiser Friedrich den Haß des getreuen Hohenzollern - Hausmeiers auszulassen, und daß der Sohn des todten Kaisers bei dieser frommen und pietätvollen Arbeit nach Kräften mitgeholfen hat. das vermehrt wohl das Schimpfliche des Streichs, mildert aber nicht seine zerschmetternde, zermalmende Wucht.
Die Freilassung Gefffen's ist die Verurtheilung Bismard's, des Vaters, gerade wie die Veröffentlichung des Briefwechsels Morier die Brandmarkung Bismarck des Sohnes ist. Das fühlt alle Welt, das weiß alle Welt, obgleich nur Wenige es sich zu sagen getrauen, und vor Allem weiß Bismarck senior es troß seiner Eisenstirn, und auch Bismarck junior weiß es, trotz seiner Bretterftirn.
Aber sind wir denn wieder in die Zeiten der Wunder zurückversetzt? Wie ist es denn möglich, daß das deutsche Reichsgericht sich gegen den deutschen Reichskanzler wenden konnte? Sind die Männer der Diäten-, Sozialisten- und Zuchthaus- Hochverrathsprozesse über Nacht Brutusse geworden? Und gibt es trotz alledem und alledem ,, Richter in Leipzig "? Ach nein! Es sind keine Wunder geschehen. Aus einem Lataien wird niemals ein Ehrenmann, und in Leipzig gibt es keine Richter, sondern nur Laubfrösche. Ja, Laubfrösche, die sich auf's Wetter verstehen. Als der Sozialdemokrat" vor Wochen des Prozesses Gefften er= wähnte, bemerkte er, die Frage, ob das Reichsgericht die Anklage er= heben werde, falle zusammen mit der Frage, ob der Feldzug, den der Eisenstirnige gegen das Andenken des todten Friedrich unternommen, in den oberen Regionen ein siegreicher sein werde oder nicht. Und da mit hatte er Necht. Es ist tüchtig gefämpft worden in den oberen Regionen, und die Laubfrösche des Reichsgerichts haben das Wetter gut beobachtet. Der Eisenstirnige ist unterlegen, und flugs haben die Laubfrösche des Reichsgerichts seine Niederlage angezeigt, indem sie Gefffen freiließen.
Wird EN im Amt bleiben können? Und wird SEIN Sohn bleiben fönnen?
Wir wollen uns den Kopf der Personen, die darüber zu entscheiden haben, nicht zerbrechen. Für uns ist die Sache ja auch vollkommen gleichgiltig. Das einzig Interessante für uns ist, daß dies überhaupt cine Frage sein kann. Herrschte noch Ehr- und Schamgefühl in den oberen Regionen, so müßte sich Deutschlands verrottetes Junkervolt nicht von einem englischen Tory die elementarsten Grundsätze des sogen. Ehrenkoder unter die Nase reiben lassen, so wären Vater und Sohn schon längst mit Schimpf und Schande zum Tempel hinausgeworfen worden. Allein im Reich der Gottesfurcht und frommen Sitte ist Alles möglich. Ehr- und Schamgefühl und Mannhaftigkeit, das sind Dinge, die nur für die wilden" Völkerschaften sich schicken. Wie tief die öffentliche Moral" in Deutschland gesunken ist, erhellt u. A. auch aus der Puttkamer- Ehrenrettung. Das„ allgemeine Ehrenzeichen" hat er empfangen gerade wie weiland seine zwei Erzengel Jhring- Mahlow und Naporra, es heißt blos etwas anders: schwarzer Adlerorden statt„ allgemeines Ehrenzeichen". Und daß der schwarze Adierorden, der von nun an die biedere Bruft des christlich- germanischen Spizelgenerals und Obersten aller Nichtgentlemen ziert, die allerhöchste Auszeichnung ist, über welche das Haus Hohenzollern verfügt" so ist uns ausdrücklich erklärt worden-, das gibt der Sache nur einen noch schärferen Hautgont und eine noch höhere fulturgeschichtliche Bedeutung. Einzig die fulturgeschichtliche Bedeutung ist es auch beiläufig, die uns von diesen Palast- Intriguen, diesen Kämpfen und diesem Schmuß der höchsten und allerhöchsten Regionen zu sprechen gebietet.
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Der herrschenden Sippe ist es nämlich, mit Hilfe des Sozialistengefeßes, gelungen, das ganze offizielle Deutschland mitsammt der ganzen politischen Welt Deutschlands , d. h. mitsammit den Vertretern und Orginen der besitzenden Klassen, dergestalt zu forrumpiren und zu ver= slaven, daß ähnliche Zustände entstanden sind wie in Rußland und in der Türkei , und daß die offizielle Geschichte des deutschen Reichs Adelsverschwörungen und Serailintriguen besteht. Zum Glück fümmert sich die Weltgeschichte weder um Adelsverschwörungen noch um Serailintriguen; unter der sumipfigen Oberfläche der heutigen Gesellschaft gährt und brodelt es, und von unten" herauf drängen die Kräfte, welche das morsche Gerümpel, den alten Staat, in Stücke zerschlagen und den neuen Staat und die Gesellschaft der Zufunft zurechtschmieden werden.
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Y. Die Reichstagsfeffion ist am 9. Januar wieder aufge= nommen worden. Es scheint, daß die Regierung keine Lust hat, den Stier bei den Hörnern zu nehmen und gleich einige Dußend ExtraMilliönchen für Militär- und Kolonialzwecke zu fordern. Man besinnt sich noch. Der Kelch wird indeß nicht an dem Steuerzahler, der's ja fann, vorübergehen.
Die Seffion wird voraussichtlich bis gegen Pfingsten dauern; eine längere Vertagung, um den Kommissionen Zeit zu lassen, soll in Aussicht genommen sein. Wenn das Alters- und Invalidengesetz fertig gestellt werden soll, wird ein solches Arrangement allerdings nicht zu vermeiden sein; denn so miserabel der Entwurf ist, so berührt er doch in seinen fast anderthalb Hundert Paragraphen so viele Interessen der verschiedenen Gruppen der herrschenden Klasse, daß es langer Verhandlungen bedarf, che eine Verständigung erzielt werden kann. Uebrigens
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