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der öfters wiederkehrenden Mißverständnisse" zwischen Ehren­mann Engel und Ehrenmann Wichmann die Schuld trug die Mitarbeiterschaft von Polizei Engel an der Freiheit" erleidet eine Stockung. Sobald aber Kollege Schröder in Zürich   den Druck der ,, Freiheit" vermittelt, stellt sich Herr Engel- Wichmann wieder ein und damit der ganzen Ge­schichte der Humor nicht fehle, wird diesmal die Altonaer  Polizei des Diebstahls beschuldigt, weil die beiden Büttel Kiel und Wend das Eintrittsgeld zu einem Arbeiter­fest konfiszirt und man seitdem von diesem Raube" nichts mehr gehört habe. Dafür widmet Wichmann seinen beiden Spezialfreunden in Nr. 24 der Freiheit" 1883 folgenden Schlußsay:

Aber Ihr braucht nicht mehr lange zu warten; der Tag un­ferer Abrechnung ist nicht mehr so ferne, der Tag, an dem die Revolution mit blutigem Stahl für Eure Schuftereien quittiren wird."

In Nr. 30 desselben Jahrgangs der Freiheit" erhebt fich Engel- Wichmann wieder zu höherem Fluge. Neben den gewohnten Schimpfereien schreibt er gegen eine im ,, So­zialdemokrat erschienene Zuschrift aus Hamburg  :

Daß die Genossen hier gut organisirt sind, ist eine Thatsache, nur Berichterstatter, daß die Süßwasser- Po=

verschweigt der ständig abgewirthschaftet und die Ittifer hier Arbeiter darüber einig sind, sich nicht mehr von Leuten leithammeln zu lassen, die heute noch für den Parlamentarismus schwärmen oder glau­ben, durch Gewerkschaftsbewegung, Streifs 2c. etwas Nützliches für das darbende Proletariat erlangen zu können, sondern daß sie Alle zu der Ueberzeugung gekommen, daß nur auf dem Wege der Gewalt und durch energisches, selbständiges Handeln die Arbeiterfrage gelöst werden kann.

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War es Unvorsichtigkeit, war es böswillige Absicht seitens des Mit Redakteurs Schröder, kurz, zum ersten und legtenmal erscheint als Korrespondenzzeichen ein ominöses w. Von nun ab hört Engel- Wichmann's polizei- journalistische Mitarbeiterschaft an der revolutionären Freiheit" auf über das Warum wollen wir uns den Kopf nicht zerbrechen. Nur einmal noch, im Jahre 1884, als Most im höchsten Stadium seiner Dynamitbegeisterung schwelgte und jeden Tag sich demnächst etwas ereignete", muß Engel- Wichmann etwas ganz Besonderes bei Most angemeldet haben, und zwar mit einer Deutlichkeit, die selbst den großen General Bum­bum stutzig machte, denn frendetrunken jauchzt er im Brief­kasten der Freiheit" Nr. 39 1884:

" Hamburg- Altona: Nur losgelassen, daß diescher­ben fliegen; wir haben natürlich nichts dagegen. Korre spondiren muß man aber bei den jetzigen Postverhältnissen nicht mindestens nicht gar so deutlich!"

Sollen wir noch etwas hinzufügen? Wohl nicht, die Rolle des Polizeischuften Engel entspricht völlig der in deutschen Regierungsfreisen herrschenden Auffassung über die Aufgaben der politischen Polizei. Sie bedarf auch so wenig einer Er klärung, als die verbrecherische Leichtfertigkeit, mit der die ,, Freiheit" hier jahrelang für die Polizei arbeitete! Und die Herren Anarchisten haben nicht einmal die Entschul digung der Unkenntniß für sich. Denn von Anfang her galt Wichmann in Hamburg- Altona   als verdächtig, und seit Jahr und Tag wurde er von den Hamburger   Genossen als ,, Nicht­Gentleman" behandelt. Aber er schimpfte auf die ,, Bürcher", besser konnte man sich damals in die Gefeßlichkeits- Michel"- London   nicht einführen dafür stellte Most einen Freischein für alle Schurfereien aus.

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Einen Umstand wollen wir aber hier noch erwähnen, der diese ganze Episode erst in die richtige Beleuchtung stellt. Trotzdem Lumpazius Wichmann mit seinem gleichwerthigen Gönner Engel in Differenzen gerathen und im Zorn über den erfahrenen schnöden Undank die kompromittirendsten Ge­heimnisse der Polizeifamilie der Deffentlichkeit preisgibt, ja sogar einen so bewährten ,, pflichttreuen" Beamten wie Engel offen Verbrechen bezichtigt, ohne daß dieser Klage erhebt­trotz alledem steht Wichmann heute noch mit dem Spitelchef Krüger in Berlin   in Verbindung, ist Wichmann heute noch Agent der Berliner   Polizei!

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Und doch wird sonst die Sünde des Ausplauderns die einzige, die der Polizeikoder kennt streng geahndet! Der ,, einäugige Wolf" hat die bloße Drohung schon mit dem Leben bezahlen müssen grade Engel konnte seinem Freunde Wichmann von diesem ,, Selbstmorde" doch sehr viel erzählen! Erkläre mir, Graf Derindur!

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Freilich ,,, unter Kameraden ist Alles ejal"

oder wie

Herr Polizeikommissar von Mauderode in einem Brief an einen für die Berliner   Polizei arbeitenden Agenten, der neben anderen hübschen Sächelchen in unsere Hände gefallen, schreibt: ,, Wir sind eben Ehrenmänner".*) Und Ehrenmänner sind dieſe attentatslüsternen Kämpen die Puttkamer wie die für Ordnung und Sicherheit alle Krüger, die Engel wie die Wichmann! Glück auf zu solchem Kampf für Thron, Altar und rf.

Geldsack!

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Die Vergötterung des Weibes.**)

Wir leben in einem Zeitalter, wo die Grundlagen aller Stände, auf denen bisher die Gesellschaft mehr oder weniger beruhte, das letzte Stadium der Zerseßung erreicht haben. Zum ersten Male in der Ge­schichte sieht sich die menschliche Gesellschaft in ihre sie bildenden Atome aufgelöst. Das Joch der alten Welt ist gebrochen und seine Fesseln von uns genommen. Die formale individuelle Freiheit mit ihrer Gleichheit vor dem Gesch, jenes Ziel, auf das alle kleinbürgerlichen Reformer hingewiesen, und das die Sozialisten ebenfalls als eine noth­wendige Uebergangsstufe bezeichnen, ist endlich erreicht.

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Nichts natürlicher, als daß die Jdee der persönlichen Gleichheit, die

*) Die betreffende Briefstelle lautet zu allerliebst, als daß wir sie nicht ganz abdrucken sollten:" Ihrer Verschwiegenheit halte ich mich versichert, wie Sie sich der meinigen versichert halten. Wir sind eben Ehrenmänner und Verschwiegenheit in geschäftlichen Vertrauenssachen ist Ehrensache. Nicht wahr?"

Dieses Nicht wahr des Herrn von Mauderode ist unbezahlbar. **) Indem wir hiermit einem englischen Genossen, E. Belfort Bay, das Wort geben zu einer Polemik gegen Bebels Die Frau in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft", brauchen wir den Lejern dieses Blattes wohl nicht erst zu erklären, daß wir selbst die Bar'sche Auffassung durchaus nicht theilen. Dies vorausgeschickt, überlassen wir Ned. d. S.-D. alles Weitere der Diskussion.

in der einen oder anderen Form eine gemeinschaftliche Forderung der modernen Demokratie ist, sich auch auf das geschlechtliche Ge­biet ausdehnte.

Auf den ersten Blick scheint die Verschiedenheit der gesellschaftlichen Lage von Mann und Frau von gleicher Natur zu sein, wie die von Junker und Leibeignem, Herr und Knecht, Meister und Geselle u. s. w.

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Ohne Zweifel besteht hier eine oberflächliche Aehnlichkeit, aber sie ist auch nur oberflächlich. Das Verhältniß zwischen Mann und Frau ist einzig in seiner Art. Denn während die Standes- Unterschiede auf ökonomische Ursachen zurückzuführen sind auf die Thatsache z. B. der Zugehörigkeit zu einem erobernden oder einem eroberten Stamme oder Volt, auf Abstammung, oder auch unmittelbar auf Befiß und Ver­mögen, oder auf was immer ist der Unterschied zwischen Mann und Frau fein blos gesellschaftlicher, der durch irgend einen Glückszufall bestimmt wird, sondern er ist ein organischer, ein Unterschied törperlicher und geistiger Natur. Ein Versuch daher, den Stand, wenn wir fo sagen dürfen, der Frau mit den historischen Ständen zu vergleichen, ist von vornherein ein verfehlter, da der Unterschied ein grundverschiedener ist. So viel muß, denken wir, billigerweise eingeräumt werden.

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Es wirft sich nun die Frage auf, ob dieser organische oder natürliche Unterschied, entgegen dem herkömmlichen oder gesellschaftlichen, eine geistige Inferiorität der Frau in sich schließt oder nicht. Die Annahme, daß dem so set, ist bis heute eine so allgemein gültige, daß der Beweis des Gegentheils denen zukommit, welche die geistige Ebenbürtigkeit der Ge­schlechter bejahen.

Der erste Punkt, den wir bei Besprechung des modernen Frauen­fultus zu behandeln haben, ist demnach die Behauptung seiner Vertreter, daß eine Inferiorität des Weibes nicht eristire. Die geläufigsten Argu­

" Die Frau in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft" und diese wollen wir ein wenig auf ihre Stichhaltigkeit prüfen.

Daß wir mit dem sozialistischen Theile dieses Buches vollständig ein­verstanden sind, brauchen wir wohl kaum zu versichern. Allein über den Theile, welcher der Vertheidigung des Frauenkultus gewidmet ist, haben wir alle Ursache, anderer Meinung zu sein, wie wir nachstehend zu be= weisen hoffen.

Bei den Gründen für und wider die behauptete geistige Ungleichheit der Geschlechter können wir uns kurz fassen, dahingegen müssen wir etwas länger bei Betrachtung der Gemüthssette, sowie der poli­tischen und sozialen Bedeutung des Frauenkultus verweilen. Denn der heutige Frauenfultus ist wesentlich ein sentimentales Produkt der mo= dernen Zivilisation; die Gründe dafür sind erst nachträglich entstanden. Jedoch wollen wir sie zuerst behandeln, denn wie Bebel S. 99 und 100 fagt: Obgleich die Frage der höheren Berufsthätigkeit der Frau in der heutigen Gesellschaft nur eine kleine Zahl von Frauen betrifft, so ist sie von prinzipieller Wichtigkeit. Denn müßte sie verneint werden, so wäre auch die behauptete Möglichkeit höherer Entwickelung und Gleichberechtigung der Frau in Frage gestellt. Außerdem muß, da heute die große Mehrzahl der Männer in allem Ernst glaubt, die Frauen müßten und würden stets geistig untergeordnet bleiben, dieses Vorurtheil zerstört werden."

Wie hier angedeutet wird, steht oder fällt damit die Frage, soweit sie überhaupt auf Vernunftgründen beruht. Der erste Versuch Bebel's, die allgemein zugegebene gegenwärtige Ungleichheit der geistigen Be­fähigung beider Geschlechter zu erklären, ist der sehr gewöhnliche, näm lich der Hinweis auf die schlechtere Erziehung der Frau und ihr stetes Leben im engen Streise. Gerade dieses Argument scheint uns ein höchst unglückliches zu sein.

Angesichts der thatsächlich vorhandenen geistigen Ungleichheit wird uns immer die Fabel aufgetischt, daß den Frauen der Zutritt zu den Bildungsmitteln verwehrt gewesen sei, die dem Manne zugänglich waren. Sie steht genau auf der gleichen Stufe wie das Bourgeois- Argument für den Klassenstaat, das bekanntlich darin besteht, uns die Tugend, den Fleiß und die Enthaltsamkeit des Einen und die Schlechtigkeit, Faulheit und Verschwendung des Andern recht eindringlich vorzuführen. In beiden Behauptungen liegt natürlich ein Störnchen Wahrheit, aber es ist unter einem Berg von Irrthümern vergraben.

In einzelnen Fällen und unter bestimmiten Ilmständen mögen Frauen in gewissen Fächern die Erziehung nicht genossen haben, deren Männer sich erfreuten, gerade wie in besonderen Fällen ein gewisser Reichthum durch Fleiß erworben und Armuth die Folge von Faulheit sein fanu. Als Beweismitttel kann man diese Behauptung aber nicht gelten lassen, schon aus dem einfachen Gritude nicht, weil sie in 99 Fällen von 100

nicht zutrifft.

Die ganze Richtung der höheren" Erziehung ist bis vor kurzem, wie heute allgemein zugestanden wird, der Verstandesentwickelung cher nachtheilig als fördernd gewesen. Jahrelanges Drechseln lateinischer Verse faunt gewiß nicht als zuträglich für die allseitige geistige Ent­wickelung betrachtet werden. Von dem aber sind die Frauen wenigstens verschout geblieben. Im günstigsten Falle sind es auch nur wenige Zweige des Wissens, in welchen der Mann bedeutendere Vortheile über die Frau hatte. Von den Tagen Sapphos an find den Frauen nie ernstliche Hindernisse in den Weg gelegt worden, sich der Literatur oder den schönen Künsten in irgend einer ihrer Formen zu widmen."

Und doch, was haben sie im Vergleich zu Männern in irgend einem jener Fächer geleistet? Man sagt, daß die Frau stets angehalten wurde, ihr Interesse auf den häuslichen Herd zu beschränken u. f. w. Das mag bei französischen und deutschen Frauen früherer Generationen und theil­weise selbst heute noch zutreffen. Aber es trifft nicht zu bei der ge= bildeten griechischen Hetäre oder der römischen Frau im Zeitalter des Augustus. Es trifft in neuerer Zeit ebenso wenig zu bei einem großen Theil der Frauen Englands und Amerikas   oder in zahlreichen anderen Beispielen, die angeführt werden könnten. Zudem finden wir, daß der Charakter und das Genie des Mannes sich gerade in der Ueberwinding solcher Hindernisse zeigte. Und das ist auch wahr bei Frauen, die wirklich Hervorragendes geleistet. Die Erziehung einer George Eliot  3. B. unterschied sich in nichts von der einer gewöhnlichen Engländerin. Das Argument, welches sich auf die sozialen und erzieherischen Nach­theile stüßt, die der Frau im Wege stehen, bricht also vollkommen in sich zusammen.

Bei Genosse Bebel wird der Beweis übrigens derart geführt, daß er sich in der wirksamsten Weise selbst zerstört. S. 55 und 56 flagt er, daß während die geistige Ausbildung des Mannes vornemlich in der Richtung des exakten Denkens gefördert werde, die auch der besser er= zogenen Frau fast gänzlich auf die Vertiefung des Gemüthes berechnet sei, und durch die vorwiegende Beschäftigung mit Musit, Belletristit, Kunst und Poesie eine schon ohnehin reichlich vorhandene Nervosität bis zum Ueberreiz erzeugt werde. Wir meinen, die natürliche Folge davon hätte sein müssen, daß die Frauen wenigstens in der Literatur und in den schönen Künsten bedeutende Geister hervorbrachten. Was, fragen wir nochmals, haben denn Frauen verglichen mit Männern je in Kunst und Literatur geleistet? Genies, sagt Bebel, fallen nicht vom Himmel, sondern bedürfen der Erziehung und Entwickelung. Und doch sind nach Bebels eigner Angabe die Frauen gerade hinsichtlich der Phantasie zu viel erzogen und entwickelt worden, so daß sie ein ganze Menge fünstlerischer Berühmtheiten aufweisen müßten. Mag auch die Erziehung in einem gewissen Grade dazu beigetragen haben, daß nur Männer einen Aristoteles   und einen Newton hervorbrachten, so kann doch unmöglich der Erziehung die Thatsache zugeschrieben werden, daß nur Männer einen Dante, Raphael oder Mozart aufzuweisen haben. Das sollte doch unsern Frauenverehrern ein wenig zu denken geben.

Bebel bestreitet S. 104 und 105 die Thatsache, daß das Gehirn der Frau in Quantität und Qualität geringer sei als das des Mannes. Es ist behauptet worden, seine Physiologie stehe nicht auf ganz festen Füßen; wir bekennen jedoch, darüber kein kompetentes Urtheil abgeben zu können. Wir sind bereit, seine Angaben zu nehmen wie er sie gibt und wollen nur die trügerischen Schlüsse hervorheben, die er daraus zieht. Sollte man es für möglich halten, daß ein Mann wie Bebel, nachdem er die Unterschiede der Gehirnmasse verschiedener hervorragen­der Männer aufzählt, einen Haupttrumpf darin zu finden glaubt, daß das Hiru des bekannten. Gelehrten Hausmann an Gewicht nur dem Durchschnittsgewicht des weiblichen Gehirns gleichkomme? Also ein ganz isolirter Fall soll die vielfachen, wohlbewiesenen Erfahrungsfäße umstoßen, welche darthun, daß bei sonst gleichen Umständen die geistige Kraft von dem Gewicht der Gehirnmasse abhängt, wobei natürlich die Möglichkeit einer Ausnahme nicht ausgeschlossen ist? Bebel protestirt dagegen, die Gehirnsubstanz als den alleinigen Gradmesser für die

geistigen Fähigkeiten hinzustellen. Als ob irgend Jemand dies thue! Alles was behauptet wird, ist nur, daß diese Thatsache mit anderen zusammen genommen sich mit vernichtender Gewalt gegen die blinden Vertheidiger der weiblichen Gleichheit wendet.

Verweilen wir einen Augenblick bei einigen anderen, nicht technischen Thatsachen, welche für die Inferiorität des Weibes sprechen.

1) Bekanntlich ist die Rangordnung der lebenden Wesen durch die Periode bestimmt, welche das Einzelwefen zu seiner Reife braucht je höher die Begabung des gereiften Thieres, desto längere Zeit hat es nöthig zu seiner Entwickelung. Nun wissen wir alle, daß Mädchen eher zur Reife gelangen als Knaben. Allerdings ist dies eine an und für sich unbedeutende Erscheinung, allein es ist der Strohhalm, der die Richtung der Strömung anzeigt.

2) Ein Anderes Kriterium der thierischen Rangordnung ist die re­lative Lebenskraft. Bei sonst gleichen Umständen wird das Leben um so eher zerstörbar sein, je höher, d. h. je vollständiger entwickelt der Organismus ist. Betreffs der Zähigkeit des Lebens im Weibe können wir die Leser auf unsere Abhandlung in der englischen Monatsschrift ,, To Day"( S. 28. Jahrgang 1887) verweisen, wo wir auf die un­zweifelhaft größere Lebenskraft der Frau aufmerksam machen. Hier nur ein oder zwei Beispiele. Es ist bekannt, daß zu Knutenhieben in Rußland   verurtheilt zu werden, nur eine umschreibende Form der Todes­strafe ist. Der einzige Fall, wo Jemand diese Prozedur unbeschädigt durchmachte, ist der einer Frau Lapuchin, welche auf Befehl der Kaiserin Elisabeth gefnutet wurde, ohne einen dauernden Schaden an ihrer Ge­sundheit davon zu tragen, nach Sibirien   transportirt wurde, auch dieses überlebte und später nach Petersburg   zurückkehrte und ein hohes Alter erreichte. Englische Zeitungen berichteten vor zwei Jahren von einer alten Frau, welche im Winter auf einer Reise von den Shetland- Inseln nach Mainland, ärzliche Hilfe aufsuchend, Schiffbruch erlitt, auf einer Planke bei sehr kaltem Wetter nahezu eine Woche ohne Nahrungsmittel zubrachte, endlich durch ein vorbeisegelndes Schiff gerettet und nach wenigen Tagen sorgsamer Pflege vollständig wieder hergestellt wurde. Ein Fall kam jüngst zu unserer persönlichen Kenntniß, wo eine junge Frau eine außergewöhnliche Operation zu bestehen hatte, bei welcher die Eingeweide herausgenommen und verschoben werden mußten. Sie wird es nicht aushalten", sagte man uns, als wir die Bemerkung machten, es sei allerdings unglaublich, allein die weibliche Konstitution sei stark und würde wahrscheinlich auch dieses ertragen. Und in der That er­wies sich unsere Beobachtung als richtig, denn wenige Wochen nach der zwei oder dreistündigen Operation befand sich die Kranke besser als je zuvor.( Fortsetzung folgt.)

Aus Frankreich  .

od dan tumo 1900 Of Paris  , 9. März 1889.

Eines der größten tapitalistisch- finanziellen Gaunerstücke, das die letzten Jahre gesehen, hat endlich sein Ende gefunden. Der berüchtigte, vor noch nicht zwei Jahren gegründete, Supferring", über den wir seiner Zeit berichteten, ist schmählich ins Krachen gekommen; ſelbſtver­ständlich aber erst, nachdem er eine Maffe von Eristenzen schiver geschä­digt hatte. Das ,, Société des metaux"( Metallgesellschaft) benannte Konsortium behufs Auftauf alles auf dem Weltmarkte vorhandenen Kupfers bestand aus Rothschild  , Girod und Cie., Secretan, der Pariser Bank und dem Comptoir d'Escompte( Diskontobank), kurz der Blüthe der Finanzmakler- Institute. Der Ning trieb binnen eines Monats den Preis des Zentners Kupfer um das Doppelte in die Höhe und machte damit seine Attien von 500 Frants bis auf 1200 Franks steigen. Das Geschäftchen ließ sich also hübsch an und versprach Rothschild   doppelte Profite, da er durch die Steigerung der Kupferpreise zur Einführung des Nickelgeldes zwingen wollte. Der gute Mann besigt nämlich große Nickelminen und wollte folglich zwei Fliegen mit einer Slappe schlagen. Aber: der Kupferring denkt und die Bejißer der Kupferminen Kupferbergwerken

lenfen, sollte es bald heißen. Die Eigenthümer voes Stings nicht auß­

produzirten nämlich so viel, daß die Kauffraft reichend war, es mußte eine Hilfsgesellschaft" mit 40 Millionen Kapital ins Leben gerufen werden, und als die Produktivität der Minen noch weiter wuchs und mit einem Drucke der Preise drohte, sollte eine zweite Hilfsgesellschaft" mit 120 Millionen Kapital geschaffen werden. Das finanzielle Kümmelblättchen ging nicht mehr nach Wunsch, Niemand fonnte voraussehen, wo und wann die Ergiebigkeit der Minen anhalten und ob es dem Kapital des Ringes möglich sein werde, in gleichem Verhältniß zu wachsen. Rothschild   zog den Sperling in der Hand der Taube auf dem Dache vor und schaffte sich seine Attien vom Halse, so lange dieselben noch im Kurs standen. Kaum war dies aber geschehen und bekannt geworden, so sanken die Aktien der Metallgesellschaft" auf 190 Fres.; die Aktien des Comptoir d'Escompte, das mit 70 Mill. an dem Ring betheiligt war, erfuhren mit einem Schlage einen Abschlag von 200 Franks. Die übliche Panik aller direkt oder indirekt an dem Ring betheiligten Personen ließ nicht auf sich warten. Die opportunistische Presse suchte zwar den Strach so viel als möglich zu vertuschen, damit es den Seleinkapitalisten gegenüber heißen konnte: es wird fortgerupft. Allein der Selbstmord Denfert- Nochereaus, Direktors der Eskomptege­sellschaft, welcher für deren Betheiligung am Stupferring besonders ver­antwortlich war, machte das Verheimlichen unmöglich. Der Sturm" brach los. Alle, die bei der genannten Bank Gelder eingelegt, drängten sich vor den Bureaus derselben. An einem einzigen Tage hatten zirka 3000 Personen ihre Fonds im Betrage von 40 Millionen zurückgezogen. Bei den Filialen der Gesellschaft in Lyon   und Marseille   war der An­drang nicht weniger groß, jeder suchte zu retten, was noch zu retten war. Charakteristisch ist, daß die Moniteure des Großkapitals, wie Temps"," Journ, des Debats"," Republ. française" 2c. um die Ange­legenheit herumgingen, wie die Kaße um den heißen Brei. Sie ergehen sich in vagen Andeutungen, geben aber keine Ziffern über die Höhe der Millionen, welche der Krach lies Rothschild   verschlungen hat. Der Boulangist Laur hat bereits eine Interpellation in der Kammer eingebracht, um von der Regierung gegen das Kupferringkonsortium An­wendung des Artikel 419 des Strafgesetzbuches zu fordern, demzufolge Personen, welche eine Koalition bilden, um die Preise einer Waare über oder unter den von der freien Konkurrenz geschaffenen Preis zu treiben, mit Gefängniß von 1 Monat bis 1 Jahr oder einer Geldbuße von 500 bis 10,000 Franks bestraft werden können. Natürlich beeilte sich der Finanzminister Rouvier, ein in der Wolle gefärbter Opportunist, der seine Hand bei allen möglichen großen Börsengaunereien im Spiele hatte, die Diskussion der Interpellation auf 14 Tage zu verschieben. Die Boulangisten haben in Gestalt dieser Interpellation einen geschickten Trumpf ausgespielt, der ihnen erlaubt, sich als die Vertheidiger des Mittelstandes, als die fittlich entrüsteten Vertreter der politisch- finanziellen Anständigkeit und Reinheit auszugeben. Daß sich kein Schildknappe der bürgerlichen Ordnungsparteien zu dieser Interpellation erhoben, ist in zweifacher Hinsicht bezeichnend. Bezeichnend für die Schamlosigkeit, mit welcher dieselben die Interessen des Großkapitals und ihre eignen Trink­gelderinteressen vertreten, bezeichnend auch für die politische Sturzsichtig­keit und Tölpelei, mit welcher sie selbst dem Boulangismus einen Stich nach dem anderen in die Hand drücken. Man vergleiche nur die Neutralität der Regierung dem Kupferring gegenüber mit dem Eifer, mit welchem sie gegen die Arbeiter den Streit- und Koalitions­paragraphen anwendet. od

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Der Krach des Kupferrings läuft wie der Panamakrach auf eine wahre Revolution in den Besitzverhältnissen der französischen   Nation hinaus. Er bedeutet eine sich auf Hunderte von Millionen Franken be­ziffernde Expropriation des französischen   Kleinkapitals, im Wesentlichen zu Gunsten des Großkapitals.

Die Aufregung über den Strach geht so tief, daß sie beinahe das öffentliche Interesse von den Maßregeln der Regierung gegen die Patriotenliga" Deroulede's abgelenft hat. Bis voriges Jahr war die Patriotenliga ein zwar sehr lärmender aber im Grunde harmloser Un­fug. Ihre Bedentung für Frankreich   war Null, da es ihr laut Statut verboten, sich mit religiösen und politischen Fragen zu beschäftigen, und ihr Einfluß auf das Ausland war zweimal Null, wenn man davon absehen will, daß ihr blinder Mordpatriotismus gelegentlich von zweifelhaften Gesellen, von Bismarckischen Lockspizeln 2c., auf das Glatt­eis von Rüpeleien und Schlägereien mit Deutschen   gelockt wurde, um