Die Unterzeichneten laben ble Federation der sozialistischen Arbeiter Frankreichs ( dies der offizielle Name der Possibilistischen Partei) ein, unter Bezugnahme auf das ihr von dem Londoner Kongreß von 1888 übertragene Mandat, den Pariser Internationalen Kongreß gemeinsam mit der sozialistischen und Arbeiterorganisationen Frankreichs und der übrigen Länder, einzuberufen.

Diese Einberufung, welche von allen Vertretern der Arbeiter- und sozialistischen Organisationen zu unterzeichnen, ist alsdann so schnell als möglich den Arbeitern und Sozialisten Europa's und Amerifa's mitzu­theilen.00

Die Einberufung soll erklären:

1. Daß der Pariser Internationale Kongreß vom 14. bis zum 21. Juli 1889 tagen wird.

2. Daß er allen Arbeitern und Sozialisten der verschiedenen Länder offen steht unter Zulaßbedingungen, die den politischen Gesetzen, unter denen sie leben, angepaßt sind.

3. Daß der Kongreß in Bezug auf die Mandatsprüfung und die Festsetzung der Tagesordnung souverän ist.

Die vorläufige Tagesordnung solle lauten wie folgt:

a) Internationale Arbeitergesetzgebung; gesetzliche Regulirung des Arbeitstages( Tagesarbeit, Nachtarbeit, Ruhetage, die Arbeit er­wachsener Männer, der Frauen, der Kinder).

b) leberwachung der Fabriken und Werkstätten, wie der Hausindustrie. e) Mittel und Wege, diese Maßregeln zu erlangen."

Im Haag, den 28. Februar 1889.

Die Delegirten für Deutschland : A. Bebel, W. Liebknecht .

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die Schweiz : A. Reichel, H. Scherrer. Holland : F. D. Nieuwenhuis, L. Croll. 18 Belgien : Ed. Anseele, J. Volders. Frankreich : Paul Lafargue .

So machte die Konferenz den Poffibilisten jede denkbare Rouzeffion. Unter Ausschluß ihrer französischen Rivalen wurde, in Uebereinstimmung mit der Londoner Resolution, ihnen die Vorbereitung und Organisation des Kongresses überlassen. Alles was man von ihnen verlangte, war, daß sie eine gemeinsam verabredete Einladung erlassen sollten, die eben= falls von allen übrigen interessirten Parteien zu unterzeichnen wäre und 1) das Datum des Kongresses, 2) die allgemeinen Zulaßbedingungen, und 3) die Souveränetät des Kongresses in Bezug auf seine Tages­und Geschäftsordnung feststellte. Indent sie alle Organisationen, die fie unterzeichnen, bindet, ist diese gemeinsame Einladungsform das beste, das einzige Mittel, den wahrhaft allgemeinen und internationalen Charakter des Kongresses zu sichern. Die vorgeschlagenen Zulaßbeding= ungen verhinderten eine Wiederholung der skandalösen Ausschließung von Delegirten aus Deutschland , Desterreich und Nußland, infolge deren der Londoner Kongreß nur ein so unvollständiges Bild der proletarischen Bewegung unserer Zeit gab. Die Forderung, daß die Souveränität des Kongresses in Bezug auf seine inneren Angelegenheiten ausdrücklich gesichert werden solle, war eine Nothwendigkeit geworden, nachdem das Parlamentarische Komite versucht hatte, einen Präzedenzfall zu schaffen und die Possibilisten es ihm nachgemacht hatten. Sie verlangte nur, was sich von selbst verstand, und nahm den Possibilisten auch nicht das fleinste Titelchen von dem, was der Londoner Kongreß ihnen über­tragen. Denn weder wollte, noch konnte der Londoner Kongreß das Recht beanspruchen, irgend jemand in der Welt Vollmacht zum Erlaß von Sagungen zu geben, die für fünftige Kongresse bindend wären.

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Daß die Resolution in Haag nicht im hochfahrenden Gegensatz zum Londoner Kongreß gefaßt worden, beweist die Thatsache, daß zwei der Delegirten, die ihr zustimmten und sie unterzeichneten Anseele 1888 in London nicht nur als von Gent und Croll vom Haag Delegirte anwesend waren, sondern auch als Tagespräsidenten für das Ausland fungirt haben. Es geht ferner daraus hervor, daß sowohl die Deutschen , die in London ausgeschlossen, als diejenigen Franzosen, die daselbst nicht vertreten waren, bereit waren, die Possibilisten im Besize aller Vollmachten zu lassen, die der Londoner Kongreß ihnen übertragen hatte und ihnen übertragen konnte. Was dieselben verlangen, ist einzig und allein, daß ihre eigene Zulassung unter gleichen Bedingungen ge sichert werde, und daß der Pariser Kongreß, einmal beisammen, über feine Interna selbst endgültig beschließen solle. Und dafür, daß sie es gewagt, in so versöhnlichem Geifte vorzugehen, wird die Haager Kon­ferenz von der Justice" ein Caucus" genannt!

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Die Possibilisten haben die ihnen dargebotene Hand ausgeschlagen. Sie wollen den Vertretern der Sozialisten des Auslands gestatten, mit ihnen die Einladungszirkulare zu unterzeichnen, aber fein französischer Sozialist, der nicht in ihren Reihen steht, soll unterzeichnen dürfen. Sie bean­spruchen dergestalt, die einzige sozialistische Störperschaft in Frankreich zu sein, und verlangen, daß wir Ausländer sie als das anerkennen. Mehr noch, sie wollen nicht zugeben, daß der Kongreß als Körperschaft den die von den Possibilisten Modus der Mandatsprüfung selbst bestimmt im Voraus verkündeten Sazungen und Reglemente sind da, und der Rongreß hat fie gehorsamst hinunterzuschlucken.

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Unter diesen Umständen ist es mit der Hoffnung, daß der im vorigen November in London beschlossene und den Possibilisten in die Hände gegebene Kongreß mehr als ein Scheinkongreß sein wird, zu Ende. Es bleibt abzuwarten, was die im Haag vertretenen Gruppen nun ihrerseits unternehmen werden; jedenfalls sind dieselben entschlossen gemeinsam vorzugehen.

Bom, Sozialdemokrat" sagt die Justice", er habe seit dem Londoner Kongreß, unablässig die Possibilisten bekrittelt und beschimpft", und sie appellirt an alle unabhängige deutsche Sozialdemokraten, sich mit uns zu einem ehrlichen Versuch zu vereinigen, dieser kleinlichen und bös= willigen Zänterei und Drahtzieherei ein Ende zu machen."

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Die Justice" hat Jahre hindurch in ihrer eigenenen Weise die Neden und Handlungen deutscher Sozialdemokraten kritisirt, aber der Sozial­demokrat" hat sich deshalb weder übertrittelei und Schimpferei", noch über kleinliche und böswillige Zänkerei und Drahtzieherei" beschwert. Wir Deutschen sind gewöhnt, eine unumwundene Kritik sowohl innerhalb unserer eigenen Partei als auch gegenüber den anderen Nationalitäts­gruppen der proletarischen Bewegung zu üben. Wir wissen zu gut, daß es fein größeres Glück für unsere Feinde geben könne, als diese Bewegung in eine gegenseitige Beweihräucherungsgesellschaft oder eine gegenseitige Versicherungsgesellschaft für Agitatoren verwandelt zu sehen. Wir sind daher nicht so zartbefaitet, die Attaken der Justice" nicht ohne Zucken ertragen zu können. Ebensowenig aber sind wir nach England gekommen, um das Recht der Kritik aufzugeben, das wir einem Bismarck gegen­über hochgehalten, und das durch ruhmvolle Revolutionen gesichert zu haben, mit Recht der Stolz des englischen Volkes ist. Wir werden uns daher die Freiheit nehmen, da, wo wir es für nothwendig halten, über die Zänkereien und Drahtziehereien" französischer und-fawohl englischer Sozialisten" unsere Meinung offen herauszusagen.

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Die Possibilisten haben seit einiger Zeit eine politische Haltung beob achtet, die nichts weniger als die allseitige Zustimmung der Sozial­demokraten anderer Länder gefunden hat; aber ihre Haltung bei dem letzten Wahlkampf in Paris ist in der That gar nicht zu vertheidigen. Unter dem Vorwand, die Republik vor Boulanger zu retten, haben sie sich mit den forruptesten Elementen des Bourgeois- Republikanismus verbündet, mit den Opportunisten, die zehn Jahre lang Frankreich aus­gesogen, um sich zu bereichern. Sie agitirten und stimmten für einen Regierungskandidaten, einen kapitalistischen Spritfabrikanten, einen schlechten Kandidaten, den französischen John Jameson"(" Justice" vom 19. Januar 1889), und als ein sozialistischer Arbeiter, Boule, der den neulichen großen Erdarbeiterstreit organisirt, beiden, Boulanger und Jacques, gegenübergestellt wurde, stimmten sie in den Bourgeoischorus ein: Nur feine Spaltung innerhalb der großen republikanischen Partei!" denselben Ruf, der in England mehr als einmal von der großen liberalen Partei gegen Kandidaten ausgestoßen wurde, die von der Justice" auf­gestellt worden. Als ob man nicht Boulanger wirksamer bekämpfte, wenn man den Arbeitern Gelegenheit gibt, für einen eigenen Vertreter zu stimmen, statt sie vor die Alternative zu stellen, entweder für Bou­langer zu stimmen oder für einen Vertreter jener Kapitalisten, deren Gier, den Reichthum Frankreichs in ihre Taschen zu praktiziren( wie dies von Herrn Hyndmann in der Justice" vom 2. Februar 1889 sehr gut dargelegt worden), Boulanger erst zu dem gemacht, was er ist.

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Um der Justice" Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: sie hat dieses Verhalten der Possibilisten nicht vertheidigt, noch ihr etwas bedenk­liches Bündniß mit der Bourgeois- Partei"( Justice" 28. Januar), aber fie hat ihren Lesern auch nicht gesagt, daß das Organ der Possibilisten, das Parti Ouvrier", in seinem Eifer gegen die Boulangisten lärmend

für Zwangsmaßregeln gegen diese ungeheuerliche Preßfreiheit"*) und wider das Versammlungsrecht eingetreten ist. Die" Justice" hat dies und den Kampf für den Arbeiterkandidaten, sowie die Thatsache, daß er troß alledem 17,000 Stimmen erhielt, ihren Lesern nach Kräften vor= enthalten. Und weil wir uns über dieses schimpfliche Verhalten der Possibilisten offen aussprachen, wird uns von einem Blatt Krittelei und Schimpferei, böswilliges Zanken und Drathzieherei vorgeworfen, das die Aufführung seiner eigenen possibilistischen Freunde selbst nicht zu vertheidigen wagt.

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Die Sache ist die, daß die Possibilisten in diesem Augenblick im vollen Sinn des Worts eine Regierungspartei- ministerielle Sozialisten sind und die Wohlthaten einer solchen Stellung einheimsen. Während der Kongreß von Bordeaux von den Behörden verboten und von der Polizei auseinandergefagt und seine Abhaltung nur dadurch möglich wurde, daß er im Stadthaus einer Nachbargenteinde, deren Maire revo­lutionär gefinnt, Obdach fand, während der Kongreß von Troyes wiederholt von der Polizei überfallen wurde, um das Entfalten der rotheu Fahne zu verhindern Dinge, die die Possibilisten in ihren Blättern weder tadelten, noch auch nur erwähnten sind diese hoch respektablen" Sozialisten die Vertrauten der Charles Warren von Paris . Und sie haben denn auch nicht nur nicht protestirt, sondern direkt Beifall geklatscht, als die Pariser Behörden die von den unabhängigen Sozialisten und Fachvereinen eingeleitete Demonstration für den Achtstundenarbeits­tag verboten.

So wird, wenn es dahin kommt, daß in diesem Jahr zwei Kongresse in Paris abgehalten werden, der Eine derselben nicht nur unter dem Schuß, sondern geradezu unter der Gönnerschaft der Polizei stehen. Er wird von der Regierung, von der Departementalbehörde, vom Gemeinde­rath von Paris geliebloft werden, gefeiert und feierlich bewirthet werden. Er wird aller Begünstigungen theilhaftig werden, welche auf die offi­ziellen ausländischen Gäfte der Bourgeois- Republik herabregnen.

Der andere wird von der republikanischen Ehrbarkeit gemieden, von den Behörden streng überwacht werden und in der That froh sein fönnen, wenn man es ihm überläßt, für sich selbst zu sorgen. Denn wenn Engländer ihn besuchen sollten, kann es ihnen passiren, daß sie sich mitten in Paris plöglich wieder auf Trafalgar Square befinden. Office des Sozialdemokrat". 114 Kentish Town Road NW,

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E. Bernstein.

Die Vergötterung des Weibes.

Mit der Errichtung einer definitiv sozialistischen Verwaltung der Dinge, die unserer Ueberzeugung nach in nicht allzuferner Zukunft tommen muß, wird man den ehrlichen Versuch machen, eine wirkliche Gleichheit durchzuführen. In den angelsächsischen Ländern wenigstens wird die Ungerechtigkeit der weiblichen Privilegien zu offenfundig ge­worden sein.

Die neue Gleichheit mag eine Weile dauern, aber wir sind gewiß, daß fie am Ende dem unerbittlichen Naturgesetz weichen muß, welches der Frau ein untergeordnetes Hirn- und Nervensystem und mit ihm eine untergeordnete Stellung innerhalb der menschlichen Gesellschaft ange= wiesen hat. Es mag dies ein großes Unrecht sein, und wir fühlen uns am Allerwenigsten berufen, den weisen Schöpfer der Natur" zu ver­theidigen.

Im llebrigen fönnen wir nur unser Bedauern ausdrücken, daß Genosse Bebel durch ein falsches Gerechtigkeitsgefühl sich verleiten ließ, der sozialdemokratischen Partei Deutschlands das Kudutsei der Bourgeois­Frauenrechtler ins Nest zu legen und die veralteten Irrthümer wieder hervorzuholen, nach denen die Frauen eine unterdrückte Klasse seien.

Bebel beklagt es, daß so manche Sozialisten dieses Bourgeois- Schiboleth, von dem er so ganz durchdrungen ist, nicht annehmen wollen, trotzdem fie die Underdrückung der Arbeiter durch die Kapitalisten sehr wohl begreifen. Er nimmt ganz gelassen an, daß das persönliche Interesse allein einen Mann bestimmen fönne, die Vergötterung der Frau zurückzuweisen. Nun, weun Bebel findet, daß viele Sozialiſten in diesem Punkte nicht mit ihm übereinstimmen, so kann er sich mit dem Gedanken trösten, daß er die ganze liberale Manchesterschule auf seiner Seite hat.

Viele der schlimmsten Vertreter tapitalistischer Ausbeutung werden ihn ans Herz drücken, denn seine Gründe und seine sentimentalen Forderungen sind in der That nur eine Wiederaufwärmung von dem, was uns die radikalen Individualisten seit dem Beginn dieses Jahrhunderts in die

Wir wollen mit einem Ausspruch Schopenhauers schließen, den auch Bebel zitirt: das Weib ist nicht zu großen Arbeiten berufen. Sein Charakteristikon ist nicht das Thun , sondern das Leiden. Es bezahlt die Lebensschuld durch die Wehen der Geburt, Sorge für das Kind, Unterwürfigkeit unter den Mann. Die heftigsten Aeußerungen der Lebenskraft und Empfindung sind ihm versagt. Sein Leben soll stiller und unbedeutsamer sein als das des Mannes. Zur Pflegerin und Erzieherin der Kindheit ist das Weib berufen, weil es selbst kindisch, zeitlebens ein großes Kind bleibt, eine Art Mittelstufe zwischen Kind und Mann, welcher der eigentliche Mensch ist..... die Weiber" schließt Schopenhauer , find die gründlichsten und unheilbarsten Philister." Bebel beschwert sich über Schopenhauers" Unhöflichkeit"( unhöflich ist gut), als ob ein Philosoph, habe er in seinen Ansichten nun Recht oder - und auch wir unterzeichnen nicht alles, was Schopenhauer fagt, verpflichtet sei, in seinen Abhandlungen die Galanterien der feinen Gesellschaft" nachzuahmen. Noch wunderbarer ist Bebels Beschul­Sigung, Schopenhauer sei ordinär", und das, nachdem Bebel selbst die allergewöhnlichsten Phrasen des englischen Radikalismus in der Frauen­frage vorgebracht. Vollends naiv aber wird Bebel, wenn er Schopen hauer selbst einen Philister und keinen Philosophen nennt, vermuthlich, weil er mit ihm über die hehre Bestimmung des weiblichen Geschlechtes nicht übereinstimmt.

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Um zu zeigen, in welchem Grade Sentimentalität das Urtheil eines Mannes trüben kann, wenn er sich dem Frauenfultus ergeben hat, müssen wir nochmals auf Bebel zurückkommen. Seite 125 seines Buches spricht er von der Schwangerschaft und ihrer Tragweite in der Frauenfrage. Er geräth in einen heiligen Eifer über die Männer, welche etwas un­ästhetisches in einer schwangeren Frau erblicken; nennt Jeden, der eine schwangere Frau auf der Rednertribüne komisch findet, einen elenden Wicht" und verhöhnt die Männer, die das Unglück haben, sich einer ,, förperlichen Ueberfülle" zu erfreuen.

Bebel sollte doch wissen, daß, wenit etwas dem Auge komisch erscheint, es ungerecht ist, diejenigen zu tadeln, die das Ding beim rechten Namen nennen. Warum hadert er nicht lieber mit dem Schöpfer", der nun einmal die Frau so erschaffen, daß sie im schwangeren Zustand ein groteskes Aussehen hat?

Wirkliche Sophisterei ist es aber, wenn Bebel einige Zeilen weiter in einer Art verzweifelter Begeisterung zu behaupten wagt( und noch dazu in einem Militärstaat wie Deutschland mit seinen österreichischen und französischen Feldzügen), daß die Opfer, welche die Frauen der Gesell­schaft bringen, ebenso groß oder größer sind als die der Männer. Er fagt wörtlich: Die Zahl der Frauen, die an Geburten sterben oder in Folge davon siechen, ist wahrscheinlich größer, als die Zahl der Männer, die auf dem Schlachtfelde fallen oder verwundet werden."

Nicht ein Schatten von Beweis wird für diese erstaunliche Behaup­tung beigebracht; eine Behauptung, die so offenbar als geistige Ver­irrung in Folge einer fixen Idee zu betrachten ist, daß sie wohl kaum einer Widerlegung bedarf. Wir möchten Bebel nur bitten, uns die Thatsache zu erklären, warum die erwachsene weibliche Bevölkerung die männliche bei weitem überragt, trotzdem Knaben zahlreicher geboren werden als Mädchen.

Man sieht hier, wie selbst ein Mann von so hervorragender Befähigung Unsinn vorbringen kann, wenn er sich einmal in eine Idee verrannt hat. Wir glauben hinreichend nachgewiesen zu haben, daß die Gründe der Frauenrechtler nur denen genügen genügen fönnen, die dieser Frage blind und sentimental gegenüberstehen.

Es gibt zwei ganz verschiedene Quellen der modernen Frauenver­götterung.

Die eine ist, wie schon angeführt, der Begriff der individuellen Freiheit, welche die Grundlage des heutigen Radikalismus bildet, der sich aber mit merkwürdiger Unlogit selbst übertrifft und statt die Frau dem Manne einfach gleich zu stellen, sie in der That auf das Piedestal einer privi­legirten Klasse erhebt. Durch eine Alliance hat sich nun, wenigstens in England, der radikale Verfechter der Frauenrechte mit dem braven Prediger der geschlechtlichen Moralität zusammengefunden. Und hier ist die zweite Quelle der heutigen Frauenvergötterung zu suchen. Diese Leßtgenannten suchen ihre bereits diskreditirte Stellung durch ein Bünd­niß mit der Demokratie zu befestigen. Und das Predigen der geschlecht­lichen Enthaltsamkeit bezahlt sich, weil es einer schon vorhandenen Strömung schlau entgegenkommt, wie ja die Geistlichkeit in dieser Hin­ficht stets sehr feinfühlend gewesen ist.

Dies gilt namentlich von den Geistlichen der Dissidenten**), die nur noch wenig Nachfrage nach ihrer alten theologischen Waare finden. Da das gebildete Publikum Jahr für Jahr weniger geneigt ist, sie als die be= rufenen Ausleger der Natur und des Wesens Gottes" anzuerkennen, so finden sie es vortheilhafter, sich als moralische Zensoren aufzuwerfen, und indem sie sich auf den Standpunkt der konventionellen geschlecht­lichen Moral stellen, statten sie ihr Urtheil, worum es sich auch handle, mit dieser Farbe aus.

Mit Freude afzeptiren sie die Theorie von der göttlichen, engelgleichen Natur des Weibes und ihrer unendlichen Erhabenheit über den Mann. Denn nicht allein, daß sie die Unterstüßung der radikalen Frauenrechtler damit gewinnen, es paßt dies auch sehr gut in ihre Prinzipien hinein. Sind die Frauen Engel, so ist es gewiß ungehörig, sie vom geschlecht­lichen Standpunkt aus zu betrachten denn alle Engel, sagt schon der Talmud, sind geschlechtslos. Die Frau ist nach dieser Theorie ein Geschöpf, das von Weitem angebetet werden muß.

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Wir haben hier einige Punkte bezüglich des modernen Frauenkultus erörtert, und man mag nun billigerweise fragen, welche Meinung wir denn in der sogenannten Frauenfrage haben und wie wir uns den muth­maßlichen Verlauf der Dinge in dieser Hinsicht denken. Wir wollen dies mit wenigen Worten auseinanderseßen. ad

Wir sind der Ansicht, daß eine wirkliche Ungleichheit der geistigen Fähigkeiten zwischen Mann und Frau besteht, eine Ungleichheit, die auf bem Unterschiede der betreffenden Organismen beruht und welche die Frau dem Manne vollständig unterordnet.

Wir wissen aber auch, daß eine starke Strömung zu Gunsten der Frauenrechtler vorhanden ist, und wir sind überzeugt, daß nichts unver­sucht gelassen werden wird, die bereits vorhandenen Vorrechte der Frau zu vermehren; denn nichts erschreckt die Emanzipirte" und ihre männ­lichen Verehrer so sehr, als wirkliche Gleichheit.

Um ein solches Resultat zu erreichen, wird es nicht an thränenreichen Zeitungsartikeln, an lärmenden Anrufen der Nitterlichkeit" fehlen, ver­bunden mit maßlosen Beschuldigungen derer, die sich dem widersetzen. Und höchst wahrscheinlich wird die Bourgeoisie sich dieser Emanzi­pation" mit vollem Eifer bemächtigen, um das Proletariat von seiner wirklichen Emanzipation abzulenken.

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*) Wir dürfen nicht ablassen zu wiederholen, daß in der Krisis, in der wir uns befinden, diese Preßfreiheit unterdrückt werden muß." Parti Ouvrier" vom 18. März( der passendste Tag in der That) 1889.

**) Die englischen Dissidenten sind zum großen Theil orthodox.

Und hat denn Schopenhauer, vorurtheilsfrei betrachtet, nicht das Wesen der Durchschnittsfrau auf's Treffendste gezeichnet? Gewiß gibt es glänzende Ausnahmen, und wir sind die Letzten, dies zu bestreiten oder ihre Bedeutung verkleinern zu wollen; aber wir behaupten, daß diese vereinzelten Fälle dem ganzen Geschlecht gegenüber nichts beweisen.

Wenn Schopenhauer sagt, der Mann sei der wahre Mensch", so meint er damit, daß der Mann das Endziel, der Telos der Dinge sei. Und bezweifelt dies wirklich Jemand? Kann irgend Jemand fich das Weib als unabhängig existirendes Wesen vorstellen, sei es einzeln als Persönlichkeit oder follektivistisch als Geschlecht? In Wirklichkeit erkennt ein Jeder an, wenn er nicht absichtlich und zu bestimmten Zwecken das Gegentheil sagt, daß die Menschheit im vollsten Sinne des Wortes nur im Manne verförpert ist, oder, um in der Hegel'schen Phraseologie zu reden, daß, während der Mann an und für sich, indi­viduell oder kollektiv besteht, das Weib für anderes" da ist, seine Voll­endung und Vervollkommnung im Manne findet, daß es mit einem Wort die Funktion des Weibes ist, einen Bestandtheil im Leben des Mannes zu bilden.

Man gibt dies nicht gern zu, daß man aber in der That so denkt, auch wenn das Gegentheil behauptet wird, davon sind wir fest über­zeugt. Die eine Frage bleibt natürlich offen: haben wir irgend einen Grund anzunehmen, daß durch veränderte ökonomische Bedingungen die Natur des Weibes von Grund aus verändert werden wird? Das ist eine Frage, die nur die Zeit endgültig entscheiden kann, und Jeder von uns wird darüber seine eigene Meinung haben. Aber sie hat nichts zu thun mit den thörichten und unhaltbaren Argumenten, mit denen man heutzutage die weiblichen Ansprüche unterstützt. Ist eine Sache gut, warum dann in aller Welt so armselige Gründe dafür ins Feld führen? Wir sind keine Frauenhasser, aber wir hassen die privilegirten Klassen, auch wenn sie aus" flügellofen Engeln" bestehen, und weiter hassen wir schlechte und faule Beweise, selbst wenn sie für die beste aller Sachen vorgebracht werden.

E. Belfort Bag.

Berichtigung. Jn Nr. 13 des Sozialdemokrat", 3. Seite, 1. Spalte, lezte Zeile, muß es anstatt Beweis" Aussage", in der gleichen Nummer, 3. Seite, 2. Spalte, Zeile 9 von oben anstatt öffent­liche Bloßstellung" polizeiliche Verfolgung" heißen.. Die Sache ist nämlich die:

Es ist von dem ehemaligen Polizeipräsidenten Howard Vin= cent bestätigt worden( Pall Mall Gazette " vom 13. Juli 1887), daß es eine Anzahl heruntergekommener Frauenzimmer gibt, die diese Art Gelderpressungen gewerbsmäßig betreiben, namentlich in den Koupe's der Londoner Stadtbahn( Metropolitan Railway ).

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London , 3. April 1889.

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Sozialpolitische Rundschau.

Der Verfasser.

Ueber den prächtigen Verlauf der Becker- Feier in Genf haben wir in voriger Nummer bereits summarisch berichtet, heute sind wir in der Lage, folgenden eingehenden Bericht bringen zu können:

Am 17. März d. J. wurde das Denkmal, welches die Sozialdemokraten aller Kulturländer dem alten Johann Philipp" geweiht haben, auf dem Kirchhofe Saint George bei Genf enthüllt.

Das Denkmal selbst, welches auf dem Grabe Beckers und unmittelbar neben demt seiner treuen Lebensgefährtin errichtet ist, besteht aus einem etwa drei Meter hohen Obelist von Granit, welcher die von dem Bild­hauer Charmot lebenswahr hergestellte Büste des Verstorbenen trägt. Charmot ist noch ein junger Künstler, durch dieses Werk hat er aber seine Meisterschaft fund gethan. Der prächtige Stein ist von einer Ge­nossenschaft sozialistischer Steinmetzen unter Leitung des Genossen E 1= geli bearbeitet worden. Und es muß hier erwähnt werden, daß alle mit der Herstellung des Denkmals betrauten Personen mit Lust und Liebe und nicht um des Nußens willen ihre Aufgabe erfüllt haben- und daß in Folge dessen die Kosten vergleichsweise außerordentlich gering sind. Die Kosten sind wie schon angedeutet von Freunden und Stampfgenossen des Verstorbenen ohne Unterschied der Nationalität ge­deckt worden. So ist es denn, was es auch sein mußte internationales Denkmal, das die internationale Sozialdemo= kratie dem internationalen Vorfämpfer des Proletariats gesezt hat. Den schön polirten Granit schmücken auf allen vier Seiten Inschriften. Auf dem einen Feld die Widmung der deutschen Sozialdemokratie, der Flamländer und der Familie auf den drei anderen Feldern die Wid= mungen der Schweizer , Franzosen, Italiener, Belgier, Engländer, Nussen und Polen . Die Inschriften sind durchweg kurz, so daß eine lleber­ladung vermieden wurde.

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