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№ 29.
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Der Sozialdemokrat
Organ der Sozialdemokratie deutscher Zunge.
Briefe an die Redaktion und Erpedition des in Deutschland und Desterreich verbotenen Sozialdemokrat wolle man unter Beobachtung äußerster Borsicht abgehen lassen. In der Regel schide man uns die Briefe nicht direkt, sondern an die bekannten Decadressen. In zweifelhaften Fällen eingeschrieben.
Parteigenossen! Vergeßt der Verfolgten und Gemaßregelten nicht!
Im Namen des Paris vom Juni 1848, und vom März, April und Mai 1871, sowie des Frankreichs des Babeufs, der Blanqui und Barlin Gruß den sozialistischen Arbeitern beider Welten" diese Worte des Emblems über der Rednertribüne des S aales Petrelle, in welchem am Sonntag, den 14. Juli, die Gröffnungssigung des Internationalen Arbeiterkongresses stattfand, drücken vortrefflich den Gruß aus, der den Kongreß vom ersten Tage an befeelte. Leider nicht doch, mit Genugthuung wurde konstatirt, daß das Kongreßlokal bei weitem zu klein ist, alle Besucher zu fassen und daß es nöthig sein wird, für die späteren Sizungen sich nach einem größeren Lokale umzusehen.
Genosse Paul Lafargue begrüßte im Namen des Pariser Organisations- Komitees die auswärtigen Delegirten, ganz besonders die deut schen , deren Erscheinen in so großer Anzahl die Bedeutung des Kongresses, so groß dieselbe an sich, noch bedeutend erhöhe. Während das offizielle Deutschland und Frankreich in Rüstungen gegeneinander sich überbieten, reichen das arbeitende Frankreich und Deutschland einander die Hände und konstatiren in den Augen der ganzen Welt, daß es keine Fragen für sie gäbe, die sie nicht brüderlich und in Frieden lösen fönnten. Die französische Bourgeoisie feiere heute die Erſtürmung der Bastille, die sie zwar nicht bewirkt, deren Früchte ihr aber in den Schoß gefallen. Das Proletariat werde heute mehr ausgebeutet als zu irgend einer Zeit vorher, und darum werfen die Sozialisten der Bourgeoisie die pomphaften Menschenrechte von 1793 vor die Füße und fämpfen für eine Gesellschaft, die zu ihrer Grundlage hat die Gleichheit vor der Arbeit, den gleichen Anspruch auf Genuß.
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Es wird nun zur Wahl des Tagespräsidiums geschritten und werden einstimmig W. Liebknecht und Ed. Vaillant, ein Deutscher und ein Franzose, gewählt. Als sie auf dem Bureau Plaz nahmen und sich begrüßten, brach ein wahrer Sturm des Beifalls aus. Liebknecht übersetzt die Lafargue 'schen Ausführungen ins Deutsche und erinnert daran, daß vor 20 Jahren auf dem Basler Kongreß der Internationale die französischen Delegirten, voran der unvergeßliche Barlin, ausgerufen: das nächste Jahr in Paris ! Das nächste Jahr aber sei der brudermörderische Krieg ausgebrochen, dann sei die Kommune gekommen, und so habe der Nuf nach Paris nicht ausgeführt werden können. Nun aber, nach 20 Jahren, habe sich das Wort doch erfüllt, deutsche Arbeiter seien nach Paris gezogen, ihren französischen Brüdern die Hand zu reichen, und in dieser Friedensdemonstration erblicke auch er eines der bedeutendsten Resultate des
Kongresses.
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Liebknecht
Zu Beisitzenden werden gewählt: Lawroff, der Veteran des revolutionären Rußland , A. Co sta und H. Cipriani auch Italien sollte im Präsidium vertreten sein, und um nicht erst eine Abstimmung, d. h. Stimmenzersplitterung zu haben, wurden einstimmig beide gewählt, da zwei Vorschläge vorlagen, zu Schriftführern wurden gewählt: Leo Frankel , als einstiges Mitglied der Kommune, Ed. Anseele Gent, Ferroul- Paris , Mitglied der Deputirtenkammer, und F. Domela Nieuwenhuis- Haag.
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In Bezug auf die Mandatsprüfungs- Kommission wird beschlossen, daß jede Nation im Verhältniß ihrer Stärke auf dem Kongreß darin vertreten sein soll. Demnach haben Deutschland und Frank reich je drei, Belgien und Desterreich je zwei, die anderen Nationen je einen Vertreter in der Kommission. Gewählt werden: Geck, Geyer , Vollmar( Deutschland ), Guesde, Lavigne, Vaillant ( Frankreich ), Adler und Hybes( Oesterreich ), Slotnas und Steffens( Belgien ), Brandt( Schweiz ), Nieuvenhuis( Hol land ), Lawr off( Rußland ), Mendelssohn( Polen ), Petersen ( Dänemark ), Co st a( Italien ), Frankel( Ungarn ), Mesa( Spanien ). Die Engländer werden ihre Wahl erst vornehmen, wenn sämmtliche Delegirten angekommen sind.
Einige eingelaufene Anträge werden der noch zu bildenden Geschäftsordnungs- Kommission überwiesen. Eine Adresse des sozialdemokratischen Leseklubs„ Lessing " in Berlin wird verlesen und mit großem Beifall entgegengenommen. Es wird indessen beschlossen, die weiteren eingelaufenen Telegramme später zu verlesen. Eine längere Debatte erhebt fich über die Frage, zu welcher Tageszeit der Kongreß seine Sigungen abhalten soll. Dieselben sollen nicht den ganzen Tag ausfüllen, damit den Delegirten Zeit bleibe, Paris zu besichtigen, die Institute zu be= suchen und im freundlichen Verkehr einander kennen zu lernen. Die Franzosen wünschen, daß der Kongreß Abends zusammentrete, damit die Pariser Arbeiter, die des Tages über arbeiten, seinen Sizungen beiwohnen könnten. Von anderer Seite wird auf das Unpraktische dieses Vorschlages aufmerksam gemacht, schließlich aber von einer endgültigen Entscheidung abgesehen, bis die Lokalfrage geregelt und der Kongreß definitiv konstituirt sei.
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Werner Berlin bringt die Frage der Vereinigung mit dem Stongresse der Possibilisten zur Sprache. Er schlägt vor, eine Kommission von fünf Personen zu wählen, welche sich mit den Possibilisten behufs einer Vereinigung beider Kongresse in Verbindung zu setzen habe. Die Bereligten Sozialisten müßten zeigen, daß sie trotz alledem für eine Verschmelzung seien, damit, wenn diese nicht zu Stande komme, alle Verantwortung auf die andere Seite falle. Nachdem verschiedene Redner dafür und dagegen gesprochen, wird der Antrag bis zur defini
tiven Stonstituirung des Kongresses und bis der andere Kongreß sich geäußert, zurückgezogen. Schluß der Sitzung um 12 Uhr.
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3weite Sizung.
15. Juli.
Da immer mehr Delegirte eintreffen, hat das Komitee einen größeren Saal, 42 Rue Rochechouart, gemiethet und der Umzug wird sofort vorgenommen. Infolge der dadurch verursachten Verzögerung wurde die zweite Sitzung erst um 10 Uhr 45 Minuten eröffnet. Zunächst erfolgte der Namensaufruf der anwesenden Delegirten und die gegenseitige Vorstellung. Anwesend sind 78 Delegirte von Paris , 95 aus den französischen Departements, 6 für Rußland , 14 aus Belgien , 4 für polnische Organisationen, 2 für Schweden , 1 für Norwegen , 3 Delegirte für Dänemark , 4 für Holland , 3 für Ungarn , 2 für Spanien , 7 für Desterreich, 21 für England, 3 aus Amerika , 4 Rumänen, 8 aus Italien und 3 Vertreter für italienische Gruppen im Auslande, 7 für die Schweiz , 1 für Portugal , 1 für Griechenland , 1 für Elsaß- Loth ringen , 1 für Bulgarien ( zusammen 20 Länder durch 272 Delegirte, ohne die Deutschen ). Aus Deutschland 82 Delegirte aus allen Theilen Deutschlands , gewählt theils in öffentlichen Versammlungen, theils auf Grund zirkulirender Listen, darunter Listen mit Tausenden von Unterschriften. Unter den Deutschen sind drei Delegirte aus den Bergarbeiter distrikten, die ebenso wie Bebel, Liebknecht und verschiedene andere deutsche Genossen mit donnerudem Applaus begrüßt werden, außerdem erfolgt am Schlusse eine besondere Ovation für die deutsche Delegation. Alles in Allem 358 Delegirte, darunter 178 Franzosen und 180 Ausländer. Liebknecht macht in einer besonderen Ansprache noch einmal auf die großartige Vollständigkeit der Vertretung aufmerksam, welche die sozialistische und Arbeiterbewegung der Kulturwelt in einer Treue repräsentirt, wie kein Kongreß zuvor.
Mit Einstimmigkeit wird vorgeschlagen, für die Dauer des Kongresses ein ständiges Bureau zu wählen, in dem alle Länder vertreten sind, die aus sich die Tagespräsidenten wählen. Es werden gewählt Lafargue , Vaillant, Beffet und Lavigne, für Deutschland Bebel, Liebknecht und ein noch zu bestimmender Bergarbeiter, für Belgien und Holland de Paepe und Nieuvenhuis, für die Schweiz Brandt, für Un garn Fränkel, für Oesterreich Popp, für Polen Mendelssohn, für die skandinavischen Länder Petersen, Jeppesen und Palmgreen, für England W. Morris und El. Marr- Aveling, für Italien Costa und Cipriani, für Amerika Hales, für Elsaß- Lothringen Jaclard. Eine große Anzahl Glückwunschtelegramme aus Deutschland , Desterreich, Belgien , der Schweiz , Dänemark 2c. werden verlesen und hierauf die Sigung bis zum Abend 8 Uhr vertagt.
Dritte Sigung.
15. Juli.
Brandt( Schweiz ) eröffnet um 9 Uhr die Abendfizung mit einer Ansprache, in welcher er darauf hinweist, daß die Frage, welche den Kongreß beschäftigt, von der Schweiz ausgeht, und gibt dann ein kurzes Bild der Situation der Schweiz .
Weitere Telegramme aus Ronsdorf , Darmstadt , Glauchau , Berlin ( Maurer), Lausanne , Berlin ( Metallarbeiter), Heilbronn , Madrid , Lon don , Bergen, Nürnberg werden verlesen.
Hugh McGregor von der Amerikanischen Labor Federation verlieft eine Sympathieadresse vom Präsidenten dieser Organisation, Sam. Gompers, einen Appell zur Einigung und Organisation der Arbeiter und zu fluger und umsichtiger Tattik der Arbeiterparteien.
Ein fünfter Delegirter aus Rumänien ist eingetreten für die Sattler von Bukarest .
Lavigne verliest im Auftrag der französischen MandatsprüfungsKommission die Namen von 20 neu eintretenden Delegirten, so daß die französischer Delegirten auf die Zahl 201 fich vermehrt haben. Die Organisation der Bergarbeiter von St. Etienne erklärt ausdrücklich, daß ihr Delegat den Marristen- Kongreß besuchen soll. Nus= fische Berg- und Eisenarbeiter schreiben, daß Paul Lafargue und Frau Arten off sie auf dem Stongreß vertreten sollen.
De Paepe verliest einen Brief des Generalraths der belgischen Arbeiterpartei, der die Vereinigung beider Kongresse fordert.
Jaclard verlieft die vom Komite vorgeschlagene Geschäftsordnung: Jeder Delegirte soll auf dem Bureau Namen, Adresse und seine vertretene Organisation angeben. Die Abstimmung erfolgt gewöhnlich nach Köpfen, auf Antrag einer Nation nach Nationen. Jeder Delegirte soll möglichst durch die Kongreßordner das Wort erbitten.
Eine lange und ganz über Gebühr erregte Debatte erhebt sich über die Frage, ob nicht mehr als eine Abendsigung wie von dem Dr= ganisationskomite vorgeschlagen abgehalten werden soll. Die Pariser Delegirten wünschen, daß mindestens drei Abendsizungen stattfinden sollen. Ihr Antrag wird aber mit großer Majorität abgelehnt, da neben der einen Abendsizung noch am Sonnabend eine große öffentliche Versammlung und am Sonntag ein, Bankett stattfinden soll, welche den Pariser Arbeitern ausreichend Gelegenheit bieten, dem Kongreß beizuwohnen.
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Vierte Sizung. Dienstag Vormittag. Paris , 16. Juli. Eröffnung 10 Uhr 20 Minuten. Deville Präsident. Es wird beschlossen, daß jeder Nedner in derselben Sache nur einmal sprechen und die Nedezeit fünf Minuten sein soll, ausgenommen hiervon natürlich die Berichterstatter. Einige neue Delegationen find angemeldet, ebenso liegen mehrere Beglückwünschungsschreiben vor.
Erscheint
wöchentlich einmal
in
der
Poßfendungen
franto gegen franto. Gewöhnliche Briefe
nach England tosten Doppelporto.
20. Juli 1889.
Cost a ermahnt im Namen der italienischen Arbeiterpartei noch einmal zur Vereinigung mit dem andern Kongreß. Volders spricht im Namen der belgischen Arbeiterpartei ebenfalls noch einmal für die Vereinigung und beantragt, falls diese Vereinigung nicht stattfindet, der belgischen Partei das Mandat zur Einberufung eines Internationalen Kongresses im Jahre 1890 oder 1891 zu ertheilen, in der Hoffnung, daß es gelingen werde, alsdann dort die Einigung vorzunehmen. In gleichem Sinne sprechen Cipriani und De Paepe, welcher den Kongreß, der den Anspruch darauf erhebt, sozialistischer als der andere zu sein, auffordert, sich auch sozialistischer zu zeigen. Duprez ( Paris ) ist gegen die Vereinigung. Die fremden Sozialisten seien gekommen, das sozialistisch- revolutionäre Frankreich kennen zu lernen, nicht aber die Verbündeten von Floquet und Clemenceau : Possibilisten, Joffrinisten und Bourgeois. Er erklärt, daß er und seine Freunde auf einem solchen Kongreß alsdann schwerlich bleiben könnten. Liebknecht stellt fest, daß die Deutschen stets für die Einigung gewesen seien, und gibt einen kurzen Bericht über die Schritte, welche im Interesse der Einigung gefchehen seien. Tressort( Marseille ) spricht gegen die Vereinigung und bringt eine Resolution in diesem Sinne ein.
Morris( London ) ist ebenfalls gegen die Vereinigung, desgleichen Lavigne( Bordeaux ). Nach allem, was bisher geschehen, wäre es eine Demüthigung für diejenigen, die alles für die Einigung gethan, ihnen zuzumuthen, jetzt noch einmal denen die Hand zu bieten, die jede Verständigung zurückgewiesen und welche diejenigen, die ihr ganzes Leben der Arbeitersache gewidmet, als Verräther brandmarken wollen. Kitz( London ) spricht sich im gleichen Sinne wie Morris aus. Ein Schlußantrag wird abgelehnt.-
Nach einer langen Geschäftsordnungs- Debatte wird Schluß der Generaldebatte beschlossen.
Es liegen eine ganze Reihe Resolutionen vor, die auf die Vereinigungsfrage Bezug haben, die charakteristischsten sind die von Tressaud ( Marseille ), nach welcher von keinem weiteren Schritt zur Verschmelzung mehr die Rede sein soll, die von Domela Nieuwenhuis ( Holland ) im Namen der Holländer, Belgier und Italiener, die absolut für die Vereinigung sich ausspricht, und eine von Liebknecht, ebenfalls für die Vereinigung, aber unter ausdrücklicher Anerkennung der von der Haager Konferenz und dem französischen Organisationskomitee eingenommenen Haltung. Nach einer äußerst leidenschaftlich geführten Debatte, in der die Geister in der heftigsten Weise aufeinanderplatten, wird schließlich in Abstimmung nach Nationalitäten der Antrag Lieb= knecht mit großer Majorität angenommen. Für denselben stimmen: die Deutschen , die Engländer, die Franzosen , die Oesterreicher die Polen , die Rumänen, die Russen, die Schweizer , die Spanier , die Ungarn , der Delegirte für Elsaß- Lothringen und die Amerikaner. Die Franzosen waren fast sämmtlich für den Antrag Tressaud, schlossen sich aber, nachdem sie sich überzeugt, daß die Mehrheit der ausländischen Delegirten eine Vereinigung wünschen, um keine Zersplitterung herbeizuführen, einstimmig der Resolution Liebknecht an. Für die Resolution Nieuwenhuis stimmten die Belgier, die Dänen, mit Ausnahme des Genossen Petersen, die Holländer und die Italiener. Für die Nesolution Tressaud die Delegirten für Schweden und Norwegen .
Im Ganzen herrscht über das erreichte Resultat große Befriedigung. Es bleibt nun abzuwarten, was der andere Kongreß beschließen wird.
Sozialpolitische Rundschau.
London , 17. Juli 1889. -Der Internationale Kongreß der vereinigten Sozialisten hat, wie die Leser aus dem Kongreßbericht, den wir an erster Stelle bringen, ersehen, alle Erwartungen weit übertroffen. Niemals zuvor ist die Sozialdemokratie in so imponirender Weise an die Deffentlichkeit getreten und niemals zuvor war ihre Vertretung eine so allgemeine und ihre Stärke in den einzelnen Ländern so treu wiederspiegelnde wie heute auf diesem Kongreß. Ein triumphirendes Zeugniß für den Siegeslauf der Sozialdemokratie in allen Kulturländern, ein flammender Protest gegen die völkerverheßende Politik der heutigen Regierungen zeigt der Kongreß, daß die alte Internationale Arbeiter Assoziation, welche die Regierungen vernichtet wähnten, sich die Welt erobert hat, und daß heute, ohne äußeres Band, die Arbeiter der ganzen industriellen Weit unter ihrem Banner sich gesammelt haben, auf dem der alte Schlachtruf prangt: „ Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!"
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Die ,, Norddeutsche Allgemeine" hat die Frechheit, den Franzosen vorzuwerfen, sie hätten ihre geheimen Fonds blos deshalb vermehrt, um in Deutschland mehr Spione halten zu können. Daß die Franzosen sich gegen die deutschen Spione zu wehren haben, mit denen Frankreich , gleich der Schweiz , überschwemmt ist, das sagt die Norddeutsche" natürlich nicht. Pindter- Bismarck und Bismarck- Pindter leben offenbar in der glücklichen Einbildung, die Franzosen seien mit Blindheit geschlagen oder könnten nicht lesen, und das monströse Anschwellen des preußischen Spizelthums sei von ihnen nicht bemerkt worden.
Als vor einigen Jahren die französischen Spionenprozesse in Deutsch land vor und von dem Reichsgericht mit berechneter Ostentation aufgeführt wurden, seßten wir auseinander, daß es sich um eine raffinirte Provokation handle, und daß Herr Bismarck der letzte sei, welcher ein Recht habe, sich über französische Spionage zu beschweren, denn auf jeden französischen Spion in Deutschland fämen zum mindesten zwei und mehr deutsche in Frankreich . Daß dies richtig, wird heute von Niemanden mehr bezweifelt. Jene Spionenprozesse, zu deren feierlicher Inszenirung sich das Reichsgericht hergab, waren der Ausfluß zynischfter politischer Heuchelei und hatten feinen anderen Zweck, als die Franzosen gegen die Deutschen und die Deutschen gegen die Franzosen zu reizen. Wenn auch die„ Spionenriecherei" in Frankreich sehr häufig übertrieben war und einen komischen Eindruck machen mußte,