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Nummer erwähnte Artikel der Züricher Arbeiterstimme" über die Lage| der russischen und polnischen Fabrikarbeiter einen sehr interessanten Beitrag.
Der Arbeitstag ist in Rußland erheblich länger als in Polen . Er beträgt in Nordrußland 14 bis 16 Stunden, in manchen Distrikten sogar bis zu 18 Stunden. In Mittelrußland beträgt der Arbeitstag in der Regel 14 Stunden, im Minimum 12 Stunden. Der Durchschnitt für die gesammte Fabrik- und Werkstättenindustrie beträgt in Rußland 13 Stunde, in Polen dagegen nur 121/2 Stunde. Freilich hat der russische Arbeiter einige Feiertage mehr als der polnische, aber diese machen die Differenz nicht wett. Der russische Arbeiter ist das Jahr 285,8 Tage thätig, der polnische dagegen 292 Tage. Multipliziren wir aber die erste Zahl mit 132, die zweite 122, so erhalten wir für den russischen Arbeiter 3858,3, für den polnischen 3650 Arbeitsstunden im Jahr, für den ersteren 208,3 Stunden, d. h. über 15 Arbeitstage mehr. Wie steht es nun mit dem Arbeitslohn?
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Der Verdienst eines Arbeiters", schreibt der Verfasser C. Kanemanist in Polen bedeutend höher als in Rußland . Den höchsten Lohn erreichen in Polen die Arbeiter in den Wollspinnereien. Durchschnittlich verdient da ein Mann 25,5 Rubel*) int Monat, eine Frau 16 Rubel. In den Baumwollspinnereien, Leinenfabriten, allerlei Webereien, Färbereien, Tuchfabriken und Metallfabriken beträgt in Polen der Lohn im Durchschnitt: für einen Mann 20 Nubel im Durchschnitt im Monat, für eine Frau 15,3, für ein Kind 8,8 Rubel. In den Baumwoll- und Wollspinnereien arbeiten 40 Prozent der Arbeiter vom Stück. In den Thier- und Holzverarbeitungsfabriken, Branntweinbrennereien, Brauhäusern, Glashütten und chemischen Fa= briken beträgt der durchschnittliche Lohn eines Mannes nur 17 Rubel im Monat, für eine Frau 14, für ein Kind 6 Rubel. Den niederigsten Lohn erhalten in Polen die Arbeiter in den Kalf- und Ziegelfabriken in den Zuckerfabriken und allen anderen Fabriken. Im Monat 27 Arbeitstage gerechnet, verdient da ein Mann, bisweilen mit Wohnung monatlich bis 8 Rubel 80 Kopefen, eine Frau bis 5 N. 24 Sop., die Knaben 3 R. 60 Kop. und die Mädchen 2 N. 80 Kop.
Der durchschnittliche Verdienst eines Mannes im Verhältniß zu dem einer Frau, der Knaben und Kinder, kann man daher in Polen ( wenn wir den Verdienst eines Kindes als Einheit annehmen), in den Zahlen 2,6 1,6 1,2: 1 ausdrücken, d. h. der Verdienst eines Mannes ist beinahe zweimal so hoch, wie der einer Frau und beinahe dreimal so hoch wie der eines Kindes und der durchschnittliche Verdienst einer Frau ist 12 Mal höher, als der Verdienst eines Kindes. Es ist hiernach sehr begreiflich, wenn die Fabrikanten so häufig die Kinderarbeit vorziehen. Sie machen dabei einen bedeutenden Gewinn.
In Rußland sind die Lohnverhältnisse, wie gesagt, noch schlimmer. Den höchsten Lohn erreichen die Arbeiter auch da in den Wollspinnereien. In dieser Industrie und in den Maschinenfabriken ist der durchschnittliche Verdienst eines Mannes 20 Rubel per Monat, einer Frau 15 Rubel. In allen andern Industriezweigen, außer in Zuckerfabriken und Ziegelbrennereien, in denen in Rußland der Lohn noch viel niedriger ist, beträgt der durchschnittliche Verdienst eines Mannes 15,2 Rubel monatlich, d. h. weniger als in Polen die Frau verdient, einer Frau 8 Rubel 80 Kopeken, eines Kindes 5 N. 50 Kop. Im Durchschnitt ist der Verdienst eines Mannes in Polen um 32 Prozent höher als in Rußland , der Verdienst einer Frau um 75 Prozent, eines Kindes um 63 Prozent. Der höhere Kulturgrad des polnischen Arbeiters im Vergleich mit dem russischen Arbeiter, einerseits seine größeren Bedürfnisse, andererseits seine höhere spezielle Fähigkeit haben, wie die Statistik beweist, einen wesentlichen Einfluß auf seine günstigeren Lohnverhältnisse. do odfailor Wenn nun freilich zugegeben werden muß, daß der polnische Arbeiter trogalledem nicht viel besser daran ist, als der russische Der letztere so ist das für die vorliegende nährt sich eher besser, als der erstere Frage von nebensächlicher Bedeutung. Die Hauptsache ist und steht fest: der polnische Arbeiter arbeitet weniger lange als der rusfische, er bezieht einen höheren Lohn, und troßdem ist die polnische Industrie durchaus fähig, mit der russischen zu konturriren, so daß diese sich hinter immer höhere Schußzölle zu verschanzen sucht. Troß des Schußzolles, der seitens der russischen Regierung auf die polnischen Fabrikate immer höher aufgelegt wird, schickt das Königreich Polen bis auf den heutigen Tag 52,1 Prozent seiner Erzeugnisse nach Nußland, besonders nach Süd- und Nordrußland, und den vorzüglichsten Absatz finden dort die Woll- und Baumwollfabrikate. Ein schlagender Beweis gegen Alle wider die Verfürzung der Arbeitszeit gemachten Einwänder wenigstens soweit sie sich auf die Frage der inter = nationalen Konkurrenz beziehen.
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Massenausweisungen brutalfter Art werden aus Genf gemeldet. Gegen 80 Personen: Nufsen, Polen , Franzosen , Italiener, sind bereits dem Ordnungsfanatismus der Genfer Polizei zum Opfer gefallen. Die Ausgewiesenen, schreibt man dem Bieler Anzeiger", find theils Studenten, theils ansässige Gewerbetreibende, die schon Jahre lang ihrem Erwerb in Genf nachgehen, theils Schriftsteller, unter ihnen der Redaktor der gemäßigt liberalen russischen Zeitschrift ,, La Russie libre", sowie der rühmlichst bekannte Gelehrte Plechanoff. Begründet ist die Ausweisungsordre mit der angeblich anarchistischen Gesinnung der Betroffenen; gewiß sehr sonderbar, wenn man weiß, daß die Ziele der russischen Bewegung die Schaffung einer rein fonstitutionellen Verfassung bilden.
" Der Gewährsmann des„ Bieler Anzeiger", schreibt dazu der Grüt lianer",„ der diefe Mittheilung macht, nennt dies Vorgehen beispiellos", aber man hat sich bei uns allmälig derart an solche Sachen gewöhnt, daß fast kein Hahn mehr darnach fräht, wenn noch so auffallende Ausweisungen erfolgen. Das freiheitliche Gewissen ist abge= stumpft und Diejenigen, die es wacherhalten möchten, liebt man heute als Vaterlandsfeinde in Acht und Bann zu thun...
Das stimmt, soweit das Bürgerthum in Betracht kommt; um so größer die Pflicht der Arbeiter, sich aufzurütteln und die Fahne der Freiheit unter allen Umständen hochzuhalten eine Freiheits= wacht zu bilden zum Schuß und Truß gegen Vergewaltigungsbestrebungen. Sage man nicht, daß die Arbeiter dazu noch zu schwach sind. Sie sind es nicht, sie können viel, sehr viel, wenn sie nur wollen.
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Sprechende Zahlen. In dem Jahrzehnt vom 1. Januar 1879 bis zum 1. Januar 1889 ist in Preußen die Zahl der fest stehen= den Dampfkessel um 45 Prozent, der feststehenden Dampf= maschinen um 51,2 Prozent und ihre Leistungsfähigkeit ( nach Pferdekräften berechnet), um 70 Prozent gestiegen. Noch größer ist die Zunahme der meist in der Landwirthschaft, bezw. in landwirthschaftlichen Betrieben zur Verwendung kommenden beweglichen Dampftessel und Lokomobilen. Dieselbe beträgt 118 pct., während ihre Leistungsfähigkeit sich sogar um 136 pt. ber= mehrt hat. Man kann daraus ersehen", bemerkt zu diesen Angaben die Berliner Volkszeitung", in welch' wachsendem Umfange sich auch die Landwirthschaft solcher modernen technischen Hilfsmittel für ihren Betrieb bedient, und wie sehr dadurch namentlich der landwirthschaftliche Großbetrieb seine Kosten ver= ringert. Von besonderem Interesse ist es deshalb auch, speziell für die östlichen Provinzen, also für die Gebiete des vor= herrschenden Großgrundbesizes und des zunehmen= den Arbeitermangels die einschlägigen Verhältnisse festzustellen. Für ganz Preußen beträgt, wie schon bemerkt, die zehnjährige Steigerung der Leistungsfähigkeit 136 pCt. Dagegen nun für die Regierungsbezirke Königsberg 355 pCt., Gumbinnen 465 pCt., Danzig 289 pt., Marienwerder 258 p6t., Posen 157 pCt., Bromberg 198 pCt., Breslau 293 pCt., Oppeln 170 pCt., Liegnig 64 pCt., Stettin 61 pCt., Cöslin 94 pCt., Stralsund 88 pct., Frankfurt a. O. 109 pCt., Potsdam 102 pCt. Für diese fünf Provinzen zusammen( ohne Berlin ) beläuft sich die Steigerung auf 159 pCt.( nämlich 54 463 Pferdekräfte in 1889 gegen 21 018 in 1879), während sie für alle übrigen Provinzen( wiederum ohne Berlin ) nur 110 pCt. ausmacht( nämlich 53 565 Pferdefräfte in 1889 gegen 25 538 in 1879). Für den Fortschritt, den der landwirthschaftliche Betrieb gerade im Osten gemacht hat, ist das gewiß charatteristisch."
Das stimmt. Die Herren Landjunker haben in einer Hinsicht etwas gelernt und die Millionen und Abermillionen, die ihnen der„ Racker von Staat" in den Schooß geworfen, haben ihnen die Mittel dazu geliefert,
sich in einer Weise technisch auszurüsten, daß der Bruder Bauer huen gegenüber hoffnungslos die Segel streichen muß.
Wer übrigens daraus, daß die Vermehrung der feststehenden Dampftessel nach den obigen Zahlen sich als geringer darstellt als die der beweglichen, den Schluß ziehen wollte, daß die eigentliche industrielle Produktion doch recht langsam fortschreite, der vergißt, daß es sich hier um Verhältnißzahlen handelt, die bei kleineren Grundzahlen natürlich viel erheblicher erscheinen als bei größeren. Thatsächlich ist auch die Zunahme der feststehenden Dampffessel eine ganz furz, die Konzentration der Produktion hat in Industrie und Landwirthschaft im letzten Jahrzehnt rapide Fortschritte gemacht und es würde wider die Natur der Dinge sein, wenn diese Zunahme nicht in einem entsprechenden Wachsthum der sozialdemokra= tischen Stimmen ihren lebendigen Ausdruckfände.
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Sollen fich an die eigene Nase fassen. Die deutsche Reptilpresse", schreibt man uns, verdreht tugendhaft die Augen, weil der Prozeß gegen Boulanger parteiisch" geführt worden. Parteiisch, mag sein. Aber immerhin war das Belastungsmaterial ein so mäßiges, daß der Angeklagte unter gleichen Verhältnissen in Deutschland von sogen. „ gerechten deutschen Richtern" zwanzigmal verurtheilt worden wäre.
Wenn unsere Reptilblätter so grimmige Feinde der Parteilichkeit vor Gericht sind, warum fegen sie nicht lieber an der eigenen Thüre und beschäftigen sich mit den Hunderten von Sozialistenprozessen der lezten Jahre Prozessen, in denen zum größten Theil gar kein juristisch brauchbares Belastungsmaterial vorlag und in keinem Fall, ohne die schamlose Parteilichkeit der Richter oder der Gesetzgebung und Regierung( Ausnahmegesez) eine Verurtheilung möglich gewesen wäre? Der Parteilichkeit der Gesetzgeber und Regierer, die das parteiische Sozialistengeseß machten, dient der Parteilichkeit der Richter als Wertzeug. Die meisten deutschen Richter sehen ihre Aufgabe nicht mehr darin, wirkliche Vergehen und Verbrechen nach dem bestehenden Gesetz ab= zuurtheilen, sondern den Gegnern der Gewalthaber imaginäre Vergehen und Verbrechen anzu dichten, und eine juristische Formel für die Verurtheilung von Männern zu finden, deren einziges wirtFiches Vergehen oder Verbrechen darin besteht, daß sie Gegner der Gewalthaber sind. Bei diesem ihrem Geschäft der Verfertigung und formell- forrekten Aburtheilung fünstlicher Vergehen entwickeln manche unserer sauberen Richter einen Scharfsinn und eine Erfindungsgabe, die, auf ein besseres Ziel hingerichtet, unsere Anerkennung verdienen würden. Jene Dresdener Richter zum Beispiel, die jüngst aus der einfachen Aufhissung einer rothen Fahne( vermitteſt einer Armbrust wurde am Bolzen ein Faden über einem Telegraphendraht emporge= schossen) Er st ens versuchte Sachbeschädigung, 3 weitens versuchte Betriebsstörung, Drittens Schießen an öffentlichen Orten, herausdestillirten und die Urheber dieser drei enormen Vergehen zu 5 bis 10 Monaten Gefängniß verurtheilten, haben sicherlich in ihrer Art ein kleines Meisterstück geliefert. Wie sie ihr Hirn abgequält haben mögen, ehe die drei Verbrechen richtig zurecht gekocht waren! Und die Vertheidiger solcher Justiz- Infamien wollen über die Verurtheilung Boulangers zetern!
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Der Krieg eine Erfrischung. Kürzlich ist der vierte Band der unter dem Titel„ Unter den Hohenzollern " herausgegebenen„ Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Generals von Oldwig von Namer" eines liberal angehauchten Freundes des alten Wilhelm, welch Letz= terer bekanntlich während der Manteuffel'schen Epoche Anfangs der fünfziger Jahre mit der- liberalen- Opposition tokettirte, erschienen.
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In einer Besprechung dieses Buches in der" Frankfurter Zeitung " finden wir u. A. folgende, den späteren Heldengreis auf's deutlichste charakterifirenden Zitate aus Briefen desselben:
Ein Jahr später drohen die orientalischen Wirren. Der Prinz glaubt nicht, daß es zum Schlagen kommen wird, er schreibt an Nazmer ( 26. März 1853): Man wird sich noch etwas mit Noten bombar=
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diren und dann die Flotten wieder einlaufen lassen. Für uns Soldaten, die doch auch gern etwas Resultat so langer Friedensvorbereitungen sehen möchten, wird die Zeit zu lang; man wird nicht jünger und so werde ich mich wohl mit der Badener Episode ( d. h. die Niederkartätschung der badischen Freiheits= tämpfer) begnügen müffen. Meinem Sohne dürfte es anders beschieden sein. Als 1857 aus dem Neuenburger Putsch ein Konflikt zwischen Preußen und der Schweiz zu entstehen droht, empfindet der Prinz, der eben sein fünfzigjähriges Militär- Dienstjubiläum ge= feiert hat, es fehr schmerzlich, daß der Oberbefehl über das gegen die Schweiz bereit gehaltene Heer dem General von Gröben übertragen worden ist.„ Gedenken Sie", schreibt er an Nazmer, in dieser Zeit des gefeierten Jubilars, zugleich theilnehmend des zu Hause ge= Lassenen Feldherrn wegen G.!" Refignirt und verstimmt antwortet er im folgenden Jahre( 1858) auf die Glückwünsche des Freundes zu seinem Geburtstag:" Wenngleich ich Ihre Wünsche gern annehme, daß es mir wie Nadeßky gehen möge, so glaube ich doch nicht, daß mir das Loos beschieden sein wird, denn der Krieg für Preußen scheint abgeschafft zu sein und ein 42jähriger Friede macht die Waffen zu demfelben stumpf! Der Trieb in der Armee ist gewiß noch außerordentlich groß, aber der Geist erlahmt doch, da nirgens eine Erfrischung möglich ist, wie sie nur der Krieg gibt."
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Daß der alte Wilhelm" Soldat mit Leib und Seele" war, ist be kannt, aber in der„ loyalen Presse" und dieselbe reicht weit in die bürgerliche Demokratie hinein, wird er daneben als ein " Friedensfürst" gefeiert, der sich nur widerstrebend der Nothwendigkeit Strieg zu führen, gefügt habe. Hier, in seinen vertrauten Briefen, zeigt sich der„ Kartätschenprinz" aber in seiner wahren Gestalt, die„ Soldatennatur" offenbart sich als Landsknechts natur er sehnt sich nach dem Krieg um nichts als des Krieges willen. Welche brutale Denkart dazu gehört, vom Krieg als einer„ Erfrischung" zu reden, brauchen wir nicht erst des Weiteren darzulegen, wer aber uns erwidern wollte, daß diese„ Erfrischung" eben mit der Zeit für die Armeen eine Nothwendigkeit werde, sollen dieselben nicht geistig„ er= lahmen", der würde weiter nichts beweisen als die absolute Ge= meingefährlichkeit der stehenden Armeen.
Wilhelm II. versäumt keine Gelegenheit, seine vollständige Ideengemeinschaft mit seinem in Gott ruhenden Herrn Großvater" zu be= theuern. Kein Zweifel, daß auch er dessen Auffassung über den Strieg theilt. Läge nicht der Knüppel beim Hunde das deutsche Volk würde wahrscheinlich schon den Segen dieser Erfrischung" genießen.
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Eine ,, Ehrenrettung". Die Wiener Arbeiterzeitung" hatte fürzlich darauf aufmerksam gemacht, daß ein Theil der„ Ausnahmeverordnung" betr. die anarchistischen Vergehen nicht erneuert worden seinämlich der Theil, der für die anarchistischen Vergehen die Geschworengerichte in gewissen Bezirken außer Wirksamkeit seẞt daß also Wien vom 1. August d. Is. eine Ausnahmsbestimmung weniger habe. Das Berliner Volksblatt" bezog diese Notiz irrthümlich auf die ganze Ausnahmeverordnung über die anarchistischen Verbrechen und schrieb aus diesem Anlaß einen Artikel„ Ein Ausnahme= gefes weniger", worin die österreichische Regierung für ihre politische Einsicht gelobt und andern als Muster hingestellt wurde. Das veranlaßt die Arbeiterzeitung" in ihrer neuesten Nummer zu einer sehr launigen Ehrenrettung", die als Charakteristik der österreichischen Rechts- und Polizeizustände auch in unserm Blatt einen Plag beanspruchen darf.
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Die österreichische Politik", schreibt unser Bruderorgan, hat etwas so spezifisch Desterreichisches" an sich, daß, wenn österreichische Verhältnisse in einem österreichischen Blatte besprochen werden, die Landesfremden dasjenige mißverstehen oder garnicht verstehen, was jedem Desterreicher ganz klar ist. So bemühte sich Schreiber dieses einmal, einem reichsdeutschen Genossen klar zu machen, was das Recht der Interpellation bedeute, das jeder Abgeordnete unseres Reichsraths habe. Der Mann wollte absolut nicht begreifen, daß es für das Parlament ein Recht zu fragen geben könne, welches verträglich sei mit dem Recht der Regierung nicht zu antworten; es war ganz unmöglich, ihm beizubringen, daß dieses Recht der Interpellation trotzdem sehr to st bar sei, daß es aber der Regierung ganz unerträglich werden würde, wenn sie die Interpellation auch beantworten müßte. Derlei versteht eben nur ein Desterreicher."
Die Arbeiterzeitung" schildert nun den Irrthum des„ Volksblatt" und fährt dann fort:
".... Desterreich gehört nicht unter die wilden" Völker ohne Aus
nahmegesetz. Nur ist's bei uns kein Gesez das beschlossen werden muß und diskutirt; sondern Verordnung"," Verfügung" heißt das Ding. Und wenn wir heute um ein Ausnahmegesetz weniger" haben, so genügt das Andere, um unsere Zustände mindestens ebenso zivilifirt" zu gestalten wie die deutschen . Ja, hätten wir selbst diese nicht unsere Staatsgrundgeseze, unsere glorreichen Errungenschaften der liberalen Aera genügen vollauf, um jedes freie Wort zu unterdrücken, um jede Versammlung zu verbieten, um jeden Verein aufzulösen, um mit einem Worte jede mißliebige politische Bewegung auf so lange absolut zu knebeln, als das wünschenswerth erscheint. Ein Beispiel: In Brünn herrscht heute nicht der geringste Ausnahmszustand. Aber Brünn besitzt einen Staatsanwalt, der noch immer nicht pensionsfähig" ist, obwohl er nach unserer Ansicht längst„ pensionswürdig" ist. Dieser Herr duldet einfach den Sozialismus nicht in der Brünner Presse das Hainfelder Programm konfiszirt er; der österreichische Sozialismus ist vernichtet. Die Resolution des Pariser Kongresses hat einen prinzipiellen ersten Theil, der die sozialdemokratischen Ideen zusammenfaßt. Der Brünner Staatsanwalt tonfiszirt mit größter Seelenruhe, was in aller Welt, in allen Sprachen gedruckt und verbreitet wird. Für Brünn ist auch der internationale Sozialismus vernichtet. Also wozu Ausnahmsgeseze, wenn wir über solche Grundrechte und solche Staatsanwälte verfügen.
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Dabei besteht jene Ausnahmsverfügung, welche der Polizei gestattet, in den wichtigsten Bezirken Zeitungen einzustellen, Vereine aufzulösen, Versammlungen zu verbieten, Menschen auszuweisen ohne richterliches Urtheil, ohne Rekursinstanz ganz nach freient polizeilichem Ermessen. Diese Verfügung besteht weiter und wird be
nußt.
Sollte aber wieder das Bedürfniß gefühlt werden, Zeitungsschreiber subjektiv zu verfolgen, um sie einzusperren, und sollte man zufällig ein Haar darin finden, sie zu dem Zwecke vor die Geschworenen zu stellen, so ist das ganz gewiß ein„ allerschwerwiegendster Grund" zur Aufhebung der Geschwornengerichte und die Verordnung fann täglich erlassen werden. Man sieht, unsere Freunde in Berlin habent entschieden Unrecht, wenn sie Oesterreich zu den wilden Ländern" rechnen, wo es kein Sozialistengesetz gibt. Wir waren unserm Vaterlande diese Ehrenrettung schuldig."
Und Jedermann wird uns zustimmen, wenn wir der„ Arbeiter= zeitung" das Zeugniß geben, daß noch nie eine Ehrenrettung so überzeugend ausgefallen ist wie diese.
- Zum Schlußstein der großen prenßischen ,, Sozialreform" lesen wir in deutschen Blättern:
Wie viele von den Versicherten haben Aussicht, Alters= rente zu genießen? Nach den, der voraussichtlichen Anzahl von Altersrentnern, zu Grunde gelegten Nachweisen der jüngsten Berufs= zählung gibt es in Deutschland Arbeiter und resp. solche Personen, welche Arbeiter waren, von 70 und mehr Jahren: männliche 70 Jahren 19,172
von
zuſammen
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27,482
081-1719
16,048
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4,605
14,910
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7,598
3,510
11,108
08
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2,685
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1,932
5,338
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2,136
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3,385
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735
1,935
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493
1,327
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37,119
117,088
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Die Zahl der zu versichernden Personen beläuft sich auf mehr als 11 Millionen. Es kommt somit auf je 100 Versicherte durchschnittlich 1 Altersrentner. Demnach haben von 100 Arbeitern immer 99 die tröstliche Aussicht, vom 16. Lebensjahre bis zu ihrem Tode Beiträge zahlen zu müssen, ohne in Bezug auf Altersrente die geringste Gegenleistung erwarten zu dürfen."
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Und von denen, die die so lächerlich karg bemessene Gegenleistung erhalten, stirbt über die Hälfte schon im Lauf der erst eit zwei weiteren Jahre. Nach fünf Jahren ist die Zahl aber so zusammengeschmolzen, daß auf je 1000 Versicherte nur noch zwei Alters, rentiers" kommen. In der That, die Krönung des Schwindels.
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,, Recht voor Allen" antwortet in seiner Nummer vom 22. August auf unsern Artikel in Nr. 33 leider in dem gleichen ge= hässigen Ton, den wir an seinem ersten Artikel bereits zu bedauern hatten. Unsern Ausführungen wird ein Sinn unterstellt, der ihnen absolut fern. lag- u. A. so unserer Bemerkung über den muthmaßlichen Verfasser des ersten Artikels*) und in gleicher Weise werden die Vorkommnisse auf dem Kongreß behandelt. So Lafargue's Antrag am Donnerstag, mit dem Verlesen der Berichte aufzuhören und zur Debatte der Anträge überzugehen. Er sei gestellt worden, nachdem über Deutsch land , Frankreich , England Bericht erstattet,„ der Rest zählte nicht mehr, felbst Amerika und Rußland nicht." Thatsächlich hatte am mittwoch Abend bereits 2 a wr off über Rußland gesprochen, am Donnerstag Vormittag Dr. Adler über Desterreich. Wer immer die Artikel im„ Necht voor Allen" schreibt, ist es zu viel ver= langt, daß er wenigstens wenn nicht den Personen, so doch den Thatsachen Gerechtigkeit widerfahren läßt?
Was aber hat die ganze Streiterei, das nachträgliche Herumklauben an Einzelheiten für einen Sinn? Fehler sind gemacht worden Niemand leugnet das, nicht allen Wünschen ist entsprochen worden. ist das ein Grund, die Absichten zu verdächtigen? Nehmen wir z. B., weil Recht voor Allen" noch einmal darauf zurückkommt, die Ver= einigungsfrage. Glaubt es wirklich, daß das Resultat in Bezug auf diese ein anderes gewesen wäre, wenn der Kongreß statt der Liebknecht= schen die Nieuwenhuis'sche Resolution angenommen hätte? Oder hat nicht gerade das Schicksal der Vereinigungsanträge auf dem Possibi= listenkongreß bewiesen, daß die letztere dort genau ebenso be= handelt worden wäre, ja thatsächlich behandelt worden ist, als die erstere? Es ist also auch von diesem Gesichtspunkt aus höchst zwecklos, über die von Liebknecht beantragte Resolution nachträglich zu mäkeln. Also noch einmal, was sollen diese nachträlgichen Angriffe? Die Einigkeit herstellen, deren Scheitern in Paris R. v. A.", und wir mit ihm, bedauern? Diese Art der Polemik ist sicher nicht dazu ange= than. Wir gehören nicht zu denen, die ein offenes Aussprechen vor= handener Meinungsverschiedenheiten verpönen im Gegentheil, wir halten es für zehnmal besser als das ewige Vertuschen, damit nur die Gegner nichts davon merken" aber eine Polemik unter Genossen soll, bei aller Schärfe, nie in Gehässigkeit ausarten. Nur unter diefer Bedingung wird sie der Sache zum Heile gereichen.
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Die Londoner Justice" bemußt unsere Auseinandersetzung mit Recht voor Allen", sich auf's Neue an uns zu reiben. Wir werden ihr antworten, wenn sie sich das Lügen und Verläumden wird abgewöhnt haben.
Das Wahnsinnige in den europäischen Zuständen wird treffend dadurch illustrirt, daß Etwas, was stets und überall ein Unglück für die davon betroffenen Völfer galt, ihnen heute zum Segen gereicht! In Rußland ist nämlich die Ernte sehr schlecht ausgefallen, und das ist, wie die Politiker sagen, die kräftigste Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens. Denn wenn die Magazine und Speicher feer sind und das Vieh wegen Mangel an Nahrung geschlachtet werden muß, werde der Zar den Säbel in der Scheide lassen müssen.
*) Wir hatten ausdrücklich erklärt, daß wir deshalb Werth darauf legten, festzustellen, daß Domela Nieuwenhuis nicht der Verfasser sei, weil dieser auf dem Kongreß der Vereinigten Sozialisten gewesen, Fortuin aber auf dem der Possibilisten, also nur von Hörensagen urtheile. Recht voor Allen" stellt die Sache aber so hin, als gelten bei uns überhaupt nur die Führer, während wir die übrigen Genossen als „ eine Heerde Schafe betrachten".„ Necht für Alle?"