hat, daß mithin der reaktionäre Ansturm unter hochkonservativer und demagogisch- boulangistischer Fahne zurückgeschlagen ist, und daß die Wählermasse jedoch gleichzeitig allen alten Parteien ohne Ausnahme ein nicht abzuleugnendes Mißtrauensvotum ertheilt hat. Letzteres tritt in dem Unistande zu Tage, daß alle Parteien hervorragende Führer auf der Wahlstatt gelassen, oder daß dieselben erst von den Stich­wahlen eine Ertheilung des Mandats zu erwarten haben. Verschiedene Stockkonservative und zwar sowohl solche, welche des Erfolgs wegen mit dem boulangistischen Strome schwammen, wie solche, welche den streng royalistischen Standpunkt vertraten, sind glänzend durchgeflogen, mehrere bonapartistische Matadore ziehen nicht wieder in das Palais Bourbon   ein, der Boulangismus hat etliche seiner schönsten Zierden" verloren, die Opportunisten bejammern die Schlappen etlicher Größen, und den Radikalen geht es um kein Haar besser. Welche Illustration für den Niedergang der äußersten Linken, daß Männer wie Clemenceau  , Belletan, Floquet, Lockroy 2c. in die Stichwahl kommen!

Die Erscheinung ist sicherlich keine zufällige, sie hat ihre große Be­deutung, namentlich wenn man ihr die Thatsache gegenüberstellt, daß von den bereits im ersten Wahlgange ernannten Deputirten eine relativ starke Anzahl, 166 Neue" find, d. h. Persönlichkeiten, welche nicht der letzten Kammer angehörten. Der Wähler möchte sich gern die po­Titischen Macher vom Halse schaffen, die ihn seit 19 Jahren unter ver= schiedenen Etiketten genasführt haben.

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Im Allgemeinen ist so der Triumph der Republik durch den Miß­kredit beeinträchtigt, den sich die offiziellen Republikaner zugezogen haben, und der auch die Erfolge erklärt, welche die antirepublikanische Reaktion hier und da erfochten hat. Die Provinz hat sich nach wie vor als günstiges Terrain für die politische Bauernfängerei erwiesen, und in Paris   hat die Tölpelet der Herren Regierungsrepublikaner" die Be­völkerung richtig in eine so unsinnige Proteststimmung geheßt, daß die Boulangistischen Kandidaten, der brav' general" an der Spize, noch immer eine starke Anzahl von Stimmen erhalten haben, wenn dieselbe auch seit dem 27. Januar um über 80,000 zurückgegangen ist. Am Erfolgreichsten gehen relativ die Opportunisten aus dem Wahlkampfe hervor, aber man würde sich kolossal irren, wollte man die Thatsache als ein Vertrauensvotum des Landes für die Vertreter der republikanischen Sumpfpolitit auffaffen. Die Thatsache erklärt sich weit einfacher dadurch, daß die Opportunisten vor und während der Wahlperiode das Ruder in den Händen hatten und einen Hochdruck der Wahlbeeinflußung ausüben konnten, wie derselbe kaum jemals stärker geübt worden ist. Abgesehen von der schamlosesten Wahl­reklame zu Gunsten der opportunistischen Regierungsmänner stand der administrative Druck in der schönsten Blüthe, und das Versprechen des traditionellen Tabatbureaus für geleistete Dienste war zur Höhe einer Einrichtung erhoben worden. Dazu tam, daß die Wiedereinführung der Wahlen nach Bezirken der Kirchthumspolitik Thür und Thor   öffnete und die weiteste Spekulation auf Kleinliche Lokalinteressen ermöglichte. Wie wenig ernstlichen Grund die Opportunisten haben, sich durch die erhaltenen Stimmen als moralisch freigesprochen und von Lande er foren hinzustellen, belweist am besten der von Jules Ferry   in St.   Die ( Bogejen) gegen alles Erwarten erlittene gründliche Durchfall. Daß der Hohepriester des Opportunismus von einer Bevölkerung fallen ge­lassen ward, deren weise Mäßigung und ruhige lleberlegung" vom Temps" und andren Organen bisher in den Himmel erhoben wurden, das ist die schimpflichste ntoralische Verurtheilung, welche ihm beige­bracht werden konnte. i am fod bolted GN Die sozialistischen   Fraktionen Frankreichs   haben bei den Wahlen eine höchst unbedeutende Rolle gespielt, und dies nicht nur Dank der eigenthümlichen Situation, welche alles Interesse in Boulangismus und Antiboulangismus absorbirte, sondern auch in Folge ihrer Schwäche und mangelhaften Organisation oder mangelnder Klarheit.blogg Die Possibilisten traten zwar mit eignen Kandidaten in den Wahl­kampf, allein der ganzen Haltung der Parteiführer gemäß trat der Charakter der Klaffentandidatne hinter dem des einseitigsten Antibon­Tangismus zurück. Die für die possibilistischen Saitdidaten abgegebenen Stimmen lassen deshalb auch nur einen sehr ungenauen Schluß auf die Stärke der Partei zu, da die Mehrzahl von ihnen nicht den Ber­tretern der possibilistischen Partei, sondern den Schildträgern des Anti­boulangisntus gewährt, wurde. Den ungefälschtesten Ausdruck fand die Situation in dem Wahlbezirk Clignancourt, wo der Possibilist Joffrin der offizielle Vertreter des Antiboulangismus gegen den General selbst war und von bürgerlicher Seite aus feinen Gegenkandidaten hatte; und trotzdem find es nur 5500 Stimmen, die Joffrin gegen Boulanger aufbrachte, der über 8000 erhielt. Dies erklärt die von sämmtlichen Zeitungen konstatirte Thatsache, daß im Wahlbezirt Clignancourt die Betheiligung der Arbeiter an der Wahl eine schwache war, während das Kleinbürgerthum mit großem Gifer stimmte. Die Präfeftur hat allerdings die für Boulanger abgegebenen Stimmen für ungiltig erklärt und Joffrins Wahl proklamirt, allein trop des Triumphs der Possibiliften bleibt unbestritten, daß Joffrin eine empfindliche moralische Niederlage erlitten, die dadurch nicht verwischt wird, daß der possible listische Führer sein Mandat nicht aus den Händen der Wähler, son­dern der Präfektur annimmt. Daß er es überhaupt thut, macht unter der Arbeiterbevölkerung Clignancourts und von Paris   überhaupt viel­fach böses Blut. Allgemein wird die Ansicht laut, daß Joffrin das Mandat nicht annehmen durfte, sondern auf eine Neuwahl gehen mußte, der jedoch dieser wohlweislich in der festen Ueberzeugung aus weicht, dann eine furchtbare Niederlage zu erleiden. Außer Joffrin haben noch zwei andre Possibilisten, Chabert und Dumay, Aussicht, bei den Stichwahlen mit Hilfe der bürgerlichen Republikaner   in die Kant= mer zu kommen. Die republikanischen Gegenkandidaten der Genannten find bereits zurückgetreten, geradeso wie die Poffibilisten, in mehreren Wahlbezirken ihre Standidaten vor den bürgerlichen Republikanern zu ridgezogen haben...( Hier folgt die Zusammenstellung der sozialistischen  Wahlstimmen, die wir bereits in voriger Nummer gebracht. Red.) Daß Baillant im Viertel Père- Lachaise   gleich im ersten Wahlgange unter­legen, ist nicht nur dem Umstand zuzuschreiben, daß die Boulangisten mit Aufgebot aller Kräfte gegen ihn wühlten, sondern auch dem Feld­zug von Verleumdungen und Angriffen, mit denen er von den früheren Waffenbrüdern bedacht ward. Nicht genug damit, daß Vaillant bis bato der Sündenbock gewesen, dem die Gesinnungslosigkeit der Granger ic. zur Last gelegt worden, beuteten seine ehemaligen Freunde auch das Andenken Blanqui's in schamlosester Weise aus um Vaillants San­Bidatur zu bekämpfen. Die Schwester des unbeugsamen Alten, Ma­dame Antoine, hat sich veranlaßt gesehen, diesem Treiben durch einen Brief ein Ende zu machen, in dem sie beim Andenken ihres Bruders für Vaillant Partei ergreift- und seine Haltung billigt. Um die Wahl des Boulangisten Vergoin zu verhindern, hat Vaillant seine Kandidatur zurückgezogen und fordert seine Wähler in der energischsten Weise auf, gegen einen der verachtungswürdigsten Schildknappen des Mannes zu stimmen, welcher die Pariser   Föderirten füsilliren ließ.

Man weiß noch nicht, wann die Kammer zusammen berufen wird. Wahrscheinlich wird dieselbe in diesem Jahre nicht mehr tagen. Die parlamentarische Situation faßt sich für den Angenblick kurz in die Worte zusammen: Es bleibt Alles beim Alten. Die reaktionäre Oppo= fition, den Boulangismus inbegriffen, bleibt auch in der neuen Kammer eine Minorität. Die radikale Opposition wird sich voraussichtlich auf Null beschränken, da die äußerste Linke meist mit den Opportunisten gehen muß, wenn sie sich nicht, was prinzipiell unmöglich ist, in die Arme der Rechten stürzen wift. Der Opportunismus wird frogalledem am entschiebensten mit den Stonservativen liebäugeln und zu allerhand Konzessionen an deren Führer bereit sein, sobald dieselben nicht mehr burch ihr Verlangen einer Nevifion den boulangiftifchen und radikalen Elementen Vorschub leisten. Vorausgesezt, daß der Senat erhalten bleibt, welcher feit zehn Jahren dafür kämpft, das, was von den herrschenden Kelassen bleibt, zu erhalten", vorausgefeßt, daß weiter ge= mogelt werden kann, wird der Opportunismus mit Drangabe aller prinzipiellen Stonzessionen und Aufbietung aller reaktionärer Mittel seine Herrschaft fortsetzen.

Nachschrift der Nedaktion: Die Stichwahlen haben am Sonntag stattgefunden, und wenn sie auch im Ganzen der gegenwärtigen republikanischen Mehrheit günstig sind, so doch nicht in dem Maße, als erwartet wurde. Von 186 Stichwahlen find 135 republikanisch ausge­fallen und 51 theils boulangistisch, theils monarchistisch. In Paris  und Umgeg nd haben die Boulangisten große Erfolge erzielt. Die Barifer Bororte, darunter reine Arbeiterviertel, sind durch Boulangisten vertreten, fast alle Hauptführer des Boulangismus- Laguerre, Lai­ sant  

, Naquet, Roche   sind gewählt. Nur Nochefort ist auch im zweiten Wahlgange in Belleville   unterlegen. Sein Gegner war der Possi­bilist Duma y. Außer ihm hat die Partei nur noch einen Vertreter durchgebracht, Joffrin, dessen Mandat freilich einen sehr problematischen Werth hat. Bon sonstigen Sozialisten sind gewählt: La chize( Ville­ franche  ), Weber, Sozialist, Baudin,( Bourges  ), Porzellanarbeiter, revolutionärer Sozialist, Thivrier( Montluçon  ), Kollektivist, Fer­roul( Narbonne  ) Sozialist, Cluseret  ( Toulon  ), Sozialist. Antide Boyer  ( Marseille V), Sozialist. Jules Guesde   ist in Marseille   II leider unterlegen,*) ebenso Basly in Paris  , 13. Arrondissement und Ch. Longuet in Courbevoie bei Paris  . Ferner amelinat, der im 2. Wahlkreis von Narbonne   kandidirte, und der Possibilist Chabert. Es sind vielleicht in der Provinz noch einige Sozialisten gewählt, doch fehlen bis zur Stunde genauere Berichte.

Wie sich die obengenannten Sozialisten in der Kammer zu einander stellen werden, bleibt abzuwarten. Wir sind alle nur Korporale, dieser würde unser General sein", soll Boyer in Marseille  , auf Guesde deu­tend, erklärt haben. Sicher ist, daß in thm die Partei einen Wort­führer ersten Ranges in Parlament gehabt häfte. Von den Genannten ist Cluseret durch seine Thätigkeit in der Stommune bekannt. Baudin  war ebenfalls Kommunard und lebte lange Zeit flüchtig in England. Seine Energie und Intelligenz werden sehr gerühmt. Auch Lachize soll ein tüchtiger Mann sein. Boyer jaß bereits in der letzten Kammer, hat dort, wie auch Ferraut, der Arbeitergruppe angehört und sich gut gehalten.d

Anarchismus und fein Ende.

Aus Württemberg schreibt uns ein Genosse:

Jagd zug gegen die Wildsau". Und nicht nur, daß der Anarchist alu dem Sozialisten den Gebrauch bestimmter Waffen verbieten will, er sucht ihn auch in seiner Kriegführung, wo er nur fann, zu stören, fa, zu schädigen. Das ist freilich sehr thöricht, aber wir Sozialisten fönnen es halt nicht ändern und müssen uns daher des merkwürdigen Jagdgenossen erwehren, so gut wir können.

Nun gibt es freilich auch Leute, die mehr infolge ihres Tempera­ments als auf Grund durchdachter Grundsäße zu den Anarchisten halten. Leute, deren Gefühl die radikaler scheinende Tattit der Anarchisten mehr zusagt, als die der Sozialisten. Auf dieſe Leute Nck­Rück sicht nehmen, heißt unsere Ueberzeugung in den Dienst der heit stellen. Man wird also auch ihnen gegenüber die Schärfe des Gegensazes zwischen Anarchismus und Sozialismus betonen müssen, wobei wir zugeben, daß es besser ist, das nicht in einer Form zu thun, die abstößt, sondern die überzeugt. Indeß, auch die Wahrheit hat ihre Rechte, und es sind nicht nur die Könige, welche die Wahrheit nicht hören wollen.

und Bestrebungen des Anarchismus. Most ist ein Demagoge, der Die Freiheit" ist ein schlechter Gewährsmann für die Grundsätze seinerzeit sich dem Anarchismus in die Arme geworfen hat, weil derselbe dem Bedürfniß der radikalen Phrase am besten entsprach, der aber längst über die Hinfälligkeit der anarchistischen Doktrin im Klaren iſt, unun zwischen Anarchismus und Sozialismus einen Giertanz auf­führt, deffen Possierlichkeit dadurch nur noch erhöht wird, daß der Tänzer, um sich den Anschein größerer Sicherheit zu geben, von Zeit zu Zeit heftig auf den Boden stampft. Die konsequenten Anarchisten wollen von Most ebensowenig etwas wissen, als wir Sozialisten.

Wir wiederholent, Anarchismus und Sozialismus find nicht, wie Don Manuel und Don Zäsar, Söhne einer Mutter, sondern zwei grund­verschiedene Doktrinen, die eine der Anarchismus metaphysischer, die andere der Sozialismus materialistischen Ursprungs. Je genauer sie einander kennen lernen, um so mehr werden sie sich dessen bewußt, daß sie zwei verschiedenen Welten angehören.

Wozu eine

scheinbare Versöhnung herstellen, wo die Logik der Thatsachen jeden Augenblick zum Hervorkehren des Gegenfazes zwingt? Lieber wollen wir ehrliche Gegner bleiben: zwischen dem absoluten Individualismus der Anarchisten und dem kommunistischen   Solidaritätsbegriff der Sozia listen gibt es ebenfalls nur ein Hüben und Drüben".

Die Kontroverse über den Anarchismus habe ich mit großem Inter­effe verfolgt, weil ich es tief beklage, daß beide Parteien uneinig sind, anstatt mit vereinten Kräften dem gemeinsamen Feind, dem Kapitalis= mus, auf den Belz zu rücken. Sollte wirklich eine Einigung uitmöglich sein und es auch hier heißen:" Feindschaft sei zwischen euch, noch kommt das Bündniß zu frühe"? Wenn freilich, wie der letzte Artikel behaup= tet, eine tiefeinschneidende prinzipielle Verschiedenheit( der Ziele) beide trennt, dann wohl. Aber, ist das wirklich wahr? Ich erinnere mich, dojo mb vor mehreren Jahren in einer Nummer der Freiheit" zufällig ge= lesen zu haben( denn ich gehöre nicht zu ihrem Lesepublikum), daß der Anarchismus selbst mit einer lokalen, territorialen, oder internationalen

Sozialiſirung sich einverstanden erklärt in allen Fällen, wo eine solche mehr Vortheile bietet als der Individualismus. Wenn ich mich recht erinnere, war der Artikel überschrieben: Das A- B- G des Anarchis­mus". Aber auch davon ganz abgesehen, handelt es sich denn vorläufig um die Organisirung des sozialen Volksstaats und nicht vielmehr um die Bekämpfung des Kapitalismus? Mir kommt dieser Streit vor, wie wenn zwei Gutsbesizer auf die Jagd gehen, um eine Wildsan, welche ihre Fluren und Saaten verwüstet, zu erlegen. Unterwegs gerathen fie einander in die Haare, wie man das Wildpret zubereiten soll, ob in Sulz oder anders. Schafstöpfe, würde ein Dritter mit Recht ihnen zurufen: Erst erlegt die Bestie, dann wird sich's schon zeigen, wie man fie auf die Tafel bringt. In der That, der Schwerpunkt des Anarchismus liegt in seiner Regierung des kapita­ listischen   Klassenstaats, nicht in seinem positiven Programm. Ich möchte sagen: der Anarchismus trägt seinen Namen von der nega­tiven, der Sozialismus von der pofitiven Seite. Der Anarchismus sagt: Wir wollen den Klassenstaat nicht, der Sozialismus sagt: wir wollen den sozialen Volksstaat. Es ist, als ob von zwei Vegetarianern der eine sagen würde: Ich esse kein Thierfleisch, der andere: ich esse blos Vegetabilien. Zudem: Wie oft wurde bei uns vor der Zukunfts­musit gewarnt? War es nicht Genoffe Kautsky, der feiner Zeit sich geharnischt dagegen erklärte? Und nun soll es die Zukunftsmusik sein, welche die beiden entzweit zur Erbanung des tertius gaudet?!

Nun aber die Propaganda der That". Ich verdamme fie auch, nicht aus moralischen, sondern aus Zweckmäßigkeitsgründen. Aus moralischen nicht, weil sie gegen das furchtbare Glend, welches der Klassenstaat tagtäglich über die Menschen bringt, eine wahre Lappalie ist. Wer aus moralischen Gründen dagegen wäre, fommt mir vor, wie wenn es Jemand als unmoralisch verdammen würde, wenn ein Schwacher, der von einem Athleten stundenlang gehauen und mißhandelt wird, sein Taschenmesser zieht und es dem Linnmel in den Bauch stößt. Aber aus Zweckmäßigkeitsgründen ist sie unbedingt verwerflich: sie nützt nicht mir nichts, sie schadet ungemein. Der Anarchismus ist in dieser Hin­sicht der Standpunkt des Affekts, des blinden Eifers, der nur schadet, der Sozialismus dagegen der vernünftigen, ruhigen, kaltblütigen, auf kulturhistorischer Erkenntniß beruhender Ueberlegung. Nur falls und sofern die Propaganda der That Unschuldige und Harmlose mit den Schuldigen trifft, ist sie auch moralisch verwerflich.

Allzu tragisch sollte aber auch diese Propaganda der That nicht genommen werden: von der Phrase bis zur That iſt weiter Weg. Ich kenne Anarchisten, die mit dem Mund und mit der Feder schreckliche Blut­bäder anrichten, während sie thatsächlich keinem Menschen ein Haar trümmen können, nicht etwa wie ich ausdrücklich betonen will aus Feigheit, sondern aus Schen und Abneigung gegen schlechte und verwerfliche Handlungen. Es ist richtig, daß die anarchistische Literatur manchen Kopf verwirren und zu unüberlegten Schritten hinreißen kann; aber auch mit dieser Wirkung ist es nicht so schlimm, im Gegentheil, Mund und Feder sind auch da mehr das Sicherheitsventil, durch welches sich der Affekt Luft macht. Wie viele Attentate und Putsche hat denn thatsächlich die fürchterliche Propaganda der That schon ge= zeitigt? Das Wenige, was seit dem Bestehen des Anarchismus ge­schehen ist, wäre sicher anch ohne die Phrase von der Propaganda der That geschehen. Oder hat es nicht Attentäter und Putsche zu allen Beiten gegeben, in denen die Gegenfäße sich scharf zugespigt hatten. Ich habe wahrlich kein Wohlgefallen an den wilden und auf gänzlicher Berkennung der kulturhistorischen Gesetze beruhenden Kraftphrasen der fraglichen Blätter; im Gegentheil. Aber andererseits verkenne ich wiederum nicht, daß die Mehrzahl der Ausgebenteten solche Schlafmützen find, daß schon ein recht wilder Orkan dazu gehört, um die Funken in ihren Aschenseelen zur Flamme anzublasen. sid suured

Ich beklage es daher nicht, wenn unsere Genossen hier und da ein Gläschen Freiheit oder Autonomie sich zu Gemüthe führen, aber ich würde ich es tief beklagen, wenn sie sich ausschließlich diesem Fusel er­geben und dem gefunden Wein der sozialistischen   Publizistik abtrünnig würden. Ich kenne Genossen, welche ehemals sehr vernünftig waren, aber durch fortgesettes Lesen dieser Blätter sehr schief gewickelt wurden. Item: das häßlich klingende Schlagwort Anarchisten Gauner" war und ist mir im höchsten Grade zuwider gewesen und ich wollte, der Anarchismus würde feine allzugeilen Schößlinge beschneiden, damit die Parole lauten könnte: Anarchisten- Bundesgenossen. Don Manuel

und Don Zäsar fühlen ihre Feindschaft schwinden und werden Freunde, sobald sie einander näher treten und ins Gesicht sehen: ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß dies auch mit den Sozialisten und Anarchisten bald der Fall seilt wird." idi vin duit syil bildsi

So der Genosse.>

Wir haben auch diese Einsendung aufgenommen, um zu zeigen, daß wir keiner Diskussion über die nun einmal wieder aufs Tapet gebrachte Frage aus dem Wege gehen. Dagegen können wir dem Einsender, dessen gute Absicht, wir anerkennen, den Vorwurf nicht ersparen, daß er oft und auch im Laufe der jeßigen Polemik wiederlegte Einwände wiederholt.

Es ist durchaus unrichtig, daß der Streit zwischen Anarchisten und Sozialisten im Wesentlichen nur ein Streit um die Zukunft ist, lediglich um die Frage, wie die Wildsan", wenn erlegt, zubereitet werden soll. Der würde uns allerdings sehr fühl lassen. Die anarchistische Doktrin bezieht sich vielmehr zugleich auf die Gegenwart: auf den Feldzug oder

* Guesde blieb mit 580 Stimmen hinter dem Radikalen zurück. Wäre sein revolutionärer" Gegenfandidat Protot, nachdem er im ersten Wahlgang weniger Stimmen als Guesde erhalten, wie das unter Sozialisten bisher Gebrauch war, zurückgetreten, so hätte das genügt, Guesde den Sieg zu verschaffen. Aber Herr Protot zog es vor, seine Kandidatur aufrecht zu erhalten und hat jetzt den Triumpf, von 1136 auf 919 Stimmen zurückgegangen und Ursache zu sein, daß einer der befähigtsten Kämpfer für die Arbeiterschaft nicht gewählt ist.

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Sozialpolitische Rundschau.

du nord siliul sid mal de solo

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1930

London  , 9. Oktober 1889.

Ein Jahrestag. Das fämpfende Proletariat hat der Gedenk­tage so viele, daß man darüber wohl einen vergessen kann, und wäre es- der eigene Geburtstag. Am 1. Oktober waren es zehn Jahve, daß der Sozialdemokrat" das Licht der Welt erblickte, und wir dür­fen, ohne uns zu überheben, wohl sagen, daß auch dieses Datum eine historische Bedeutung für die Arbeiterklasse hat. Mit der Gründung des Sozialdemokrat" war einer der Hauptschläge, welche die herr­schende Reaktion gegen die deutsche Arbeiterschaft geführt, zu nichte ge= macht. Von dem Tage an, da seine erste Nummer erschien, hatte die deutsche Sozialdemokratie, die Partei der Unterdrückten mnd Ausgebeu­teten, wieder ein Organ, auf das sie unter allen Umständen zählen fonnte, eine Stätte, da der gehezte Proletarier seine Stimme erheben durfte zur Brandmarkung seiner Verfolger, zum Protest gegen das ihm zugefügte Unrecht. Mit Freuden wurde er von den Genossen allerorts begrüßt, und wie wir von uns fagen dürfen, daß wir von dem Tage an, da wir an unsern Posten gestellt wurden, keinen andern Ehrgeiz gekannt haben, als den, der Sache der deutschen Sozialdemokratie treu zu dienen, so können wir auch mit Genugthuung feststellen, daß die Parteigenoffen im Reich dem Sozialdemokrat" allezeit treu geblieben find. Die Verhältnisse haben sich seit den zehn Jahren seines Bestehens wesentlich geändert, die Handhabung des schuftigen Sozialistengesebes ist eine andere geworden, heute gibt es wieder eine sozialistische Arbeiter­presse in Deutschland  , und wir stehen nicht an zu erklären, darunter Blätter, deren Kollege zu sein wir stolz sind. Damit, wie mit dem infamen Rechtsbruch des Reichsgerichts, der die Partei in Deutschland  zwang, auf den Sozialdemokrat" als ihr offizielles Organ zit verzichten, haben sich unsere Aufgaben in einzelnen Punkten geändert, unsere Hauptaufgabe ist die alte geblieben. Nicht mehr offizielles Organ der Partei, bleibt der Sozialdemokrat" doch das Organ der Parte genossen, auf das sie unter allen Umständen zählen dürfen, ein Schußwall gegen alle Unterdrückungsgelüfte unferer Feinde. Es giebt Leute, die da meinen, der Sozialdemokrat" müsse seine Aus­nahmestellung gegenüber der deutschen Arbeiterpresse durch eine schärfere Tonart" befunden. Das ist ein Irrthum. Selbstverständlich, daß wir eine rücksichtslosere Sprache führen, aber die schärfere Tonart hat ihre Grenze, wo die Grundsäße und die Tattit der Partei in Frage kommen. Das wichtigste Mertnial des Sozialdemokrat" erblicken wir vielmehr barin, daß er, unbehindert von lokalen Einflüssen, der Macht der deutschen  Polizei entrückt, stets und zu allen Zeiten das Banner der Partei voll und ganz entfalten und hochhalten, der Fahnenwart der Partei sein soll.

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In diesent Sime werden wir unsers Amtes fortwalten, so lange das Unterdrückungsgesetz besteht.

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Aus Deutschland   schreibt man uns:

Der Reichstag   ist auf den 22. Oftober zusammenberufen; und verschiedene Anzeichen lassen darauf schließen, daß die Session blos bis vor Weihnachten   dauern, und daß der Meichstag dann sofort aufgelöst und neue Wahlen schon für den Monat Januar angeordnet werden sollen. Thatsache ist, daß man die Wähler überrumpeln will, und Thatsache ist auch, daß das Seffions- Pensum des Reichstags sehr gut innerhalb zweier Monate erledigt werden kann. Mit dem Stat fann man bequem in drei Wochen fertig werden, und diejenige Materie, welche schwierigste galt: die Konstruktion des Eriaves"

für das Sozialistengefes, iſt allem Auſcheine nach auf unbe­

stimmte Zeit in die Ecke gestellt worden. Es ist den Gelehrten des Kanzlers Eisenstirn nicht gelungen, den Stein der Weisen zu entdecken und ein Ausnahmegefeß auszutiftein, welches tein Ausnahutegesetz ist; vielleicht haben sie sich auch feine Mühe gegeben und mit ihren an­scheinend so angestrengten Arbeiten nur vor den biederen Reichsphilistern eine kleine Komödie aufgeführt. Wie dem sei: ein Entwurf des ,, Grsages" ist nicht fertig geworden, und nach den neuesten Nachrichten wird dem Reichstag   in der nächsten. Session einfach das alte Sozialistengeset vorgelegt werden, nur mit der einzigen Aenderung, daß die Giltigkeits­dauer nicht beschränkt wird. Es unterliegt feinem Zweifel, daß dieser Reichstag auch bereit ist, der Regierung den Wechsel in blanco auszu­stellen. Speziell die Herren Nationalliberalen, welche sich jetzt noch ein wenig fperren ,, die liebe Unschuld thut mir so werden nur des Scheins halber einige Opposition machen und, innerlich feelenvergnügt, 3ugreifen. Sie können das Sozialistengefeß nicht entbehren. Sie wissen zwar sehr wohl, daß es die Sozialdemokratie nicht tödtet, ja daß es ihr Wachsthum sogar befördert, allein sie können die sozialdemokratische Kritik nicht vertragen, und werden deshalb nimmerniehr darin willigen, daß das Damoklesschwert des polizeilichen Verbots, welches über der sozialdemokratischen Bresse und über dem Versammlungsrecht der Sozial­demokraten schwebt, durch Aufhebung des Sozialistengefeßes entfernt werde. Die nationalliberale Partei erhält sich nun durch die Protektion der Regierungen einer- und durch die Knebelung der Sozialdemokraten anderseits. Hört sie auf Regierungspartei zu sein und kann die Sozial­demokratie fich frei bewegen, so ist die nationalliberale Partei ein Märchen der Vergangenheit; und zwar kein schönes. Deshalb fämpfen die Nationalliberalen auch mit Zähnen und Klauen für die Verlängerung des ,, Kartells" und fürchten sie nichts mehr trop aller gegentheiligen Betheuerungen, als die Aufhebung des Sozialistengefeßes: es handelt sich buchstäblich für sie um Leben und Tod.

Genug wir müssen uns darauf gefaßt machen, daß die Neuwahlen schon in wenigen Monaten, vermuthlich gegen Mitte Januar, stattfinden. Und das reicht für unsere Parteisans.ro Wo die Genossen mit den Kampfvorrichtungen noch irgend im Rückstande sein sollten, da ist das Versäumte sofort nachzuholen!

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