� s4f34. Jahrgang. ❖ Nr. 2Seilage zum �vorwärts� Serliner VolksblattSerlin, 14. Januar 1917Sefuch öer Nutter.Zkoch irennk mich die Tür und ein banger BlickVon seinem Schmerzenvlager.Vielleicht schrecke ich kraftlos zurück,Weil er so bleich ist und Hoger...Vielleicht kommt mir wieder das Weinen HeistZn die Augen gestiegen,And er zürnt über die Tränen und will mich leisUnd voll tiebe zu einem CScheln besiegen...Oder er jubelt mir mit dem fachen entgegen,Das er als Junge lachte, wenn er im Baume fastAnd die Kirschen, den roten, saftigen Segen.2n sein durstiges Wündchen ah...Oder ich sinke an seinem Lager niederAnd wühle mein Haupt in die Kissen ein.Oder wir sehen uns in die Augen wieder und wiederAnd wollen beide nur voneinander geliebkost sein...Mein herz, mein ganzes Sein erbebt...Ich Sffne die Tür... ich muh ihn sehen...herz, ich glaube, dein hämmern ist jubelndes Glück,dost er lebt!herz, ich weih: Es wird ein stummes Umarmengeschehen...Hon««athmann-preußische Vasallen.Von H a n S C c u fc.Aelch ein Irrtum unserer Pätor, daß der alte Staatdes Lehenrcchts dem neunzehnten Jahrhundert erlegensei! Zwar die F o r in o n deö Feudalst aatS haben sichnur noch in Wtecklenburg erhalten, wo das Feudalrecht nichtnur das Eigentums- und Erbrecht noch immer durchsetzt.sondern auch die Grundlage der Verfassung, hos Staatsrechtsbildet! aber daö innerste Wesen des Lehenrechts, deS Feudalstaarcs, hat sich der neuen NcchtSformen Preußens bemächtigtund erlebt seit einem Menschenalter eüre Renaissance.Die preußischen Vasallen haben zwar keine„Stände"mehr, ime am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Diesehat Hardenberg ihnen mit Gewalt entrissen, als selbst dieäußerste Not des preußischen Staate? nach Jena die Selbst-sucht, Anmaßmig und Beschränktheit des Landadels tn Preußennicht überwinden konnte. Auch da? erbliche N i ch t e r a m tauf den Gütern hat der preußische Staat seinem Adelgenommen, und angeboren ist dem Gutsherrn„nur" nochdas Recht Gutsvorstand zu fein und das Recht einer desonderen Vertretung bei der Gesetzgebung— im HerrenhanseWas der Landadel an weiterer M acht aus dem Zusammen�bruch seiner Rechte gerettet hat, das genießt er auf Grundeines neuen Staats rechts durch Auftrag der Staats-macht, durch bis Staats einrichtungen und das Gewicht derwirklichen Verhältnisse, Ueberlieferungen nnd Gewohnhetten.Der Lehenstaat. Feudalstaat ist tot. aber die Gesetze des„neumodischen Judenstaates", wie b. d. Marwitz vor100 Jahren polternd schrieb, haben dem Landadel die Mittelund Wege eröfstiet, seine Macht im Feudalstaat durch einekaum minder große im Staate des neunzehnten Jahrhundertszu ersetzen. Der Geist des alten Lehenrechts überlebte dieFormen dtessL Rechts, bemächtigte sich der neuen Formenund ist in unserem VersassungZstaat noch immer so über-mächtig, daß kein Stand, keine Klasse dem Landadel an Machtgleichkommt; daß der Reichskanzler sselbst der mächtigeBismarck) dieses Adels Widerstand fürchten mußte und muß!daß alle Reichskanzler bisher, auch Bismarck, nicht ohne ent-scheidende Mitwirkung dieses Adels gestürzt worden sind; daßauch der König seine eigenen Absichten(Kanal und Wahl-rcchtSrcform) nicht gegen jenen Hot durchführen können.WaZ immer an Vcrbcsierungen des preußischen Staatsrecht» durchgesetzt worden ist. das ist dem Aval mit Gewaltabgerungen worden, und was noch durchgesetzt werden solluns muß. da? kann auch nur Recht und Wirklichkeit werdendurch einen neuen Zusammenstoß der Staatsmachtund der Krone selbst mit dem Adel. Dieser neueEtaatsprozeß mit dem Adel würde in der sünf-hundertjäbrigen Geschichte der preußischen Hohenzollern dersechste sein. Erinnern wir uns bei diesem Anlaß derfünf, die schon der Geschichte angehören!Der Historiker Otto H i n tz e erleichtert uns den Rückblickdurch seinen sünsviertel Jahr vor dem Kriege in der DeutschenGeiellschaft zu Bromberg gehaltenen Vortrag„Die Hohen-zollern und der Adel", der im ersten Kriegsjahre in isybelsljctzl Fried». Meineckes)„Historischer Zeitschrift" abgedrucktworden ist. Dieser Aufsatz verdient größere Aufmerksamkeit,als er bisher gefunden hat.Der Anfang ist gefärbt durch den Wunsch deS Verfassers,sich gegen den Perdacht einer Parteilichkeit gegen den Adel zuwehren! Otto Hintze versucht das mit der Bemerkung, daßdas landläufige Urteil in unserer demokratischen Zeit demAdel zu ungünstig sei, und weiter durch eins Verwahrunggegen Max Maure nbrechers Hohenzollernlegende.Aver er mutz doch unmittelbar fortfahren mit dem Satz, eskönne nicht geleugnet werden, daß nicht jeder Zug in dem vonMaurenbrecher entworfenen Bilde falsch sei, daß ein berech-tlgter Kern in seiner Auffassung stecke. Diesen nun schältHintze klar heraus und man hat bemach den Eindruck, daßsich das von Hintze entworfene Bild der Vorgänge nicht sehrvon dem Maurenbrechers unterscheidet.Der erste Zusammenstoß zwischen den Hohenzollem undihren Vasallen entwickelte sich sofort, als der Burggraf vonNürnberg ins Land kam, in ein verwildertes Land, in demder Adel eine Schreckensherrschaft betrieb, von Raubzügen,Fehden und Brandschotzungen lebte. Der mächtigste Mannder Mark, Jaspar HanS zu Putlttz, lehnte es ab. des neuenHerrn Vasall zu werden, und die kleineren Edellente sagten.der Jaspar sei ihnen„Markgraf genug", sie brauchten keinenandern. Als sie mit sanften Mitteln zum Vasalleneid gebracht waren, dachten sie nicht daran, ihn zu halten. Gewaltwar nötig. Als der Krieg begann, den wir jetzt erleben, wargenau ein halbes Jahrtausend verflossen, seitdem der Burggras in wenigen Tagen die Schlösser der berüchtigten Raubxittcr vernichtete. Durch den Krieg sind wir um die inter-essante Halbtaussndsahrfeier gekommen.Der Burggraf, Markgraf(bald auch Kurfürst) Friedrich I,hat sich gegen den vom Raub lebenden Adel ebenso durchgesetzt, ivie Landgraf Friedrich von Thüringen. Als diesereinmal durch Erfurt ritt, rief ihm der Graf von Orlami'mdenach:„Fritz, Ivo willst Du hin?" Friedrich antwortete:„Dusollst mich wohl noch Herr heißen!" und er hielt Wort. Auchder märkische Adel war gezwungen, den ersten hohenzollexnschenFriedrich Herr zu heißen, aber er rettete auS dieser Unterwcrfung doch sehr viel von seiner Macht. DaS ErgebnisdeS ersten Kampfes war ein Vergleich, der nichteinmal daS Fehderecht des Adels beseitigte. Dieses Recht auRaub wurde von einem Teils des märkischen AdclS auchweiter ausgeübt.Erst der vierte Nachfolger Friedrichs. Joachim t, brachdieses Raubrecht. Am Widerstande dagegen beteiligte sichzwar nicht mehr der ganze Adel, aber doch ein großer Teil(„zahlreiche Mitglieder des StandeS", heißt es bei Hintze).Die„Hsrrentage" der Ritterschaft widersprachen nichtmehr, als Joachim durch„massenhafte Verfolgungen nndHinrichtungen adliger Freibeuter doch auchden Körper deS ganzen Adelsstandes erschütterte", lesen wirbei Hintze, der fortfährt:„In den heftigen Zuckungen werdenwir die Agonien des alten kriogS- und fehdelnstigen, gesetztlosen und verwogenen Feudaladels sehen müssen, die Begleiterschetnvng des großen VorwandlungSprozesses, durch den derEdelmann aus einem Ritter zum Landwirte wurde" sogenwir: anstatt von Raub und Brandschatzung. von einerArbeitsleistung zu leben gezwungen wurde.Soziale Zrauenberufsarbeit.Bon Hedwig Wachenheim.Tie besondere Eignung der Frau zur sozialen Fürsorgetäügkeit wird heute kaum mehr bestritten.- Ihre Fähigkeit,Pflegerin und Hüterin zu sein, prädestiniert sie ganz be-sonders zu dieser Arbeit. Ihre Eingliederung in eine bewußtvorbeugende Sozialpolitik ist deshalb auch notwendig. Undsie ist auch möglich.Eine gesunde Sozialpolitik versucht durch Schutzmaßnahmen, durch hygienische Einrichtungen und durch Voltserziehung die gesundheitlichen und sittlichen Kräfte des Volkszu heben und ihrem Verfall vorzubeugen. Wo denn-noch Schaden eintritt, sucht sie den Betroffenen wieder einerseftistänoigen Elislenzinogtichkeit zuzuführen oder rhm eine ge-sicherte Aussicht auf Versorgung zu geben. Entspricht auchunsere Sozialpolitik noch nickt diesem Ideal, so müssendoch gerade die Frauen, die in der Sozialftirsorge ihrenLebensderuf suche», an der Ausgabe mitarbeiten, sie diesemIdeal nachzugestolten. Sic dürfen nicht bei der überwunde-nen Form der Wohltätigkeit beharren bleiben. Sie müssenauch erkennen, daß die Privatwohlfahrtspslege nur dort amPlatz ist, wo sie Pionierarbeit für neue Aufgaben leistet, dieahne sie viel später begonnen würden. Denn nur dannkann es erträglich sein, daß die soziale Fürsorge ausgeübtwird ohne eine öffeittlicho Kontrolle.Zu einer ersprießlichen sürsorgerischen Tätigkeft ist euresystematische Schulung der fürsorgerischen Kräfte ersorder-lich, Di? Organe und ihre Helfer müssen Sinn und Zweckder Sozialpolitik erfaßt hoben, die Sozialgesetzgebung undihre praktische Ausführung kennen und in ber Arbeit immerihre Wirkung für den einzelnen und die Gesamtheit vorAuaen haben.Dazu gebort nicht nur soziales Verständnis und Kenntnisder sozialen Gesetzgebunp sondern auch spezialisiertes Fach-wissen. In den meisten sozialen Berufen fehlt es heute nochan der bestimmten Berufsschulung. Heute werden die sozialenGesetze zumeist von dem Nur-Bureaukroten angewendet, derüber die formale Kenntnis der Gesetze verfügt, ober doch viel-'ach nickst mit dem eigentlichen Sinn der Fürsorge vertrautst. Daher wohl fordert Professor Schmittmann in seinemim„Vorwärts" schon besprochenen Aussatz die Vermittlungs-'organe zwischen Bureaukratw und Leben, Erfolgte die Be,-setzung der das Gesetz anwendenden Stellen mit sozial für-sorgerisch geschulten Kräften, bedürfte es besonderer Ver-nitttlungSorgane nicht. Do sie leider nicht erfolgt oft ausrein äußeren Gründen muß die Frau als Vermittlungs-organ eintreten. Man sehe einmal in die Armen- und Vor-mundschaftSbureauS der Genieinden hinein! Junge Kanzlet-beamte, Gerichtsaktuare versehen häusig hier den Dienst inden unteren Stellen, die den verantwortungsvollen Verkehrmit den Hilfesuchenden haben. Hier fehlt oft jedes Verständnis für die Möglichkeit, das Schicksal eines einzelnenoder einer Familie aufzubauen. Der Bureaukrat hat genuggetan, wenn er festgestellt bat, ob die gesetzliche Möglichkeitzur Unterstützung gegeben ist oder der formell in Betrachtkommende Vormund bestellt ist. In diesen Stellen, für dieein Universitätsstudium mit Recht nicht verlangt wird, istdie sozial geschulte Frau an ihrem Platz; hier in der Fürsorgefür Kinder, Frauen, Bedrückte und Gefährdete kann sie nebenihrem Fachwissen die besonderen weiblichen Eigenschaften ver-werten. Das gilt auch für die spezialisierten Fürsorgegebiete,die Schwangerenfürsorge, die Kriegsfürsorge, die Äufstchiüber daS Haltekinderwesen, die Trinker, Tuberkulosen- undSäuglingsfürsorge. Die Jugendfürsorge braucht heute Kräfte,die Verständnis für den sozialen Fortschritt chaben, der in denJugendgerichten, in der Möglichkeit deS Strafaufschubs beiWohlvsrbalten. in Schutzaufsicht bei Familienpflegc an Stellevon Anstaltserziehung liegt, und die als Hilfsorgane desJugend- und Vormundschaftsrichters im Sinne dieses Fort»schritts wirken können. Die Schulpflegerin muß die sozial-hygienischen Maßnahmen für die ihr anvertrauten Kinderausnutzen können. Die Wohnungsinspektion braucht nichtnur Techniker, sondern Beamte, die einen Blick für die Be-dürfnisse der Familie haben, in die sie ihr Beruf führt. Ar-beitsnachweiS und Gewcrbeinspektion, Berufsberatung, dieLebensmittelfürsorge der Gemeinden im Krieg brauchenMenschen, die die ganzen sozialen Folgen ihrer Berufsleistungübersehen können.Diese Aufstellung soll keinestvegs eine vollständige Auf-zÜhlung aller Möglichkeiten sozialer Arbeit geben. Durchsie. sollen auch nicht alle diese Arbeitsgebiete allein für Frauenin Anspruch genommen werden. Es soll auch nicht der An-schein erweckt werden, als ob eine große Anzahl Stellen zubesetzen sei. Viele dieser Stellen müssen noch geschaffen, anvielen Orten mit den richtigen Menschen besetzt werden. ESsoll damit nur gezeigt werden, daß unsere lstutige Sozial-Politik Menschen braucht, die mit klarem Blick und warmemHerzen arbeiten können, und die soviel soziale Schulunghaben, daß sie die Bddeutnng ihrer Arbeit für den Fortschrittder Menschheit bewerten können lind dieses Ziel mit ihrerArbeit verfolgen.Hier ist immer nur von der beruflichen sozialen Arbeitgesprochen worden. Die Ersahrungen in der Armenpflegeund Vormundschaft haben eigentlich gezeigt, daß die ehren-amtliche soziale Arbeit nur dort Sinn hat, wo gerade imEhrenamt die Bedeutung liegt, wo Menschen aus verschiedenenBerufen herangezogen werden sollen, damit ihre verschiedenenErfahrungen verwertet werden können, oder dort, wo be-stimmte Bernfsgrnppen ihre Interessen vertreten müssen,wie bei Arbeitsnackstveis. Berufsberatung und Sozialversichc-rung. Auch die gemeindliche Selbstverwaltung braucht ehren-amtliche Kräfte. Nicht nur miS Gründen der Gleichberechtigung. sondern weil es sich um ein Gebiet handelt, das ihremWesen besonders entspricht, muß der Frau die Möglichkeitgegeben werden, in die Stätte der Selbstverwaltung sozialerEinrichtungen einznIiebcn,Für diese ehrenamtliche Arbeit ist natürlich keine Berufs-schulung nötig, hier genügen einführende Kurse, denn dieseArbeit soll ja gerade aufbauen auf den verschiedenen Be-ruft- und Lebenserfahrungen verschiedener BevölkcrutigS-klasscn.Für beruflich arbeitende Kräfte sst schon heute nebendem Hochschulstudtum eine Ausbildnngsmöglichkeit gegeben,die ganz speziell auf die soziale Arbeit gerichtet ist. Es be-stehen zirka 32'Schulen, an denen eine Austzilduna erfolgt,doch nur etwa ein Viertel von ihnen kommt für eine solcheernstlich in Betracht. Bedauerlich ist, daß durch die hohenKosten Frauen aus der Arbeiterklasse die Gelegenheit ge-nominen ist, eine solche Ausbildung in natürlich konfessionellund politisch unabhängigen Schulen zu suchen. Zu fordernist. daß, wenn die Notwendigkeit der sozialen Schulen mehranerkannt wird, die Gemeinden diese in ihre Hand nehmenund Frauen aus allen Bevölkerungsklassen den Unterrichtermöglichen..Tic geschulte Sozialfürsorgerin hat nicht nur für dieAusführung der bestehenden Sozialgesetze Bedeutung. IhrWissen und ihre praktische Erfahrung geben ihr die Möglich-keit und machen ihr zur Pflicht, an der Fortführung derSozialreform mitzuarbeiten, denn wie die Webbs sagen:„Soziale Umbauten erfordern ebensoviel Spezialkenntnisund dauernde Studien, als Brücken- und Eisenbahnbau, dieAuslegung der Gesetze oder die Fortschritte der Technik undder Maschinenkunde........ Ist doch im wesentlichen aller Fortschritt der sozialenReform abhängig von der zukünftigen engen Verbindungzwischen den beiden großen sozialen Mächten, dem Staats-bürger, dessen Gemeinsinn den öffentlichen Willen beherrscht,und dem Spezialisten der Sozialwissenschaft. der sich dersystematischen Durchdringung und der Verwirklichung deSsoziale» Zweckes widmet. Aus dieser Verbindung erwächstauch die Kraft zur Verhütung der Armut."