, Ii,., i 34. Jahrgang. ♦ Nr. S Seilage zum„vorwärts" Berliner Volksblatt Serlin, 25.§ebruar 1417 Gut und tapfer Gul ist der ZNensch und tapfer. Das ist Ver- wilderung. Roheit und Angst? Immer wieder ist Heldentum da, Licht im Schatten des Todes. Wie sie ausharren, schlicht, sachlich, ohne An- spruch. Schneider. Schuster, Arbeiter, einfache Menschen, Rervenmeaschen. Heldenhast ist ihre* Sachlichkeit, ihr Tragen des Grauenhafte», das sie nur zu gut kennen, da» sie dastehen lasten, ohne es durch Bezüge zu verschönen, so wie es ist. und er- tragens. And du Güte, immer wieder hervorbrechend. immer wieder hervorleuchtend: nie zu verschüttende, immer auferstehende. Großes Gefühl der Menschlichkeit, immer wieder da auch gegenüber den Jeinden der Stunde. Tod und Wunden ersticken den Bruderkrieg. Sameraden, Bfiichtgetreue. Menschen. Brüder wir olle, ohne Aeberschwang. einfach, tatsächlich. Wir alle Söhne. wir olle Väter, wir alle Gatten. Eine Heimat haben wir: die Welt. Einen Aeind: die tödliche Ratur. Auf zum einigen Kampf. Geister schwingen voran. Tapser ist der Mensch und gut. Kurt G e r l a ch. Stein-Haröenbergische Reform. * Bon HanS L e u ß. Tas�ute Verhältnis zwischen dem König von Preußen und seinem Adel, das Friedrich der Große durch neue Adels- Vorrechte und Herstellung alter geschaffen hatte, ging übel in die Brüche, als der Staat und das System des Königs in den napoleonischen Kriegen zusammenbrachen und geradezu vernichtet zu sein schienen. Alle Bemühungen die Rolle des Adels in diesem Zusammenbruch zu verschleiern, sind vergeb« liche Rettungsversuche. Das Privilegium an den Offizier- stellen, das Friedrich II. seinem Adel verliehen hatte, wirkte wie Privilegien immer wirken: es züchtete Anmaßung und trägen Uebermut. Alle Kommandanten übergaben auf die erste Drohung deS Bombardements ihre Festungen schimpflich dem Feinde. Die Not war eine harte Lehrmeifterin. Die militärischen „Jakobiner"— Scharnhorst, Gneisenau, Boyen— schufen ein Balksheer an Stelle des friderizianischen aus geworbenem Ge- sinde! unter dem Kommando des Adels. Die Zivilvcrwaltung — Stein, Hardenberg— gingen den wirtschaftlichen, staatS- reckttlichen Adelsprivilegien zu Leibe, um den Staat auf die Grundlage der Bolkskraft zu stellen. Das Beispiel Frank- reichS hatte allzu deutlich gezeigt, wie unwiderstehlich eine Nation mit wirklich nationalem Willen ist. wie elementar die Naturgewalt eines freien Volkes, daS sein Land und seinen Staat Endlich wirklich als„sein" anzuerkennen vermag und deshalb für beide eintritt wie die Löwin für ihr Junges! Diese Bolkskraft auch in Preußen in Bewegung' zu bringen,— was für ein anderes Mittel dazu hätte es geben können als eine Umwälzung des Staatsrechts? Die fran- zösische Revolution hatte sowohl den Absolutismus wie die Feudalität vom Throne gestoßen, den Bürger und Bauern sowohl von der Willkür der Aemtcr wie von der Gewalt der Gutsherren befreit. Irgend etwas mußte in Preußen ge- fchehen. das wenigstens ähnlich wirkte. Dem Könige dienten zwei Männer vom Adel, die mit den preußischen Vasallen nicht versippt waren: der nassauische. in Westfalen zum Staatsverwalter praktisch gereifte Reichs- freiherr vom Stein und der hannoversche Freiherr von Haiden- verg. Einander so ungleich wie nur möglich.— ebenso von Natur aus wie in ihren erworbenen Ansichten von der Welt. ja selbst vom Staate; geborene und erzogene, gewordene Gegenpole,— waren diese beiden Männer doch in einem, im entscheidenden Punkte einig: der Notwendigkeit, die preußische Bolkskraft zu befreien, zu entfesseln. Mit ihnen dem gleichen Ziele zustrebten die militärischen Berater� des KönigS: der größte, der hannoversche Bauernsohn Scharnhorst: dann Gneisenau. wohl vom Adel, aber in dürftigen und selbst dunklen Umständen geboren, in Süddeutschland erzogen: ihre Gehilfen Grolman, Clauscwitz und Boyen, alle drei durch- drungen von den militärischen und politischen Fordenmgen der Zeit und entschlossen, diese Forderungen durchzusetzen. So war der König in der Not wie durch einen seltenen Zufall von Männern umgeben, die das Gebot der Stunde mit Begeisterung erfaßt hatten und es zu vollstrecken wagten. obwohl ihnen der Widerstand des preußischen Adels sicher war. Dessen ganz überragende Stellung im Staate Friedrichs des Großen hatte in des Staates, zugleich des Adels eigenem Zusammenbruch zwar gelitten, aber sowohl Hardenberg wie Scharnhorst. Gneisenau und Boyen sollten bald erfahren. welch' eine Kraft des Widerstandes noch in den preußischen Vasallen steckte, wie leicht diesen und ihrem Vorteil die all- gemeinen Interessen der Nation noch immer wogen, wenn cS um ihre eigenen Vorrechte ging! Diesen wurde allerdings mit Ernst zu Leibe gerückt, Sogar die Selbstverwaltung für die Städte, von der sie doch nichr selbst betroffen wurden, erregte die Eisersucht. daS Miß. trauen der Vasallen der Krone. Als aber der Partikularis- mus der Landschaften der StaatSeinheit geopfert werden sollte, da fing der alte Eigensinn schon zu sieden an:— Preußen sei eigentlich ein Föderativstaat, die Stände von Storkow -Beeskow -Lcbus seien unantastbar. Vollends aus Rand und Band gerieten die Vasallen, als es an ihre aller- nächsten, intimsten Rechte ging, als ihre staatsrechtliche Stellung auf dem> Lande angetastet.. die Gemeinden von der Gutsobrigkeit befreit wurden, da stieg der Groll zur Rebellioy. ?lls endlich auch noch die Bauern befreit und Eigentümer des Bodens wurden, den sie beackerten, da sahen die Vasallen die Welt untergehen und verfielen in einen der Raserei verwand- tcn Zustand. Die kurmärkischen Lasallen, voran ihr Wortführer v. d. Marwitz, führten eine drohende Sprache gegen den „Ausländer" Stein, den Jakobiner; solch' einer war den Ent- rüsteten auch Gneisenau mit seinen Ideen von einer Volks- wehr, bei der auch noch mit dem Adelsvorrccht auf die Offizier- stellen aufgeräumt werden sollte. Tie Dohna. Auerswald. Finckenstein, die ostpreußischen Vasallen bedrängten den König um Schutz ihrer Rechte, wenigstens der Freiheit vom Kriegsdienste und dem des Gutsrichtcrrcchts i'Patri- moniälgcrichte). Tie pommerfchen Vasallen protestierten feierlich gegen alle Reformen, die knrmärkischen stürmisch und ungcberdig. so daß Marwitz, der Polterer, und Finckenstein nach Spandau auf die Festung gebracht wurden. Schien eS so. daß die Vasallen bei diesem harten Zusammenstoß mit dem Könige und seinen als eine neue Macht- stelle im Staate auftretenden Munstern mehr eingebüßt hätten, als bei den drei früheren, so zeigte es sich bald, daß es auch diesmal anders kam. als es schien. Zwar die Bauern sklavrrei konnte nicht lvieder eingeführt werden. Aber nicht olle Blütcnplänc der'„ausländischen" Reformminister waren gereist. Die Vasallen behaupteten ihr Grundstcnerprivileg bis lAii. dann wurden sie für die Aufhebung dieses Vor rechts in bar entschädigt. Die Volksvertretung, die Stein und Hardenberg durchsetzen wollten, endete als Fehlgeburt im Keim, weil die Minister den rabiaten Widerstand der Vasallen gegen die anderen Reformen scheuten und sich sagten daß der Landtag dem Adel ein Instrument jenes Widerstandes werden würde. Bei der Bauernbefreiung mußten die Bauern einen erheblichen Teil des beackerten Landes zur Entschädigung an die Gutsherren abtreten, deren Güter nun erst die ab- gerundete Größe von heute gewannen. Als die Kriegsnot vorüber war, kamen zu vielen noch immer behaupteten Lorrechten den Vasallen tat sächlich auch solche zurück, die rechtlich eingebüßt waren. Das Offizierprivileg. das Vorrecht in der Diplomatie und Bureaukratie. Die ständischen und Standes rqchte, die Gewalt auf dem Lande entwuchsen wieder in anderer Gewandung dem Boden der neuen Zustände. Die Revolution— 1848— brachte einigen Aufruhr auch in diese Verhältckiss� aber die Reaktion, bei der König, Vasallen, Bureaukratlc und Armee einig waren, stellte das Alte wieder her. Zu anderen Gründen für ihre Vorrechte im Staate er- warben die preußischen Vasallen nun zun: ersten Male den Anspruch„zuverlässiger Stützen des ThroneS". zu sein, dem sie 430 Jähre die ärgsten Widersacher gewesen waren. Die ver- kündeten vier Mächte im.Staatc wollten es nicht sehen, daß die Krone die Katastrophe von 1848 der Begünstigung der Vasallen zu danken hatte, denen der alte Vorrang im Staate wieder eingeräumt war. Beratungsstellen für Geschlechtskranke. Von Professor A. Plaschko. Wenn in der neueren Zeit die Aufmerksamkeit der' Oeffentlichkcir, sich in erhöhtem Maße den Geschlechtskrank- Heiken zuteendet und Gesetzgeber, A o r z t e und Krankenkassen jetzt einen systematischen Feldjpig gegen sie in Szene setzen, so ist das leider nur zu berechtigt. Denn die beiden wichtigsten dieser Krankheiten, die Syphilis und die Gonorrhoe sind nicht nnr oft langwierige Leiden, die für den Erkrankten selbst imd sein ganzes zukünftiges Leben verhängnisvoll werden können, sie führen auch häufig genug zu Erkrankungen der Fortpflanzungsorgane und bewirken dadurch Unfruchtbarkeit beide? Geschlechter: die Syphilis ihrer- seits beeinträchtigt in hohem Maße die Lebensfähigkeit des Nachwuchses, sie erzeugt Früh- und Totgeburten, sowie die Geburt minderwertiger Nachkommen. Die Einbuße an Menschcnmaterial. die die Nation alljährlich auf diese Weise erleidet, beläuft sich auf mehrere Hunderttausende. Und diese Einbuße wird voraussichtlich noch größer werden, da nach dem Kriege einmal mit einer Zunahme der gewollten Geburten- einschrfinkung zu rechnen ist, andererseits infolge des Krieges— den: ja ohnehin viele Hunderttausende von Männern in der Blüte ihrer Jahre zum Opfer gefallen sind die Geschlechtskrankheiten sich vermehrt und diesmal auch in hohem Maße die Verheirateten und die bisher von den Geschlechtskrankheiten wenig verseuchte Landbevölkerung betroffen haben. Schon diese beiden Tatsachen sind von so eminenter Bedeutung für die Zukunft der Nation, daß sie die um- fassenden Maßnahmen rechtfertigen, welche von festen der Militär- und Zivilbehördcn gegen diese Gefahr getroffen wurden. Diesen energischen Maßnahmen haben wir es auch zu danken, wenn bei uns. nach allem, was bisher verlautet, die Zunahme der Geschlechtskrankheiten sich in mäßigen Grenzen gehalten hat. Daß in allen kriegführenden Nationen die jahrelange Trennung von Millionen erwachsener und zum großen Teil verheirateter'Männer und Frauen große Mißstände auf sexuellem Gebiet mit sich führt, ist eine unvermeidliche Begleir- erscheinung jedes Krieges. Aber die Erfahrung früherer Kriege hat auch gelehrt, daß die Hauptgefahr erst mit Beendigung des Krieges naht, wenn die Millionen, die jetzt das Schwert an den feindlichen Wällen führen, in die Heimat zurückkehren und der durch die lange Tauer des Krieges eingedämmte Lebenswille und die durch Not und Sorge unterdrückte Lebens- freude wieder hervorbrechen. Es ist vorauszusehen, daß die Entspannung dann gerade sich auf sexuellem Gebiet austoben wird, und deshalb ist es notwendig, hier einen Hebel anzu- zusetzen und der drohenden Verseuchung der Volksgesundheit nach Möglichkeit vorzubeugen. Schon im Herbst 1915 haben im Reichsversicherungsamt eine Reihe von Verhandlungen stattgefunden, um der Geiahr einer Zunahme ber Geschlechtskrankheiten, welche durch den Krieg hervorgerufen würde, zu begegnen. Die Notwendigkeit einer Ueberivachung geschlechtskranker Kriegsteilnehmer auch nach ihrer Entlassung aus dem Militär- Verhältnis ist allgemein anerkannt worden. Mit den reichen Mitteln der Landesversicherungsan st allen. die sich schon wiederholt als die geeigneten Vorkämpfer der öffentlichen Hygiene erwiesen haben, soll eine systematische Nachuntersuchung und Ueberwachung womöglich aller während des Krieges an venerischen Krankheiten Erkrankten und Be handelten ermöglicht werden, wobei in erster Linie natürlich an die bei diesen Versicherungsansialten Versicherten und deren Angehörige gedacht ist. Zum Zwecke dieser Ueberwachung werden von den Versicherungsanstalten besondere B e- r a t u n g S st e l l e n eingerichtet, denen von der Militärver- waltung' die einer solchen Ueberivachung bedürftigen Kranken gemeldet werden sollen. Stellt sich bei der Untersuchung eine Behandlungsbcdürftigkeit heraus, so wird der gegen Krank- heit Versicherte seiner Krankenkasse überwiesen, nur bei Nicht- versicherten übeniimmt die Versicherungsanstalt die BeHand- lunq. Die Beratungsstelle selbst übernimmt die Behandlung nicht. Die Heeresverwaltung erklärte sich zunächst bereit, den Landesversicheruugsanstalten diejenigen der versicherungspflich- tigen Bevölkerung angehörenden Knegstestnehmcr zu nennen. die während ihrer Dienstzeit geschlechtskrank befunden wäre», damit nach ihrer Entlassung eine geeignete ärztliche Kantrolle ausgeübt werden kann, freilich mtzt der Einschränkung, daß die Erkrankten die Erlaubnis zur Weitermeldung an ine L andeSversicherungSanstalten geben muffen. Durch diese Ab- hängigmachung der Meldung von dem Einverständnis der Kranken fit nun eine restlose Erfassung aller Fälle durch die Beratungsstelle verhindert und die vom Reichstag eingesetzte Rcichstagskommission für Bevölkerungs- Politik hat. nachdem zuvor schon die D c u t s ch e Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechts- krankheiten in einer Eingabe an den Reichs- kanzlcr die Aufhebung dieser Bedingung forderte, in einem Antrag dazu Stellung genommen, in dem sie den Herrn Reichskanzler ersuchte,„unbeschadet einer all- gemetnen Aenderung und Ergänzung des§ 300 des R.-Str.- G.-B. Vorsorge dasür zu treffen, daß eine Mitteilung an zur öffentlichen Fürsorge berufene Behörden, wenn das Schweigen im allgemeinen StaatSinteresse, etwa zur Verhütung der sonst drohenden Verbreitung von ansteckenden Krankheiten ge- Krochen wird, nicht als unbefugt für Behörden und für be handelnde Aerzte erachtet werden kann". Es steht zu hoffen, daß der Reichstag sich diesem Antrag anschließen wird, so daß dadurch auch die Bedenken vieler Aerzte. die sich jetzt ans Furcht, gegen die durch den K 300 gewährleistete Schweige- Pflicht zu verstoßen, zu einer Meldung ihrer Kranken an die Beratungsstelle nicht verstehen können, endgültig de- scitigt werden. Denn es ist von vornherein in Aussicht ge nommen. sich nicht damit zu begnügen, die von der Mtlitärverwaltung gemeldeten, aus dem Kriege heimkehrenden Venerischen dieser Dauerfürsorge zu unterziehen, sondern in derselben Weise, wie das schon in den letzten Jahren in Hain bürg geschehen ist. die ganze Einrichtung auch für Friedens Verhältnisse zu einer dauernden zu gestalten. Wenn daL ge- lingt. ivcrden natürlich die Beratungsstellen sich allmählich zu dauernden Zentralstellen für die ganze zukünftige Gestaltung der Geschlechtsrrankcnbehandlung entwickeln. Die Beratungsstellen sollen dann in verschiedenen Punkten den behandelnden prakti- scheu Arzt unterstützen und mit ihm Hand in Hand arbeiten. Der Geschlechtskranke, der heute ohnehin schon durch die Presse, durch belehrende Borträge usw. viel mebr Kenntnis von der Bedeutung seiner Krankheit hat als früher, bedari besonders psychischer Beeinflussung von feiten des Arztes, damit er keine übertriebenen Befürchtungen über seine Krankheit hegt. andererseits sich aber auch der Tragweite seines Leidens bewußt ist. Auch der Beratungsstelle fällt ein Teil dieser Belehrungen zu: durch Merkblätter, gedruckte Ausklärungen, vor allem aber mündliche Hinweise muffen die Kranken von der Zivi- wendigkeit einer wiederholten Behandlung überzeugt werden. Inzwischen hat man sich,'teils aus eigenem Antriebe, teils den vorhandenen Direktiven folgend, in zahlreichen Städten des Reiches mit der Vorbereitung für die Gründung gleicher Einrichtungen beschäftigt: in 98 Städten sind die Be- ratungsstellcn für Geschlechtskranke bereits im Gange, in weiteren hundert Orten sind sie geplant, so daß Deutschland binnen kurzem mit einen: Netz von Beratungsstellen durchzogen sein wird. Meist find sie in den Gebäuden der Ortskranken- kasson, der Universitätskliniken und Landesversicherungsanstalten untergebracht, um eine direkte Beratung zu gewährleisten: auch die Aufforderung selbst geschieht nur brieflich und ist so gehalten, daß«in Unbeteiligter den Text mit einer Geschlechts
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