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führte in ihrer ersten Jugend mehrere

In Rußland   liegen die Verhältnisse ganz anders. Es gewissermaßen eine illegale ist in der provisorischen Re- außerordentlich begabt­besteht aus einer Reihe Nationen, die, durch Eroberungen dem gierung ist die Arbeiterschaft nicht vertreten- gewänne da- Jahre ein Leben, das wild abenteuerlich genannt werden könnte, Zarenreiche einverleibt, für sich ein besonderes nationales mit eine breite verfassungsmäßige Grundlage.

Leben führen und bisher nur durch brutale Gewalt zu­sammengehalten werden konnten. Zwar wünschen die Ge­bildeten dieser Nationen meist keine völlige Abtrennung von Rußland  , da sie erkennen, daß dann die abgetrennten neuen Staatsgebiete leicht zwischen den Großmächten zerrieben werden könnten und zudem manche nüßlichen wirtschaftlichen Be­Nationen eine möglichst weitreichende Autonomie innerhalb des ziehungen zerrissen würden, wohl aber verlangen sie für ihre großen russischen Staatsverbandes.

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Die Frau in der russischen Politik.

Von Nadja Strasser  .

wenn es nicht voll härtester Wirklichkeit gewesen wäre. Jede hat dann 22 Jahre in Einzelhaft des höllischen Kerkers Schlüsselburg zugebracht. Und als die Tore des Kerkers sich endlich öffneten, traten sie in die Welt, die für sie völlig entschwunden gewesen, mit demselben sicheren und leichten Schritt der geistig und seelisch Ueberlegenen ein, mit dem sie einst, noch voll Jugend und Kraft Es ist nicht schwer, die Rolle, die die Frau in den politischen durch sie gegangen waren. Als hätten sie die Zeit, die sich zwei­gegenwärtigt, welche Stelle im Russen, bei seinem voviegend ge mit hellen Schwingen überflogen. Als wären die von ihnen in Kämpfen Rußlands   spielte, zu verstehen, wenn man sich ver- undzwanzig Jahre lang wie ein schwarzer, dicker, klebriger Brei, Tag um Tag, Stunde um Stunde, hinter ihrem Rücken dahinzog, fühlsmäßigen Erleben der Welt, das Soziale überhaupt einnimmt. Diese nationalistischen Streise haben die russische   Ne- Der mit seinen religiösen Impulsen, seiner Phantasie, seinen diesen zweiundzwanzig Jahren erduldeten Marter, erdacht von tolution sofort dazu benutzt, mit aller Driuglichkeit ihre Schaffensträumen stets an Soziales gebunden ist. Das Soziale Menschen, die sich von Natur zum Hentersamt berufen fühlten, für Autonomieforderungen zu stellen, und die Revolutions  - ist in viel tieferem Sinne, als es für die Angehörigen anderer ihre physische und seelische Tragkraft gewichtlos gewesen. regierung hat der Strömung Rechnung tragen und sich be- Nationen gilt, ein Stüd seiner Persönlichkeit.

reits zu allerlei Zusagen verstehen müssen, die sie kaum voll In der Intelligenz fand diese Eigenschaft des russischen Volte einlösen kann, wenn sie sich nicht mit der großruffifchen charakters ihren deutlichsten Ausdrud. Daher tommt es auch, daß Bourgeoisie in Widerspruch sehen will, denn diese wünscht sie im Protest, in der Kritik, in der tätigen Empörung ihr Größtes eine sogenannte Konzentration der russischen Kräfte, das heißt geleistet hat. Alles, was im politisch- sozialen Leben geschicht, eine Zusammenfassung der verschiedenen unter russischer trifft nicht bloß ihr Hirn- trifft ihre ganze Seele, trifft sie ganz. Herrschaft stehenden Völker zu einer einheitlichen Staatsmacht, In ihren Individuen, in jedem einzelnen ihrer Träger. die imstande ist die von ihnen gewünschte imperialistische Politik zu verfolgen, nicht einen aus ganz oder halb­autonomen Einzelstaaten zusammengefeßten Föderativstaat. Zudem aber lassen sich in manchen Gebieten, wo die Be­völkerung in nationaler Beziehung start gemischt ist, die ver­schiedenen sich gegenseitig widersprechenden Autonomie­

Und weil das Soziale dem Russen in erster Linie Gefühls­und dann erst Dentangelegenheit ist, konnte das Engagiertsein der Frau am politischen Leben dieselben Formen und dieselbe Inten­sität annehmen wie das des Mannes. Das gilt nicht nur für die Schicht der Gebildeten allein. In gleichem Maße trifft es auch auf die Frau aus dem Volte zu. So waren unter den 7000 Leibeigenen,

Das Leben Tausender, die den Befreiungskampf in Rußland  auf ihren Schultern trugen, und so vieler Frauen darunter, war ein Leidensweg. Aber zugleich und das ist das Wichtige dabei- in den meisten Fällen: ein Weg zur Höhe.

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Statistit der politisch Verurteilten mit bemerkensiverter Konstanz  Waren alle revolutionär tätigen Frauen( die, wie die offizielle zeigt, stets ein Viertel der Gesamtzahl ausmachen) immer Aus nahmenaturen? Von einer Sophia Perowski, Wera Figner  , Wera Sassulitsch  , von Sophia Bardin, Sophia Glinzburg, Sophia schern und noch mancher kann es in der Tat gesagt werden. Hun derte anderer aber waren Durchschnittsfrauen ihres Milieus. Doch war dieses Milieu selbst kein Durchschnittsmilieu. Unsere intellektuellen Frauen haben der Welt ein Erempel geiſti­Peter Lawrow sagt in seinem Nachruf für Sonja Kowalewski  :

schen Revolutionsperiode( über die dank den damals noch öffentlich Und wirklich, wenn man über manche Frau der ersten hervi­fchen Revolutionsperiode( über die dank den damals noch öffentlich durchgeführten politischen Prozessen viel Biographisches cristiert) Näheres erfährt, selbst über solche, die sich keinesfalls irgendwie besonders hervorgetan haben, ist man jedesmal von neuem cr staunt und fasziniert. Man möchte an sie wie das Kind an die Blumen die Frage richten: Wer hat euch so schön gemacht?" Ihr Wollen und Streben, ihre Liebe, ihre Freundschaft, ihr Haß und ihr Glauben ist von einer so elementaren Wucht und zugleich von einer solchen Reinheit und Keuschheit, daß man sich in eine andere Welt versetzt fühlt. Es ist hier nicht von den üblichen Frauen­tugenden die Rede, die einzig und allein in Fügsamkeit und Gehor­sam einerseits, in der Fähigkeit, crotisch zu reizen andererseits ge­sehen werden. Zu diesem Ideal steht sie von vornherein in gar feinem Verhältnis, da es sich um eine andere Schnittfläche des Lebens handelt.

forderungen schwer durchführen. die zur Zeit der Bauernbefreiung   wegen Vergehen gegen die guts­Bestehen demnach zwischen den Verhältnissen Frankreichs   herrliche Gewalt" fich in Sibirien   befanden, also unter den Gflager Regjamkeit, ernſten geistigen Strebens gegeben, der die in anderen Ländern verbreitete Fabel von der natürlichen weiblichen zum Beginn der großen französischen   Revolution und denen ven, in denen die Selbstwürde bis zur offenen Rebellion rege war, Inferiorität zerstören muß. Wir haben allen Grund, auf unsere des heutigen revolutionären Rußlands   auch manche Aehn- zwei Drittel Frauen. In der sogenannten Tschugujewschen lichkeiten, so steht doch die russische   Revolution vor wesent- Rosalenrevolte vom Jahre 1819 standen die Frauen mit an erster gebildete Frau stolz zu sein." Im Unterirdischen Rußland" lich anderen Klassengruppierungen und Klaffengegenfäßen, aus Stelle, und 29 von ihnen wurden zu förperlicher Züchtigung ver- schreibt Stepnjat:" Unsere Frauen waren es, denen die russische denen sich für sie auch natürlich andere Probleme ergeben. urteilt. Als einer der Hauptbeteiligten zu Tode gepeitscht worden Freiheitsbewegung ihre unverwüstliche Widerstandskraft, ihren Nur zu oft wird bei Vergleichen mit den Vorgängen war, bradhte seine alte Mutter ihre Entelfinder vor die Zeiche des Idealismus, ihre Gläubigkeit zu verdanken hat." in Frankreich   während der Jahre 1789/98 übersehen, daß Baters und rief in Anwesenheit der Offiziere und Generale, die zwischen dem Damals und dem Heute denn doch eine der Strafe beigeiwohnt: Kinder, lernt von eurem Vater, wie man mehr als hundertjährige gewaltige sozialwirtschaftliche für das Bolt stirbt!" Nach dem Sewastopoler Aufstand im Jahre Entwicklung liegt und daß, wenn Rußland   auch gegenüber 1830 waren 375 Frauen zum Tode verurteilt. Die Frauen sollen Mittel- und Westeuropa   weit zurückgeblieben ist, doch nicht mit den Kindern auf dem Arm oder sie an der Hand führend vor nur sein Agrarsystem ein ganz anderes ist als das vorrevo- die Kanonenläufe getreten sein. In den berüchtigten Militär­lutionäre feudale Halbpachtsystem Frankreichs  , sondern daß kolonien Alexanders I.( der sich seltsamerweise der Gesegnete nennen auch die moderne Großindustrie in Rußland   ihren Einzug ge- lieg) war es in Nowgorod   zu einem Aufstand gekommen, bei dem halten hat und mit ihr die modernen politischen und sozial die Frauen nicht nur in hervorragendem Maße beteiligt waren, philosophischen Anschauungen des Westens. Die Folge ist, sondern als die eigentlichen Anstifterinnen galben. Der bekannte daß gleich zu Beginn der russischen Revolution diese weit über Schriftsteller Amfiteatrow, der sehr viel über die Lage und das das Stadium hinaus gelangt ist, mit dem in Frankreich   1789 Schicksal der Frau in Nußland schrieb, sagt an einer Stelle: die Bewegung einsetzte. Neben der errichteten provisorischen Starke Freiheitsregungen haben auf allen Gesellschaftsstufen in Regierung hat sich als Vorwärtstreiber ein Gretutivkomitee den Herzen der Frauen immer ihren Widerhall gefunden. Und aus Arbeitern, revolutionären Intellektuellen und Soldaten- hatte sich die russische   Frau einmal zur Verteidigung der nieder­vertretern gebildet, das zu der offiziellen Revolutionsregierung getretenen Rechte erhoben, übertraf sie die Männer durch die der Gutschkow, Miljukow, Lwow   usw. in scharfem politischen Energie und die Standhaftigkeit ihres heiligen Fanatismus." Gegensaz steht. Und bei dieser Machtbeteiligung kann die Beruhten die politischen Leidenschaften im Volke, solange es Arbeiterschaft nicht stehen bleiben; sie muß die Re- noch fein organisiertes flaffenbewußtes Proletariat gab, nur auf volution über sich selbst hinaustreiben, Impulsivität, so kamen bei der Intelligenz Momente hinzu, die die wenn sie nicht auf die Durchführung der bloße Leidenschaft der Gefühle zur Leidenschaft der Gesinnung, wichtigsten ihrer Forderungen völlig ver zur lampfbereiten Weltanschauung machten. Was dieser Welt­zichten und ihre Opfer umsonst gebracht anschauung ihre Kampfbereitschaft gab, war eben die Wucht der auf haben will, denn den Vertretern des liberalen Blocks sie verwandten Gefühle, das Pathos dieser Gesinnung. in der provisorischen Regierung freie Hand für ihr Spiel zu Tassen, bedeutet nichts anderes, als ihnen die Möglichkeit zur Konsolidierung einer gemäßigt liberalen imperialistischen Bourgeoisherrschaft zu bieten. Soll die Revolution für die Arbeiter und Bauernschaft wirklichen Erfolg haben, müssen beide, Gewehr am Fuß, stehen bleiben, stets den argwöhnischen Blick auf das Tun der Miljukow und Gutschkow und dessen Stipendiaten" in der Armee gerichtet, das heißt auf die vor­läufig zur Revolution abgeschwenkien, begünstigten und be­stochenen Generale des Kriegsindustriellen Komitees.

Darin ist der Ruffe- seinem Intellekt nach reinster Realist reiner Romantiker. Nicht im ästhetischen Sinne, die sich in der Flucht von der Wirklichkeit zu einem Unrealen, unbestinumt als groß oder schön Empfundenen genügt. Sondern: Romantiker der Wirklichkeit. Der, ohne die Realität der Dinge im geringsten zu negieren, fie mit einem viel größeren, weiteren, tieferen Inhalt zu erfüllen versteht, als dem, den sie für die nüchtern und fachlich Reagierenden besitzen.

Man kennt als Einzelerscheinung diefen Thpus des Roman­tikers sehr wohl. Man nennt ihn oft, wenig zutreffend, den Jdealisten.

Vor allem ist nötig, daß die revolutionäre Arbeiter- und Bauernschaft sich nicht durch die Miljukow und Konsorten in Der Fähigkeit nach, die Dinge der Wirklichkeit von einem cine Striegstreiberei hineinziehen läßt, die die innere revolutionäre inneren Zentrum heraus zu erleben, ist der intellektuelle Ruffe Gärung in einem Ausbruch patriotischer Kriegsbegeisterung| Romantiker. Und vielleicht in noch größerem Maße die russische erstickt, und daß sie ferner baldigst die Einberufung einer auf Frau. Das war es, was ihr den Mut zum Kampfe gab. Und die allgemeinen gleichen Wahlen beruhenden Konstituante Straft, Leiden zu tragen, ohne seelisch und geistig zu brechen. Im durchsekt, an der voraussichtlich, wenn auch kaum die eigent­liche sozialistische Arbeiterschaft, so doch die Trudowicki, die Partei der Werftätigen", ein starkes llebergewicht haben wird. Die Macht der unteren Volksschichten, die heute noch

Erlöser Schnee.

Bon Paul 3e ch

Von den schwarzen, halb in das Gebirge geschachtelten Baraden stufte sich der Knüppeldamm in Serpentinen durch einen dünnen Baumbestand. Tag für Tag gossen die Buchen wilde Regenschauer wie aus einer Brause herab. Das Stück­den Himmel in den Rücken der Astmaschen war von derselben Färbung wie Stämme und Wurzelboden. Tag für Tag hämmerte sich mit dem Regen, mit den Fröstelfiebern durch­näßter Monturen das Grau- Schwarze des Lichtes, der Erde in aller Gehirne. Tag für Tag war gedunkelte Müdigkeit der Ausdruck von Auge und Haut. Tag für Tag klackten, begleitet vom Geräusch vollgesogenen Schuhwerks, stöhnten Flüche, Verwünschungen. Die Luft war geladen mit Beschimpfungen aller Heiligen, wenn die Ablösungen vom Knüppeldamm auf den Fahrweg rutschten, kraftlos in die Kniee sackten.

O dieser Fahrweg! Räder, die ihn schnitten, gossen sich zu massiven Lehmscheiben aus. Odieser Fahrweg, den die abgetriebenen Gäule wie frischmodellierte Tonfiguren passierten.

Dieser Fahrweg, der mit einem furchtbar zähen Brei fich in die Schäfte der Stiefel ergoß, die Hosen bis zum Gesäß boden panzerte und die Spanne eines Schritts minutenlang

dehnte.

Regen.

Gegenteil: sie wächst im Kampf und wird mit der Härte der an sie gestellten Ansprüche geschlossener und fertiger.

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Noch wissen wir nicht, welche besondere Rolle die russische   Frau in der letzten Etappe der russischen Revolution gespielt hat; aber wir wissen, daß die siegreiche Revolution vor allem auch das Wert ihrer jahrzehntelangen heroischen Kämpfe und Opfer ist. Nadja Straffer zeichnet mit eindringlicher Psychologie das Bild dieser Frauen( Die Russin", bei S. Fischer, Berlin  ). Wir geben daraus diese generelle Schilderung wieder, aber darüber hinaus bietet das Buch eine Fülle von Einzelpersönlichkeiten.

Sichtbare Bausteine der Materic.

Von Dr. O. Da mi m.

Die Physik und die Chemie lehren, daß alle Körper aus äußerst Kleinen, räumlich getrennten Teilchen bestehen, die sich nicht weiter zerlegen lassen. Man nennt sie deshalb Atome, von dem griechischen Worte atomos, D. h. uniteilbar. Es gibt so viele Arten von Atomen, als chemische Elemente vorhanden sind. Die Atome verschiedener Elemente vereinigen sich in bestimmter Anzahl und Anordnung zu Gebilden höherer Ordnung, den kleinsten Massenteilchen der chemi­fchen Verbindungen, die die gleichen Eigenschaften befißen, wie der ganze Körper und den Namen Molefeln erhalten haben. Auch die Elemente felber bestehen aus Molekeln. In der Regel setzen sich die Molefeln der elementaren chemischen Stoffe nur aus zwei Atomen zusammen. Doch sieht man auch für gewisse Elemente die Molefeln als einatomig an. Danach erfüllen also die Körper den Raum, den sie einnehmen, nicht vollständig. Wir müssen uns vicl mehr die ganze Welt als eine Art Mosaik vorstellen.

Frauen wie Wera Figner   und Ludmilla Wolkenstein muten wie ein Wunder an. Jede von ihnen beide waren sehr hübsch, Immer brauste Sturm aus dem grauesten Westen, zer- In den Unterständen begann der Balkenbau zu faulen. zwirnte die massive Ballung des Gewölks und häkelte Negen den Unterständen faulte die Montur zu Kasch. Faulte und aus Schwermut um die lebendige Energie aller Kreatur. fiel von den Leibern. In den Unterständen faulte das Brot Stunde um Stunde stürzten sich in rasenden Geschwader- und faulten die Gesichter zu einem trostlos faltigen Grau. flügen die Geschosse der Mörser und Haubigen in die Regen- Es gab Groggelage. Es gab Treibjagden, da die Läuse, wölbung. Panzeriverke aus Erde und Beton, Eisen und Mäuse, da die Ratten vor Feistheit barsten. In den Unterständen flimmerte die Site in weißen Stammlagen splitterten unter dem Dampfhammersturz der Explosionen. In dem unsagbar grauen Himmel aber klaffte Wallungen. Husten hadte wilde Geräusche in allen Rehlen nie ein Loch, gähnte nie ein tödlicher Abgrund. Die sonoren los. Aber niemand sang die klingende, hellspringende Silbe: Schnee!" 42er noch blieben wie spielerische Müdenrüssel in der un- Schnee... durchdringlichen Regenhaut stecken.

Die Musketiere hodten wie graugeschimmelte Mumien vor den Schießscharten. Selten reizte sie ein Feind, das Ge­wehr anzuschlagen. Der Feind, der in genau denselben Regen. löchern hinstumpfte, selten bewogen, zu schießen. Nicht einmal mehr Mut hatte zu schanzen und nur des Nachts bunte Leucht­feuer verschwendete, um das unerträgliche Grau zu schminken, um die graue Melodie seiner Heimat mit einem efstatischen Rot, mit einem sanften Blau aus dem Gehirn zu lügen, um die blanke Furcht vor dem Ichsein, um die Qual mit einem Feuerwerk zu betäuben.

Den Oktober, November und halben Dezember lang seufzten die Soldaten: Wäre doch einmal Sonne, einmal Sicht von blauem Wald oder frohweißen Städten! Wäre doch, wenn uns nichts Liebes mehr zufließen mag wäre doch Schlacht hier... Klingendes Springen... ein Rot auf dem trostlosen Grau... ein Not: das unseren Herzen selbst entspränge!"

Nicht, daß die Vorstellung von einem Weiß" ausgelöscht war in den eingeregneten Gehirnen.

Auf dem Rost der Wellbleche wucherten die weißen Schimmelpilze und Flechten. Sie troffen unerhört naß, wenn eine Hand oder ein Erzeß der Nerven daran rührte, troffen wie draußen der Himmel, die Gräben und das Kraut.

In den Unterständen probte schon Wahnsinn die krummen Finger.

Aber dann kam die eine Nacht, da die Mörser, Haubigen, Grabentanonen und Minenwerfer sich aufrafften und die schreienden Reiher aussandten, den Himmel kurz und klein zu pflügen.

In den Unterständen gab es Fuselrevolten. In den Unterständen dämmerten Ahnungen wie ein rofiger Morgen. In den Unterständen begannen die Defen in ein zischendes Weiß- Gelb zu glühen.

Es glühten die Gespräche. Es glühten die Gesichter. Es glühten die Tabakspfeifen. Im Rauch der Zungenzüge blieben Arabesten stehen. Der aufsteigende Morgen zog eine Surve aus den Arabesten dieser Nacht.

Was half es, daß schwere eichene Roste lagen, was half cs, daß die Pumpen unnuterbrochen ächzten und den Menschen die Zungen herauswürgten, was half es, daß man Gummi mäntel trug, Delfuchsocken, Lederwesten trug: was half die In den Unterständen hier aber sprach niemand die flin dünne und fäuerliche Wärme der Holzkohlenfchen? gende, hellspringende Silbe: Schnee... Schnee... Schneet

Jeden Tag stelzte, fladte und dampfte ein halbes Tausend Alle Soldaten... alle, hüben und drüben: Schred­Menschen durch diesen Kilometer barbarischer Lehmqual. liches Gesicht des Bajonetts, Stahlaugen Kains  , Blutlust mit Jeden Tag verdünnte, vertiefte der Regen den fast flie- eisigem Stich die grauen Wellen Unmut teilend... schreck- Ganz plötzlich war Schnee gefallen. Schnee... und blieb, Benden Weg. liches Gesicht aus allen Höllen, mit allen Erzengeln der Grau- bis vom dumpfen Alarm des Gongs geweckt, das ganze Oktober... November tamen mit diesem nichtsnußigen samkeit und allen Engeln des Hasses sich bewegend: komm! Bataillon über das Schneefeld raste. Von den unerhofften Ja, komm!" Segnungen Weiß geblendet, war in den Gehirnen aller eine Dezember begann mit diesem nichtsnußig französischen Es gab keine Träume mehr. Es gab keine Gesänge mehr. infernalische Trunkenheit. War ein Taumel, der von den Regen. Und der Fahrweg rauschte jezt wie ein Wildbach. Es gab keine murrend Hungernden mehr, keine Hoffnungen Fieberkurven einer Schlacht durchschauert war. Der vorwärtsstürmende Soldat dehnte die Arme. Saufte Goß die zähen Abwässer in die Laufgräben, goß den gelben mehr. Brei gallischer Winter bis in die Unterstände. Es regnete den Oktober, November und halben Dezem- in das hundertmal verfluchte, tagelang rinnende, gletscherhaft ber lang. In den Zeitungen aber stand von wildesten Schnee- vorwärtsgleitende Gelände: durch den gelben, grünen  , grauen, stürmen im Osten. Bildchen kamen: Musketiere mie Schnee- weißen, schwerfällig wolfenden Rauchflor der Explosionen. Saufte in weit ausholenden Sprüngen über Trichter, männer vermummt. Drollig! Herrlich! Ja, im Osten... Schluchten, Schründe hinein in das Sperrfeuer der Minen and Granaten.