34. Jahrgang. Nr. 38
Sonntag
Die Mutter sinnt bei der Wiege.
1.
O tiefes Wunder, daß in dir Mein Leben Kraft geworden iff, Daß du so ganz Erfüllung mir Und Untwort meinem Wesen bist,- Daß mein verschwiegnes frühstes Leid Stumm weiterflagt in deinem Blut, Bergeßne Freude fernster Zeit Als Glanz in deiner Seele ruht! Daß heiß dein Herz in meinem schlug, Daß dein Geschid in meinem schlief, So lange, eh mein Schoß dich trug, Und eh ich dich bei Namen rief... 2.
Ich bin dir nie so nah als nachts,
Wenn rings um uns das Dunkel schweigt, Geheimnisvoll lebendig nur
Dein 2tem fällt, dein Utem steigt.
Ich denke jener holden Zeit,
Da du in mir versenkt geruht,
Da unser Atem einer war,
Bewegt von eines Lebens Flut,
Ich denke einer fernen Zeit,
Wenn uns die stumme Nacht umgibt: Einst ruhn wir wieder ganz vereinf Mit allem, was wir je geliebt.
Ina Seibel
Zur Jugendfrage.
Von Artur Zidler.
Beilage zum„ Vorwärts" Berliner Volksblatt
Berlin, 23. September 1917
wortungsbedürftigkeit, die verstanden und geleitet werden limas erst Beweise braucht, um Glauben zu finden. Ihr Beweis will, aber nicht unterdrückt und gemaßregelt werden kann. liegt in der Geduld der Beobachtung und wird glänzend Also Erzieher, d. h. in diesem Falle Männer und Frauen erbracht, wenn wir die Wetterbeobachtung nur genügenb des arbeitenden Wolfes, die ihr wohl durch Alter und weit ausdehnen und genügend lang fortsetzen. Schon dem nicht Erfahrung zur Nüchternheit gereift- den Ueberschwang und fachgemäß Forschenden wird es aufgefallen sein, daß bereits innerdie radikale Tatenlust der Jugend zu würdigen und zu leiten halb eines Jahres eine Regelung aller auffälligen Abweichungen bersteht und selber mit der Jugend jung zu sein wißt, an vom Normalflima des gleichen Ortes einzutreten pflegt. Wenn die die Front! Niederschlagsmenge eines Ortes jährlich 600 Millimeter, die Jahres
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Eine der betrübendsten Feststellungen ist ferner die des durchschnittstemperatur 9 Grad Celsius beträgt, so wird großen ech fe Is der Mitglieder; der Grund ist in einem eine solche Rechnung etwa nach folgendem Schema berder Hauptfehler des bisherigen Systems zu suchen. Versetzen laufen. Wenn das Frühjahr zu trocken war und bis zum Ende der wir uns einmal in die Psyche eines jungen Proletariers, der ersten Jahreshälfte um 200 Millimeter Regen gefallen ist, kann am Tage nach seiner Schulentlassung in die Reihen der freien man fast mit Sicherheit annehmen, daß die andere Hälfte um so Jugend tritt. Ein Jahr lang läßt er die selten niederschlagsreicher sein wird. Wurde im trockenen Halbmethodische Reihenfolge der Vorträge und Ver- jahr Ver- jahr die jeweilige Durchschnittstemperatur der Jahreszeit anstaltungen über sich ergehen, dann kommen die neuen Ston- um 1 bis 2 Grad Celsius überschritten ist, ist anzus firmanden, an die wieder mit denselben Voraussetzungen heran- nehmen, daß der Umschwung länger andauerndes Kühlwetter getreten werden muß er ist fertig! Er, dessen Vor- mit sich bringen wird. Erfahrene wissen längst, daß man einen zu stellungswelt sich kaum von der in der Volksschule eingepauften warmen Sommee mit einem falten Winter zu bezahlen pflegt und losgelöst hat, der über die knappe Weisheit einiger Flug- einen warmen Winter mit vielen trüben Sommertagen, wobei sich blätter und Broschüren noch nicht hinaus ist, wird der agita- das Jahr des Ausgleiches weniger nach dem Kalendermann und torishen und verwaltenden Tätigkeit eingereiht( die übrigens seinem Jahresende, wie vielmehr nach dem Jahreszyklus des unter Hintanstellung der eigentlichen Bildungsauf- alten Rom , das am 1. März Neujahr feierte, zu richten scheint. gaber einen viel zu großen Raum einnimmt) und Immerhin gibt es gegen diese Regel noch erheblich viele Wusgeht in derselben fast bald vollständig auf. Wird er nahmen, und eine Periode trockener Jahre oder falter Winter gehört nicht einer von denen, die die Regeln der parlamen- für jedermann zu den geläufigen Erinnnerungen, aber man wird, tarischen Geschäftsordnung mit virtuofer Leidenschaftlichkeit wenn man sie genau prüft, finden, daß dabei häufig eine psychohandhaben und mit den bunten Bällen der Schlagworte in logische Schwäche mit unterläuft. Unser Gedächtnis hat nun einmal jeder Versammlung jonglieren, so tendet er bald der Jugend die Neigung, nur das ganz Außergewöhnliche aufzubewahren. den Rücken, taucht im Chaos bürgerlicher Bestrebungen unter Benn also um bei dem vorigen Beispiel zu bleiben in einem oder begnügt sich mit achselzuckender Gleichgültigkeit. Es sei Jahreszyklus der landwirtschaftlich wichtige April aller Niederschläge denn, daß ihn die Wanderfröhlichkeit oder die Anwesenheit entbehrte, dadurch eine Mißernte begünstigt wurde, wird die des anderen Geschlechts in unseren Reihen hält, aber selbst Bauernschaft des ganzen Landes dieses Jahr als Trodenjahr im für diese Neigungen wird er anderwärts die Gelegenheit aus Gedächtnis behalten, auch dann, wenn der im April entstandene giebigerer Betätigung finden. Ausfall von etwa 100 Millimeter Regen in den nachfolgenden Herbstmonden etwa im Verlauf von fünf Monaten wieder hereingebracht und die jährlichen 600 Millimeter dadurch sogar etwas überschritten wurden.
Als dringendste Forderung ergibt sich aus diesen Erfahrungen die Gliederung der örtlichen Jugendbewegung in Alterssektionen.
Etiva: I. Sektion der Schulentlassenen. Leiter derselben sind vom Jugendausschuß gewählte erwachsene Genossen bezpv. Genossinnen. Ihr Zweck ist Pflege edler Geselligkeit, Erweckung proletarischen Solidaritätsgefühls, Erziehung zur eigenem Denken, hygienische und sittliche Aufflärung, Geschmacksbildung, Einführung in die Grundbegriffe der Wissenschaften.
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Trotzdem zeigt sich, wenn man Jahreszeitenkurben desselben Landstriches prüft, die eigentümliche und noch ganz unerklärte Neigung, daß drei, fünf oder sieben Jahre lang ein ähnlicher Jahreszeitenablauf herrscht, was sich übrigens gerade jetzt in den drei vielbeachteten Kriegsjahren auch gezeigt hat. Die uralte Erfahrung des Volles hat das bemerkt, und nicht nur in der Bibel, sondern auch in vielen deutschen Sagen und Märchen lehrt der Begriff von sieben bösen oder sieben guten Jahren wieder.
Auch die Organisation der arbeiten den Jugend hat sich der zerfegenden Wirkung des Weltkrieges nicht zu entziehen vermocht. Wenn auch nicht zu verkennen ist, daß die ungeheure industrielle Inanspruchnahme der Jugendlichen einen Hauptgrund mit für den gegenwärtigen Mißstand bildet, so II. Settion der 16-18jährigen. Sie würde fich ist doch dessen Wirksamkeit mit der Dauer des gegenwärtigen unter eigener Erledigung ihrer Geschäfte und Vertretung ihrer Man kann aber mit Sicherheit darauf rechnen, daß die einer Ausnahmezustandes begrenzt, während dem Lieferschürfenden Meinung im Jugendausschuß mit der politischen und wirt- Periode folgenden Jahre den Ausgleich bringen, daß also, um mit Fehler unserer Arbeit zutage treten, deren Vermeidung erst schaftlichen Grziehung ihrer Mitglieder befassen, durch dem Märchen zu reden, auf die fieben mageren Jahre wirklich sieben fünftige Erfolge ermöglicht. Distussionsabende eine Orientierung in allen fette zu folgen pflegen. Die geistige und organisatorische Selbständigkeit, deren wissenschaftlichen und kulturellen Fragen vermitteln und vor Und ganz sicher stellt sich der Ausgleich in noch längeren Zeitsich unsere Jugendorganisationen im Gegensaße zu den allem durch Surse und Vorträge eine tiefergehende metho- räumen ein. Im besonderen entsteht der Einbrud, als verwischte gleichen Unternehmungen des Bürgertums erfreuten, stellten dische Bildung ihrer Mitglieder erstreben. der Ablauf von 70 Jahren schon vollständig die Ausweichungen der eine weit unsichere Grundlage der Bestandserhaltung dar, Die Sektion der 18-23 jährigen Parteigen offen geraden Linie. Ganz sicher ist dies mit dem Säkulum( Jahrhundert) als man es sich zum Teil noch bis heute zugestehen will. schließlich dürfte als geistige Zusammenfassung im Rahmen eingetreten, und so schlummert im ganz Berborgenen eine gewiffe Mit der Einsicht, daß die Formen unserer Jugendarbeit der Partei durch ihre bildende und disziplinierende Tätigkeit Berechtigung auch für den vielgelästerten oder noch mehr geschätzten in höchstem Grade unzulänglich waren, tauchte die Frage- am tauglichsten Objekt einen Sauerteig darstellen, der für die hundertjährigen Kalender. stellung Jugendpflege oder Jugendbewegung" Durchdringung der organisierten Arbeitermassen mit soziain den Erörterungen der Parteipressewie der beteiligten Instanzen liftischer Stultur von Jahr zu Jahr an unschätzbarer Bedeutung auf; und die Erfahrungen, die man machte, schienen der Auf- gewinnen würde. faffung recht zu geben, die sich für eine straff disziplinierende Selbstverständlich schließt eine derartige Gliederung das Jugend pflege entschied. Das wird noch durch die Tatsache Ineinanderarbeiten der einzelnen Sektionen so wenig wie die bestätigt, daß die Jugendbewegung dort, wo ihre Verwaltung Gemeinsamkeit gewisser( künstlerischer, sportlicher) Beranin den Händen gewerkschaftlicher Instanzen oder erwachsener staltungen aus. Auch den beruflichen Bildungsbestrebungen Parteigenossen liegt, noch die verhältnismäßig günstigste der Gewerkschaften soll nicht ihre Berechtigung abgesprochen Bilanz aufzuweisen hat. In den Bezirken dagegen, wo die werden, aber damit hat sich auch ihr Zweck erschöpft und Gestaltung ihrer Geschicke fast ganz auf den eigenen Willen gegen die Absicht einer rein gewerkschaftlichen Jugendbewegung der Jugendlichen gestellt war, hat das System einerseits durch muß entschieden Front gemacht werden. die Einziehung der reiferen Jugendgenossen, andererseits durch das Hineintragen der Parteifonflitte in das geistige Leben der Bewegung zumeist einen Zusammenbruch erlitten. Das leidenschaftliche, leicht zu mißbrauchende politische Interesse der jungen Arbeiter ist somit für die gesunde Bufunft der Sache eine Gefahr, der nur durch Leitung desselben, jedoch niemals durch Unterdrückung begegnet werden
fann.
Diese Ertenntnis führt aber unbedingt zu dem Zwange, bon einer Stellungnahme zu einer der beiden Extreme abzufehen und die Notwendigkeit einer pädagogisch- organisatorischen Stomplizierung der Frage zu schlußfolgern.
Schon diese Beobachtungen geben Anhaltspunkte zur Beurteilung fommender Jahre und Jahreszeiten. Jedes Jahr bringt eine Erbschaft mit, nämlich die Tendenz zum Ausgleich. Nachdem in bem achten und neunten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts die Zahl der überfeuchten und au fühlen Jahre größer war, muß das Ausgleichspendel im ersten und zweiten Jahrzehnt des gegenwärtigen Säfulums nach der anderen Richtung schwingen. Innerhalb dieser allgemeinen Tendenz aber steden wir mit 1917 in einem Jahrsiebent der„ mageren Jahre". Dagegen muß, da der entsprechende Jahresdurchschnitt mit den ersten 7 Monaten des Jahres noch unterboten ist, der Nest mehr Niederschläge bringen als sonst, was im August mit seinen häufigen Regengüffen im größten Teile Deutschlands schon begonnen hat.
Somit würde die Beschlußkraft von der Generalversamm lung auf den Jugendausschuß übergehen, die einzige Folgerung, die man aus dem Fiasto der bisherigen Selbständig - Diese Prognose ist natürlich jeweils durch bas lokale Klima teit" ziehen tann. Das ist eigentlich nur der Bollzug einer beeinflußt. Norddeutschland hat einen anderen Ring der JahresSelbstverständlichkeit; weniger noch wie etwa die Frauen- zeiten als München , und Posen erlebt das ganze Jahr anders als bewegung kann sich die Jugendbewegung selbständig politisch Düsseldorf . In München regnet es auch in einem trodenen Jahre auswirken, sie bedarf dazu der Instrumente der Arbeiterschaft: durchschnittlich an 20 Tagen öfter als in Berlin . Im allgemeinen der Partei, der. Gewerkschaften und ihrer Macht.
Der Ring der Jahreszeiten.
stellt aber Mitteleuropa so ziemlich eine gemeinsam schwankende" Einheit dar, und man unterscheidet eigentlich in Europa von je nur brei große Typen von Witterung: das feuchtwarme Westwetter, das trockenfühle Dstwetter und das echte deutsche Wetter, von dem man mit bedachtsamem Scherz gesagt hat, es drohe bei Sonnenschein Die Entwicklung des Proletarierhirns von der Schule bis Wohl noch nie seitdem die uralte Bauernwissenschaft der Wetter - stets mit Regen, und fühle fich ab, wenn es warm wird. Nimmt zur Kaserne stellt einen Sturmlauf dar, auf den entscheidenden funde sich zum modernen Brachtbau" der Meteorologie geweitet man ganz Europa in Bedacht, so verschwinden auch die jahreszeitEinfluß zu gewinnen nicht nur Sache kluger Zweckmäßigkeit hat, ist diese Wissenschaft so voltstümlich gewesen wie in den letzten lichen Schwingungen in bemerkenswerter Weise, und es ist schon in Hinsicht auch die weltenwendenden Ziele des Sozialismus zwei Jahren, da Millionen besorgter oder freudiger Augen jedes oft genug der Fall, daß man einer südwestdeutschen Schlechtwetterist, sondern auf die Befriedigung höchst lohnenden Ehrgeizes. Wöllchen auf seine Beziehungen zur Lebensmittelfarte hin prüften periode in Ostpreußen oder Schlesien entgehen kann. Auf der Die Beschäftigung mit der Jugend sollten sich die Besten und wir Städter auch einmal etwas von der Gebundenheit und den ganzen Erde herrscht strengstes Gleichmaß, und über sie geht aus unseren Reihen angelegen sein lassen; es sollte tiefen Wurzelgefühlen des von seiner Scholle abhängigen Bauern Jahr um Jahr genau dieselbe Menge Regen, das gleiche Maß von mit dem häufigen Gebrauche aufgeräumt werden, empfanden, für den jeder aufziehende Morgen ein Wort eines Sonnenwärme nieber. Was uns als Jahreszeit und Wetterlaune daß Leuten in Ermangelung anderer Betätigungs- Schicksalsspruches ist, den er nicht abändern kann. Wie ein Ning erscheint, ist nur die Verschiebung der einzelnen Münzen, aus denen fähigkeit das unterschätte Ressort eines Jugendbeirates zu- des Schicksals ist über ihn die ewig sich drehende Kette dieses Kapital auf dem Rechenbrett der Welt besteht. Es gibt keine gewiesen wird. Der Verfasser würde sich nicht zu diesem von Tagen gespannt, von denen keiner sich gleicht, so sehr Trockenperiode, die gleichzeitig auf der ganzen Erde dauert und keine Borwurfe versucht fühlen, wenn nicht reichliche praktische Er auch unser furalebiges Empfinden sich in der gegenteiligen Sintflut, in der alles ertrinfen fönnte. Sondern die Regenmenge, fahrungen denselben rechtfertigten. Mit der Geste des Enttäuschung wiegt. Das veränderliche Klima unseres Himmels die irgendwo fällt, geht anderswo ab, und die Bärme, die uns Diftators, mit dem deutlichen Hinweis auf die finanzielle striches, von dem man mit Recht gesagt hat, es ändere sich unter gespendet wird von unserem himmlischen Wohltäter, bleibt sich zu Abhängigkeit etwa vom Gewerkschaftskartell als letzten Trumpf deutschem Himmel alle drei Tage das Wetter, es macht weidlich allen Jahren gleich. Nicht einmal die vielberufenen Sonnenfleden bei der Entscheidung von Streitfragen ist nichts geschafft, da- Anstrengungen, uns über das eherne Gleichmaß der Jahreszeiten beeinflussen sie irgendwie merkbar, seitdem wir Menschen ein Wissen durch werden nur unerquickliche Situationen geschaffen, die hinwegzutauschen. Rasch aufeinander folgende Störungen rütteln davon besitzen. einen günstigen Nährboden für Verwirrungen bilden, wie sie ununterbrochen an dem Eindrud, es sei jest just das richtige Wetter", gegenwärtig den Bestand der in einem Jahrzehnt mühevoll und Wetterumschläge, Sturm- und Kälteeinbrüche, vorzeitige oder aufgebauten Drganisation bedrohen. ungewohnte Higeperioden versehen namentlich scheinbar die Grenz Die frühe wirtschaftliche Selbständigkeit gibt dem jungen steine von Frühling, Sommer und Herbst. Und so kommt es, daß Arbeiter ein hohes Maß von Eigenmächtigkeit und Verant- die Behauptung von der vollkommenen Gleichmäßigkeit unseres
Wie fommt man zu solchen kategorischen Behauptungen? Es gibt auf Erden einen historischen Kalender der Jahreszeiten und Jahre, der sie seit Jahrmillionen mit nimmerwankender Genauigkeit registriert und auch die kleinste Abweichung aufzeichnet. Das ist die Pflanzenwelt.