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3. Jahrgang.
Soz demokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.
Vor dem Rechtsputsch.
Just der 9. November, der Jahrestag der deutschen Revolution, ist von den bewaffneten nationalen Kampfverbänden in Deutschland ausersehen, den tödlichen Streich gegen Deutsch Lands Demokratie zu führen. Welch ein Wandel hat sich da in fünf Jahren vollzogen! Am. 9. November 1918 hat der Mann, der am meisten schuld an Deutschlands Unglüd trägt, Wilhelm II. abgedankt, die Regierung des Prinzen Mar von Baden ist zurückgetreten und ein Angehöriger der Partei, deren Befenner Wilhelm II. als eine Bande von Men schen bezeichnet hat, nicht wert, den Namen Deutsche zu tragen", wurde Reichskanzler. Mehr als zwanzig deutsche Fürstenthrone wurden in jenen Tagen gestürzt, die feudalen Ruinen hinweggefegt und Deutschland war eine Republik geworden, der Traum der deut schen Demokratie von 1848 war erfüllt, und daß die deutsche Republik nicht alle Gebiete umfaßte, soweit die deutsche Zunge klingt", hatten die Friedensverträge, hatte Frankreichs Machtdiktatur verhindert.
Aber während sich in den nächsten Tagen die Arbeiterschaft Oesterreichs anschickt, in machtvollen Kundgebungen den Gedenktag der Republik zu begehen und dadurch eine neue Probe ihrer Macht ablegt, ballen sich über der Demokratie Deutschlands schwarze Wolken zu sammen. An der bayrischen und thüringischen Grenze stehen zum Losschlagen bereit die bis an die Zähne bewaffneten Stampfsdjaren des Nationalismus und der Reaktion, stehen die Anhänger des in Schimpf und Schande davon. gejagten alten Regimes, um aufs neue ihre m Macht und Herrlichkeit zu errichten. Es ist ungewiß, ob diese Banden am 9. November wirklich losschlagen werden, aber soviel kann man sagen, daß der Mechanismus, einmal aufgezogen, von selbst funktioniert, daß sich die bewaffneten Scharen an Thüringens Grenze nicht so leicht werden zurüdhalten laffen, um den Marsch auf Berlin anzutreten mit der Absicht, wie Hitler sagte, die mit dem Hafenkreuz gezeichnete gezeichnete schwarz rot- weiße Fahne statt der schwarz- rot- gelben Fahne der Republik auf dem Berliner Schlosse aufzuziehen.
Freitag, 9. November 1923.
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Nr. 262.
der Reichspolitit.
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Anilling abgelegt und verhaftet; Kahr : Landesverweser; Ludendorff: Armeetommandant; Hitler: Leiter Bildung einer nationalen Armee. München , 8. November .( A. B.) Heute um 8.40 abends fuhren beim Bürgerbrän während der Rede des Generalstaatskommissars von Rahr acht Laftkraftwagen mit bewaff neten Nationalsozialisten vor. Diese beseßten alle Ausgänge des Saales, zogen Schüßenlinien und sperrten die Straßen und Gebäude in weitem Umkreise von jedem Verkehr ab. 10.15 Uhr war nach Beendigung der Rede Kahrs Hitler mit ungefähr 600 Bewaffneten in ben Saal eingedrungen. Er erklärte die gegenwärtige bayrische Regierung für abgefest und seßte eine neue Regierung ein. Diese besteht aus dem früheren Poli zeipräsidenten Pöhner , als Landesverweser, General Ludendorff , als Landesbefehlshaber, General Bossow, als Reichswehrminister. Hitler , als politischer Berater, und Polizeioberst Seiffert, als Polizeiminister. Der Bürgerbräufeller ist noch immer von Hitlertruppen abgesperrt. Zur Zeit rüden di: Kampfverbändler Oberland ,, und Reichs flagge" gegen die Stadt vor und befeßten bereits verschiedene Pläße. Die Haltung der Reichs wehr ist nicht bekannt. Angeblich soll sie mit den Hitlertruppen fraternific ren. Wie foeben, um 10.40 Uhr nachts, gemeldet wird, ist das Telegraphenamt be sept worden. Die Rolle v. Kahrs ist noch nicht bestimmt, es sollen angeblich die Verhandlungen noch im Zuge sein.
, 8. November. Der heutige Abend hat in München den Staatsumsturz gebracht. In einer ungeheuer überfüllten und schon um sieben Uhr gesperrten Versammlung im Saale des Bürgerbräufellers hielt der General Staatskommiffär von Kahr die angefündigte große Rede. Ehe er sie noch zu Ende geführt hatten, wurde er unterbrodjen. Der nationalsozialistische Führer itler drang mit einem Sturmtrupp in den Saal ein und es wurde eine Anzahl Schüsse gegen die Saalde de abgegeben. Es entstand ein ungeheuerer Tumult, wobei Hitler ertlärte, die Regierung von Knilling sei gestürzt und
Jahren habe die Revausgerufen. Heute vor fünf
angefangen, dem Tage sei sie be endet. Das Kabinett& nilling sei abgescht.
Die Minister Anilling und Sch weyer, die in der Versammlung an wesend waren, wurden trotz ihres Protestes sofort verhaftet und einge= sperrt. Außerdem wurden verschiedene Persönlichkeiten verhaftet.
Sitler teilte mit, daß die neue Revolutionsregierung bereits gebildet sei. Landesverweser sei Dr. von Kahr, bayrischer Ministerpräsi Dent Pöhner, eine deutschnationale Reichsregierung werde in München gebildet. Es werde sofort eine deutsanationale Armee Die Leitung der deutschen Politik übernehme er, sitter, selbst; General von Ludendorff übernehme die Leitung der deutschen Ar= mee, General Lossow werde Meichsminister, Oberst von Sciffert werde deutscher Reichspolizeiminister. Horthy
, 7. November. Die Polizei hat hente den rechtsradikalen Abgeordneten Dr. Franz lain, der angeblich die Absicht hatte, nach Bayern zu reisen, ferner den dakteur eines in Budapest unter den Namen„ Amerika " erscheinenden Blattes Jng. Titus Bobula, fowie Bela Szemere, der früher das nationalistische Blatt A Cel" redigierte, in Gewahrsam genom men. Bei dem letzteren wurde auch eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Ueber die Angele genheit wird in amtlichen Streisen tiefstes Stillschweigen beobachtet. Frankreich
duldet feine Dittatur in Deutschland. Paris
, 8. November .( Havas.) Der„ Temps" schreibt: Die französische Regierung hat den französischen Botschafter in Berlin Instruktionen übersendet, in denen er aufgefordert wird, Deutschland darauf aufmerksam zu machen, daß Frankreich die Konstituierung einer Diktatur in Deutschland nicht dulden würde. München
, 8. November. Wie die Blätter aus München berichten, hat der Arbeitsausschuß der Landesvorstände der bayrischen Volkspartei ein mütig beschlossen, die Reichstagsfraktion telegra phisch zu benachrichtigen, daß für die bayrische Volkspartei eine Beteiligung an dem Kabinett Stresemann aus sachlichen und persön lichen Gründen nicht in Frage kommen tann.
Die Botschafterfonierenz gegen die
Heimiehr des„ Kronprinzen“. Paris
, 8. November .( Havas.) Die Botschaf terfonferen; hat beschlossen, bei der holländischen Regierung Schritte einzuleiten, daß dem ehe maligen deutschen Kronprinzen nicht gestattet werde, das holländische Territorium zu verlassen, und einen ähnlichen Schritt auch bei der deut maligen Stronprinzen nicht erlaube, deutsches Gebiet zu betreten, und zwar aus dem Grunde, weil er auf der Liste der Kriegsschuldigen steht, die von den Verbündeten reflamiert werden.
Spaziergang werden, denn an der Grenze Aujdeckung eines Batschplanes in Budapest . Berhaltung eines fascistischen hen Regierung vorzunehmen, daß sie dem che Thüringens
C
Abgeor neten.
sächlich gegen die Truppen Hitlers tämpfen Budapest , 8. November .( Eigenbericht.) on lieferte. Ursprünglich bestand die Abwird, ob sie wirklich der Schuß der deutschen zur Verhaftung des fascistischen Abgeordneten.sjon im September loszuschlagen, der Plan Republik ist, daran ist wohl nach allen Erschüßlern und den bayrischen haten cignifie in Deutschland abzuwarten. Die vera lain wird belannt, daß zwischen den Rassen urte aber geändert und man kam überein, die Einmal die Einheitsfront, das anderefahrungen des letzten Jahrfünfis der Zweifel treuzlern schon seit langer Zeit eine innige hinderte Reise Ulains zu Hitler war als legte mal die Spaltung. erlaubt. Möglich auch, daß Frankreich , Berbindung bestand. In den letzten Wochen tra- Besprechung vor dem Putsch gedacht, dabei sollte Berlin , 8. November. Troßdem in der komdas befürchtet, von einer nationalen Diftatur fen in Budapest ganze Haufen bayrischer Hafen mit den Bayern ein förmlicher Vertrag ab- munistischen Partei augenblicklich die größte Zer noch weniger Reparationen zu erhalten als freugler ein, die dazu ansersehen waren, bei dem geschlossen werden, in dem sich die fascistischen fahrenheit herrscht und der sogenannte linke von der verfaſſungsmäßigen Regierung, seinen bevorstehenden Umfturz als geschlossene Terror- Parteien der beiden Länder die gegenseitige Un- Flügel der Stommunisten in schärfster Opposition Einspruch erhebt. Will doch Poincare eine abteilung zu wirken. Ihre Hauptaufgabe beierstützung zusichern für den Fall, daß eine von gegen die Zentrale der Partei steht, findet man militärische Stontrollkommission nach Bayern stand darin, die Bethlen Regierung zu ihnen von einem Nachbarst a at angegrif- bei ihnen noch immer Zeit, um auch in der in entjenden, um nachzuprüfen, ob Deutschland beseitigen und die führenden Politiker, die en würde. zialdemokratischen Partei Verwirrung zu stiften.
in erster Linie die Sozialdemokraten zu
nicht mehr Bewaffnete zählt, als im Versailler auf der schwarzen Liste der Fascisten stehen, Die Führer der Bewegung wollten sich auch Es ist bekannt, daß in unserer Partei MeinungsFriedensvertrage feſtgeſetzt sind. Scheint es verhaften und unschädlich zu machen. vergewissern, wie Horthy ihren Absichten verschiedenheiten besonders in der Stellung doch auch, als ob Frankreich seine schüßende km die Spize der Bewegung sollte Abgeordneter genüberstehe. Abgeordneten des Allivausschusses, zur großen Koalition bestehen, die aber Hand von den heinischen Separatisten weg- Gömbös treten; an der Organisierung des die bei ihm erschienen, erklärte Horthy , daß seine im Augenblick behoben sind, da die gewaltige ziehen würde, weil es von einer Berreißung Putsches hatten hervorragenden Anteil die amtliche Funtion ihm verbicie, für die Bewegung Mehrheit der Partei dem Austritt aus dent Deutschlands gleichfalls fürchtet, um den Er- Horthy- Offiziere Pronky und Hejjas. Dieffen einzutreten; wenn er aber vor bvoll Stabinett Stresemann zustimmte. Bisher sind ndete Tatsachen gestellt sein wird, so ihnen allerdings die Spaltungsversuche bei der trag seiner Reparation engeprellt zu werden. militärische Oberleitung war dem Offizier Géza werde er seine Pflicht zu erfüllen wissen. sozialdemokratischer Partei nicht geglüdt. Nun Der einzige verläßliche Schuß für die Horvath anvertraut. deutsche Demokratie sind in diesem Augenblicktion mit Gömbös. Zeute rechneten beten, dus nierung belannt und wurde nicht anders als eine in der Sozialdemokratie zu Hilfe, indem sie fich Die ihrer At- Piese Antwort des Reichsterwesers war der Re- tommt ihnen aber eine Reihe von Parteigenoffen die Parole der Stommunisten von der proletari die Arbeiter. Sie waren es, durch deren schon jetzt den Fascisten Waffen und Muni- Ermunterung der Faſciſten aufgefaßt. Einigkeit und straffe Organisation der Kappschen Einheitsfront zu eigen machen und den Butsch mißlang, der Versuch von einigen tau 33000000000000000323888530D DEBUT Bersuch unternehmen wollen, ein Bündnis zwi send bewaffneten Menschen, das monarchistische ständig zu tnebeln, sie aller Errungenschaften demokratie. Die Kommunisten haben die Straft ten herbeizuführen. Diese Versuche sind schon schen den Kommunisten und den Sozialdemokra Regime in Deutschland wieder aufzurichten. der Nachkriegszeit zu berauben und sie unter der Arbeiterbewegung gebrochen, sie haben wiederholt gemacht worden, sie scheiterten aber Aber seit diesen dreieinhalb Jahren sind die das alte Joch zu beugen, unter dem sie in den durch ihre wahnsinnige Buischtaktik, die sich stets daran, daß die Stommunisten sich dem eindeutschen Arbeiter eine Masse hungernder ver- achtziger Jahren zur Zeit des Sozialisten erst jüngst in Hamburg gezeigt hat, den ver- Zeitlichen Vorgehen nicht fügen wollten und im zweifelter Menschen geworden, die längst nicht gefeßes feufzte. Sollen in Deutschland nicht bissensten Gegnern der Arbeiterklasse, ihren entscheidenden Moment gegen die Abmachun die innere Kraft haben, die sie im März 1920 Zustände wie in Ungarn oder Italien herbei- Verfolgern und Würgern, das Spiel leicht ge- gen handelten. Auch diesmal kommt ein solcher der monarchistischen Seaktion mit Erfolg ent- geführt werden, dann muß Deutschlands Ar- macht. Alles, was Deutschland nicht Einigungsversuch, zu dem alle Voraussetzungen gegenseßten. Und doch muß sich die deutsche beiterschaft nochmals ihre gewaltige Faust zu einer Stätte des Triumphes fehlen, nur dazu führen, daß sich die Stluft im Arbeiterschaft angesichts der unmittelbar be- zeigen, mit der sie schon so oft ihre Widersacher für einen neuen Horthy oder Mus- Proletariat nur noch mehr vertieft. Der Be irks Mus- verband der Berliner Organisation der Sozialvorstehenden Gefahr zusammenschließen und niederschlug. jolini machen will, muß sich im demokratie fordert heute die Parteigenossen auf, mit dem Mute der Verzweiflung eine gewalt- Die Zukunft der deutschen Demokratie. Lager der Gewerkschaften und der sich von derartigen Aftionen fernzuhalten und nur tätige Reaktion bekämpfen, die nichts anderes die Zukunft der deutschen Einheit liegt in den Sozialdemokratie sammeln und im Einverständnis mit der Parteiorganisation zu bezweckt, als die deutsche Arbeiterschaft voll- Händen der Gewerkschaften und der Sozial- die deutsche Republik retten. handeln,