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: 6796
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4. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowatischen Republit.
Was ist das Gebot der Stunde?
Regierung. Abgeordnetenhaus und Teuerung.
Die agrarische Presse weiß auf die Klagen der Verbraucher über die zunehmende Steigerung der Preise nichts anderes zu erwidern, als, daß die Teuerung der Lebensmittel eine Folge der steigenden Weltmarktpreise sei, auf die weder den tschechoslowakischen Behörden, noch den heimischen Landwirten ein Einfluß zusteht. Die Preisentwicklung in der letzten Woche hat jedoch bewiesen, daß auch die hei mischen Agrarier und Spekulanten, Erzeuger und Händler nicht unschuldig sind an den steigenden Preisen, die eine immer schwerere Gefahr für die Lebenshaltung der Bevölkerung bilden. Während nämlich auf dem Weltmarkt die ansteigende Preiskurve vor einigen Tagen vorläufig einen Höhepunkt erreicht hat und die Preise abgebrödelt sind, steigen die Preise im Inland noch immer. An der New Yorker Börse notierte am 16. August Weizen 147.45, am 23. jedoch nur 138.25. Ebenso ist der Preis des amerikanischen Echweinefettes vom 19. bis 23. August von 15.02 auf 14.17 gefallen. An der Prager Börse dagegen klettern die Preise noch immer ständig hinauf. Am 8. August tostete Weizen in Prag 190 bis 205 Stronen, am 22. August 200 bis Korn, be
Mittwoch, 27. August 1924.
Der Kampf um die Dawes- Gelege:
3wmeidrittelmehrheit?
Umfall der Deutschnationalen?
Berlin , 26. August.( Eigenbericht.) In der henligen Sitzung des Reichstages wurde die zweite Beratung der Geseßentwürfe zur Durchführung des Sachverständigenplanes vorge nommen. Der Vertreter der Sozialdemokratie Genosse Keil wies der Rechten in scharf zugespißten Ausführungen nach, daß es nicht zu der heutigen Situation hätte Tommen brauchen, wenn man rechtzeitig eine ehrliche Erfüllungspolitik betrieben hätte. Während einer ausge zeichneten Rede unserer Genossin Toni Sender kam es zwischen ihr und den Kommuni sten, die sie niederzubrüllen versuchten, zu stürmischen Auseinandersetzungen. Es war ihnen offenbar sehr peinlich, daß Genossin Sender ausgrub, wie die Kommuni ften früher gegen die von den Sozialdemokraten geforderte Erfas fung der Sachwerte gearbeitet hatten und wie unsinnig die Hoffnungen auf die Hilfe Rußlands gegenüber den Kredit- und Wirtschaftsverhältnissen in Deutschland seien, Bei der Beratung des Eisenbahngesetzes wurden von der Genoffin Schuhmann sozialistische Forderungen für größeren Einfluß der Arbeitervertetungen der Reichsbahngesellschaft
in
eingebracht. Die Debatte zog sich übrigens stundenlang bis abends hin. Morgen soll die zweite Lesung über die Geseße zu Ende geführt werden. Die Abstimmung zur zweiten Lesung findet morgen abends statt. Der Donnerstag ist nach wie vor für die entscheidende Abstimmung nach der dritten Lesung vorgesehen.
218 Kronen. Etwas weniger gust 200 bis den Deutschnationalen und den Regierungsvarteisz ift der
deutend dagegen die Gerste gestiegen.
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Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früb, Nr. 202.
Man tann auf die Dauer tein Bolt unterdrüden!" Herriot
in der Sigung der französischen Kammer am 23. August 1924:
Wir waren gewöhnt, aus Paris ganz an dere Rufe zu hören. Während des Krieges unterdrückte Clemenceau graujam jede Aeußerung, die nur einen leisen Wunsch nach Frieden enthielt, und ließ den einstigen Ministerpräsidenten Cail laux, der vor dem Kriege einer Verständigung mit Deutschland das Wort geredet und während des Völkermordens sich noch ein bißchen Vernunft und weltbürgerlichen Sinn bewahrt hatte, ein sperren. Zu Poincares Zeiten hörten wir nur Saß und Rachsucht, unbändigen Haß vor allem gegen alles Deutsche , was natürlich auch dies jeits der rot- weiß- blauen Grenzpfähle verständnis volle Zustimmung fand. Die Liebe zu Frankreich , die Nachahmung französischer Sitten und Ge bräuche waren in der Tschechoslowakei eine patriotische Tat, wenn ein Franzose in die Tsche choslowakei fam, er mußte nicht einmal in den Augen seiner Mitbürger ein bedeutender Mann sein, wurde er mit Ehren überhäuft, alles nur deswegen, weil man in dem Franzosen den Gleichgesinnten jah, der in Deutschland den Feind erblickte, genau so wie es die Pflicht jedes tschechoslowakischen Patrioten war, Deutschland spinnefeind zu sein.
Auch heute wurden die Bemühungen fortgejeßt, zu einem Kompromisse mit den Deutschnationalen zu kommen. In den Rechtskreisen nimmt man schon als Wir fürchten, daß die jetzt nach der Lonsicher an, daß die 3weidrittelmehrheit zustande kommen wird. Nicht nur die doner Konferen; erst greifbar in Erscheinung tretenden Folgen der französischen Wahlen vom Deutschnationalen des beseßten Gebietes wollen sich für das Eisenbahngesez aussprechen, sondern 11. Mai die Franzosenfreundschaft der tschechi auch einige weft- und süddeutsche Abgeordnete dieser Partei. Einer der Hauptvermittler zwischen schen Nation etwas abfühlen werden. Die offiit der rechts gerichtete Zentrumsabgeordie ichechoslowake licht das militariſtiche, rechts gerichtete Zentrumsabgeord nete Stegeri alb, ber einmal Ministerpräsident in Preußen war und sicts für die Bildung des Bürgerblodes im Reiche eingetreten ist. Der Preis für seine Bemühungen soll in der Uebernahme des Reichskanzlerpostens bestehen. Die Deutsche Volkspartei int das ihrige, um den Deutschnationalen den Umfall zu erleichtern. Sie hat heute einen Antrag eingebracht, wornach in den Gesehentwürfen über die Londoner Konferenz ein neuer Paragraph eingefügt werden soll, daß die Regierung darauf hinwirke, daß die Gebiete, die über die im Vertrage von Versailles bezeichneten Grenzen hinaus besetzt worden sind, so rasch wie möglich, jedenfalls aber erheblich vor dem 15. August 1925, geräumt werden, und daß die Kölner Zone unter allen Umständen am 10. Jänner 1925 endgültig geräumt werde. Dieser Antrag hat, nuch wenn er angenommen werden sollte, gar feine Bedeutung. Er ist lediglich eine Resolu tion, die die Regierung zu gar nichts verpflichtet. Sollten die Deutschnationalen aber trotzdem nach diesem Rettungsseil für ihren Umfall greisen, so ergibt sich daraus mit aller Deutlichkeit, daß ihre bisherige Stellungnahme verlogene Demagogie war. Im übrigen wurde am späten Abend im Reichstag mitgeteilt, daß der deutschnotionale Abgeordnete Hergt dem Reichsaußenminister Stresemann mitgeteilt habe, daß die Deutsch nationalen gegen die Sachverständigengutachten stimmen würden.
Aber nicht nur Getreide und Mehl, alle anderen Lebensbedarfsartikel steigen. So Fett, Kaffee und Reis. Beachtenswert sind auch die Vorgänge auf dem Zudermarkt. Es scheint, daß in der Tschechoslowakei , dem klassischen Lande der Zuckererzeugung, eine Zuckernot bevorsteht! Die Verpflichtung, die die Zuckerindustrie seinerzeit übernommen hat, den Inlandskonsum sicherzustellen, dürfte nur auf dem Papier bleiben. Den Zuckerbaronen, die im Auslande höhere Preise erzielen, fällt es nicht ein, den Zuder zu dem festgesetzten Inlandspreise zu verkaufen, obzwar dieser so hoch angejetzt ist, daß die reichen Zuckerfabrikanten genug verdienen. Es ist Sache der Behörden, dafür Sorge zu tragen, daß in dem Lande, in dem weite Gebiete mit Zuderrüben bedeckt find, feine Zudernot eintritt. Auch der Bemegung der Fleischpreise sollte die Regierung ihr Augenmerk zuwenden. Die Fleisch. preije werden solange unangemessen hoch sein, bis sich die Regierung entschließt, große Stühlanlagen zu bauen, damit die Konsumgenossenschaften in die Lage verjeßt werden, über Unter allen Umständen annehmen!" verschiedene Anregungen bezüglich Marottos, die ihm von einzelnen Regierungen gemacht worden seeisches Gefrierfleisch einzuführen, wodurch Berlin , 26. August. Aus dem besetzten Ge- feien, abgewiesen habe, und erklärt, daß die ipadie Preise des Fleisches sofort um drei bis vier biete laufen stündlich dringende Aufforderungen nische Aufgabe in Marotto einen„ erhabenen Kronen pro Kilogramm hinuntergehen würden. aller Wirtschaftskreise ein, das Londoner Abfom- Charafier" habe. Er zollt den spanischen Offizieren Das Entscheidende ist jedoch, men unter allen Umständen anzu volles Lob Dasselbe Blatt veröffentlicht gleich daß alle kompetenten Regie- nehmen. So hat der deutsche Beamtenbund de daneben eine Antwo: Unamunos, in welcher die rungsfaftoren dafür sorge tracheinisch- westfälischen Induſtriegebiete an jämtliche fer seine früheren Behauptungen aufrecht erhält. gen, daß in einer Zeit steigender politischen Faktoren in Berlin die Aufforderung Weltmarktpreise die inlän di- nach Annahme des Londoner Pattes gerichtet. Ferner hat der Rheinische Städtebund dringend ge= schen Preise nicht noch über die beten, den Londoner Abmachungen troß aller Weltmarktpreise hinaufflettern Bebenfen zuzuftimmen, damit der völligen und so der Bevölkerung direkt das Geld aus 3errüttung der Wirtschaft des besetzten Geder Tasche gestohlen wird. In dem in den bietes ein Ende gemacht werde. Aehnliche Aufcufe nächsten Tagen zusammentretenden Abgeord sind vom Reichsverband der Ausgewiesenen und netenhause müssen die sozialistischen Parteien von anderen Organisationen eingelaufen. mit Energie darauf dringen, daß die Regierung
Die Zentrumsparici hat ihre Organisationen im ganzen Lande angewiesen, die Vorbereitungen für eine etwa notwendig werdende Neuwahl zum Reichstag sofort einzuleiten. Der Parteivorstand der sozialdemokratischen Partei tritt Freitag zur Beratung der politischen Loge zusammen.
die Einfuhr von Getreide und Mehl voll- Der erhabene Charakter der spanischen ständig freigibt, damit die Inlandspreise wenigMarotto- Maffaters."
Micum liquidiert.
Sonderbare Vorgänge.
voinearitjen, von Seindschaft gegen Zeutschland erfüllte Frantreich, aber ein Frankreich , das sich bemüht, zu Deutschland in ein anehmbares Verhältnis zu kommen, das, statt Deutschland zu drohen, mit Deutschland Verträge abschließt, wird sich keine besondere Beliebtheit bei den Batentpatrioten hierzulande eriverben. Die Rollen werden wohl allmählich vertauscht werden. Nicht die regierenden Streise dieses Staates, wohl aber die unterdrückten Völker und Selaffen der Tschecho slowakei werden nun mit Sympathie nach Frank reich bliden, von wo ein Wind weht, der für die Herren Kramar und Dyf fein angenehmes Mailüfter sein wird. Der Herr Kramar hat affent Grund, tief betrübt zu sein, gleich dem Gerber, dem die Felle davongeschwommen sind. Er fann für seine panslavistischen Ideale in Rußland feine Gegenliebe finden und nun sagt ihm ein fran zösischer Ministerpräsident Worte von Völkerverföhnung, die der Führer des tschechischen Bürgertums, für den die Geschichte nichts anderes darstellt als nationale Stämpfe, wohl als„ romantisch" bezeichnen wird, die aber doch eine Taifache und für alle Unterdrückten eine Hoffnung find.
Ueberall, wo eine imperialistische Herrenflasse ein Volf unterjocht hat, werden die Worte Serriots als Stichwort empfunden werden. Die Gewaltfriedensschlüsse von Paris haben eine Reihe von Völkern und Volksfeilen den siegreichen Nationen ausgeliefert. Aber man fann wie Berriot fagt fein Bolf auf die Dauer unter drücken. Ueberall regen sich die Völker, die unter der Herrschaft einer anderen Nation stehen. In Aegypten , in Indien gärt es, ja fogar die Neger Afrifas und Amerifos fordern ihre Freiheit. Ja, glaubt man denn, daß man im Herzen Europas ein geistig und wirtschaftlich hochstehendes Boll von drei Millionen einfach ignorieren fann? Glaubt man, daß die Entwicklung der Welt bet Düsseldorf
, 26, August. Die französisch- bel- 0000COOOOS gische Micum arbeitet jetzt hier mit Hochdruck an ihren Auflösungsgeschäften, da man in Paris und
Das Ende des Belgrader Zentralismus.
nahme der Londoner Protokolle rechnet. Die letz- Belgrad , 26. August. Der MinisterBrüssel mit großer Bestimmtheit mit der Anten Erzeugnisse der Micum- Zechen stehen zum rat beschloß, die in Kroatien bisher noch stens den Weltmarktpreisen angeglichen wer- Paris , 26. August. Der„ Quotidien" ver- Verkauf, finden aber kein Angebot. Die Kritik bestehenden Gespanschaften aufzuhehen den. Ebenso dürfen es die tschechischen soziali- öffentlicht ein ihm zugegangenes persönliches deutscher und auch französischer Geschäftsleute an und die Statthalterei wiederherzustellen. stischen Parteien, welche die Macht dazu haben, Schreiben Primo de Riveras als Antwort im gegenwärtigen Augenblick auf keinen Fall auf die im gleichen Blatte erschienenen Ausfüh den Praktiken gewiffer Micum- Geschäfte wagt sich Eine diesbezügliche Verordnung wurde zur Einführung der Getreidezölle fom- rungen Unamunos über die maroffanische jetzt an den Tag und wird zweifellos manchen schon amtlich verlautbart. Die oppositiomen lassen. Das würde uns noch fehlen, zu Frage. Primo de Rivera dementiert, daß Spanien sonderbaren Vorgang bloßlegen. den steigenden Weltmarktpreisen Getreidezölle
zu bekommen, die die Preise von Mehl und
nellen Kreise bezeichnen diesen Regie: **** rungsbeschluß; als Verfassungsverletzung und als gefährliche Nachgiebigfcit Getreide um den Zoll erhöhen würden. Bei Weltmarkt als Stäufer auftreten wird, ist so- lgierung nicht verantworten könnte und gegen den gestiegenen Getreidepreisen verdienen die wieso wenig Hoffnung auf eine Preisjentung die sich ein Sturm erheben würde, der die gegenüber Radic. Die RegierungsBauern ohnehin genug und haben nicht die im Weltmaßstabe vorhanden. Die Erschweruing tschechischen Soalitionsparteien nicht gleichgültig freise erklären hingegen, daß die Wiederden Verfassungsbestimmungen Ausrede, daß sie nicht auf die Kosten der Pro- der Einfuhr ausländischer Lebensmittel in die lassen fönnte. Es fönnte dies eine Maßnahme herstellung der Provinzstatthalterei vollduftion fommen. Da nach Begebung der Re- Tschechoslowakei und, die Einführung von Gefein, welche das wadelude Stoalitionsgebäude kommen parationsanleihe auch Deutschland auf dem treidezöllen, wäre eine Maßregel, die die Ne-! vollends zum Einsturz bringt!
entspreche.