Einzelpreis 70 Seller.
acti 8795.
Πα
attie 797
Poftfchedamt: 57544.
Inferate werden laut Tarif billigst berechnet. Bei öfteren Eulchaltungen Vreisnachfab.
4. Jahrgang.
Suzialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.
Durchgepeitscht!
Im wahrsten Sinne des Wortes durch gepeitscht! Das ist die Methode, nach der die Staatsangestelltenvorlagen in den zwei letzten Tagen im Abgeordnetenhause zur Annahme gebracht wurden! In der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses hatten die Mitglieder der Koalition von vorneherein darauf verzichtet, so zu tun, als wollten sie wenigstens den Anschein einer parlamentarischen Verhandlung, die Anspruch auf Ernst erhebt, eriveden. Sie be. teiligten sich gar nicht an der Debatte, ließen die Redner der Oppositionsparteien allein reden, von Anfang an nur auf ihre Rolle als braves Stimmvieh bedacht. Diese Mehrheit hat jedes Bewußtsein der Ehre und Scham verloren und will gar nicht mehr sein, als die verläßliche Maschine zur Durchführung aller Wünsche ihrer fünf Vorgesetzten. Wenn die Pětka morgen ein Gesetz einbrächte, alle ihre Getreuen müßten sich auch förperlich zu Eunuchen machen lassen, sie würden auch dieses Schicksal zur höheren Ehre der Koalition ohne Murren hinnehmen. Niemand von ihnen hält ce mehr der Mühe wert, den Schein der Demofratie in diesem Parlamente aufrechtzuerhalten. Alle waren sie in Wort und Schrift bisher Freunde der Staatsangestellten vom Scheitel bis zur Sohle, alle aber haben sie gestern für die Vorlagen gestimmt, welche dazu bestimmt sind, die Angestellten mit Skorpionen zu züch tigen und fiber ihnen dauernd die Knute zu Anute zu schwingen. Herr Švehla kommandiert und die Mamelufen parierten, vergaßen auf alle Ber sprechen, die sie den Beamten und Angestellten gegeben haben und taten nach dem Willen der Pětka.
Freitag, 19. Dezember 1924.
1
Die Dezimierung der Staatsbediensteten. Das Henterge'ez im Blenum des Abgeordnetenhauses angenommen. Unnachgiebigkeit der Koalition. Internationaler Zusammenschluß der Opposition unter Führung der deutschen Sozialdemokraten. Die Kommuniften gehen„ felbständig" vor. Die Nationalparteiler find nicht da. Prag , 18. Dezember.
--
-O
pente gelangten die Staatsangestelltenvorlagen ins Plenum des Abgeordnetenhauses, nachdem sie in der Nacht die Ausschüsse passiert hatten. Der Budgetausschuß faß bis einviertel sechs Uhr morgens zusammen und man kann sich von der Art der Beratungen einen Begriff macher, wenn man bedenkt, daß viele Abgeordnete Mitglieder einer ganzen Reihe von Ausschüssen sind und daß fie daher von einer Sigung in die andere wandern mußten. Auch im Plenum peitschte man die Vorlagen wieder durch und die Referenten begnügten sich mit einer Verlesung der gedrudten Berichte.
Unsere Genossen lämpften in den Ausschüssen zähe und erbittert mit den Mehr. heitsparteien um eine Milderung der schweren Schäden des Gesetzes. Es gelang war, einige fleine Erfolge zu erringen, aber am Inhalt, an den Härten und an der Struktur des Gefeßes tonnte nichts geändert werden. Da die Gefeßesvorschläge jedoch die Lebersintereffen weiter Schichten der Bevölkerung bedrohen, machten unsere Genossen während des Ganges der Verhandlungen im Plenum einen leßten Versuch, eine Aerderung des Gefeßes herbeizuführen. Sie trafen sich in diesem B: rlangen mit dem größten Teil der übrigen Opposition. Die in der deutschen Arbeitsgemeinschaft vereinigten Parteien( Bund der Landwirte, Christlichsoziale, Deutschdemokraten), die deutschen Nationalsozialisten, die slowakische Bollspartei, die ungarischen und die farpathoussischen Oppofitionsparteien schlossen sich dem Schritt unserer Genossen, den diese beim Minifierpräsidenten unternahmen, an. Die mit bem Ministerpräsidenten geführten Perhandlungen, über die mir ant anderer Stelle berichter, endeten erfolglos, und so blieb unserer Fraktion nur der Weg des Protestes gegen die furchtbaren Gese sesvorlagen übrig. Hierbei wurde eine Taktik gewählt, die es ermöglicht, eine gleichzeitige Gefährdung der wenn auch fümmerlichen Remunerationen der Staatsbeamten und der allerdings auch unzulänglichen Pensionisten gefeße auszuschließen. Im Namen der international zusammengeschlossenen Opposition gab Belle Dr. Czech eine Erklärung ab, in der er den Beschluß der Opposition, ſich Genosse an ben weiteren Berhandlungen über das Abbaugeseß nicht zu beteiligen, fundgab und die Berantwortung für die Folgen des Geseßes ablehnete. Die Erflärung machte auf das dicht befeßte Haus großen Eindruck. Sichtlich betroffen fahen die Koalitionsvertreter dem Abzug der Opposition zu. Die Galerie war den ganzen Nachmittag über start besucht. Vor allem
fanden sich zahlreiche Staatsbedienstete in Haufe einmittag über start besucht die kom
"
munisten entgegen ihrer anfänglichen Haltung, der Einheitsfront der Oppofition fernblieben, was auf das Betreiben eines revolu tionären Flügels ihrer Fraktion zurüdzuführen ist. Daran ändert die dema gogische Erklärung nichts, die trei bich ir Verlauf der Sißung abgab, und die auf die gewohnten Verdäd, tigungen und Bes simpfungen unserer Partei hinausläuft. Eberso nahmen die Deutschnationalen an der Atton der oppositionellen Parteien nicht teil. Nachstehend der Situngsbericht:
Just in die letzte Woche vor Weihnachten, hat die Regierung die Verhandlung der Geseze verlegt und die Forderung gestellt, daß sie in diesen wenigen Tagen, sowohl im Abgeordnetenhause wie im Senate zur Annahme gelangen. Für diese Eile fehlt jede Rechtfertigung und auch die Ausrede, daß die Angestellten und Pensionisten auf die Durchführung der Geseze lagen wird in einem abgeführt.
gebungen unserer vor der Miniſterbant ange fammelten Genoffen begleitet. Als Grünzner von den Remunerationen spricht, ruft Genosse Jofl: Trinkgelder!
Bei Besprechung der Durchpeitschung rust Taub: Damit niemand zur Besinnung tommi!.
Heeger: Henfersarbeit!
Kaufmann: Le chtsinn!
Beutel: Ein Raub an den Staatsangestellienrechten. eine Nieberträchtigteit! Als Grünzner vom Abbau spricht, vuft Joll: Die lange Minister bank abbauen!
Am Schusse der Rede Grünzners ertönte Der erste Debatteredner ist Genosse Grün- langanhaltender Beifall. ner, dessen Ausführungen unsere Lefer an ante- Nach dem Kommunisten Križ spricht der sio rer Stelle finden. Die Rede des Genoffen watische Volfeparteiler Santo, der eine ErläGrünzner ist wiederholt ven Zustimmungstund- rung der slowakischen Volkspartei verkiest, in der
Bezugs Bedingungen:
3
Bei Zustellung ins Haus ods
bel Bezug durch die Soft
nonatlich.... Kč 16.
ierteljährlich
albjährig
anzjährig.
"
48.96.192.
Rüdstellung von Manu ripten erfolgt nur bei Ein endung der Retourmarten.
Ericheint mit Ausnahme Des Montag täglich früh
Nr. 296.
gefordert wird, daß in der Slovalci vor allem die überflüssigen tsche hischen Beamten endassen werden und durch Slowaken ersetzt werden.
Gine Erklärung der Arbeitsge meinschaft, vorgebracht von Luschko, verweist daran, daß vor allem die Staate any eftellten deut fcher Zugehörigkeit und nichtische h fcher Nationali
tät Opfer der Sparmaßnahmen seien. Senntnisse und Arbeitstreu: werden erspart werden, damit Auslandspropaganda und Spipelgeist weiter blühen fönnen. Uns beibt umfom hr die Pflicht im Kampfe des deutschen Volkes uni feine Egiftens und seine Rechte anbeugsamen Lebenswillen zu zeigen. Der Klub des Bundes der Landwirte, der deutschen chest ichsoz'alon Vollespartei, der deutsch demokratischen Freiheitsparte und der deutschen G.werte Partei weisen die Zunnitung der Mitverantwortung on der Versflovung der Staatsangestellten mit Entschiedenheit zuriid."
Die nächsten Redner sind Horaf( tsch. Sewerbeparte), Papel( deutsch . Nat. Soz.), Kurtat ( autonomer farpathorussischer Landwirt), Borovsky ( magyarischer Sozialdemokrat), Korlath( autono mter Autochtone) und Blažek( Kommunist), worauf die Sigung unterbrochen wird.
Nach Wiederaufnahme der Sigung spricht afs erster Spaček( Nat. Dom.).
Die Erklärung Der Opposition. Abg. Gerrosse Dr. Czech ergreift sodann das
Wort:
Im Namen der deutschen und ungarischen sozialdemokratischen Fraktion, sowie auch über Er suchen sämtlicher deutscher, ungarischer, flowvalischer und farpathoruffischer Oppositionsparteien, Ausnahme der deutschen Nationalpartei, die fich ihre abgesonderte Stellungnahme vorbehalten hat, habe ich hier Folgendes zu erklären:.
Die Gefeße, durch welche die Koalitionspar teien, die durch die verkehrte Außen und Inner politit, durch die falsche Finanz- und Wirtschaftspolitik die in Not geratene tschechoslowakische Wirtschaft zu sanieren vermeinen, greifer Zehntausenden von Familien ans nadle Leben. Diese Gefeße werden die Vermehrung der Arbeitslosig feit um viel: Zehntausende von Menschen, die von Personen und statt einer Gesundung der Bergrößerung bes Elends einer fünffachen Zahl Berhältnisse eine Verschärfung der Wirtfchaft& not, aber auch eine Vergiftung des politischen Lebens in diesem Staate zur Folge haben.
Wieder werden die Angehörigen der Minderheitsbölfer. wieder die Zugehörigen der oppositionellen Par= teirichtungen die Opfer sein und schon jeßt bangen in quälender Sorge viele Zehntausende von Menschen in der Erwartung des ihnen zugedachten unentrinubaren Sajidsals. Diese Vorlagen, die mit allen erworbenen Rechten der Staatsbediensteten fchonungslos aufräumen, müffen das Rechtsbewußtsein der Bevölkerung aufs Aergsic untergraben. Da sie nicht wie auber wärts im Einvernehmen mit den Betroffenen, sondern im Wege des Diktats geschaffen werden,
Die Debatte über die Staatsangestelltenvorwarten, um zu den materiellen Begünstigungen toušet, Navratil, Rypal, Dr. Nofer) begnügten sich Die Berichterstatter( Malit, Cerny, Ma zu gelangen, die ihnen die Geseße gewähren, bant, den gedruckten. Ausschußbericht vorzulesen. ist hinfällig, da die Regierung auf viele Wochen Beim Ersche nen Maliks auf der Nednertribine erhinaus kein Geld besitzt, um das notwendige tönen Abzugrufe. Geld flüssig zu machen. Es wird mindestens Merta: Der Heater der StaatsEnde Jänner werden, ehe die Regierung an angestellten fommt! die Auszahlung der Remunerationen für die Blažek: Das ist die furchtbarste Vorlage, die Angestellten und an die Bezahlung der erhöhten je in diesem Parlament überreicht wurde! Bezüge der Ruheständler gehen kann. Die Not- Zwischen den tschechischen Soz aldemokraten wendigkeit, den Angestellten die Bezüge in und einigen Kommun sten tommt es zu heftiirgend einer Form: aufzubessern, besteht nicht gen Auseinanderschungen, so daß der erst seit den letzten Tagen und auch die Ab- Vorsitzende wiederholt zur Ruhe mahnt, sicht, den Personalstand zu vermindern, reicht Monate zurück. Es ist gut ein halbes Jahr her, seit das erstemal die Nachricht von einer Restrinktion der Staatsangestellten auftauchte, doch damals wurde sie als Versuch der Ver. hezung der Angestellten erklärt und bestritten. Vorlagen schreiten könne, mußte vorgestern der änderungen, zu denen sich die Mehrheitsparteien Die Staatsangestellten und die oppositioAuch die Regierung ließ die amtliche Demen - Budgetausschuß den ganzen Tag, den langen auf Drängen der Opposition und besonders nellen Parteien waren in dem Kampf gegen tierungsspriße auffahren und widerrief ent- Abend und die Nacht hindurch bis halb 5 Uhr unserer Genossen herbeiließ, lassen das Wesen die vor feiner Niedertracht zurückscheuende schieden die Behauptung, daß eine solche Ab- früh tagen. Stann man das noch ein Parlament und den Charakter dieser Knebelungsgeseße un- Mehrheit machtlos. Die Pětka- Diktatoren sicht bestünde. Seit acht Tagen aber ist diese und eine parlamentarische Behandlung nennen? verändert. Bis zum leßten Augenblic haben mögen triumphieren, weil sie ihr Ziel, die von der Regierung bestrittene Absicht ihr Die zahlreichen Beamten- und Angestellten unsere Genossen im Abgeordnetenhause aus Schaffung eines neuen senechtungsgesetzes erbrennendstes Bedürfnis geworden! Es ist außer deputationen, welche in den letzten Tagen das geharrt und alles getan, um das Attentat gegen reichten. Aber Methoden der Gewalt, Methoden, Frage, daß der Fünferausschuß schon lange Haus überfluteten und bei allen Barteien vor die Staatsangestellten zu verhindern, von denen die sich über Recht, Sittlichkeit und Menschvorher sich mit der Frage beschäftigt hat und sprachen, um die schändlichen Vorlegen im sie wohl wissen, daß sie zum großen Teile in lichkeit hinwegseßen, haben sich noch niemals es wäre reichlich Zeit gewesen, sie rechtzeitig letten Augenblick zu verhindern oder sie doch| Verkennung ihrer Klassenlage nicht zu den Be- in der Geschichte als dauernd und heilsam ervor das Plenum des Hauses zu bringen und wenigstens besser zu gestalten, famen zu spät, fennern unserer Partei zählen, für die als An- wiesen. Die Regierungsmethoden der Büffel, dadurch ihre gewissenhafte Vorbereitung und die Beamtenpětka hatte sich bereits geeinigt gehörige der arbeitenden Stände mit aller Kraft die alles niederstampfen, haben noch in keinem Verhandlung zu ermöglichen. Zumindest hätte und die übrigen Abgeordneten der Mehrheit einzutreten, sie aber als ihre selbstverständliche Staate sich bewährt. Auch ein Mujjolini ist fich feststellen lassen, ob wirklich und in welchem waren entschlossen, zu allem, was ihnen vor- Pflicht anjahen. An den Parteien der Koali- gescheitert und sieht seine diftatorische Herrlichtion prallten aber alle Mahnungen wie an feit schwinden. Die Diktatur der Stoalition wird Maße in den einzelnen Stategorien ein leber- gelegt wurde. Ja und Amen zu sagen.
fluß an Beamten und Angestellten vorhanden Unsere Partei und auch die übrigen Par- einer Mauer ab und so ist unseren Genossen nicht ewig bestehen. Die Staatsangestellten allein ist und es hätte die Möglichkeit bestanden, das teien der Opposition haben alles aufgeboten, und den Vertretern der meisten übrigen oppo- haben eine Macht, die nicht zu unterschätzen Problem nüchtern und sachlich durchzuarbeiten. um den Schlag, der gegen die Angestellten des fitionellen Parteien nichts übrig geblieben, als ist. Es fragt sich nur, ob sie diese im geeigneten Die Regierung hat aber gewartet, bis ihr wegen Staates geführt werden soll, wenigstens abzu- schließlich in einer feierlichen Erflärung gegen Augenblic gebrauchen werden. Doch auch die der Auslandsanleihe die Sache auf den Nägeln schwächen. Sie haben feierlichen Protest gegen die Gewaltmethoden dieses Systems, gegen die übrige Bevölkerung wird einmal die Gefahren brannte, hat die Vorlage haftig ins Saus ge- die unerhört brutale Weise, mit der die Mehr- schmachvolle, unernſte Art der Verhandlung erkennen, die in dem heutigen System liegen, worfen urd hat sich, wie schon oft, darauf ver heit vorging, erhoben, sie haben gegen diese dieser weittragenden Geseze zu protestieren und das geeignet ist, jeden Reim einer ruhigen lassen, daß die ihrem Willen parierende Mehr Gefeße, die geeignet sind, die ruhige Entwick- durch Nichtteilnahme an den weiteren Be- Entwicklung zu gesunden Verhältnissen zu verheit auch diesmal nicht die Gefolgschaft ver- lung der Verhältnisse im Staate zu gefährden ratungen wie auch an der Abstimmung die Ver- nichten: Troß aller Terror- und Gewaltgefeße weigern werde. Damit gestern das Plenum des und sie zu vergiften, Bedenken, Borstellungen antwortung für die Gesetze der Mehrheit allein die Gößendämmerung der Koalition wird nicht ausbleiben! Abgeordnetenhauses an die Verhandlung der und Mahnungen erhoben. Die wenigen Ver- und im vollen Umfange zuzuschieben.