der Soldat Aqesilao Milauo gegen feinen Sönig Ferdinand II. von Neapel während einer Parade einen Mordversuch verübt. Nachdem Garibaldi , vom König Viktor Emaimel mit Geld unterstützt und von englischen Kriegsschiffen gedeckt, den Umstnrz im Königreich Neapel ausgeführt und im Namen des Königs Viktor Emanuel die Dii- latur, die unumschränkte Verwaltung des geraubten Königreichs übernommen hatte, erließ er unter dem 24. Oktober 1860 folgendes Dekret:„ Z u Ehren des für das Vaterland heiligen Andenkens Agesilao Milano's, welcher mit einem H e l d e n m u t h sondergleichen auf dem Altare des Vaterlandes sich geopfert hat, um es von dem Tyrannen, der es knechtete, zu be- freien, verordnen wir: 1. Magdalena Russo, die Mutter Milano's, erhält vom nächsten 1. Oktober au eine lebenslängliche Pension von 30 Dukaten monatlich. 2. Die beiden Schwestern Milano�s erhalten eine Aussteuer von je 2000 Dukaten. Der Betrag wird in Staatsobligationen an- gelegt und im Laufe des nächsten Oktobers an die Schwestern aus- bezahlt. 3. Der Finanzminister wird mit der Ausführung des Dekretes beauftragt. Neapel . 24. Oktober 1860. Garibaldi . Der Geueral-Sekretär A. Vertani." Treffend bemerkt hierzu die„Kölnische Volkszeiwng": Dieses merkwürdige Dekret ist von der Negierung König Vietor Emanuels förmlich anerkannt worden. Wir haben also hier einen aktenmäßig und offiziell belobten, belohnten und preisgekrönten kgl. italienischen Attentäter.— Nuftland. Nnösnhrpriinnen. Der in Odessa tagende Kongreß der Mühlenbesitzer beschloß wegen des merklichen Niederganges der Aus- fuhr von Mehl und Getreide die Regierung zu ersuchen, nach dem Beispiele Frankreichs . Deutschlands und Amerikas Ausfuhrprämien für Mehl einzuführen.— Türkei . Tic Räumung Kreta's . Das„Renter'sche Bureau meldet aus Rom , die vier Mächte hätten beschlossen, die in der Antwort der Pforte auf das ihr gestellte Ultimatum betreffend Kreta gemachten Vorbehalte abzulehnew Sie würden dem Sultan eine in diesem Sinne gehaltene Note übersenden, in welcher sie neuerdings erklärten, daß alle türkischen Soldaten Kreta binnen einer bestimmten Frist verlassen müßten.— Aus K a n e a wird berichtet: Die italienischen Panzerschiffe „Castelfidardo" und„Affondatore" sind heute früh vor Suda ein- getroffen. Die türkischen Truppen beginnen ihr Kriegsmaterial und die Bagage nach Suda zu bringen, wo die Ankunft der türkischen Transportschiffe der Mahsuse-Gesellschaft, die von Konstantinopel be- reits unterwegs sind, erwartet wird.— In anbetracht des Um- ftandes, daß keine rückhaltlose amtliche Antwort von der Pforte ein- gelaufen ist, haben die internationalen Truppen bei der Möglichkeit eines Bombardements ihr Material nach dem Dorfe Halepa ge- bracht. Nur ein einziges kleines Wirthshaus ist in der von dein (nnwohnern verlassenen Stadt noch offen. Eine große Anzahl Muselmanen hat sich auf einem österreichischen Llohddampfer eingeschifft.— Nach einer weiteren Meldung aus Kanea hat die Verhandlung gegen die Unruhestifter von Kandia vor einem englischen Kriegs- gerichte begonnen. Die Verhandlungen vor dem internationalen Kriegsgericht werden in der nächsten Woche beginnen. Asien . Die Situation in Peking wird in den Nachrichten, die über England kommen, genau entgegengesetzt geschildert als in den- jenigen, die aus Petersburg eintreffen. Die„Times" melden unterm 13. d. M. aus Peking : Das Tsuiig-li-Iamen hat dem diplomatischen Corps die Uebernahme der Negierung durch die Kaiserin-Wittwe bisher nicht amtlich zur Kennt n iß gebracht. Die Regentschaft der Kaiserin nimmt täglich mehr den Charakter einer Gewaltherrschaft an mit völliger Nichtbeachtung des Kaisers. Gewisse Anzeichen weisen darauf hin, daß das Ableben deS Kaisers in Kürze zu erwarten steht. Aus Petersburg wird berichtet: Die von der russischen Bot- schaft in Peking eingehenden Berichte stellen die dortige Lage als eine durchaus zufrieden st eilende dar und treten nach- drücklich der Auffassung entgegen, als suche die Kaiserin-Mutter eine vollständige Reaktion einzuführen. Besonders das erneute Edikt, welches alle nichtamtlichen chinesischen Zeitungen unterdrücke, sei nichts weniger als eine reaktionäre Matzregel, da ja sämmtliche chinesische Blätter, so weit sie nicht in den von Europäern besetzten Hafenplätzen erscheinen und unter europäischem Einfluß stehen, in ihren Spalten nichts anderes als Fremdenhetze bringen. Alle diese Blättchen, die überhaupt nicht den Namen von Zeitungen verdienen, seien von den geheimen Gesellschaften herausgegeben worden und eine ständige Gefahr für die Europäer und die Missionen ge- Wesen. Diefe r u s s i s ch e Auffassung bedarf wohl zum mindesten einer Ueberprüfung.— Amerika. New-Hork, 13. Oktober. Einem Telegramm aus Havana zu- folge soll M a x i m o G o m e z zum Präsidenten der Republik Kuba erwählt worden sein. Maxuno Gomez ist seit langen Jahren der hervorragendste Führer der kubanischen Aufstandsbewegung. Er befindet sich jetzt im 64. Lebensjahre.— Kampf uni das Koalitiousrecht! Gegen die offiziösen Vertuschungsversnche mmmt auch die„Köln . Volksztg." das Wort. Sie führt sehr zu- treffend aus: Zu dem angekündigten Streikaesetze wird offiziös ge- schrieben:„Das Koalitionsrecht soll und wird den Arbeitern völlig und unversehrt erhalten bleiben, aber jeder einzelne Arbeiter soll auch selbst bestimmen können, ob er zu den alten Bedingungen weiter arbeiten will oder nicht." Heißt das überhaupt etwas? Jedenfalls kann man sich nicht viel dabei deuken. Auch jetzt schon hat jeder Arbeiter das Recht selbst zu bestimmen, ob er weiter arbeiten oder streiken will. Wer ihm mit Gewalt oder Drohung— nach neuerer Gerichtspraxis ist nicht einmal Drohung erforderlich— dies Recht streitig machen oder beschränken will, der wird bestrast. WaS bringt also das Gesetz Neues? Wir finden auch keine Aufklärung in der Bemerkung, es müsse verhindert werden, daß eine Agilationspartei sich anmaße, behufs Beschränkung der persönlichen Freiheit des einzelnen Staatsbürgers ungesetzliche und widerrechtliche Zwangsbefugnisse auszuüben. Wo wird denn bei uns bisher ungesetzlicher und widerrechtlicher Zwang gestattet? Es scheint sich also doch wirklich um die Be st rasung der„Anreizung" zum Streik und die Verhinderung der Verabredung eines Streiks zu handeln, und das nennt man dann unversehrte Erhaltung des Koalitionsrechts! Jeder einzelne soll, darauf wird die dunkle Auslassung des Offiziosus wohl hinauskommen, streiken dürfen, aber er darf es nicht mit seinem Nebenmann ausmachen. Will man beruhigen und der sozialdemokratischen Ausnutzung der Oeynhausener Rede entgegentreten, so muß man nicht mit unklaren oder nichtssagenden Redensarten kommen, sondern den Entwurf selb st veröffentlichen. Vielleicht ist er aber, falls er über- Haupt schon existirt, am wenigsten geeignet, zu be- ruhigen. Protest gegen die Zuchthausvorlage erhoben ferner Arbeiter- Versammlungen in R e u t l i n g e n in Württemberg , Striegau in Schlesien , Offenburg in Baden , Lüneburg in Hannover . Pavfti'Matfiuitfiftn. Tie Parteigenossen in Biebrich in der Provinz Hessen -Naffau beschlossen, sich an der Land tags wähl dUrch Aufstellung eigener Wahlmänner zu betheiligen. Todtcnliste der Partei. Im Gefängniß gestorben ist der kiö Jahre alte Parteigenosse Weser in Meißen , der anläßlich des Streiks in der Thonwaarenfabrik„Saxonia " in Gemeinschaft mit zwei Kollegen zu einer fünfmonattgen Freiheitsstrafe verurtheilt war.- Nach der unter seinen Benifsgenossen herrschenden Meinung ist seine Verurtheilung sowie die der übrigen betheiligten Töpfer nicht gerechtfertigt, es gelang aber leider nicht, die Wiederaufnahme des Verfahrens durchzusetzen, und so mußten die Verurtheilten am 1. September ihre Strafe antreten. Weser ist wohl schon leidend gewesen, als er das Gefängniß bezog. Die Parteigenossen Meißens werden sein Andenken dauernd in Ehren halten! Polizeiliches. Gerichtliches:e. — Sozialdemokratische Blätter sind daran gewöhnt, daß Klagen gegen sie im„öffentlichen Interesse" verfolgt werden, selbst wenn der Laie sozusagen mit dem Mikroskop kein öffentliches Interesse eNt- decken kann. Nichts Seltenes ist es ferner, daß die Staatsanwälte Private dirett auffordern, Strasantrag gegen sozialdemokratische Preßübelthäter zu stellen; ja man bestellt sogar Leute zur Polizei, legt ihnen sozialdemokratische Zeitungen vor, durch die sie angeblich beleidigt worden sind und ersucht sie dann, Strafantrag zu stellen. Das alles ist nichts Neues mehr, aber neu dürfte es sein, daß jemand gegen ein Blatt Strafantrag stellt wegen eines Artikels, der in dem Blatte garnicht enthalten war. Dies ist unserem in Langenbielau erscheinenden Partei-Organ„Proletarier aus dem Eulengebirge" passirt. Em Pfarrer hat gegen das Blatt Strafantrag gestellt, aber weder der Staatsanwalt noch die Polizei konnte eine Nummer des„Proletariers " finden, die den angeblich für den Pfarrer beleidigenden Artikel enthielte. Was nicht vorhanden ist, kann man natürlich auch nicht finden. Aber verlangen könnte man doch von der Staatsanwaltschaft, daß sie, ehe sie die Vernehmung eines Redakteurs veranlaßt, und also einen Strafantrag im„öffentlichen Interesse" verfolgt— prüft, ob überhaupt etwas vorliegt. — Gegen den Redakteur des„Volksblatts für die Herzogthümer Koburg und Gotha ", Genossen Ivos in Gotha , hatte der Superintendent D e w e s aus Gräfenroda wegen Beleidigung Straf- antrag gestellt. Es handelte sich um eine Korrespondenz aus Grüsen- roda, die an einem Tage eingegangen ist, wo Joos durch Krankheit verhindert war, auf die Redaktion zu kommen, und die deshalb der Expedient des„Volksblatts" sofort m Satz gegeben hat. Da Joos an der Veröffentlichung demnach ein thatsächliches Verschulden nicht trqf, erkannte das Landgericht auf kostenlose Freisprechung, mit dem Hinzufügen, der Vorwurf der Leichtfertigkeit sei dem Angeklagten nicht zu ersparen, da er trotz seiner Krankheit doch nicht hätte versäumen dürfen, einen stellvertretende» Redakteur zu er- nennen und diesen die Nummer zeichnen zu lassen. Die Bersilberer zur Fertigstellung der / Arbeit verurtheilt. ' Der Rechtsstreit, den die Firma August Werkmeister wegen Kontraktbruchs gegen 18 streikende Versilberer angestrengt hatte, wurde gestern vor der Kammer IV des Gewerbe g'erichts durch ein Urtheil erledigt, das zu den bedeutsamsten dieses Gerichts gehört. Herr Werkmeister und sein Schwiegersohn, der den Unternehmer vertrat, blieben bei dem Anttage, die Beklagten zu verurtheilen, die liegen gelassene Akkordarbeit fertig zu stellen. M i l l a r g und Schnorre vertraten wieder die beklagten Arbeiter. Millarg, vom Vorsitzenden Dr. G erth zurAeußerung auf- gefordert, führte folgendes aus: Die Beklagten hätten sich durch ihre Unterschrift mit dem Ausschluß der Kündigungsfrist einverstanden erklärt, sie hätten also die Arbeit plötzlich verlassen können. Wenn nun in der vorgelegten Arbeitsordmmg stehe, jeder Arbeiter habe die übernommene Akkordarbeit ordnungsmäßig herzustellen und abzuliefern und werde auch dann erst entlassen. so könne diese Bestimmung nicht in betracht kommen, weil die Arbeitsordnung den Leuten unbekannt gewesen sei. Sie seien nicht darauf hingewiesen worden und man habe ihnen auch nicht, wie es die Gewerbe-Ordnung vorschreibe, ein Exemplar ausgehändigt. Auch sei der Antrag des Klägers überhaupt unzulässig, da die Arbeiter nicht der Gesinde-Ordnung, sondern der Gewerbe- Ordnung unterständen und nicht ge- zwungen werden könnten, die Arbeit wieder aufzunehmen. Im übrigen sei man zu folgendem Vergleich bereit: Die streikenden Versilberer der Firma gehen von der Forderung einer 22 prozeutigen Lohnerhöhung ab, treten die Arbeit wieder' an und machen die unferttge Arbeit fertig, wenn vorher eine Einigung auf gruud der am Tage vor der Arbeitsniederlegung vorgelegten Preisliste erzielt wird. — Herr Werkmeister und fein Vertreter brachten wesentlich Neues nicht vor. Sie bestanden, wie im vorigen Termin, auf ihre Forderung: erst ein Urtheil, dann eventuell die Einigung. Schnorre als Ver- treter der Arbeiter hob demgegenüber hervor, daß ein Urtheil den Kriegszustand nur verschärfen könnte; auch behauptete er, die Arbeitsordnung im Fabrikraum sei vollständig verstaubt und meist durch Leisten verdeckt gewesen.— Nach einer kleinen Pause, die der Anbahnung eines Vergleiches dienen sollte, erklärten Herr Werkmeister und sein Vertreter, nun erst recht ein Urtheil verlangen zu wollen. Als Grund hierfür gaben sie an, daß Millarg einige ihrer streikenden und beklagten Versilberer, die anfänglich zugegen waren, fortgeschickt habe. Schnorre und Millarg konstatirten, daß sie gemeinsam vor Beginn des Gerichts- termins mit Zustimmung der Versilberer dieselben veranlaßt hätten, nicht an der Verhandlung theilzunehmen. Sie hätten dies aber nicht gethan, um sich zwischen Herrn W. und seine Arbeiter zu drängen; vielmehr habe sie hierbei lediglich die Erwartung ge- leitet, um so eher einen Vergleich zu erzielen. Gerade durch die Anwesenheit seiner ausständigen Versilberer sei Herr Werkmeister im vorigen Termin wiederholt in eine hochgradige, einem Vergleich durchaus schädliche Erregung versetzt worden.— Obwohl die Vertreter der Arbeiter nun nochmals den schon vorher angesttebten Vergleich vorschlugen, forderte der Kläger ein Urtheil, das denn auch dahin erging: „Die Beklagten werden verurtheilt, die Arbeit auf- zunehmen und die in derKlagenäherbezeichneten Akkorde, die sie übernommen hatten, fertig- z u st e l l e n." Das Gericht ging von folgenden Erwägungen aus: ß 122 der Gewerbe- Ordnung gewährleiste allerdings den Arbeitern die Koalittonsfreiheit. Die Beklagten waren aber verpflichtet, die über- nommene Akkordarbeit zu dem alten Preise fertigzustellen,� und sie durften sich nicht über einen einmal abgeschlossenen Zivilrecht- lichen Vertrag hinwegsetzen. Neue Bedingungen dürsten sie erst bei der Uebernahme neuer Arbeit stellen. Nach 8 124b der Gewerbe-Ordnung kann nun der Arbeitgeber wegen Kontraktbruches vom Arbeiter eine Buße im Höchstbettage des ortsüblichen Tage- lohns für sechs Tage fordern, ohne einen Schaden nachweisen zu brauchen. Für diesen Fall schließt 8 124b einen weiteren Schadens- ersatz oder die Erfüllung der Verpflichtung aus. Eine Buße oder ein Schadensersatz wird hier nicht verlangt, der Kläger konnte somit die Erfüllung der Akkordverträge verlangen, und zwar auf grund der noch in Geltung be st ehe»den Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts. Auch ist die Arbeitsordnung des Klägers für die Beklagten ver- kindlich. Sie wird in Fabrikbettieben bindend schon durch den Aushang; eines Hinweises darauf und. der Aushändigung eines Exemplares bedarf eS dazu nicht. Der Aushang ist aber nicht be- stritten. Herr Werkmeister erklärte, nun auf grund der erwähnten Preisliste mit den Versilberern eventuell verhandeln zu wollen. Zu dem Urtheil an sich haben wir zu bemerken, daß es in der gewerbegerichtlichen Rechtsprechung als ein Novum zu betrachten ist, das unter Umständen für ausständige Arbeiter von folgenschwerer Bedeutung sein kann. Was ist alles unter der Fertigstellung eines Akkordes zu verstehen? Ein Unternehmer braucht in, Fällen, wo er einen Ausstand in seiner Fabrik vermuthet, die Arbeit nur so zu vertheilen. daß verschiedene Gruppen seiner Arbeiter zu völlig verschiedener Zeit ,hre Akkorde be- enden, und er hat dann das Kunststück fertig gebracht, daß trotz alles Ausschließens der Kündigungsfrist und, was ebenfalls als nicht geringfügig erwähnt werden mutz, trotz Mangel? eines Zucht- Hausgesetzes eine einheitliche Bewegung der Arbeiter zur Herbeiführung eines Ansstandes völlig gehemmt werden kann. Das Urtheil,-über dessen Wirkung im vorhandenen Einzelfall wir uns heute nicht weiter äußern wollen, steht unseres Erachtens weder mit der bisher geübten Rechtsprechung, noch mit dem Geiste der heutigen Koalitionsgesetz- gebung im Einklang und überliefert den Arbeiter in Ausstandsfüllen völlig der Willkür des Unternehmers. GeioevkMÄfkliches» Berlin und Umgegend. Achtung, Buchbinder! Kollegen und Kolleginnen k In Wien befinden sich über 1100 in Buchbindereien beschäftigte Personen im Ausstande. Einige Firmen haben zwar schon bewilligt, aber noch steht die Mehrzahl der Arbeiter im Kampfe mit den Unternehmern. Kollossale Geldmittel sind zur Unterstützung der Streikenden erforderlich. Noch halten die Wiener fest zusammen, und der Sieg ist ihnen gewiß/ wenn die Unterstützung nicht ausgeht. Wir richten deshalb an die Kollegenschaft Berlins den dringenden Mahnruf:„Sammelt heute Abend in Euren Werk st üben"! Doppelt giebt, wer schnell giebt. Die Verttauenspersonen in Berlin . NB. Geldsammlungen sind in unserem Bureau zur Weiter- beförderung abzuliefern. Die Stellmacher haben ihr Verkehrslokal von der Elsasserstr. 9 nach der Rosenthalerstt. 27 bei Schiller verlegt. Deutsches Reich . Der Vorstand des deutschen Berg- und Hüttenarbeiter- Verbandes wendet sich in einem Aufruf an die Bergarbeiter, in dem es im Anschluß an die Lohnforderung heißt: „Ruhr- Bergleute! Wir müssen uns nun betrachten als den Vollstrecker Eures Willens. Indem wir genau dieselbe Fordernng zu vertteten haben, die im vorigen Jahre auch von den Kameraden im Gewerkverein gestellt wurde, sind wir auch der Zustimmung der Bergleute im Gewerkvcrein zu unserem Vorgehen sicher. Wie schon am Sonntag bekannt, kennen wir keine Unterschiede in der Kamerad- schaft— wir sind alle Arbeitsbrüder— und in diesem Sinne wird gehandelt. Nun die Würfel gefallen, ist es die heiligste Pflicht der Kameraden, rastlos die Reihen der Organisation zu stärken. In Masse hinein in den Verband, dann ist der Erfolg unser! Einen schwerwiegenden Beschluß haben die Kameraden gefaßt. Wir haben nach langer reiflicher Vorberathung, nicht nur im engeren Vorstandskreise, sondern wie dieRuhrbergleute wissen, gemeinschaftlich mit allen Vertrauensleuten unser Vorgehen eingehend überlegt. Kein tolles Hasten, wohlbedachtes Handeln! Kameraden I Der Unterzeichnete hat die volle Verantwortung für die kommende Lohnbewegung übernommen und wird sie nicht von sich weisen. Aber wir sind verloren, wenn unsere organisirten Freunde, die alte Garde uns nicht stützt. Wie sollen wir bei kommenden Massenbewegungen die Masse im Feuer standhaft, besonnen, nüchtern und durchaus ruhig halten, wenn uns unsere organisirte Kerntruppe nicht zur Seite steht!? Nun wir die Leitung der Bewegung in die Hand nehmen, dazu beauftragt durch unsere Kameraden, wird es auch unsere Aufgabe sein, jede Einmischung von irgend einer nicht- bergmännischen Seite scharf zurückzuweisen. Wir sind alt genüge und brauchen keine Vormünder. In unseren reinen Berufsfragen haben keine anderen als wir zu entscheiden. Kameraden I Fest zusammengeschlossen, dann sind wir unwider- stehlich. Unausgesetzt neue Truppen anwerben, die Gleichgiltigen im Schacht aufklären, sie für unsere Forderungen interessiren. das ist nun Eure Aufgabe. Unbedingtes Vertrauen zu der selbstgewählten Leitung, Ruhe nach außen, und der Sieg ist unser!" Wer verschuldet das Unglück auf der Zeche Zollern? Der Versuch, diese Frage zu beantworten, hat den Redakteur der „Bergarbeiter-Zeitung", F. Pokorny, auf die Anklagebank gebracht. Er hatte in einem Artikel der Zeitung behauptet, daß der Gebrauch einer sogenannten Fakellampe, die äußerst brandgcfährlich sei, das Unglück verschuldet habe. Daß eine Fackellampe an der Unglücksstelle. gebraucht ivurde, trifft nun nicht zu, wohl aber war aus. dem Gut- achten des Bergraths zu entnehmen, daß eine Lampe Ver- Wendung fand, die die Gefahr einer Entzündung nahe legen konnte. Pokorny wurde zu 20 M. Strafe verurtheilt. Wie noch- mals bemerkt sei, ist die Unrichtigkeit seiner Angabe verhältnißmäßig geringsügiger Art und bleibt immerhin die Außerachtlassung ge- nügender Vorsicht für die Grubenverwaltuug bestehen. In der Gummiband- Fabrik von Wolff in Barmen- R i t t e r s h a u s e n ist den Arbeitern ein Lohnabzug angekündigt. Da die Löhne in dieser Fabrik ohnedies schon niedrige sind, gingen die Arbeiter darauf nicht ein und legten von 17 Arbeitern 10 sofort die Arbeit nieder. Ausland. Ein langwieriger Lohnkonflikt der Kopenhagen e r Roggenbrot-Fabrikanten mit den Bäckergesellen hat zu einem Streik der' Bäckergesellen geführt. Es sind 22 Fabriken in Mitleidenschast gezogen._ Sozwles. Arbeiter-Risiko. Auf dem Neubau des Blindenashls in Düren in der Rheinprovinz waren Klempner mit der Anbringung von Zinkfenstern beschäfttgt, wobei sie sich eines sogenannten Lauf- gerüstes bedienten. Ein Zimmermann, der in der Nähe der Klempner arbeitete, beging die große Unvorsichtigkeit, das Gerüst im Laufschritt zu passiren. Durch die Wucht der Schritte hat sich wahrscheinlich ein Brett des Gerüstes aus seiner Befestigung gelöst, der gimmennann gerieth ins Schwanken, wollte sich dabei an einem der Klempner halten, verlor mit diesem nun allen Halt und beide stürzten von der bedeutenden Höhe in die Tiefe. Beide waren sofort todt. So be- richtet die„Roer-Zeitung". Sind denn in Düren Gerüste, die nicht einnial den schnellen Schritt eines Menschen aushalten können, polizeilich zulässig? Im Johann-Schachte bei Dur wurde ein 21 Jahre alter Oberhäuer durch einen herabstürzenden Kohlenblock zermalmt. Kapital und Arbeit. Einen Reingewinn von 118 469,14 M. erzielte im Geschäftsjahr 1897/93 die„ K a r l s h ü t t e", Aktiengesellschaft für Eisengießerei und Maschinenbau in Altwasser in Schlesien . Die Aktionäre erhalten eine Dividende von 8'/- pCt. Der Durchschnittslohn der Arbeiter in der„Karlshütte" beträgt 871,27 M. im Jahr, da aber die hohen Bezüge der Werkmeister u. s. w. ein- begriffen sind, so sind die Löhne der eigentlichen Arbeiter noch geringer. Die Böllberger Mühle in Halle a. S. hat, wie das „Volksblatt" mittheilt, im vergangenen Jahre bei einem Aktien- kapitale von 2 Mill. Mark einen Bruttogewinn von 722 277,78 M. erzielt, das sind über 36 pCt. des Aktienkapitals. Im vorigen Jahre betrug der Bruttogewinn 632 232,28 M., er ist also in diesem Jahre um über 90 000 M. höher. Nach Abschreibungen aller Art bleiben 374 726,78 M. als Neingewinn übrig, im vorigen Jahre waren es„nur" 282 147,22 M. Die„Theiler" geben davon den Aktionären 12>/2 pCt. Dividende, den Direktoren und Anfsichtsräthen 31 738,82 M. Tantiemen und außerdem 6000 M. Gratifikationen, und den Arbeitern— nichts. Die Böllberger Mühle ist weiteren Kreisen durch den Boykott bekannt geworden, der wegen der dort herrschenden übermäßigen Sonntagsarbeiten seinerzeit von den Ar- beitern ausgesprochen wurde, aber das erstrebte Ziel leider nicht erreicht hat. Erwerböarbeit schulpflichtiger Kinder in Breslau . Zu den ersten Orten, die Ermittelungen über die Erwerbsthätigkeit der Schnlkinder anstellten, gehört Breslau . Schon bei der Schulkinder- Zählung vom 30. November 1892 wurde m den städtischen Volks schulen nach der Erwerbsarbeit gefragt. Bei 1683 von 43 230 Kindern, also bei 3,9 pCt., wurde damals eine mit Erwerb ver- bundene Nebenbeschäftigung festgestellt. Ein wesentlich anderes Er- gebniß hatte die neuerliche Ennittelung, die infolge des bekannten MinistertalerlasseS vom 81. Januar 1893 am 28. Februar er. vor- genommen worden ist. Diesmal wurden, wie die„Päd. Ztg." jetzt
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