mDas Kind von Beklehem.Es Mngk ein Lied aus alter Zeit,Wie Sternentraum so rein.'Von eines Kindlein HerrlichkeitUnd schlichter Hütte Hellem Schein.In eine Vach» von Wahn gebar.Als sich die Zeit erfüllt.Das Weib den Menschensohn. der klarDen Widersinn der Welt enthüllt.Noch immer hangt der Mensch am Kreuz.Noch immer jammern Araun,Dem Glockentlang des WeihgeläutsMischt sich des Wahnsinns Weh und Graun.Der Geist, der stark mit Feuer tauft.Wird immer noch geschmäht.Noch wird verraten und vertauft,Wer Saat der kühnen Liebe sät.Sein Auge war so hlmmelsllef.Durchstrahlte Trug und List:Der Lichtheld wuchs, sein Schicksal rief.Am Kreuze hing der erste Ehrist..Noch sind so viele Augen blind,herrscht ungerecht Gericht—Doch wieder ward die Wahrheit Kind.Und langsam, langsam wächst ihr Licht.Aail yenckel.wich btt B«scherung die lastigen Küsse seiner vorlauter Freude über die Gabe» verweinten Töch-reichen«inhe.mst«, und ihm Frau Lukaschet einnach Karpfen und gefüllten Schnecken undZlpselstrudel duftendes Schwätzchen obendraufhinzuversctzie. da umarmte sie Herr Lukaschetherzhaft undseufzie aus tiefster Seele:„Aber Mutter, ich bin nur froh, daß wir jetztwieder wie einst leben werden— ich wußte schoneinfach nicht mehr, wohin ich gehe« und wo ichhinschauen sollte no. die Hofenträgerfreuen mich, die Hab ich am dringendsten de'nötigt."Und ein ganzes Jahr lang tvar Frieden undRuh« in der Familie Lulascheis. Bis wieder zuden nächsten Weihnachten!Autorisierte Ueberfctznng von I. ReiSinann.Sugen Saltner:Sibirische Weihnacht.Trotz der zwei Meter dicke» Mauern war esin der Zelle zum Erfrieren. Die Luft war dickund dumvf.g vom Atem der beide» Männer undvon dem faulen Strohlager, aus dem s!« sich streck-ten.„Wenn ich ein Feuer hätte," meinte derKleinere,— er sprach mit heiserer, von fortwährender Angina krächzend geivordener Stimme—„ich zündele den elenden Mist von Stroh an."Aus seinen blauen Auge», die zu dem schwarzenglatten Mongoleiihaar in scharfem Kontrast stau-den und schon durch die schiefe Stellung den Halb-Asiaten verrieten, glüht« Fieber. Der andereblickte starr zu der niedrige» Decke.„Wenn esdas wäre, Juri, die stintende Petroleumlampewäre leicht herunterzuholen, aber"— der Kleinewollte auffahren—„lah, es hat keinen Zweck.Fünf Stunden noch, dann ist Schluß."—„Wasweißt du? Was willst du? Mache» wir endlichein Ende?" Der schlanke blasse Bursche, demiiiait die aristokratische Kluderstnbi. auf den Kopszugesagt hätte, antwortete bedächtig, als ob ereinen lauten LefühlSausdruck des Fiebernden per-hindern wollte:„Wir werden Kn Ende machen,aber nicht so wie du denkst. Juri. Wir werde»stieben."—„Auch gut, fliehen, wir werden nichtweiter als bis zur Tür fliehen, dann werden wirein Bajonett zwischen den Rippen-habe». Aberes ist einerlei. Nur ein Ende mit dem Frierenund Hungern und dem wochenlang«! Wahnsinndieser' entsetzliche» Zellen.— Aber tvarum willstdu gerad heule fliehe», Sascha?"„Warum? Weil heute Weihnachtsabend ist,weil an diesem Abend jeder Soldat Schnaps er-hält und vcsofsen sein wird. Weil auch wirSchnaps kriegen werden und ihn zur Hälfte derWache vor der Tür geben können."„Wir wer»den nicht hinauskommen," meinte Juri, aberseine Wange» fieberten stärker, die roten Flecken,die blühenden Boten der tödliche» Tbc flackertenauf.„Du host einen Plan?"—„Keinen andernals de» ich dir schon verriet. Wenn alles de>rauscht ist, suchen wir durchzukommen. VomBlitzableiter muß man aus die große Mauer kom»men. Es wird nur ein paar Fetze».Haut kosten."Juri begann hastig und uberstürzt Pläne zuentwerfen. Trockener, bellender Husten unier»brach ihn fortwährend. Sascha legte ihm dieHand aus die Stirn und drückte ihn aus diePritsche zurück:„Ruhig sein, Juri, und nichtreden."—„Ich werde nach Moskau kommen, ichwerde einen Bolkskommissär erschießen, ich»verdebis zu Dzcrschinsk») kommen und ihn niedcrknal»len.'—„Und wirst gehenkt werden oder süsi»liert." Juri redete sich in die Hitze:„Ich brauchenicht lobe»: ob ich eine» Monat früher unter de».Kugel» der' Tschetisten oder einen später an derTuberkulose sterbe, das macht nichts mshr aus."Er spuckte verächtlich an die Wand.„Das Spuk-ken aus den Fußboden"— Salcha lächelte—•.istsogar In diesen Pestlöchern verboten."—„Ichhabe an die Wand gespuckt," erwiderte Juri ge»reizt und ganz ernst. Sascha wollte ihn ablen»ken. Er begann unvermittelt zu erzählen.„Das waren noch andere Zeiten, vor vierJah«n die Weihnachten. Da habe ich die Rot-armistcn zu Hilfe geholt, um ein Gefangenenlagervor de« Tschechen zu retten. Und du warst da-chal« ein fleißiger Studern in Eharkov."—„Nein, ich war Kurier der 99t."—„Damalsschon? CS war ein Verbrechen, du kannst kaumsiebzehn gewesen sein."—„Für die Partei ist'kein Opfer zu groß." Sascha zuckte lässig dieAchseln:„Das habe ich auch geglaubt. Aberwas würde aus unsere» Idealen, wenn wir sienur an die Partei hängton, nicht an die großeleuchtende Sonne des fernen Zieles, an die„Aber höre, damals lag ich zu WeihnachtenMit einem kleinen Delachement Rotarmisten ineinem österreichische» Geso»gonc»Iager. Die Leutewaren wie daheim, holten am Vortage des FestesEhristbäume, behängte» sie mit Liebesgabe» undmit allen möglichen Tand, den sie gebastelt Hai-ten. Es war Leben im Lager wie bei einerBauernhochzeit. Von Krieg und Revolutionnicrkte man nicht viel. Da flog in die Däuimo-rung ein Schrcckcnsruf durch die Lägergasse».Niemand wußte, wer es zuerst gemeldet halte,niemand wußte, woher die Botschaft kam. Aberalles schrie, johlte, jammerte! Die Legionäre kom»men! Wir hatten einen Mensche» unter denfünftausend,.der ihnen schon einmal entkommenwar. Sie hatten acht Wochen vorl>er eine Musik,kapelle von Gefangenen, es waren Deutschöstc»reicher, oder engere LandSleuto der Tschechen,ganze 60 Mann in de» Fluß gejagt und mit Ma»lchinengcwehren im Wasser zusammengeschossen.Der eine war verwundet entkomme», weil er gutschwimme» konnte. Man hat«« im Lager Photo-goaphien der Kapelle, wie sie kurz vor der Exe»kution war. Haß und Furcht jagten die Leutedurcheinander. Die Christbäume standen verlas-sen in den Baracken. Die Weiber, die damalsschon zu Hunderten im Lager hausten, kreischte»und fluchten. Es waren keine vierhundert Gewehre da, und die Legionäre sollten schon ganzin der Nähe sein. Es dauerte eine knappe Stunde.Da schwärmten tatsächlich die ersten Reiter anskleinen Kosatenpferdcn aus den Höhen östlich desLagers. Sie hatten uns umgangen. Flucht warunmöglich. Die Leute waren daraus gefaßt, zusterben. Bei manchen stellte sich Galgenhumorein; es waren meist Männer in den besten Iah-ren, Leute, die sich in den Karpathen und amJsonzo geschlagen hatten: in den geflickten undzerfetzten feldgrauen Uniformen waren sie wiedie Reste der großen Armee von 1812 anzuschauen. Mir fiel nichts ein. Ich konnte ineEße Gefahr nicht recht glauben und wartete?id in meiner Baracke, was kommen würde.brachte mich ein junges Ding,— die Weibersind immer erfinderisch und wenn sie sich erstausaeschrien haben, fallen ihnen die besten Ge-bauten ei»,— auf einen Plan. Sie bat undflehte, ich solle in einer alten zaristischen Ossi-ziersuniform, deren es genug gab. zu den Legio-nären gehen, mir würde man glaube». Ich säheans, wie ein richtiger Aristokrat. Sie war der-teufest hübsch und ich glaube, ich ging mehr ihr«,wegen als der fünftausend Männer halber, micheingeschlossen. In zwei Stunden tvar ich beide» Legionären. Das Verhör war eine surchi-bare halbe Stunde,— so furchtbar vielleicht, wiedie kommende," setzte er leise binzu.—„Ich habe»och einen Denkzettel davon." Er zeigte auf sei-neu Kopf. Zwischen de» langen Strähnen dun-kelblondor.Haare war ein Büschel schneeweiß.„Ich spielte meine Rolle wie eine Holzpuppe, warmehr tot als lebendig. Dieses Heer ohne Heimatkannte kein Gesetz und keine Rücksicht. Aber ichkam durch, die Gölter wissen warum und wieso."Die Tür knarrte, der wachhabende Rotarmisttrat ein. Er brachte zwei Ctzschalen Schnaps.„Wir habe» auch nichts Besseres," setzte er ent-schuldigcnd hinzu. Sascha griff scheinbar gierignach dem Alkohol. Als der Soldat schon in derTür war, rief er ihn zurück:„Hast du eine Ziga-rette?" Der Soldat überlegte:„Du sollst nichtrauchen"; er grinst«:„es schadet deiner Gesund-hoit." Sascha schien zu schivaukon, dann bot eran:„Ich laß dir den halben Schnaps fiir eineZigarette." Der Armist zögerte noch, blieb inder Tür stehen: dann entschloß er sich:„da Hostdu eine." Juri sprang aus:„Mir auch!" DerArmist rückte mit einer zweite» Zigarette heraus,gab Juri Feuer, dann schloß er die Tür. Saschawarf Juri seine Zigarette hin:„Du wirst ruht-ger, wenn du rauchst."—„Was tvar. weiter?"„Die Umgebung der Tschechen, die Nacht-ivanderung bei eisiger Kälte, die mich fast auf derStrecke bleiben ließ, war eine Kleinigkeit gegendie halbe Stunde des Verhörs. Im Norden ander Hauptstraße erreichte ich die rote Armee. Sieverlegte dort dem Gros der Legionen den Wegnach Osten. Am Nachmittag des WeihnachtS-tage» kam ich mit zweitausend Rotgardisten undzwei Batterie» zurück. Wir schlugen die Tschechenund befreiten da« Lager. Die armen Teufelfeierten mich>vie einen Gott. Am Abend tanzte»sie um die Cbristbäume. Während sie sangen undtrampelten, lag ich in den Armen des schwarzenMädels, die mich zu dem Bravourstück verleitethaite. Ihre Lippen waren heiß und stark warsie wie ei» junges Füllen. Das alles ist wie einMärchen; schlimmer als ein Film oder eineJiidianergeschichie. Aber was ist in Rußlandnicht in de» letzte» Jahren alles geschehen, dasnoch viel abenteuerlicher ivar. Die Well kenntden Begriff deS Unwahrscheinlichen nicht mehr."Juri rauchte ruhig und starrte die Decke an.„Ich werde»i Moskau erschossen werden," sagteer und sprach es wie eine freudige Verheißungau§.„Aber ich werde meine Brüder rächen."—„Eine Mutter wartet auf dich."—„Sie wirdstolz sein auf mich." Sascha zuckle die Achseln.„Ihr Sozialrevolutionäre habt doch alle irgend-eine» Klaps. Narren, Schwärmer, Fanatikerseid ihr. Die Tschcka sollte euch lausen lasse».ES hat keinen Sinn, euch einzusperren."—„Waswirst du machen, tvenn du herauskonmist?" fragteJuri.„Ich werde nach Europa gehen, ein neuesLeben anfangen, wenn es das noch gibt, nachvier Jahre» Krieg und vier Jahren Bürgerkrieg,die man hinler sich hat." Sascha nahni einenkräftigen Schluck Schnaps, nach einer Weile nocheinen, dann klopfte er an die Tür. Der Gardistöffnete und nahm den Schnaps. Nichtig vergaßer ordentlich zu schließen, da Sascha ihm in jedeHand eine Eßschale gegeben halte.Die Beiden starrten in das trübe Licht derLaterne, die wie eine Grabampel an der niedri-gen Decke hing. Juri sah Köpfe vor sich undwieder Köpfe und auf alle zielte er. Aus denvielen ward einer, ward der Kopf, das Gesichtde« Einen, Gehaßten, Bersiuchten, ward dasAntlitz Dzerschinskys. Wie die Fratze des leid-hastigen Satans stand es dicht vor Juris Augen.Dich möchte ich nicht erschießen, dachte er, dichmöchte ich erwürge», nein, doch erschießen, auseinen Schritt Distanz, daß dein Gesicht zerfetz!und dein Schädel zertrümmert würde, wie dieKöpfe meiner Bruder und Schwestern. Erträumte wieder von dem grausigen Ende seinerGeschwister, die mit zerschmetterte« Schädel» aufden Stufen logen, uiio i» seinem Hirn jagteneinander die Bilder, aber jedes war Grauen undBlut und Mord. Das ganze große heilige Ruß-land wurde zu einer eklen Lache Blut.Sascha träumte von einer Frau, die irgend-wo im D-Zug zwischen Berlin und Wien oderauch zwischen Brüssel und Paris— was wußteerl— in einem Abteil erster Klasse saß und dasneueste Buch von Trotzky las. Das tat sie wohl,wen» sie noch so war wie früher. Sascha träumtevon den Christbäumen der österreichischen Gesan-genen und von dem kleinen rassigen Bauern-mädel,— aber das war ja wieder Sonja und sielachte spöttisch mit wissenden kalte» Augen. Under träumte von warmen Hotels und Büros undbürgerlichen Wohnungen. Er träumte vonEuropa und dachte: Frieden. Rußland undKrieg und Greuel lagen hinter ihm. Fahre fern.Er fuhr auf.— Im Gegenteil, jetzt balle er nurgeträumt!. Draußen grämten die Soldaten. Nocheine halbe Stunde Schlaf, dachte er und drehtesich zur Wand; der Schnaps hatte ihn erwärm»,er fröstelte nicht mehr. Und jetzt träumte er vonder Flucht. Er faß rittlings auf der hohen Mauer.Unten stand ein belassener Soldat und legte ausihn an. Er wollte springen, aber er konnte nickst,da war er wieder, der alte Angsttraum der Kinderzeit. Er kann nicht vom Fleck. Der Soldatzielt;»och ehe Sascha den Schuß hört, fühlt er(;anz deutlich einen Schlag gegen die Brust undpürt, wie eS in feinem Körper warm und dickquillt. Ganz da oben, links unterm, Schlüssel-dein. Er taumelt und sagt zu sich wie von einemDritten: Um Gotteswillen, das ist ein Hcrzschuß.Eine Sekunde brennt entsetzliche Todesangst inihm. Er weiß daß er sterben muß. Im selbenAugeitblick denkt er„Sonja" und dann„Mutler".Die Mauer, von der er erst nicht loS konnte, läßtihn jetzt frei. Er fällt in bodenlose schwarte Tiefen.Sascha erwacht wie nach einem jähen Fall.Draußen schnarcht es. Auf seiner Stirn stehenperlgroße Schweißtropfen. An den Schnarchen-den vorbei stürmen sie die Treppen hinanSascha geh« in das Wachzimmer, als ob hier nichtder Tod lauerte. Juri fiebert und klappert m>tden Zähnen. Aus der Bank schläft ein Offizierund wetzt unruhig hin und her. Sein Mundsteht offen und die Luft geht pfeifend durch seineZähne. Sascha hat da« sichere Gefühl, einenFreibrief für sein Lebe» z» haben: Bis zurMauer. Wie Kinder im Finsteren Gebete slam-meln, sagt er fortwährend unhörbar leise vor sichhin: Erst auf der Mauer,— erst auf der Mauer.?lls ob eS feine Wachstube wäre, nimmt er dieOffiziersuniform, Mantel und Kappe. Die Do-knmente wirft er in« Feuer. Sie könnten nurVerdacht erregen. Nach dem schlafenden Kapitänschaut er sich nicht einmal um. Für Juri nimmler einen unauffälligen Schafpelz. Er sch-üri da»Zeug zu einem Bündel; das Ganze dauert ke'.nczwei Minuten. Juri hatte sie nicht gezählt. Sicschienen ihm eine Ewigkeit. Wie eine Leiche stander vor der Tür. Sascha war ruhig wie noch einerMorphiuniinicktion. Sie passierten Gänge undTüre», die ihnen unbekannt waren. Sascha gingsicher durch alle Räume. Im ersten Stock warvi« Tür des UiiterofsizierSAimniers halb offen,drin wurde gelärmt und gelacht. Sascha ging indie Sch laskam wer nebenan; er öffnete das Fenster, faßte den Trabt des Blitzableiters, Er warvereist und von glasiger Glätte. Mit Übermensch-licher Kraft kam Sascha bis zu dem Sims. Jurimuß zuerst springen, fiel ihm jetzt ein, denn ererinnerte sich plötzlich, daß auf der Mauer seinVerhängnis wartete. Juri kam an setner Handhoch, sprang hinüber und saß aus der Mauer.Sascha warf die Kleider»ach, dann sprang erselbst. Mit einer Hand griff er den äußerenMauerrand..Haut und Nägel zerrissen an demstahlharten Eis. Er zog sich hinaus. Gespenstischwie ein König der Nacht und ihrer Dämonenragte seine schlanke graue Gestalt in die weißeFläche, in die Wolle» und Wälder und Schneefall verschwommen. Rittlings saß er auf derMauer. Er wollte springen, aber er konnie nickst,da war er wieder, der alte Angsttraum der Kin-derzeit. Gelähmt starrte er in die Noch! des Ge-sängnishofes. Aber es rührte sich nichts inder schwarzen Tiefe. Er griff an sein Herz. Er»schauernd fühlte et die Amuletikapsel mit demBild und dem Haar einer alten Frau.Der Bann löste sich mit einem. Sascha holtelies Atem und sprang: Es schneite leise. Jurifreute sich wie ein kleiner Junge: Der Schneewird die Spuren verdecken. Sie liefen eine Bier-telstunde. Aus dem Geleise der TranssibirischenBahn keuchte schwer, mühsam ein Lastzug dieHöhe heraus. Mit de» Schätzen Sibiriens be-laden rollt er, hat er diese Höhe übenvunden,gegen Westen: nach Rußland. Juri springt ihnan, wie er schiieckenlaiigsani bergan kriecht. Wobleibt Sascha? Ein Stück gehl er neben demZug einher.— Die Wcge trenne» sich, eine Wel-Iciitchcide: In fünfzehn Minuten passiert hier derD-Zug nach Wladiwostok.„Ich werde das Sig-nal aus Hall stellen und einsteigen. Die Erde istso köstlich runo. Man kann auch über San Frau-ciSco nach Europa kommen. Der Lastzug hatdie Höhe überschritten und rollt zu Tal und Jurirollt mit,»ach Rußland, in Blut und Greuel undunendliche Schrecken. Das Signal geht aus Halt.An einen Baum gelehnt mattet«ascha. Undplötzlich denkt er: Wie der Weihnachtsbaum ausder Baracke am Bailkalsee. Mein Wegweiser nachEuropa. Wie märchenhaft ist doch das Leben!Knirschend greifen die Bremsen wie Zangenin die Räder des D-Z»geS und Sascha lächelt:Märchen? Abenteuer? Traum ein Leben?Nein: Das Leben ein Film!Vom Weihnachtsbaumund Varadies.Auf einem seltsam schönen Bauwert, das im3. Jahrhundert v. Ehr, der indische König Asokadem Gedächtnis Buddhas errichtete und das sichbis heute erhallen hat, befindet sich inmitten dervielfältig verschlungenen Ornamente ein Gebilde,dessen Bedeutung ma» sich zunächst nicht erklärenkann. Es ist ein Baum, dessen lange Zweige mitallen möglichen Dingen behängt sind, mit Älöck-chen, farbigen Tüchern und Schinuckivcrt, allesdurchzogen von der graziösen Umschlinguiig lan-ger, weicher Bänder. Dieser Baum wurde nichtohne Grund in die Ornament« des schönen altenBauwerks verflochten, denn wo es galt, Buddhazu ehren, war das Symbol des WunschbaumeS,wie»tan diese Bäume nannte, wohl am Platze.Und so findet man unter altiudischeu Moiivengar Nicht selten solche mit Schmuckwerk behau»geilen Baunizlveige verwendet. Sie sind Sinn»bildet der menschlichen Wünsche, des Begehren?»ach irdischem Besitz.Man hat diese symbolischen Gebilde tvahp- sscheinlich auch in natura ausgerichtet, wenigstensberichten uns alte Reisende von solchen Bäumen,die noch dazu über und über mit brennendenLichtern besteckt waren, also ganz ähnlich, wie wirunsere Weihnachtsbäume zieren. Doch auch dieEhinesen kannten das Bestehen grüner Bäumemit Lichtern. Ein alier Bericht meldet, daß PrinzJong, der im 6. Jahrhundert v. Chr. lerne, aufeinen Berg einen Lichterbauin stellen ließ, so daß 1sein Schein in die Ferne leuchtete.Vorläufer unseres Weihnachtsbaumes dürfen ti«r in diese» orientalischen Schmuckbältmen aber iwohl nicht annehmen. Lebende Bäume JtiSchmuckzwecken mit Lichtern z» schmücke», war!•nt frühen Mittelalter auch in Europa Brauch, jIn den französischen Ritterburgen soll es m:H2. Jahrhundert üblich gewesen sein die Ankunfthoher Gäste dadurch zu feiern, daß man zur Seit«des Eingangs Lichterbäume ausstellte. Allein'mitWeihnachtSgedanken hatten diese Lichterbäumenichts zu tun. Der deutsche Weihnachtsbaumentstand vielmehr aus rein germanischem Brauch.Als die Germanen um die Zeit der Sonnenwende