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6. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit..

Das letzte Mittel des Fascismus.

Dienstag, 9. November 1926.

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Nr. 261.

Auch die Ausländer in Italien   rechtlos. Die Slowaten- Regierungspartei

Weitgehende Ausweisungsbefugnis der Präfetten.

Breßburg, 8. November. Der Vollzugsans­schu, der Slowakischen Volkspartei beschloß heute

Das vorläufig lette Attentat auf Muj- Rom, 8. November. Die Blätter veröffent- der auszuweisen und Versuche der Aus- den Eintritt der Partei in die Regierung und lan­folini hat seine fascistische Anhängerschaft in lichen den Text der Polizeivorlage, die zorgen länder, die Grenzen zu überschreiten, zurückzu- didierte für die beiden zu besetzenden Minister­Tobjucht verjeẞt, es hat auch es hat auch die innere vor das Parlament kommen soll. Ungefähr 10 weisen. Schließlich werden die Präfekten   im gan- po mit Stimmenmehrheit die Abg. Dr. Tisso Schwäche des Fascismus enthüllt. Wenn es Artikel dieser neuen Vorlage betreffen die Aus- zen Lande ermächtigt, Ausländer zwangsweise und Dr. Gažit. nur auf Gewehre, Bajonette, Dolche und Re- länder. Die Ausländer werden sich auch fernerhin nach der Grenze befördern zu lassen.  

Rom, 8. November. Der fascistische Abge- Der Wechsel vom 15. November. ordnete Farinacci   hat der Kammer trag unterbreitet, wornach alle diejenigen oppo­sitionellen Abgeordneten, die nicht mehr in der Kammer erschienen sind, ihres Mandates verlu­ftig erklärt werden sollen.

volver ankäme, dann wäre die Macht des fa- lich vorstellen müssen. Jeder, der einem Auslän­anmelden und sich eventuell der Polizei perjön­jcistischen Regimes eine große. Wahr ist es, der die Benüßung seines Eigentums oder die daß das ganze italienische Volk am Boden Nugnießung von Immobilien zugesteht, wird liegt, wehrlos und ohnmächtig dem Terror der verpflichtet, schriftlich der Polizei hievon Mittei­Mussolinischen Schwarzhemden ausgeliefert. lung zu machen. Aber verrät es starte innere Kraft, wenn sich Die Präfetten erhalten die Befugnis, im dieses ereignet: Ein junger Mensch, fast Knabe Interesse der Sicherheit des Landes den Auslän­noch, schießt auf den Duce, darauf verwandelt dern den Aufenthalt in Gemeinden und Ort Wie Giornale d'Italia aus Turin   berichtet, jich ganz Italien   in eine Festung im Belage- gung von Wichtigkeit sind. Die Präfetten sind be- ten ihres Amtes enthoben worden. Drei davon jich ganz Stalien in eine Festung im Belage- schaften zu verbieten, die für die Landesverteidi- find 13 Provinzialräte von dem dortigen Präfet rungszustand? Ist es Kraft und Stärke, wenn fugt, aus den Grenzgemeinden der Fascismus eingesteht, die Million Ge- fugt, aus den Grenzgemeinden die Auslän- find Kommunisten, die übrigen Sozialisten.

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Die bestellten Ber chwörungen.

wehre, mit denen er seine Herrschaft aufrecht erhält, genügten nicht mehr, um den Staat zu regieren, und er ebenso zu Taten der Lynch­justiz greifen muß, wie zu außerordentlichen Paris  , 8. November. Nach Meinung der Gefeßesmaßnahmen, die alles bisher Dagewesene Pariser   Blätter wird Ricciotti Garibaldi   ans überbieten? In einer Reihe von Städten eine Frau aus Nizza   hier ein. Aus dem weiteren Frankreich   ausgewiesen werden. Gestern traf werden linksstehende Persönlichkeiten über- Berhöre in der Sicherheitsabteilung des Mini­fallen, mißhandelt, ihr Eigentum vernichtet steriums geht hervor, daß Garibaldi   im Einver­oder weggeschleppt, im Ventimiglia   und Tri- nehmen mit der italienischen   Polizei tatsächl ch polis werden französische Konsulate gestürmt, eine Bewegung in Italien   in dem Augenblicke Arbeiterdruckereien werden zerstört, die ge- hervorrufen wollte, in welchem sich die fatafo jamte oppositionelle Bresse verboten und Sienischen Verschwörer zum Ueberschreiten Fascisten wandeln ihre Miliz in eine Art Ge- der spanischen   Grenze rüsteten. Es scheint ausge­heimpolizei um, die schwarze Listen von poli- nischen Separatisten in Berbindung macht zu sein, daß Garibaldi   mit den katalo. fisch verdächtigen Personen anlegt und Listen gestanden ist. Nach Blättermeldungen wurde hon von Personen, die als Opfer für eine fajci- Garibaldi   seinerzeit auch eine Legitimation für den stische Bartholomäusnacht ausersehen sind. Attentäter Lucetti als Angehörigen der Das ist Roheit, Brutalität, Gewalt, Bestiali- Kampforganisationen Garibaldis   ausgefolgt. Sicher tät, Terrorismus, aber beweist dies auch wirk- ist, das Ricciotti Garibaldi   von der Absicht Lucettis liche Straft, zeugt es von Selbstbewußtsein und unterrichtet war.

Ueberlegenheit? Gemordete Menschen, ver- Garibaldi   stand, wie jetzt erwiesen ist, feit dem wüstete Häuser, zerstörte Druckereien, soziale 1. Juni 1925 in den Diensten der italienischen Unterdrüdung, weißer Schrecken-jeit fünf Polizei.

Jahren werden diese Mittel angewendet, den- Die gestrige Vernehmung, in welcher Gari­noch hat alles nichts geholfen, um Italien   die baldi größere Geständnisse machte, als bisher, hat ihm vom Fascismus versprochene Ruhe seiner vor allem drei Tatsachen bewiesen: Entwicklung zu sichern, er muß, um sich zu be= haupten, die Schrecken, die er verbreitet, ver­vielfachen, immer neue und gesteigerte Gewalt anwenden.

1. Garibaldi   ist wochenlang vorher in Rennt= nis von dem Attentat Lucettis gegen Mussolini   gewesen. Lucetti hat vor

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Die Steuerpolitik der bürgerlichen Regierung.

Die Wähler heimjen heute den Dank der Bürgerlichen für ihre Stimmenabgabe Wähler( auch Arbeiter) bürgerlich wählten in 15. November ein. Während taufende deutsche

der Meinung, es fomme nun die große nationale Auseinandersehung, mussen sie nun mit Grausen evfennen, daß sie die Betrogenen sind. Ganz offen einigen Monaten eine Bombe gegen den gestehen heute die Deutschbürgerlichen ein, daß es Wagen Mussolinis geworfen. Der, Duce jich ihnen vor allem um die Befriedigung ihrer wurde nicht getroffen. Bier Personen aber wirtschaftlichen Interessen handle. Daneben trugen schwere Verlegungen davon. Gari- sollen dann auch so ziemlich alle sozialpolitischen baldi hat nun einige Zeit vor dem Attentat Errungenschaften abgebaut werden. Wie furchtbar dem Chef der fascistischen Polizei in   Rom sich die Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürf geschrieben, daß er ihm eine sehr wicht ge nisse des Bürgertums und des mit ihm verbün­Mitteilung zu machen habe. Dieser aber deten Großfapitals auswirken wird, mögen einige reagierte nicht darauf. Das italienische Kon- venige Zahlen dartun. sulat oder sonst eine italienische Behörde hat Garibaldi   nicht benachrichtigt, weil er von jeinen Auftraggebern den stritten Be­fehl hatte, nur dem römischen Polizei­chef zu berichten.

2. Der Chef der römischen Bolizei weilte zu Beginn Oftober vier Tage lang in Paris  . Bei diesem Aufenthalt wurde das Komplott der fatalonischen Separatisten end­gütig ausgeheft und gleichzeitig eine große antifascistische Verschwörung ins Auge ge­faßt, die der fascistischen Polizei mit einem Schlage eine große Zahl ihrer Gegner aus­liefern sollte.

3. Nach dieser Unterredung stellte Garibaldi  dem Obersten Macia eine Reihe von Ita­lienern zur Durchführung des Katalonijchen Separatisten- Putsches zur Verfügung. Er scheint Macia auch Geld angeboten zu haben, doch hat dieser augenscheinlich ab­gelehnt.

Dem Bürgertum geht es vor allem darum, die direkten Steuern so weit als möglich abzu­

bauen. Die erste Etappe bildet das Präliminare pro 1927. Es zeigt sich da folgendes Bild:

figemeine Gruverbiteuer Besondere Erwerbstener Rentensteuer Tantiemensteuer. Striegssteuer

1927 1926 in Taujenden e 219.000 250.000 279,650 280.000

100.000 98.900 17,000 17.500 102.500 115.000

Summa. 718.150 761.400

ich also die sie direkt treffenden Steuern um die Das Bürgertum und das Großkapital haben sich also die sie direkt treffenden Steuern um die Kleinigkeit von 43% Millioen Kronen ermäßigt.

Den gegenüber hat man aber, eingedenk dessen, daß hier die große Masse der Besitzlosen um Zahlen kommt, die indirekten Steuern in die Höhe geschraubt. Auch da mögen vor allem die Zahlen sprechen:

Getränkestener Fleischsteuer Robles steuer

1927

1926 int Tausenden 1,043,480 807.999

402.376 388.196 590.000 172.492

266,800 257.500

107.700 113.500

230.000 300.000

Summa. 2,640.356 2,039.687 Die Erhöhung beträgt also gegenüber 1926. das nette Sümmchen von 500,669.000 kronen. Dazu kommt nun noch die U msahsteuer. Sie wurde im Vorjahre mit 1.595,213,000 Sevonen, beuter mit 1.101,625.000 K als Einnahmsquelle für den Staat zuzüglich 787,300.000 Stronen an ueberweisungen für die Selbstverwaltungskörper, zusammen also mit 1.888,925.000 kronen veran schlagi, d. i. um 293,721.000 Stronen mehr als

im Vorjahre.

Die Erhöhung der indirekten Steuern, welche in erster Linie die Arbeitermassen treffen, beträgt also insgesamt 794,390.000 kronen. Dazu kommt noch die allgemeine Preissteigerung, die vielfach verfürzte Arbeitszeit und die bevorstehenden Ver­schlechterungen der Sozialgesetzgebung.

Der Fascismus ist durch Blut und Ge- seiner Kraft angekommen. Eine Steigerung aischen Waren auf dem Weltmarkte bisher walt zur Herrschaft gekommen, er fann sich in der Ausübung seiner Gewalt ist nicht mehr noch tonfurrenzfähig erhalten, doch wird durch Sölle nur durch Gewalt halten. Das System muß möglich. Das ist ungefähr die Gejezzgebung, die Ausbeutung der Arbeiterschaft immer mehr Spiritussteuer Zuckersteuer stets neues Blut vergießen und verstärkte in die der Zarismus zu seiner Erhaltung an- der innere Markt zerstört. Die Verarmung der quisitorische Maßnahmen treffen. Jetzt ist wendete. Wie der Prozeß gegen die Mörder Volksmassen greift um sich, alle Brutalität des der Fascismus dabei angelangt, jeden, der Matteottis bewies, stand auch schon bisher das Fascismus hat nicht verhüten können, daß fein Freund seiner Methoden ist, mit schweren Gericht willfährig dem Fascismus zu Diensten, schon jetzt ernste Strijenzeichen wahrnehmbar Strafen, mit Zuchthaus, Zwangsaufenthalt nunmehr fällt auch die letzte Fiffion eines find, fie war nicht instande, auch nur eines der und Entziehung seines Vermögens zu beftra- Rechtsstaates, denn alle dem fajciftischen Re- Probleme des italienischen Staates zu lösen. fen. Mussolinis Ministerrat hat am letzten gime feindlichen Personen werden nicht mehr Es ist ein Vefenntnis feiner Ohnmacht, wenn Freitag Maßnahmen beschlossen, die alle Geg- vor Berufsrichter, sondern vor ein aus Offi- der Fascismus, der Ruhe, Sicherheit und ner des Fascismus außerhalb des Rechtes zieren der fascistischen Miliz zusammengejettes Wohlstand dem Volfe zu bringen versprach. tellten. Die Paßbestimmungen werden anger- Standgericht gestellt werden. Die Sicherung jetzt durch eines seiner Organe verkünden läßt: ordentlich verschärft, wer ohne Paß das Land der staatlichen Ordnung und öffentlichen Ein- Von heute ab muß die Manie aufhören, daß berlassen will, auf den wird geschossen. Alle tracht ist für Mussolini   nur mehr ein polizei- jeder nach seinem Kopfe denken fönne." Das Tageszeitungen und Zeitschriften, die sich nicht liches Problem. Er lebt im ärgsten Irrtunt, italienische Bolt nuß ein für allemal nach dem zum Fascismus bekennen, werden auf unbe- wenn er glaubt, seine Gegner durch noch stär- Geheiß des Fascismus auf das Denken ver­stimmte Zeit verboten. Alle Parteien und fere Gewalt beseitigen zu können. Der Augen- zichten, ber Fascismus kennt kein Recht mehr, Vereinigungen nichtfascistischen Charakters blid muß kommen, wo diese Möglichkeit ein sondern nur seine eigene Erhaltung. werden für aufgelöst erklärt, für politische Ver- Ende findet und dieses Ende ist greifbar nahe. Das also ist der Fascismus, für den die brecher die Todesstrafe eingeführt. Wer eine Großspurig und pathetisch hat Mussolini   Bourgeoisie aller Länder so begeistert schwärmte Tätigkeit ausübt, die den nationalen Inter  - das Jahr 1926 als das napoleonische Jahr des und auch jetzt noch viel Sympathie zeigt. Wenn essen" zuwiderläuft, oder wer eine aufgelöste Fascismus angekündigt, geschwäßig er dieje Begeisterung gegenwärtig etwas abge­Kelar und deutlich zeichnet sich vor unseren Vereinigung wieder ins Leben zu rufen jucht, sein Volk" den herrlichen Zeiten einer neuen flaut ist, so nur deshalb, weil der italienische wird mit Gefängnis bis zu 15 Jahren bestraft. römischen Voltsherrschaft entgegenzuführen Fascismus in bezug auf die Sebung der Augen die Linie, auf welcher sich das geeinigte Seute schon schüßt der Fascismus seine verheißen. Im elften Monat dieses napoleo- Volkswirtschaft alles versprochen hat, aber Bürgertum bewegt, und die Linie, auf welche man vor allem die Arbeiterklasse bringen will. segensreiche Einrichtung vor der Bevölnischen. Jahres ist die außenpolitische, Bilanz nichts zu halten vermochte. Die politische Gent furchtbarster Weise rächt sich jetzt der ver­ferung durch eine Armee von Bewaffneten, des Fascismus noch immer furchtbar tläglich. finnung der Bourgeoisie orientiert sich nach hängnisvolle Irrtum, von dem ein ansehnlicher und wenn sein Abgott durch die Straßen fährt, Seine ursprünglichen Erfolge in Abessinien ihrem Geldjack. Momentan scheint es für die Teil der Wähler befangen war, als er ant steht eine Doppelfront von Fascisten, das Ge- find durch Frankreich   und England entwertet jen nicht fohnend, dem Beispiel Mussolinis 15. November bürgerlich wählte. Das deutsche wehr stich und schußbereit, Spalier, das Ge- worden, der Versuch, von Frankreich   Konzej- nachzueifern. Daß der italienische   Fajcismus Bürgertum denkt nicht im Traume daran, die, licht den Zusehern zugewendet, und jede verfionen in Tunis   oder Syrien   zu bekommen, in dem von ihm beherrschten Lande eine Kri- gegebenen Versprechen einzulösen. Sein Ziel ist, dächtig aussehende Bewegung eines Zuschauers ist gescheitert. Auf dem Balkan   gab es nichts enlage geschaffen hat, die seine Nachahmung das Proletariat vollkommen wehrlos und zum kann diesen durch einen Bajonettstich aus dem zu holen ,, die Errichtung des neuen römischen auch für das Bürgertum nicht gerade anemp- willenlosen Ausbeutungsobjekt zu machen. Auf­italienischen Paradies in eine andere Welt Imperiums ist bis zum Eintritt besserer fehlenswert macht, darf die Arbeiterschaft gabe der organisierten Arbeiterschaft muß es sein, hinüberfördern. Was soll nun noch kommen, Witterung vertagt worden. Innenpolitisch ist nicht sorglos machen. Sie muß erkennen, daß dies bar zu erkennen und alle Vorbereitungen zur Abrechnung mit den Betrügern zu treffen. wenn die neuesten Terrormaßnahmen verja   die Bilanz nicht minder armselig. Nur der nur eine einheitliche Organisation und streng- Der nächste Wahltag muß Zahltag sein. Jenen, gen, wenn sich herausstellt, daß das Leben des grenzenlosen Ausbeutung der Arbeiterschaft ist ste Wachsamkeit die Gefahr des Fascisumus, der die mit Versprechungen famen, muß die Antwort feueren Häuptlings vor der Liebe jeiner ver es zuzuschreiben, daß nicht schon eine furchtbare den Weg des italienischen Proletariats in ein zuteil werden, die sie ob ihres Wortbruches ver­fflavien Untertanen noch immer nicht geschützt Wirtschaftskrise über das Land hereingebrochen Golgatha verwandelt hat, dauernd

ist? Zweifelsohne: das Regime ist am Ende ist. Nur das soziale Dumping hat die italie- fönnen!

bannen dienten.

B. D.

am