Samstag, 5. Feber 1927.

Gesuche um Au schub des Brazenz­Dientes.

Was Affentpflichtige zu tun haben.

Prag  , 4. Feber. Mit Rücksicht auf die bes ginnenden Hauptassentierungen macht das Mini­sterium für nationale Verteidigung auf jene Be­stimmungen des Wehrgesetzes und der Wehrvor­schriften aufmerksam, welche die Einreichung der Gesuche um Aufschub des Präsenzdienstantrittes betreffen. Die genaue Einhaltung dieser Bestimmungen liegt im Interesse der Wehrfähi­gen. Von den in Betracht kommenden Bestim mungen darf nicht abgewichen werden, die ohne Grund verspätet eingereicht werden, müssen abgewiesen werden.

/ Die Wahlen in den Landeskulturrat.

Brotest des fleinen Landvoltes.

Die Reichstagung des kleinen Landvol-| tes, über die wir ausführlich berichtet haben, beschäftigte sich am Sonntag auch mit den hervorstehenden Wahlen in den Landeskul. turrat. Es wurde beschlossen, sich an den Wahlen auf Grund eines veralteten, unge­rechten Wahlrechtes nicht zu beteiligen Außerdem wurde die nachstehende Entschlie Bung angenommen:

schon seit Jahren feine fruchtbare Tätigkeit mehr entfalten, von Vereinen schließlich, deren Schwer­

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Gegen Grippe

wirksamstes Mitte!

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fälligkeit und Interesselosigkeit der Landwirt Stock Brandy Medicinal

Die Häßliche.

schafts- Förderung gegenüber von berufener Stelle schon hinlänglich gekennzeichnet wurde. die höheren. Wir sind nur Stufen. Gott   aber wan­Dieses Wahlrecht basiert auf dem seinerzeit delt." Und Namenlos hielt seine Hände hint, als zur Verfälschung des Volkswillens erfundenen wenn einer darüber schreiten sollte. Wahlmänner- System und verhindert geradezu jede engere Zusammenarbeit der Landeskultur­Die planmäßige Förderung der Landeskultur räte mit der schaffenden Landbevölkerung. Namentos jagte: Ich habe heute ein häßliches Wenn unter solchen Umständen auf Grund Mädchen gefügt. Es hat noch nie einen Stuß auf Gemäß der Bestimmungen der§§ 10 und 16 gehört zu den vornehmsten Aufgaben des neuzeit­des Wehrgesetzes, bezw. des§ 79 der Wehrbor- lichen Saatswesens. Sie ist ein wichtiger Hebel eines erwiesenermaßen inbrauchbaren Systems feinen zu großen Mund bekommen. Es war ganz schriften kann der Aufschub des Antrittes des Prä- zur wirtschaftlichen und technischen Durchdringung die Tätigkeit der Landeskulturräle trop aller trau- erschrocken." Liebst du mich?" fragte es. Ja, ich senzdienstes denjenigen bewilligt werden, die ihre der Landwirtschaft, zur Steigerung ihrer Ertrags- rigen Erfahrungen fortgesetzt werden soll, so fön- liebe deine Liebe", sagt Namentos Was heißt das?" Studien fortsetzen oder sich anderweitig für fähigkeit und damit zur wirtschaftlichen und kultu- nen dafür nicht fachliche, sondern nur pariei fragte die Häßliche. Ich weiß, daß du einmal politische Gründe maßgebend sein. Die Reichs- einen schönen jungen Menschen geliebt hast und einen bestimmten Beruf vorbereiten( z. B. Lehr- rellen Emporhebung der Landbevölkerung. linge), wenn sie durch die Unterbrechung großen Durchdrungen von der hohen Bedeutung der fagung erblick in diesem Vorgang die zielbewußte wünschtest, so schön zu sein, daß er dicht begehrt." Schaden erleiden würden, weiter denjenigen, Landeskulturarbeit gibt die in Prag   versammelte Festsetzung der agrarischen Politik, die darauf hin- Sie errötete. Ich sah, daß ich das Wahre erraten welche besonders berücksichtigungswür- Reichstagung des kleinen Landpolfes als berufene ausgeht, die unteren Schichten der Landbevölfe- hatte. Der bin ich leider nicht. Aber schließe die dige Umstände nachweisen. Vertretung der großen Masse deutscher Slein- vung von jeder öffentlichen rechtlichen Interessen Augen, Mädchen, und denke, er foment zu dir." Den Gesuchen müssen alle Nachweise zuge- bauern, Häusler  , Land- und Forstarbeiter in die vertretung auszuschließen. Sie erhebt schärften Das Mädchen schloß die Augen. Sein häßliches legt werden, welche die Vorlage der Gesuche be- fem Staate ihrem tiefsten Befremden darüber Einspruch gegen diesen reaktionären Anschlag, der Gesicht verklärte sich zu vollkommener Schönheit. Sie gründen, z. B. das Studienzeugnis( Shulbesuchs- Ausdruck, daß trotz jahrelanger Vorbereitungen nur bezweckt, die Landestultur- Einrichtungen, die sah den Liebsten der Jugend nahen, der sie verachtet zeugnis) vom Vorjahre, sowie der Beleg über die feine Reform der veralteten und für die heutigen aus öffentlichen Mitteln, also auch von den Steuer hatte und mit einem hübschen Lärvchen längit un­Fortsetzung der Studien( bei Studenten) oder der Verhältnisse unzulänglichen Landesfulturräte in geldern der kleinen Landwirte, Häusler   und Ar- glücklich ist. Welch Glück wäre die Verzauberung Beleg über die ununterbrochene Vorbereitung für Böhmen   und Mähren  , sowie der Landwirtschaft beiter erhalten werden, einer Gruppe von Agra- der Häßlichen für ihn, die ich nun voll Andacht füßte einen bestimmten Beruf( bei Lehrlingen u. bgl.). Gesellschaft in Schlesien   erfolgt ist, ja, daß fogar riern auszuliefern. Wenn dadurch die Landes G wäre meine schönste Liebe. Wie wenig die Men­Die Gesuche müssen vor der Assentierung, barangegangen wird, diese verknöcherten Einrich- tulturarbeit den Massen des arbeitenden Land- fchen von der Liebe verstehen! und zwar bei der politischen Bezirksverwaltung fungen für unabsehbare Zeit weiter aufrecht zu volles noch mehr entfremdet wird, als dies schon durch die Versäumnis der Vergangenheit geschah, ( dem Bezirksamte oder dem Magistrate) eingereicht erhalten. werden, in deffen Bereich der Gesuchsteller seinen Die Auschreibungen der Landesfulturrats fo trifft hiefür die ganze Schuld die agrarischen wahlen eines geradezu museumsreifen Wahl- Machthaber in diesem Staate, von denen dieser Wer aus irgendwelchen Gründen das Gesuch rechtes, ist ein Schlag ins Gesich für jene breiten neueste Anschlag gegen die Rechte des kleinen nicht bereits vor der Affentierung eingereicht hat, Schichten des Landvolkes, die bisher einer ge­Die fleinen Landwirte und Häusler   werden fann es spätestenz bei der Assent- bührenden Vertretung im Landeskulturrate be- fich ihr Mitbestimmtungsrecht in den Landeskultur tommission, jedoch vor der ärztlichen raubt waren und nun dieser Vertretung auch Organisationen unter keinen Umständen vorent Untersuchung einreichen. Wenn der Gesuch weiterhin verlustig gehen sollen. steller bei der Gesuchsvorlage die notwendigen Belege nicht zur Hand hat, so kann er sie auch motratifchen Grundcharakter der Staatsverfassung Dieses Wahlrecht schaltet entgegen dem de­nach der Aſſentierung vorlegen. Das Gefuch alle Landfrauen von jeder Vertretung im Landes­selber sei es auch ohne Belege muß jedoch unter allen Umständen spätestens bei der Affen- fulturrat aus, obwohl daran lebendige Anteil­tierung vor der ärztlichen Untersuchung einge- nahnte und Mitwirkung vielfach den Erfolg der

dauernden Wohnsiz hat.

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reicht werden.

Nach der Assentierung können Ge­juche und zwar spätestens bis zum Tage des Präsenzdienstantrittes

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nur

Landvolles ausgeht.

Namenlos ist frant.

Namenlos war frant. Er lächelte. ,, Du hast

doch Schmerzen?" Ja", und er lächelte wieder. Weint du, wenn man frank ist, dann ist das Leben wie ein herbstdünn goldle ichtendes Blatt. Jeden Augen­blid fann es niederfallen, und alles ist aus. Aber vorher rinos die kleine stille Erdenwelt spüren, wie sie durch den großen Raum ewiger Zeiten weht,

halten lassen, Sie fordern nachdrücklichst eine neu- ein Blatt im Winde des Himmels das läßt aus bau auf einer demokratischen, nach den Verhält- jo fest und havt daß es sich selbst mit dem hoffärtigen zeitliche Reform der Landeskulturarbeit, deren Auf- tiefster Seele lächeln. Wenn es grünt, dann ist es ni.wahlrecht geschaffenen Volts- Organisation aller 3ch die Welt verstellt... Aber wenn es durchsichtig landwirtschaftlichen Grundbesitzer unter Beibehal- wird, dann wehen die großen Dinge hindurch. Dann tung der bisherigen nationalen Seffionierung. ist nicht mehr das Ich ein Ich, nur noch ein Sein Gegen die von den Agrariern beider Nationen im All. Ein Schein im All. Ein Wein im Aff. Dieses Wahlrecht unterwirst die in rühriger inszenierte Wahlkomödie erheben sie schärften Bro- Wie du willst. Ich bin, berauscht vor Lebensfreude. Fortschrittsarbeit stehenden Fachorganisationen test, fordern die Annullierung der Wahlausschrei. Der Tod ist vielleicht der Abfall des Irrtums Ich der Kleinbauern und Häusler   der brutalen bung für den Landeskulturrat und erklären, daß von der Wahrheit des Ewigen. Es geht bestimmt Majorisierung agrarischer Vereine, die teilweise fie mit allen Mitteln gegen diesen unerhörten aufwärts, wenn man stirbt." nur mehr auf dem Papier existieren, vielfach Volksbetrug ankämpfen werden.

Landeskulturarbeit bedingte.

Namentos.

Anekdoten von Alfred Hein  . Die Schneefloce.

Heiteres.

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Die Presse. Dieb: 3ähl' rasch auf, was wir

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und kennt

dann eingereicht werden, wenn die Umstände, auf die sich der Gesuchssteller in seinem Gesuch stüßt, erst nach der Affentierung eingetreten sind. An­sonsten ist ein derartiges, verspätet eingereichtes Koteletts und Schinken. In mein Fleisch geht ihr Gesuch zwecklos und muß nach den bestehenden Gemüt. Verdammte Zucht in der Bahn, nie­Fleisch ein, ist das nicht ein grausiger Gedanke? geltenden Bestimmungen abgewiesen werden. Werden wir nicht davon auch langsam faul und mand kriegt einen Sitzplay." Pappi, du hast doch Diese Gesuche sind gleichfalls bei der politischen fett? Der Gutsbesitzer lachte ihn als verrüdt aus. einen." Aber deine arme Mutter muß sichn." Bezirksverwaltung( dem Bezirksamt oder Magi­Welch wunderbare junge Mädchen hätten wir viel­strat) einzureichen, in dessen Bereiche der Gesuchs Mein Freund Namenlos bekam eine Schneeflocke leicht, wenn sie sich von Rosen und Schmetterlingen steller seinen dauernden Wohnsitz hat. Dasselbe gilt auch für die Einreichung von Beschwerden auf seine Hand. Sie zerging von seiner Wärme. nährten!" träumte Namenlos weiter. Dann wandte gefaßt haben." Kollege: 3u müde. Lese das in ,, Wasser," sagre er. Ein Stern ward Wasser, wir er sich mit Schaudern von den Tieren, die ihm das den Morgenblättern." gegen abweisende Entscheidungen. Geschwister. Er hält um mich an Die Bestimmungen sind aufmerksam zu bewerben zu Staub, nichts bleibt als diefe ewige Wan- Leben erhielten, ab. Bei den Kälbern traf er auf achten, damit nicht der Termin zur Einreichung berung von Nichts ins Etwas und wieder in Nichts. eines, das schielte. Dat die Mutter anch geschielt?" der Beschwerde versäumt und die Erledigung nicht nur daß ich dies denke, das hängt etvig in der Luft. Der Gutsbesitzer sagte, da hätte er biel zu tun, sich mich erst eine Woche. Stann er mich da lieben?"- verzögert wird. Die Einreichung des Gesuches Wenn ich sage: Liebe Schneeflocke! oder liebe Frau! darum zu kümmern, Hauptsache: Milch und Fleisch. Nur dann!" un Aufschub des Antrittes des Präsenzdienstes es ist immer dasselbe Leuchtende aus dem Jenseits Sehen Sie," sagte Namenlos ,,, wir herrschen über Freunde. Jenkins heiratet seine geschiedene oder einer eventuellen Beschwerde gegen eine ab- in dem Wort. Liebe, das ist der sinnende, der die Tiere und nehmen von ihnen aur, was wir ,, Die haben die Stirn, ein zweites Denn restlos brauchen. Das große ferne Urejen da im All, Frau wieder." weisliche Entscheidung hat keine aufschie- träumende, der sprechende Tod bende Wirkung. Es ist daher jeder, dessen Bergehen ist Tod, ist Liebe. Aber da ich es sage und das man Gott nennt, nimmt auch von uns nur Hochzeitsgeschenk zu erwarten." Gesuch( Beschwerde) bis zum Tage des allgemeinen fühle, erlebe ich es noch. Liebe ist erlebter Tod. Das das, was es brauchen kann: Die Liebe. Vielleicht Fabel. Ein betagter Ford- Wagen, so erzählt Eirrückens der Rekruten nicht erledigt ist, ver- Ich geht in ein anderes Jch, nein, siebt dazwischen ist sie ihm so notwendig als Lebensnahrung, wie pflichtet, rechtzeitig den Präsenzdienst an als Ich= Du, anstatt ins Givige, das ist der einzige Ihnen Milch und Fleisch. Jedes höhere Wesen will man, tam auf einer etwas steilen Landstraße zum vom andern das, worauf das niedere gewöhnlich Stehen. Ein kleines Eselch n kamt von der Weide zutreten. Unterschied. wenig Wert legt. Die Rälber sterben an unserer und es entspann sich folgendes Gespräch: Was bist Verfressenheit, wir sterben an der Liebe des großen du denn?" fragte dos Gjelchen. Ich bin ein Unbekannten. Nicht wir steigen zur Vollkommen Automobil." Ach", sagte das Gielchen ,,, wirlich?" ,, Natrlich." Das Eselchen holte tief Atem. heit, sondern das Leben steigt ins All hinauf aus den niederen Sphären der Tiere und Menschen in Ich bin ein Pferd!"

Eventuelle Gesuche um die Erlaubnis, die Entscheidung über ein eingereichtes Gefuch( eine Beschwerde) im bürgerlichen Verhältnisse abwar­ten zu dürfen, sind zwecklos, da ihnen nicht Folge gegeben werden kann.

Belgisches Land.

I.

Mit seinen rund acht Millionen Einwohnern gehört Belgien   zwar zu den europäischen   Kleinstaaten, doch trok seiner Kleinheit beansprucht es im hohen Maße das Interesse jener, die mit Sinn für Kultur und Geschichte begabt sind, wie es auch start jene fejjelt, die das Land als Wirtschaftskörper betrachten. Denn Belgien   hat eine für seine Kleinheit bedeutende In dustrie, der Handel, der namentlich im 16. Jahrhun­dert zu höchster Blüte gelangte, ist auch gegenwärtig außerordentlich lebhaft und das belgische Gewerbe, das kostbare Perlen tüchtigen und kunstsinnigen Handwerkerschaffens aus vergangenen Jahrhunder­ten überliefert hat, blüht heute noch.

Das Land ist in neun Provinzen geteilt: Ant­ werpen  , Brabant  , die beiden flandrischen Provinzen Lft und Westflandern  , Hennegau  , Lüttich  , Limburg  , Namur   und Belgisch- Luxemburg  . 3wei Volksstämme bewohnen das Land: die germanischen Flamen und die romanischen Wallonen, durch eine ziem­lich scharfe Grenzscheide getrennt, die in fast gerader Linie von der Höhe von Dünkirchen   nach Osten bis gegen Maastricht   verläuft. Die nördlichen Gebiete sind flamisch, die jüdlichen wallonisch. Aber ob auch Rasse und Sprache das Volk in, zwei Teile scheidet, so hindert die Sprachgrenze doch nicht, daß Sitte und Blut fich dauernd mischen. Immerhin ist das Verhältnis zwischen beiden Nationen kein ganz un getrübtes, die Sprachenfr age ist ein Gegen stand immer wiederkehrender Differenzen. Die Staatsiache ist französisch, sie wird in der Schule, in der Aumee, im öffentlichen Verkehr, in der gro­Ben Presse und in der wissenschaftlichen Literatur benügt, im Norden Anfündigungen, Straßentafeln usw zweisprachigen Tegt haben. Man kann Belgien   von verschiedenen Gesichts­

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/ Gang durch die Ställe. Namenlos ging mit einem Gutsbesizer durch dessen Ställe. Bei den Schweinen blieb er beson ders lange. Das sind nun die Tiere aus Wurst,

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punkten aus bereisen. Wir wollen zunächst einmal| Brüssel  , dieser als Weltstadt nicht überragende Ort| das Belgien   der schönen Städte, der großartigen der großartigen man stefft es sich in der Phantasie viel eleganter Bauwerke, den Stätten einer Stultur, die einem vor, als es ist als Sammlung architektonischer Reichtum entsprangen, der ein fruchtbarer Boden und anderer Kunst aber einfach blendend. Das größte für All das war, was über die täglichen Lebensbe­dürfnisse hinausgeht, betrachten. Denn Belgien  ist vor allem groß durch seine Kunst. Diese Kunst ist überwältigend durch ihre Größe, durch die Wucht des Gestaltungswillens, der in ihr zum Aus­druck kommt, einerlei, ob man an die oft märchen­haft schönen Bauwerke denkt, die, so sehr sie dem ein­zelnen ringenden Talent, Raum ließen, sich zu ent­falten, dennoch Zeugnis von einem glühenden Kol­lektivwillen ablegen, oder ob man bewundernd vor den Bildern steht, die der einzelne Künstler geschaf­fen. Hier haben die Brüder van Eyd geleht, hier schafften die Brüder Broughel, hier hat Rem­ brandt   seine unsterblichen Bilder gemalt, hier schwelgte Rubens in seinen Farbenräuschen und viele, viele andere, die befruchtet von der starten Sinnlichkeit des niederländischen Lebens die Kraft quelle des eigenen fünstlerischen Seins ausströmen ließen in ewig jungen, herrlichen Werken.

Ueber diese Kunst sind viele Striege hinwegge­gangen. Kaum ein Land hat je solche Lasten getra­gen wie Belgien  . Was Kriege nur zerstören fonn­ten, das geschah und auch im legten Weltkrieg hat die deutsche Soldateska über Befehl ihrer Vorgesetzten furchtbar unter den Kunstschäßen gehaust, die tran rigen Ueberreste ehemals berühmter Werke stehen als Zeichen finnloser Zerstörung und als furchtbare An­lage da. Aber immer noch erscheint das Land un­ausschöpfbar an Schönheit. Und wo immer im Wer den der Zeit Kunst und Kultur Geltung bejizen, dort wird Belgien   mit Begeisterung genannt werden. Deshalb aber ist eine Reise durch die belgischen Städte eine Quelle ungetrübten Genusses, wenn man sich einmal an die allzeit sichtbaren Spuren der deutschen Besetzung und der daraus erwachsenden Antipathie gegen die Deutschen   gewöhnt hat. Da ist

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Herrlich wieder die Kathedrale der heiligen Gudula  , St. Gadule, ein Bauwerk, das in der früh­gotischen Periode begonnen, deutlich den Einfluß der deutschen Goti! erweist, die gerade in Belgien  Wunder Brüssels   ist wohl der Marktplatz, der in zuerst in die französische gotische Bauweise eindrang. seiner künstlerischen Geschlossenheit, unberührt vom Diese gewaltigen, religiösen Bauten laffen es immer Verkehr der elektrischen Straßenbahn, mit Recht als wieder verstehen, daß die Masse von diesem Myste einer der schönsten Plätze der Welt gilt. Es ist ein rium hingerissen wird. Wann werden wir unsere Platz, der auch der Geschichte angehört: 1568 wurden Voltshäuser haben, die ähnlich sind, keine Wirts hier 25 niederländische Edelleute, unter ihnen Egmont häuser, sondern Ort der Feier des heiligen gemein­und Hoorn auf Befehl des Herzogs Alba hingerich- famen Bieles? ter. Es ist eine mutige Feststellung, welche das frü- Die Boulevards, nun, sie sind ärmer als jene here Brothaus, das heutige Haus des Königs" in von Paris   und auch das ganze Leben ist es Man Erinnerung an diese Bluttat trägt: daß die Ent- merkt immer noch den dumpfen Druck, den die haupteten als Opfer der Unduldsamkeit der katho- deutsche Besetzung hinterließ. Das sind die Quellen lischen Kirche fielen. Vielleicht mag auch daher ein des Fremdenhasses, der einen unserer Kollegen es großer Teil des Gegensatzes zwischen Flamen und erleben ließ, daß er, der nicht französisch konnte und Wallonen rühren., Gegenüber dem ,, Maison du Roi" m einem Boulevard- Café ein Glas Bier bestellte, das Rathaus, wohl das schönste in ganz Belgien   vom entrüsteten Wirt aus dem Lokal gewiesen vielleicht außer jenent von Löwen- gotisch firad aufsteigend bis zu seinent 90 Meter hohen Turm, ein Wunderwerk von Filigranarbeit in den Säulen und Nischen. Entzücken müssen die Zunsthäuser jeden, der wachen Sinnes hier verweilt. Malerische Giebel, merkwürdige Zunftzeichen, vergoldete Fassa­den, das wirkt in Verbindung mit dem mächtigen flämischen Haus", welches eine ganze Schmalfeite des Playes ausfüllt und mit seinem Flachbogen von beruhigender Schönheit ist, derart überwältigend, daß man bei längerem Aufenthalt immer aufs neue su diesem Platz zurückkehrt.

wurde, weil man für les Allemands" kein Bier habe. Aber man möge sich beruhigen: wir fanden auch am Boulevard vortreffliche Kleine Seneipen, Roterien, wo man sich selbst roh aussucht, was man gebraten wünscht und es vor den eigenen Augen auch gebraten bekommt, wo der Wirt ausnehmend höflich ist und dort selbst anfängt deutsch   zu spre­chen, wenn er merkt, daß es dem Gast angenehm ist.

Das Schönste an und in Brüssel   sind aber doch die großen Parks, die sich rings um die Stadt deh­nen. Da ist Laken, da ist der große Part von Uccle  , dem Ort, wo die Sommerschule des JGB Etwas bombastisch wirkt der Justizpalast, stattfand. Wir erlebten eben da eine Art Sommer­als das größte Gebäude Europas   bezeichnet, fünfmal nachtsfest, der Nationalfeiertag und da war nun größer, als es den Justizbedürfnissen Brüssels   ent- wahrhaftig das belgische Volt so liebenswert wie je Sprechen würde. Man war aber nicht einlich und das französische. Diese Ursprünglichkeit der Freude wollte dem Baumeister Gelegenheit geben, seine wird man so bald nicht wiederfinden. Aber eben Tatkraft zu entfalten. So entstand ein riesenhaftes deshalb erscheint rückschauend das, was das impe­Gebäude, dessen Baukosten sich auf 14 Millionen rialistische und monarchistische Deutschland   au Bel­Franks beliefen und das nun das gesamte Stadtbild gien verbrach, als ein durch nichts wieder gutzuma­Brüssels krönt. chender Greuel. J. B.