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Br. 272. 15. Jahrgang. 2. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonntag, 20. November 1898.

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Die Unfreiheit der Presse in Rußland. geschriebenen drei Verwarnungen unterdrückt wurde! Selbst die nehmen umbekümmert barum ihren Gang. Weise russische Marristen das Wort führten, ohne die gefeßlich vor ihm beliebt, an den Rand der Aften notiren, die Staatsgeschäfte besten Beziehungen schützen nicht vor der absoluten Willkür der Als Alexander III. ernstlich erkrankte und dies nicht weiter ver Wenn man von Puschkin absieht, haben alle russischen Dichter- russischen Zensurbehörden, wurde doch unlängst die Peterburgstija heimlicht werden konnte, traf der Minister des Jnnern sofort die Ver herren und Schriftsteller, deren Namen Gemeingut der gebildeten jedomosti" gemaßregelt, obgleich ihr Besizer und Chefredakteur fügung, daß in den Zeitungen und Journalen nicht nur keine Welt sind, schwer unter der Zensur gelitten, so Lermontoff, der Fürst Uchtomstij ein Jugendfreund und Reisegefährte des Artikel über den Krankheitszustand außer Bulletins- gedruckt Tschornischewsky, Tolstoi, Bilinsky, Turgenjew , Dostojewski , Selbstherrschers aller Neußen ist, ein Mann, dem auch heute noch werden dürfen, sondern auch keine Artikel anderer Art über dasselbe Uspenski, Gogol , Schtschedrin. Unvergleichlich brutaler als gegen die intimsten Beziehungen zum Baren nachgesagt werden, der noch Thema, ja nicht einmal über die für den Baren abgehaltenen die Dichter und Gelehrten war und ist noch und dürfte vor kurzem, vielleicht heute noch, Privatsekretär des Kaisers ist. Litaneien"( Birtular vom 18. Januar 1894). Diese Verfügung ist auf absehbare Zeit bleiben das Unterdrückungs System, Man kann das Wort: Nenne mir Deine Freunde und ich werde noch einige Male wiederholt worden( am 21. September und am das die Zenfur gegen die Tagespresse anwendet. Dieses Dir sagen, wer Du bist", dahin variiren: Beige mir Deine Presse 14. Oktober), bis endlich der Zar verstarb. System wirkt doppelt, direkt und indirekt. Direkt durch die Präventiv- und ich werde Dein Land beurtheilen". Die russische Presse ist Die Zensur erstreckt ihre Achtung vor der Krone auch auf die zenjur, dann durch zahllose Verbote, Ermahnungen, Strafandrohungen, neben der türkischen und serbischen die unfreieste und am meisten ausländischen Monarchen, wenigstens soweit sie sich mehr oder Verwarnungen, administrative Verfügungen, zeitweise Unterdrückungen, geknebelte Europa's . Es ist das Verdienst eines genauen Sach- minder den Baren zum Vorbild auserforen haben. Unter Alexander III. Untersagung des Einzelverkaufes, der Inseratenaufnahme, gänzliches kenners der russischen Preßzustände, daß er durch eine auf Aften- genoß der türkische Sultan ihren besonderen Schutz. Am Verbot der Zeitungen, Nichtgewährung von Konzeffionen zur material beruhende Darstellung in einer angesehenen deutschen 10. Oftober 1888 mußten die Redakteure einen Revers unterschreiben, Gründung von Zeitungen, Aufzwingung von Polizeifpigeln als Beitschrift") die Russischen Zensurverhältnisse" Redakteure, Verbot der Aufnahme von Artikeln bestimmter Ber - wart für das europäische Publikum beleuchtet. Gegen- daß fie in der Presse keine Aeußerungen, durch welche die Ehre Wir wollen des türkischen Sultans angetastet wird", zulassen würden. Nach fonen und der Anstellung mißliebiger Personen als Redakteure. Diese aus dieser bedeutungsvollen Arbeit, deren Studium wir allen fünf Jahren wurden, da originelle wie auch den ausländischen direkte Einwirkung der russischen Zensurbehörden hat zur Folge, daß empfehlen, die sich für Rußland intereffiren, einiges hervorheben. Preßorganen entnommene Artikel, in denen der Sultan Abdul Hamid die kapitalistisch interessirten Verleger, Druder und auch die Redat- Wir betonen, daß wir dies aufs geradewohl thun, denn die Arbeit lächerlich gemacht wird, von neuem zu erscheinen beginnen," die tionen, von ganz wenigen rühmlichen Ausnahmen abgesehen, ein enthält von der ersten bis zur letzten Zeile die horrendesten Dinge. Redaktionen darauf aufmerksam gemacht, daß die frühere Verfügung überaus engherziges System der Selbstzensur anwenden, damit nicht eines der vielen Machtmittel der Preßbehörden gegen ihre Unter- über die russische Presse anführen. Wir wollen vorerst die wichtigsten gefeßlichen Bestimmungen ihre Giltigkeit nicht verloren habe. nehmungen angewandt werde, so daß noch so manches offene und freie Wort, das unter gewissen Umständen gejagt werden könnte, von den Besitzern der Zeitung selbst unterdrückt wird.

Auslandes

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Am 4. April 1896 wurde infolge von dreisten Angriffen gegent sich einer unangebrachten Polemik zu enthalten"- wiederum unter den deutschen Thronfolger" den Zeitschriften vorgeschrieben, Bedrohung mit Bestrafung.

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Wenn aus Erwägungen der Regierung eine Veröffentlichung oder Der§ 140 des Gesetzes über die Zensur und Presse besagt: eine Besprechung irgend einer Angelegenheit von Staatsbedeutung Nichts wird von der russischen Bureaukratie mehr gefürchtet als in der Preise im Verlauf einiger Zeit für unangebracht be- Noch im Jahre 1879 erfolgte das Verbot, stenographische Be­das freie Wort, als das Erweden einer öffentlichen Meinung, deren funden wird, so werden die Redakteure der Preßorgane, die teiner richte über politische Prozesse vor ihrem Erscheinen im Regierungs Sprachrohr die Presse ist. Wir glauben, daß von Nicolaus I. Präventivzenfur unterworfen sind, auf grund einer Verfügung des boten" zu bringen. Im Jahre 1882 verbot die Regierung unbedingt, das Wort stammt, sechs unabhängige Zeitungsschreiber find Rußland Minifters des Innern von der Oberverwaltung in Breßangelegen- jedwede Mittheilungen über politische Verbrecher zum Abdruck gefährlicher als eine feindliche Großmacht. Für Rußland freilich heiten davon benachrichtigt." Die§§ 154 bis 156 geben dem zu bringen. Von dieser Zeit an verliefen die politischen Prozesse wäre eine freie unabhängige, ehrliche Presse der Hebel zur geistigen Minister des Innern das Recht, nach seinem persönlichen Gutdünten unter einem vollständigen Stillschweigen der Presse. Aber selbst und materiellen Entwickelung. Der russische Despotismus aber hat der Zenfur unterworfene periodische Preßorgane für ihre schädliche bloße Andeutungen über die Möglichkeit eines politischen Kampfes nichts mehr zu fürchten als die Konstatirung der Korruption in allen Richtung auf acht Monate zu unterdrücken und das Abdrucken von in Rußland erscheinen der Regierung gefährlich. Als im Jahre 1889 Zweigen der Verwaltung, als die Enthüllung der Praktiken des Betrachtungen über die Unvollkommenheit der russischen Gesetzgebung, in der russischen Presse eine Mittheilung über die Explosion einer schmachvollen, voltsfeindlichen Regierungssystems. Verwaltung und Justiz auf immer zu verbieten. Preßorgane, die Dynamitbombe in Zürich erschienen war, wurde die Veröffentlichung Während die russische Regierung die Presse im eigenen Lande der Zensur nicht unterworfen sind, können für Nichterfüllung der ihnen solcher Nachrichten für unpassend" befunden und eine derartige in der raffinirtesten Weise in der Entwickelung hemmt, ihr den auf grund des§ 140 zugegangenen Vorschriften auf 3 Monate unterdrückt Publikation für die Zukunft verboten. Mund zubindet, ja sie, soweit es angeht, unterdrückt, ist die im und den periodischen Preßorganen kann für die Dauer von zwei bis acht Merkwürdig ist, daß die Thätigkeit der höchsten staats Dienste der russischen Machthaber stehende Presse des Jahren das Recht entzogen werden, Anzeigen zu drucken. In lichen Institutionen Rußlands der Presse gegenüber ähnlich nicht zulezt die deutsche eifrigfte Breßorganen, die der Zensur unterworfen sind, bedecken die Zensoren gestellt ist, wie die Thätigkeit der sogenannten Staatsverbrecher. bemüht, die Zustände im Barenreiche rosig zu schildern alles das mit Druckerschwärze, was auf grund ihrer eigenen Er- So erging an die Prozeßorgane eine Borschrift unter Bedrohung die abweichenden Darstellungen zu diskreditiren und den Glauben zu wägungen sowie der der Regierung fich für die Veröffentlichung mit administrativen Strafmaßnahmen, nichts zu drucken über die erwecken, als ob Rußland auf liberalen Bahnen wandle. Besonders nicht eignet. Bücher von weniger als zehn Druckbogen unterliegen Debatten im Staatsrath, da eine Veröffentlichung solcher Debatten seit dem letzten garenwechsel ist man aufs eifrigste bemüht, diese der Präventivzenjur und sind folglich derselben Willkür des den Vorschriften des Gesetzes widerspricht und mit einer Achtung Meinung zu verbreiten. Die unabhängige Presse ist leider auch Bensors, der mit geheimen Instruktionen versehen ist, unterworfen. gegenüber den höchsten Staatsinstitutionen unvereinbar ist." Mit dann, wenn sie Korrespondenten in Petersburg oder. ein außer Infolge dessen ist in Rußland eine Broschürenliteratur über die derselben Motivirung wurde diese Verfügung im Jahre 1895 ordentlich seltener Fall noch in einer und der anderen russischen Fragen des öffentlichen Lebens ganz unmöglich. Bücher endlich wiederholt. Stadt besigt, selten in der Lage, die Wahrheit über Rußland zu von zehn oder mehr Druckbogen, die in den beiden Haupt- Die Angelegenheiten des unter Alexander III. begründeten und berbreiten, denn nirgends ist es, von der Türkei abgesehen, städten erscheinen, unterliegen zwar vor ihrer Drucklegung teiner unter seinem Nachfolger fortbestehenden Komitees der Sibirischen dem Korrespondenten, der feine Unabhängigkeit bewahren, Präventivzensur, müssen jedoch vor ihrem Erscheinen auf dem Eisenbahn, das unter dem Vorsitz des Thronfolgers des gegen sich nicht in Abhängigkeit bon den Ministerien bringen Büchermarkt von der Zensur durchgesehen und können von ihr wärtigen Raisers tagte und anderen Regierungsinstitutionen laffen will, und der nicht Zehntausende für Bestechungen aus fonfiszirt werden, so daß auch in diesen Fällen den unpassenden gegenüber fast ganz unabhängig gestellt war, wurden gleichfalls der geben will oder kann, schwerer, offen und ehrlich seine journalistische Nachrichten" der Weg zu der russischen Lesewelt vollständig versperrt öffentlichen Besprechung zum größten Theil entzogen. Pflicht zu erfüllen, als gerade in Rußland . Die jest im Auslande wird. In der Provinzpresse ist feine, selbst nicht die be erscheinenden russischen revolutionären Zeitungen befizen weder die Der 8ar mit feinen zahllosen Verwandten be- scheidenste Kritik der Handlungsweise der lokalen Administration Autorität noch die Verbindungen der Glocke" von Alexander Herzen , findet sich ganz besonders unter der wachsamen Vormundschaft der möglich, und die empörendsten Dinge können nicht nur ohne einen sie sind ihrer Mehrzahl nach agitatorisch gehalten und haben bei Zensur. Es ist dies in der That eine Vormundschaft und nicht blos Protest geschehen, sondern ohne überhaupt einen Widerhall in der geringem Umfange und seltenem Erscheinen so mannigfache Aufgaben, ein Schutz. Die Zensur schüßt nicht nur den Kaiser gegen eine Un- Presse zu finden. Nicht geinig damit: einzelne Gouverneure be­daß sie wohl hie und da eine werthvolle Mittheilung über russische Höflichkeit seitens der Presse, sondern sie schützt auch die Presse gegen schränken sich nicht auf eine Untersagung der Kritik über die An­Verhältnisse bringen, aber kein Spiegelbild der russischen Verwaltung ein überflüssiges Vertrauen in die Worte und die Handlungen des gelegenheiten ihres eigenen Gouvernements, sondern sie sehen sich bieten fönnen. So konnte der Glaube entstehen, daß die russische Presse Selbstherrschers. Schon durch das Gesez wird vorgeschrieben, daß in jüngster Zeit immer häufiger in Verbindung mit den Behörden heute nicht mehr unter dem schweren Drucke leidet wie in den letzten Breßerzeugnisse, in denen Handlungen persönlichen Charakters des anderer Gouvernements, denen sie die Artikel, die auf ihre Gegend Jahren Alexander II. und unter der Regierung Alexander III. Staisers oder seiner Verwandten beschrieben oder die von ihnen ge- bezug haben, vor der Ertheilung der Druckgenehmigung zur Durch Gerade in diejen Tagen erfuhr man freilich, daß die verbreitetste brauchten Redewendungen mitgetheilt werden, nicht anders gedruckt sicht zusenden. Diese gegenseitigen Freundschaftsdienste werden noch große Beitung Rußlands , die Nowoje Wremja", ein Blatt, das werden dürfen, als mit Genehmigung des Ministers des Hofes(§ 78 befestigt und gekrönt durch Zirkulare der Oberverwaltung für Preß­aufs eifrigste bemüht ist, die Intereffen der Regierung zu vertreten, des Zenfur- und Preßgefeßes). Es ist Thatsache, daß, als Mikolaus II. angelegenheiten. Diese Zirkulare streben das Biel an, die gesammte deffen Befizer lediglich vom Gesichtspunkte der reinen Profitmacherei in den ersten Jahren seiner Regierungszeit auf den Berichten der administrative Thätigkeit der Kontrolle der öffentlichen Meinung, die geleitet sind, schwer gemaßregelt wurde, indem dem Blatte der Gouverneure über neue Schulbauten erfreulich"," trostreich", an- durch die Presse geübt wird, vollständig zu entziehen. Einzelne Einzelverkauf verboten wurde. Wenn ein Blatt dieser Art, ein offiziöses genehm" und andere Worte niederschrieb, der Presse verboten wurde. Episoden einer solchen Mundtodtmachung der Presse durch die Be­Organ verschiedener Ministerien, von einer Maßregel dieser Art in Betrachtungen über die Volksbildung auf diese allerhöchsten mühungen der Zensur wirken direkt lächerlich. nicht berschont bleibt, wie müssen da erst anständige Notizen bezug zu nehmen. Der Selbstherrscher mag also, soviel Blätter behandelt werden! Kann man fich dann da wundern, wenn die Revue Nowoje Slowo", in der in gemäßigtester

*) Preußische Jahrbücher, Band 94, Seft 2.

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( Schluß folgt.)

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