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7. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Brüchiger Beton.

Das stolze Wort eines Koalitionsfeld­herrn, daß die heutige Regierungsmehrheit auf Beton begründet sei, wird man fünftig nur mit starker Einschränkung gelten lassen dürfen. Es gibt nämlich je nach dem Mischungsver­hältnis zwischen Sand und Zement guten und schlechten Beton; solchen, an dem der schärfste Meißel zerspringt und anderen, der unter den Fingern zerbröckelt. Das Beton­fundament der herrschenden Bürgermehrheit scheint aus einer mageren Mischung zusammen­gesetzt, denn sonst könnten die Koalitionsbau­meister nicht bei jedem Windstoß vor dem Ein­sturz des Gebäudes zittern.

Sonntag, 7. August 1927.

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Nr. 184.

Bombenattentate in Amerita.

Zwei Untergrundbahnhöfe im New Yorker Zentrum zerstört.- Der Der Broadway verwüstet. Weitere Attentate in Philadelphia und Baltimore . Die Rache der Anarchisten. - New

York, 6. August. Heute kurz vor Mitternacht ereigneten sich in vier New Yorker Untergrundbahnhöfen, und zwar im Stadtzentrum zwischen der 23. und 33. Straße, Bom= benexplosionen. Die Explosion an der 28. Straße war so heftig, daß am Broadway die Fenster in sechs Häuserblocks zertrümmert und in den nahegelegenen großen Hotels viele Per­sonen aus den Stühlen geworfen wurden. Auf den Untergrundbahnhöfen wurden einige Per­jonen verleßt. Einige von ihnen haben schwere Verletzungen davongetragen. In den wegen der Explosion angehaltenen Zügen brach eine Panik aus. Baltimore

, 6. August. Hier ist heute früh der Versuch gemacht worden, das Haus des Bürgermeisters durch eine Bombe in die Lust zu sprengen. Während sich der Bürgermeister gerade außerhalb der Stadt aushielt, befanden sich seine Gattin, seine Kinder und andere An­gehörige im Hause. Die Bombe explodierte in der Nähe der Beranda, die zerstört wurde. Verletzt wurde niemand. New

York, 6. August. Als sich die Aufregung über die Explosionen auf der Unter­grundbahn gelegt hatte, tras hier aus Philadelphia die Meldung von einer neuen furchtbaren Explosion ein. Dort hat ein unbekannter Tät er um Mitternacht eine Bombe in das Keller­geschoß einer Kirche geworfen. Die Bombe hat sämtliche Kirchenfenster zerstört, ein Loch in die Grundmauern der Kirche gerissen und einen B and verursacht, der indessen bald gelöscht wer­den konnte. Die Explosion rief in dem vornehmen Wohnviertel, in dem die Kirche gelegen ist, große Bestürzung hervor.

Anschlag gegen die Wohnung Fullers. Paris

, 6. August. Wie der ,, Matin" aus New York meldet, hat die Bostoner Polizei eine junge Frau in dem Augenblice verhaftet, in welchem sie die Mauer der Wohnung des Gouverneurs Fuller, welche sie in Brand steden wollte, mit Petroleum übergossen hat.

Einzelheiten.

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-

In der Nähe der St. Patricks- Kathedrale wurde ein Mann, der sich verdächtig benommen haben soll, von der Kriminalpolizei verhaftet. Eine Untersuchung gegen ihn wurde eingeleitet. Er hat zugegeben, Anarchist zu sein, bestritt jedoch, in die Explosionsangelegenheit verwickelt zu sein. New

York, 6. August. Das Attentat gegen die Presbyterianerkirche in Philadelphia ist zwei­fellos darauf zurückzuführen, daß der Geistliche am leßten Sonntag über den Fall Sacco und Bau­zetti predigte und den großen Radikalismus" in scharfen Worten verurteilte." In Boston sind bis­her feine Explosionen erfolgt, doch hat ein Chauf feur am Montag abends der Polizei eine Anzahl von Dynamitpatronen übergeben, die er im Auto gefunden habe.

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Mobilisierung der Polizei.

In den verflossenen Tagen haben wir schwere Angst ausbrüche der Re­gierungspolitiker um das teuere Le­ben der Bürgerfoalition erlebt. Der Vorsit­zende der tschechischen Sozialdemokratie, Ge­nosse ampl, hat nämlich einem ausländi­ichen Zeitungsmann gegenüber die Meinung vertreten, daß die deutsch - tschechische Bürger­mehrheit nicht bis zum jüngsten Tage regie­ren werde, und daß sie beizeiten wieder von New York, 6. August. Die gesamten Po­einer anderen Parteienkonstellation abgelöst lizeikräfte in Stärke von 14.000 Mann sind heute werden könnte. Diese Aeußerung wurde vom tschechischen wie vom deutschen Bürgertum über früh plößlich zum Schuß der öffentlichen Ge­bäude, Bahnstationen, Museen und Börsen mo­Gebühr aufgebauscht und bildet für die Zeit bilisiert worden. Aehnliche Vorsichtsmaß­der Hundstage einen ausgiebigen Diskussions­nahmen wurden auch in anderen Städten er­stoff in der Presse. Die deutschen Aktivisten­griffen. blätter läuteten Sturm gegen die angeblich be­Obwohl vielfach die Vermutung geäußert vorstehende Sozialisteninvasion auf die Mini­wird, daß die beiden Bombenanschläge auf die sterbänke, Kramarsch überwand seine alte Ab­daß sich die Besucher von Theatervorstellungen Untergrundbahn als Protest gegen die Ver­und sonstigen Darbietungen noch nicht auf dem urteilung Saccos und Vanzettis aufzufassen sind, neigung gegen deutsche Interviews und be­jchwor in der Reichenberger Zeitung " seine New York, 6. August. Die Polizei teilt mit: Heimwege befanden. Am meisten hat der hat sich die Polizei ihrerseits noch nicht über die Broadway gelitten, wo die Fenster der mutmaßlichen Motive der Anschläge geäußert. nichtslawischen" Mitbürger, in den kapitalisti- Infolge der Hestigkeit der Explosion in dem Un- Häuser zerstört wurden und die Auslagen auf die Der einzige Anhaltspunkt, der sich in den Händen tergrundbahnhof an der Kreuzung der 28. Straße ichen Belangen mit ihm weiter Schulter an und Tourth Avenue wurden anfänglich vier Straße geſchleudert wurden. Die Polizei umstellte der Polizei befindet, ist eine kleine Eiſentiste, an Schulter zu streiten, das Abendblatt der Na- Explosionen vermutet. Es ereigneten sich jedoch sofort die in Mitleidenschaft gezogenen Häuſervier- der noch starker Nitroglyzeringeruch bemerk­rodni Liſty" erhob händeringend die Frage, nur zwei Explosionen, bei denen mindestens eine tel und suchte nach Verdächtigen. was aus dem tschechischen Nationalstaat wer- Person getötet und über zwölf verletzt wurden. station Broadway, 28. Straße, war so groß, daß Die Gewalt der Explosion auf der Tiefbahn­den solle, wenn so radikale und angriffslustige Die Vermutung, daß sich noch weitere Explosionen eine 15 Zoll dide Betonmauer gesprengt wurde, Auch in Argentinien Bomben. Deutschnationale, wie es die deutschen Sozial- ereignet hätten, wurde auch durch die allge- deren Trümmer die vier Bahngeleise der Strede Buenos Aires , 6. August. Die Be­demokraten sind, Einfluß auf die Staatsange- meine Verwirrung und Panik ver- verschütteten. Die Wiederaufnahme des Bahn- richte über den Verlauf des Generalstreiks zur legenheiten erhalten würden"- furzum At- ursacht, die noch dadurch vermehrt wurde, daß in betriebes ist nur nach Wegräumung der etwa 5 Sympathie für Sacco und Vanzetti sprechen von oeſchäftsgebäuden die Einbruchs- betragenden Schuttmenge möglich. Durch Gewaltakten aus dem Innern des Landes. tivisten halt's ent z'jamm"! schallte alarmgloden durch die Erschütterung in Tätigkeit die Explosionen wurde nicht nur der Üntergrund In Pergamino , in der Provinz Buenos Aires , es gleichzeitig durch die Prager und Reichen- gefeßt wurden. berger Gassen. bahnverkehr unterbrochen, sondern auch der Stra- wurde eine Bombe vor ein Automobilgeschäft ßenbahnverkehr. Der Broadway war in der Nähe geworfen. Die Schaufenster wurden zertrüm­Bei dieser Gelegenheit joh man erst, wie New York, 6. August. Zwei Stationen an der Explosionsstelle mit Glassplittern und mit mert. Eine weitere Bombe wurde. auf eine Eisen­unsicher sich die Bourgeoisie troß ihres inter - der Hauptstrecke der Untergrundbahn sind durch Waren bedeckt. Sieben Personen wurden ver- bahnstrecke geschleudert, richtete jedoch nur unbe­nationalen Bündnisses auf dem Throne fühlt die Bombenanschläge vollständig zerstört worden. leßt. Die Polizei nahm Absperrungen vor, um deutenden Schaden an. In den Straßen fanden und wie sie bei dem bloßen Gedanken an den Daß sich verhältnismäßig wenig Unfälle zugetra- Plünderungen der in Mitleidenschaft gezogenen Demonstrationen statt. Die Ladenbefizer wur­Verlust ihrer heutigen Machtpositionen von gen haben, ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, Läden und Banten zu verhüten. den gezwungen, ihre Läden zu schließen. den Fraisen geschüttelt wird. Und besonders 000

bar ist.

die deutschen Aktivisten denken mit Schrecken in der Bevölkerung immer mehr ausdes sozialistischen Abrechnungs| parteien entspringt ja nicht zuletzt dem Be­an das Ende ihrer Miniſterherrlichkeit. Sie Bodenverlieren. Das gilt in Sonder- kampfes gegen die Bürgermehr- wußtsein der schmalen Begrenzung ihrer Herr­erblassen bei der bloßen Vorstellung, daß sie heit für die deutschen Regierungsparteien, die heit die Umgestaltung der poli- schaftsdauer. Sie wissen ganz genau, daß spä­eines Tages ihre Parteilokomotiven wieder nicht nur die lose gebundenen Mitläuferscharen tischen Machtverhältnisse in der testens nach den nächsten Parlamentswahlen statt mit zerrissenen Programmen und Kohlen- schon längst abgestoßen, sondern auch in den Republik sein muß. Dies um so mehr, die Periode der arbeiterfeindlichen Stonjunk­einfuhrscheinen mit dem Begeisterungsfeuer Stern ihrer Gefolgschaft Zweifel, Mißmut und als das Bürgertum seine heutige Vormachtstel- turgesetzgebung zu Ende sein wird, und daß ihrer Anhänger werden heizen müssen. Und Verwirrung hineingetragen haben. Dem Koa- lung nicht den realen Stärkeverhältnissen, son- dann die Zeit vorbei ist, wo der Bund der was sonst noch auf dem Spiele steht! Exzellenz litionspartner folgjam alle seine Wünsche zu dern einer Reihe von Glücksfällen Landwirte für Agrarzölle und Subventionen Mayr- Harting müßte wahrscheinlich eine Ma- apportieren und dafür außer einigen Klassen verdankt, unter denen wohl der größte die Tat die politischen Kardinalforderungen des ganzen rienbader Sommerresidenz auflassen, sein vorteilen nur Fußtritte und Demütigungen sache ist, daß die Arbeiterklasse durch die un- Volfes verschachern kann, wo die Christlichio­Parteifreund im Senat müßte vielleicht die einzuheimsen, das mögen wohl rüdgratlose glückselige Spaltung politisch mindestens ein zialen für ihre Stifts- und Pfaffeninteressen den deutschen Sozialdemokraten gestohlene Kleber aushalten, das erträgt aber auf die Dauer Drittel des Einflusses verloren hat, der ihr die wirtschaftliche Eriſtenz ihrer Arbeiterwäh­Bizepräsidentenstelle zurückgeben, Herr Bier- feine Partei. Die sozialreaktionäre Politik auf Grund ihrer zahlenmäßigen und wirt- ler feilbieten dürfen und wo sich jeder poten­hut würde auf dem Neuerner Bahnhof nicht der Bürgerregierung trägt dazu bei, immer schaftlichen Stärke gebührt. Besonders kraßzierte Niemand von der Gewerbepartei an die mehr mit Reiterkavalkaden abgeholt, Herr neue Berufsgruppen abzustoßen, die früher ein kommt dies im deutschen Volke zum Vor- sozialpolitischen Errungenschaften des Prole­Spina nicht mehr von weißgekleideten Mäd- ergiebiges Rekrutierungsfeld der Zollmehrheit schein. Es ist ein durchaus unhaltbarer Zu- tariats ungestraft mit Demolierwerkzeugen then bewillkommt und am Ende soll gar die waren. Der Wahlgang, bei dem die Bevöl- stand, daß eine Nation, deren Hauptgeltung heranwagen darf. Haltestelle Nieder- Ebersdorf wieder aufgelas- ferung zum erstenmal ihre Meinung über auf ihrer hohen industriellen Entwicklung be- Die Herrschaftsdauer des arbeiterfeindli­sen werden, die dem Herrn Böhm zuliebe er- Agrarzölle, Kongrua, Rüstungsmilliarden, ruht, in der Politik durch die rückständigsten chen Besitzbürgerblocks abzukürzen und der öffnet wurde. Von den verlorenen Reſtgütern Dienstzeitverlängerung, Lohnsteuer und man- Dorfpolitiker, Zünstler und Pfaffen repräsen Arbeiterklasse wieder zu einer ganz zu schweigen und von den Miniſterroden, ches andere allgemeine befunden wird, kommt tiert wird. Die Sudetendeutſchen sind wirt vollen Sicherung ihrer Eristen z= die dann kein Mensch mehr lesen würde, weil bedenklich näher. Also soll der brave Bürgerschaftlich in erster Linie ein Induſtrievolt, interessen zu verhelfen, ist daa sie eben nur Professorenweisheit wären. und Bauer mit dem Gespenst des sozialistischen der sozialen Schichtung nach vorwiegend ein Ziel unseres Kampfes in allen Wenn's selbst der Kramarsch sagt, muß es Regierungsterrors hinter die aktivistischen Volk von Arbeitern, Angestellten und Klein- ommenden politischen Entschei wahr sein, daß das judetendeutsche Volk mit Parteizäune zurückgescheucht werden. So möch- bauern. Diese naturgegebenen Tatsachen müs- dungen. In welcher Form namentlich wir den zwei aktivistischen. Ministern auch seine ten die Bürgerblockpolitiker die naturnotwensen über furz oder lang wieder in der politi- deutschen Sozialdemokraten die wiedergewon­heiligsten Güter verlieren würde... dige Auseinandersetzung der Klassen der Wäh- schen Machtverteilung zum Ausdruck kommen. nene Macht zur Geltung bringen werden, dar­Nun, so groß die Versuchung ist, das lenschaft als bürgerlich- sozialistisches Fangerl In dem Maße als die deutsche Arbeiterklasse über sollen sich die Gegner vorläufig nicht die Treiben unserer Zollbürger von der heiteren spiel rund um die Ministersessel vorführen! ihre organisatorische und politische Zerrüttung Köpfe zerbrechen. Wir werden auch dann den Seite zu nehmen, so sehr ist es notwendig, die Inzwischen ist von tschechisch- sozialdemo- übemvindet, wird sie wieder als Schicksals Weg finden, den uns das marristische Pro­tieferen Hintergründe dieser Haltung zu durch- kratischer Seite Klargestellt worden, daß die trägerin der Nation zur Geltung gramm vorschreibt, jenen Weg, der in gerader leuchten. Was die Bürgerblockpolitiker mit Kundgebung Sampls keineswegs als Ausdruck kommen und damit wird auch die Episode der Linie zur Befreiung der arbeitenden Mensch­so großer Unruhe erfüllt, ist keineswegs die ge- unbedingter Koalitionsbereitschaft zu werten bürgerlich- aktivistischen Vorherrschaft abge- heit und zum Sturz der kapitalistischen Ord­legentliche Aeußerung eines sozialistischen Par- ist, und wir unterstreichen mit aller Deutlich schlossen sein. nung führt. beiführers, sondern ihre Erkenntnis, daß sie feit die Auffassung, daß das oberste Ziel

Der reaktionäre Eifer der deutschen Zoll­