Mittwoch, 19. Oktober 1927.

Es geht vorwärts!

Die Zahlen sprechen.

Wenn die Statistik der Gemeindewahlergebnisse vom 16. Oltoebr vollständig burchgearbeitet vor­Itegen wird, dürfte es den bürgerlichen Parteien schiver fallen, auch ihren gläubigen Anhängern gegenüber die Fabel von einem Wahlerfolg, einem Halten der Positionen aufrechtzuerhalten. Es wird sich dann zeigen, daß die Sozialdemokratie in einzelnen Gebieten sich wieder der Stärke von 1919 nähert, daß nur die Spaltung Schuld daran trägt, daß die Zahlen von 1919 und 1920 noch nicht wieder erreicht sind. Schon heute zeigen die Vergleichszahlen, soweit sie vorliegen, ein starkes Wachstum der Sozialdemokratie feit 1923 und 1925.

Die Gegner lommen um die Sprache dieser Zahlen nicht herum. Wir führen im folgenden eine Reihe von Gemeinden an, aus denen uns sämtliche nötigen Zahlen zugänglich sind und die einen schönen Aufstieg der Sozialdemokratie zeigen. Das Wachstum an Stimmen in diesen Gemeinden ist ein unverkennbares Symptom des Aufstiegs der Partei, die wieder zur großen, umfassenden Marenpartei des arbeitenden Volkes wird und die proletarischen und halbproleta rischen Schichten, die noch im bürgerlichen Lager standen oder 1923 dorthin zurückgekehrt waren, organisiert und für den Klassenkampf gewinnt. In den nüchternen Zahlen, die wir anführen, stedt unendlich viel mühevolle Arbeit unserer Genossen in den Organisationen, aber sie sind uns Beweise, daß eine gleich op ferfreudige Tätigkeit uns in wenigen Fahren entscheidende Siege bringen muß.

1923 1925

1927

Aigersdorf

. 518

527

550

Stimersdorf Liber

75 102 127

325

198 806

Auffig

5287

6159

6558

Lobenstein

195

198

247

Vabutin

41

48

91

Losdorf

434

474

511

Barten

188

179

249

M.- Altstad:

157

159

283

Bensen

737

909

948

Mähr. Lotfchnaut

269

871

Bernsdorf

407

430

156

Maltheuern

120

142

158

Biela

690

764

879

Markersdorf

306

276

854

Vinsdorf

159

206

287

Marschendorf I.

329

841

869

Biwana

116

118

195

Marschendorf II.

116

144

173

Bodenbach

3728

3279

8987

Marichendorf IV.

88

108

138

B.- Kamnik

635

807

801

Mertendorf

169

169

203

Braunau

517

569

655

Mittelgrund

588

605

709

Brownsdorf

77

98

182

Mödriv

207

248

Brausdorf

265

82

888

Moldan

67

96

104

Brüsan

169

228

Natschung

178

183

251

Brür

1498

1854

1945

Neubistriv

424

Buchbergsthaf

186

58

280

Neurohlan

239

217

300

Bürgstein

819

875

147

Nonfatti

780

814

824

Choticschan

407

107

551

Non- Titschein

1847 1611

1917

Einsiedel

471

252

520

Niederebersdorf

288

888

449

Feldsberg

46

110

Nieder- Ramnik

346

378

478

Freiheit

232

217

881

Niedergrund

171

Friedersdorf

102

128

Nieder- Preschlau

885

369

Gabersdorf

151

162

176

Nürschan

231

183

299

Gartig

221

299

Ober Altstadt

902

893

932

Gersdorf

152

151

178

Ober- Rammig

245

278

292

Geidenstein

188

152

198

Olbersdorf

286

281

823

Graslig

2496 2429

2597

Barschnit

415

426

561

Greifendorf

270

850

Basset

145

199

Groß- Briesen

267

268

806

Petersdorf

194

92

262

Groß Ullersdorf

878

404

426

Bihanten

554

582

628

Großwühlen

187

205

230

Pihl.

171

196

225

Grünfas

869

444

489

Polig

659

611

748

Halbstadt

314

241

854

Brödlig

832

901

904

444

551

605

Raatsch

106

165

Hauptmannsdorf

802

297

878

Reichen

207

160

229

Heinzendorf

159

225

226

Reigelsdorf

55

21

89

Hermsdorf

899

896

142

Riegersdorf

489

512

596

Hermersdorf

421

469

511

Rodowin

193

185

221

Sertine

311

879

112

Rosenthal

112

142

Hochpetsch

78

66

108

Schallan

182

223

251

Sohenfurth

163

Schatlar

638

562

700

Hoschialfowit

100

143

Scheiba

210

242

249

Sottowies

96

103

120

Schemel

126

142

Johannesthal

265

851

Schönborn

157

168

206

Johnsbach

132

164

171

Schönwerth

252

237

809

Kamnitz- Neudorfel

138

168

166

Schweden

251

311

482

Staplit

199

283

Schwoifa

59

90

Statharein

175

154

242

Sebastiansberg

291

217

821

Rottwit

8182

326

498

Seifersdorf

10%

78

160

Steinboden

91

85

117

Setten;

560

159

613

Kleinwöhlen

208

218

252

Söhle

488

427

488

Stönigswald

421

819

543

Spachendorf

177

265

287

Rosolup

290

287

854

Sporig

415

495

601

Kradrob

227

222

289

Steingrin

133

156

176

836

817

408

Starben

91

149

Krischwis

ناة

Zu Heinrich von Kleists  150. Geburtstag.

Von Sofie Lazarsfeld  . Am 18. Ottober 1777 begann das Leben des größten Dramatikers deutscher Sprache, der ihr meiſtumstrittener Dichter blieb, bis zum heutigen Tage. Sein Leben wie sein Schaffen sind noch immer Gegenstand heißester Distuifionen, unsere Zeit und in dieser wieder das letzte Jahrzehnt hat sich immer intensiver mit ihm beschäftigt, immer mehr sich ihm zugewandt, ihn beſſer verstanden oder doch zu ver ſtehen gesucht. Es ist kein Zufall, daß gerade wir, die mir so viel stürzen sahen, was für Ewig und Unan tastbar gegolten hatte, uns sehr nahe fühlen Einem, der mit Gewalt des Genius, ohne es zu wollen oder zu wissen Althergebrachtes, das bis dahin une: schüttert war, überrannte. In ihm verkörpert sich die Abwendung von der harmonischen Berallge meinerung der klassischen Weimarer Sprache und die Zuwendung zur Persönlichkeit, zur Wirklichkeit der Seele. Und diese Umkehr geschicht mit einer Erst­maligkeit und Einmaligkeit der Sprache, die auf wühlend und zermalmend ist. Kein Wunder, daß die Hüter der Tradition, die Verfechter des so war es einmal und so muß es bleiben" erschreckt sich von ihm abwenden als von Bedrohung ihrer selbstg: nügsamen behaglichen Empfindungswelt, in der es so schön festumvissene gewohnte Gesetze gibt, die ihre Brauchbarkeit nie zu beweisen brauchten, weil sie nie erprobt wurden.

Es geht dort zu wie im Lesebuch; der Feldherr ist mutig, der Herrscher ist gut und weise, die Frauen haben ihre zugewiesenen Kategorien, und alles lauft die gebahuten Geleise. Im Leben ist es anders? Was fümmert uns das Leben, traurig genug, daß es dort so wenig harmonisch) zugeht, aber die Kunst, unsere Sunst, die wollen wir doch davon rein erhalten. Das ist von Goethe bis in unsere Zeit der Einwand aller

Suchei

Seite 8.

170 168

283

Unter Wernersdorf

95

77

259

Teplit

2490

3238 3292

Voitsdorf I.

121

167

Tetschen  

1149

1148 1497

Weigelsdorf

182

198

265

Tichlowitz

149

207 269

Weitersdorf

301

819

436

Topfowin

169

171

204

Wekelsdorf

45

142

134

Tschernotin

45

12

58

Welhotta

116

141

Trautenau

1361

1634

1929

Wennstadt

278

347

857

1158 1032

1818

Wiese

130

64

160

2684 2407

2918

Wiesenberg

295

314

858

102

48

122

Wistris

186

658

631

104

100 133

Würbenthal

672

409

682

85

87

91

Buckmantel

638

652

723

189

208

251

150

152

181

Zwittau Zwug

. 1275

1429

1585

282 175

298

Türmis Turn Tuschkan

Illig

Unola

Unter- Langendorf

Unter- Wefelsdorf

Rach den Gemeindewahlen.

Tschechische Pressestimmen. Mit vollem Recht hebt das Zentralorgan der tschechischen Sozialdemokratie den Rud nach lints im allgemeinen und den Sieg der So zialdemokratie im besonderen hervor. Das Blatt schreibt:

Die Wählermassen haben den Marsch nach links angetreten. In unseren politischen Verhält nissen sind plösliche Sprünge und Verschiebungen ausgeschlossen, aber die Tendenz der fünfe tigen Entwicklung zeichnet sich be­reits genug deutlich ab. Der Mißerfolg der sozialistischen   Richtungen vom Jahre 1925 be ginnt sich auszugleichen.

-

Was uns mit besonderer Befriedigung erfüllt, ist die entschiedene Stärkung der tschechoslowaki schen Sozialdemokratic in allen Gebieten der Re­ publik   von der rumänischen Grenze bis in den Westen. Die Sozialdemokratie- daran kann nie­mand zweifeln ist eine ständige und wach sende Kraft im tschechoslowakischen Leben. Seit dem Jahre 1925 sind wir in unge wöhnlichem Maße gewachsen. Unsere Erfolge brachten uns keinerlei politische Lage", es sind dies feine Konjunkturerfolge, sondern die Frucht gesunder Ideen und guter Arbeit.

Ebenso betont das Blatt den Sieg der deutschen   Sozialdemokratic." Schreibt:

Es

Las Bild der Wahlen wäre nicht vollständig, wenn wir nicht mit einigen Zeilen auch die Si­tuation im deutschen Lager zeichnen würden. Vor allem teilen wir unseren Lesern die freudige Nach rich: mit, daß die deutsche Sozialdemokratie aus dem Wahlkampf einen entschiedenen Sieg davon trägt. Sie hörte auch nach den Mißerfolg von 1925 nicht auf, eine große und ernste Partei zu join; nun ist es sicher, daß sie sich zu rascher Stärkung und zu Einfluß entwickelt.

Auch das Národní Osvobození", welches zunächst betont, daß die tschechische national­sozialistische Partei noch besser abge­schnitten hätte, wenn sie nicht die Truzkandidatur der Stribrnylente gegen sich gehabt hätte, gibt den Erfolg der Sozialdemokratie zu.

Für die Auffassung der Sommunisten ist charakteristisch, daß ihr Zentralorgan, das Rude Pravo" weniger vom Siege der eigenen Partei als von der Niederlage der Regierungs­parteien spricht.

Am 16. Oktober wurde die Zoll- Mongrua Mehrheit gerichtet und abgeurteilt. Die Zahlen des Wahlergebnisses sprechen es aus, daß auf dem ganzen Gebiete des Staates, in den tschechischen, slowakischen, deutschen, ukrainischen und polnischen Landstrichen die Regierungsparteien besiegt wurden.

Die bürgerlichen Blätter schreiben naturge­mäß sehr zurückhaltend. Die schivankende Haltung der nationalen Arbeitspartei, welche nunmehr zum erstenmal in einer Reihe von Gemeinden durch ihre Vertreter einzieht, ist am besten aus Rachstehendem erkennbar. Das Blatt schreibt nämlich:

Es wäre ein politischer Fehler, wenn die Ge­meindewahlen andere politische Folgen hätten, als die Erkenntnis, daß jede Politik der Isolierung Ausschließlichkeit der Aussperrung und des Boy fotts bei unseren Verhältnissen ein Lugus ist, der wir uns nicht erlauben fönnen und daß die Türe jeder ehrlichen demokratischen Partei ohne Unter­schied geöffnet sein muß.

Der Narodni Politita" bleibt nichts anderes übrig, als sich damit zu trösten, daß ja an den Verhältnissen im Parlament nichts geändert wurde:

Heute ist es schon llar, daß die gegenwärtige Richtung unserer Junenpolitik bleibt, daß kein Grund vorhanden ist, weder die heutige Majorität noch die heutige Richtung der Regierung fit ändern.

Die Narodni Listy" entschuldigen die Nie­derlage der Nationaldemokraten mit der ge ringen politischen Reife der Wählerschaft. Das Blatt erzählt da:

Knapp vor den Wahlen schrieben wir, daß der Ausgang der Wahl auch ein Maßstab der poli tischen und staatsbildenden Reife der Wählerschaft sein werden. Man kann nicht sagen, daß diese Reife bereits in vollem Maße erreicht wurde. Es bleibt noch ein großes Stüd politischer Erziehung, welche den tschechischen staatsbildenden Parteien vorbehalten bleibt."

Wohin die Entwicklung bei den Sozialisten geht, zeigt zweifellos das Wachstum der tschecho­slowakischen und deutschen Sozialdemokratie, ein Wachstum, das größer ist, als man erwartete. Die Sozialdemokratie siegt durch ihre reale positive Politik und das ist das wert- Dazu ist nur zu bemerken, daß eben die polis vollste an ihrem großen Erfolge, den man als tische Erziehung, welche die bürgerliche Regie einen dauernden ansehen kann. Die Kom- rungsmehrheit den Wählern durch ihre reaktion munisten haben bei weitem den per- nären Taten hat angedeihen lassen, den Ruck der zentuellen Zuwachs der Sozialdemo- Wählerschaft nach links zur Folge gehabt hat und fratie nicht erreicht. In den sonntägigen daß, wenn diese Erziehung der sich staatsbildend Wahlen hat es sich gezeigt, daß das kommunistische nennenden Parteien weiter anhält, bei den Wachstum aufhört. Die Kommunisten haben ihren nächsten Wahlen dieser Rud noch Höhepunkt überschritten; sie haben allen Grund, entscheidender nach links ausfallen mit Befürchtungen in die Zukunft zu schauen. wird.

Kleistgeguer gewesen, Goethe formuliert es selbst| strömte in seinen Werken, nicht haushichit mit sich mit den Worten: es gäbe ein Uuschönes in der Natur, ein Beängstigendes, mit dem sich die Dichtkunst bei noch so funstreicher Behandlung weder befassen, noch aussöhnen könne. Das ist der Einwand all jener Satten, die sich nich: aufrütteln lassen wollen, weil ihr Lebensplan das nicht verträgt, weil sie in sich beschlossen, abseits der Gemeinschaft, geizig hütend was sie besiven, sich nicht erschüttern lassen dürfen, wenn sie nicht gewahr werden sollen, wie fein, wie lebensabgewandt ihr Leben ist

Wir finden diese Einstellung auf allen sosialen und geistigen Stufen. Wenn der preußische Leutnant die wunderbar menschliche Erschütterung bei Aublich des offenen Grabes des Prinzen von Homburg als unstandesgomäße Feigheit" hochmütig ablehnt, wenn Gundolf die Penthesilea als vor jedem Vernunf: oder Naturgeses ungeheuerlich" und ohne Anteil an den Ideen und Gesetzen des bisherigen Menschen tames" bezeichnet, wenn Goethe, der fleine Halb­talente, auch wenn sie ihm in ihrer Wesensart ganz fremd waren, mit oft gerühmter fördernder Milde" behandel: hat, gerade Kleist gegenüber eine Ver­ständnislosigkeit bewies, die sich öfters in eine: fast unwürdigen Art manifestierte, so sind das nur gradu elle Unterschiede, die Wurzel ist die gleiche. Es wird in allen diesen Fällen unbewußte Abwehr geübt gegen ein gewaltiges Fremdes, das festgefügte Grenzen einzureißen droht. Das egozentrische Lebens siel, sich selbst ganz unversehrt zu erhalten, foste auch die andern was es wolle, weist dem Bewußtsein oft ganz unbekannt, die richtigen Mittel und Wege zur Erreichung dieses Zieles. Goethe, der tiefe Henner alles Seelischen, hat dies auch an sich selbst erkannt, er sagte von sich: Ich kenne mich zwar nicht selbst genug, um zu wissen, ob ich eine wahre Tragödie schreiben könnte, id) crschrede aber bloß vor dem Unternehmen und bin beinahe überzeugt, daß ich mich durch den bloßen Versuch zerstören tönnte." Und nun tam se teist, den nichts zurück hielt, sich unbedenklich zu verschwenden, der ganz aus

-

und sich restlos verschenkte, der all das fonnte und alles tat was für Goethe jenseits der eigenen Grenze lag. Da genügte es nicht mehr, in weiser Erkenntnis sich selbst zu hüten, da mußte in unbewußter Auf führung dieses Sichselbstbewahrenwollens auch noch zerstört werden, was dieses Ziel bedrohte. Das tat Goethe und ist damit wie heute garnicht mehr be­zweifelt wird, zum letzten entscheidenden Anlaß für kleifts tragisches Ende geworden. Wohl muß unter­schieden werden zwischen Anlaß und Grund. Der Grund lag tief in Sleist selbst, lag in dem ganzen Gang seiner Entwicklung, und es hätte auch ein anderer Anlaß die Auslösung hervorrufen können.

Wir können Kleists   Leben und sein Schaffen uur verstehen, wenn wir die Erkenntnis und die Forschungsmethoden der modernen Seelenlehre zu Silje nehmen. Dann wird uns vieles flar, was uns in seinen Werken, besonders in der Gestaltung seiner Frauenbilder, sonst bofremden mag.

durch far geworden, durch sein Leben wie durch seine Werke geht dieser Zug, ins Riesenhafte ge­steigert im Michael Kohlhaas  , wo das beleidigte Rechtsgefühl, so far und eindeutig sein Rechtsan­spruch auch erwiesen ist, ein ganzes Land in Not und Aufruhr stürzt, weil es doch nur den Anspruch des des Einzelnen vertritt entgegen den Interessen der Allgemeinheit. Viele Aussprüche in Briefen und Werken verweisen darauf, daß Kleist den Bug zur Gemeinschaft fühlte, und nur den Weg nicht sand. Auch sein starkes Nationalgefühl ist von hier aus zu verstehen, er suchte diesen Zusammenschluß weil ihm der größere Menschheitsum­fassende verschlossen war, der Rahmen gestattete nicht, dies ausführlicher zu belegen, es ist an anderer Stelle geschehen.*) Es ist interessant zu verfolgen, wie dieser Mangel, ihm selber unbewußt, in seinem Leben wie in seinen Werten überkompensiert wird durch die überall durchbrechende Forderung nachh absolutem blinden Vertrauen, das an Unterwerfung Schon der Entwicklungsgang seiner Jugend gibt grenzt, nach einem fast übermenschlichen Vertrauen, uns reichliche Aufschlüsse. Nach vier Mädchen als das kaum gewährt werden kann und dadurch dessen erster Junge einer jahrhundertalten Striegerfamilie Versagen und das daraus erfolgende Mißverst- hen geboren war er den doppelten Schäden einer Er- die meisten Beziehungen scheitern oder schwer ge­ziehung ausgesetzt, die einerseits den ersehuten schädigt werden. Als kleines äußeres Symptom für Stammhalter in ihm verwöhnte und andererseits diese Einstellung finden wir auch in Kleists   drama­mit höchstgespannten Erwartungen an seine Lauftischem Dialog gegenseitiges Mißverstehen als Span­bahn berantrat. Viele Stellen in seinen Briefen nungsmoment besonders häufig vor, sowohl in geben uns Anschluß darüber, daß diese unswed fomischen, wie in tragischen Szenen, mäßige Anleitung seiner Jugend ihn unsicher und mutlos und daher untüchtig für die späteren Auf gaben des Lebens gemacht hat. Er zeigt auch in allen entscheidenden Situationen, bei Berufswahl und Liebeswahl, die typischen neurotischen Züge des Ent mutigten, der weder Vertrauen zu sich selbst, noch Vertrauen zum Mitmenschen hat, was ihn jeglicher Bindung abhold und schwer einfügbar in eine soziale Gemeinschaft macht.

In diesem abseits der Gemeinschaft" ist die Leben verwurgelt. Tragir von kleifts gesamten Vieles was bisher unverständlich schien ist uns da­

Seiner Braut gegenüber tritt das herrische Verlangen nach bedingungsloser Unterwerfung start hervor, verbunden mit einem zweiten typisch neuroti­schen Zug, dem Bestreben, von dem erwählten Part­ner einen solchen Grad der Vollkommenheit zu ver­langen, daß dieser unter dem geforderten Waß zu­rückbleiben muß und so das für jeden seelisch unge­sicherten Menschen ersehnte Moment eintritt, fich ohne eigene Verantwortung aus einer schon einge­gangenen Bindung wieder lösen zu dürfen. Und

*) Jahrbuch der Sleistgesellschaft 1926.