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7. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Gesunde Reaktion".

Mittwoch, 26. Ottober 1927.

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Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich irib Nr. 251.

Der Angriff auf die Sozialversicherung Der im Gange.

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gedenk ihrer Verantwortung bleiben, sonst würde es eines Tages heißen, der Zuwachs habe nicht Freude, sondern nur Unheil gebracht. In der gestrigen Sitzung des Senats hat Alles verraten und vergessen! Die politische der christlichsoziale Senator Böhr die herr- und soziale Reaktion wurde Trumpf und die schende Reaktion in einem Zwischenruf ge- Christlichsozialen seßten. alles auf diese eine priesen, der ihm und der christlichsozialen Partei Karte. Heute gibt es außerhalb des Kreises unvergessen bleiben soll. Als Genosse Dr. Heller der Regierungsparteien keinen einzigen Men­Die Autonomie vernichtet. Die finanziellen Grundlagen untergraben. den antisozialen Charakter der jetzigen Bürger- schen, der dieses Unheil nicht sehen würde, ge- Gegen Schluß der gestrigen Sitzung des Ab-| halbprozentigen Verzinsung rechnen, und es wer­blod- Regierung aufzeigte, da ging das Herz des wiß aber auch so manchen Einsichtigeren unter geordnetenhauses ist die feit langem angekündigte den daher durch die Festsetzung einer solchen Ver­Herrn Böhr über und sein frommer Mound rief: diesen Parteien, der es sich wenigstens in der Sozialversicherungsnovelle vorgelegt zinsung " Das ist eine gesunde Reaktion!" Stille feines Kämmerleins eingesteht, daß worden und schon der erste Ueberblick belehrt uns Und gleich darauf, da ihm diese Verherrlichung der christlichsoziale Wahlerfolg die Absichten der Bürgerregierung haben mußte, tarüber, daß alle Befürchtungen, die man über des arbeiterfeindlichen Mehrheitskurses als der Partei, mehr aber noch dem die einer Quelle der Gesundheit wohl noch als zu größten Teil der Bevölkerung durch die Vorlage voll gerechtfertigt werden. schwach erschien, rief er: Gott sei Dank, um Unheil geworden ist. Nur der Das Gefeß räumt mit der Autonomic der daß wir diese gesunde Reaktion Serr Böhr, der Ehrenvorsitzende und christ- Es unterwirft auch die Zentral Sozialversiche Sozialversicherung vollkommen auf. haben!" Das sind Ürlaute aus einem christlichsoziale Senats- Vizepräsident ist noch immer lichiozialen Herzen, wie man sie so offen und begeistert von der Politik seiner Partei und nur des zuständigen Fachministeriums, nämlich rungsanstalt einer verschärften Kontrolle nicht freimütig nicht oft zu hören bekommt, denn ge- lobt die gesunde Reaktion!" des Ministeriums für soziale Fürsorge, sondern meinhin dient den Christlichsozialen die Sprache Hört es, ihr arbeitenden Menschen in auch des Finanzministeriums. Ja sogar die bazu, die Gedanken zu verbergen. Vielleicht Stadt und Land, was seit einem Jahre an politischen Behörden zweiter Instanz er­wünscht Herr Böhr jetzt, das Wort von der ge- euch und eueren Familien verübt wurde und halten

es

Damit find aber die Grundlagen für eine gedeihliche Weiterentwicklung der Sozialver­sicherung untergraben.

Auch die angekündigte Festsetzung eines vier einhalbprozentigen Erträgniffes des Rapitals der Zentralfuzialversicherungsanstalt im Entwurfe enthaltent. Did heben allerdings zunächst scheinbare Ersparnisse erzielt und die Schaffung einer neuen niedrigeren Lohnklasse mit geringeren Beiträgen bei Aufrechterhaltung

die finanziellen Grundlagen der Sozialver­was heute durch die Novellierung an Beiträgen sicherung untergraben.

erspart werden kann, wird also vielleicht schon in wenigen Jahren den Versicherten doppelt ficherung zu fanieren. aufgelastet werden müssen, um die Sozialver­

Wesentlich eingeschränkt wird auch der Um­fang der Versicherung, indem alle Personen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr, ferner die Heimarbeiter und Saisonarbeiter von der Alters- und Invaliditätsversicherung aus­geschlossen werden.

So stellt sich die Vorlage, auf die wir natür­Tich noch sehr eingehend zurückkommen, als Generalangriff auf die Sozialversicherung dar. Es wird daher notwendig sein, daß die Arbeitermassen die Abwehrarbeit ihrer parlamen tarischen Vertretung wirksam unterstüßen, damit dieses clendste sozialpolitische Schandwerk, das jentals in unserem Parlament zur Verhandlung stant, zunichte gemacht wird!

Ein Gegenentwurf unseres Abgeordnetentlubs.

Der Klub der Abgeordneten und Senatoren der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei

hat in der gestrigen Parlamentsfißung einen eige

der bisherigen Leistungen ermöglicht. nen Initiativantrag auf Novellierung der Sozial­Das ist das Lockmittel, mit dem die versicherungsnovelle eingebracht, der die Grund­

Die Budgetdebatte von der Mehrheit verhindert.

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Bertagung des

junden Reaktion", auf die er den Dank Gottes was an reaktionären Anschlägen gegen euch weitgehende Kontrollrechte über die Kranken­herabfleht, wäre nie seinem Busen entfahren, noch vorbereitet wird, es ist nach dem Aus versicherungsanstalten da es wie kaum ein zweites geeignet ist, Kennt spruch des christlichsozialen Ehrenpräsidenten und können so in den Wirkungskveis der Sozial­nis von der Naturgeschichte des christlichen" efund." Früher, che die tschechisch- deutversicherung eingreifen. Die Vorstände der Stran­Sozialismus" zu verbreiten, doch Herr Böhr iche Bürgerfoalition das Gesundmachen sich zur fenversicherungsanstalten werden paritätisch ist einer der ersten Würdenträger Aufgabe stellte, da führtet ihr ein sybaritisches zusammengesetzt und damit der Verwaltung durch der Partei, er ist Vizepräsident des Senate Dasein, während die armen Reichen nicht wuß- die Versicherten entbunden. und Ehrenvorsitzender der christlichsozialen ten, wo sie ihr Haupt hinbetten sollten und Volkspartei, man kann also wegen dieser auf die Gesalbten des Herrn vor lauter Entbeh­ihn gehäuften Würden annehmen, daß er weiß, rungen nur Trost in den kommenden Freuden was er tut. Wertvoll an dem Ausruf des Herrn des Jenseits suchen mußten. Da kam die Ehrenpräsidenten ist vor allem, daß er die Eri gesunde Reaktion" und machte eurem ist vor allem, da die ſtenz der Herrschaft der Reaktion nicht nur nicht Schlemmerleben, femie anderen Ungerechtig, zu leugnen versucht, was die deutschbürgerlichen feiten ein Ende. War es nicht gefund," Damit werden Attivisten sonst gerne tun, sondern daß er sie als die Bürgerkoalition cuch jährlich von euerem Ueberfluß, mit dem ihr ja doch nichts freudig und mit Genugtuung be jaht, allerdings mit dem fintischen Berjuch anzufangen wußtet, eine Milliarde durch die Lebensmittelzölle nahm und sie den notleiden­einer Einschränkung, daß sie" gefund" sei. den Acrariern überwies? Und um den Gesun- bürgerliche Koalition die Arbeiter für die Novel- fäße festlegt, deren Einhaltung bei der Beseitigung Zehn Tage sind es her, feit die Wähler bei den dungsprozeß vollständig zu machen, behielten lierung gewinnen will. Aber jeder Kenner der der Mängel des geltenden Geſches vom Stand Gemeindewahlen in nicht mißzuverstehender die Großen unter diesen den Hauptteil für Verhältnisse weiß, daß keine öffentlich- rechtliche punkt der Arbeitnehmer aus verlangt werden Weise fundgetan haben, was und wie sie über sich, während die Kleinen das Nachsehen hatten. Bersicherungsanstalt und noch viel weniger die muß. Wir werden auf diesen Antrag noch aus­die Taten und Pläne der Bürgerreaktion den- War 3 nicht gesund," als sich die Christ- privaten Versicherungsinstitute mit einer vierein führlich zurücklommen. fen und wie sie sie für gefund" halten. Den lichsozialen die Einwilligung zu den erhöhten Ehrenvorsitzenden der christlichsozialen Volts Lebensmittelpreisen mit der Erhöhung des partei" geht das einen Schmarren an, er läßt Einkommens der Geistlichen bezahlen ließen, sich von dem Votum der Wähler, das einer damit diese sich ihrer Aufgabe, der Vorberei­Mißbilligungs- Sundgebung für seine Partei tung der Gläubigen für ein fünftiges besseres gleichzuwerten ist, nicht irritieren, er hält die Ros, umso eifriger widmen können? O, es Reaktion für gesund" und damit basta. war auch gesund," als die Regierungs­Als die christlichsoziale Volkspartei im parteien, unter ihnen die christlichsozialen Ge- Die Angst vor der Aussprache über das Wahlergebnis. imparteien, Mai 1926 in Troppau   ihren Reichsparteitag fundmacher, die Zuckersteuer erhöhten und so abhielt, hielt sie auch eine Musterung über die einen gerechten Ausgleich zwischen dem Ver­Plenums auf mindestens vierzehn Tage. Parlamentswahlen im November 1925, die als schwenderleben der arbeitenden Klassen und   Prag, 25. Oktober. In der heutigen Er-[ Regierung bereits präsentiert, ist die Tschechoslo­ein Erwachen des christlichen Vol- dem Büßerleben der sorgengequälten Zuder öffnungssißung der Herbsttagung wurde im Ab- wakei doch noch viel zu wenig ballanisiert! kes gefeiert wurden. Es scheint, daß damals barone herbeiführten, die schon kaum mehr in geordnetenhaus das Budget für 1928 vorgelegt, in den Reihen der christlichsozialen Partei der Lage waren, sich ein drittes Automobil beffen Hauptziffern wir an anderer Stelle ver­wenigstens Ansätze der Erkenntnis vorhanden anzuschaffen, während gleichzeitig die arme waren, daß ihr unbestreitbarer Wahlerfolg von Gattin oder Freundin kaum noch genug Belze öffentlichen. Miniſter Dr. Engliš gab dazu wie vom Präsidenten Walypeir eröffnet. Das Haus 1925 ihr Verpflichtungen auferlegt habe. und Brillanten besaßen, um ihres Leibes alljährlich seine Erläuterungen, aber dann wur- ze gi das Gepräge einer großen Sigung; es hat Nun, da das christlichsoziale Volk, so hieß; es Blöße zu verhüllen. Wie gesund" war es den alle weiteren Erörterungen abgebrochen und sich der Ministerpräsiden: mit den meisten Ressortministern eingefunden. Die Sigung ver in dem auf dem Parteitage erstatteten Rechen auch, daß sich die Regierungsparteien endlich nach Ablehnung eines Antrages Pohl- Remes auf läuft aber ruhig und ohne alle Senjat onen. Auf schaftsbericht, wieder in die Fußstapfen seiner der höheren Offiziere erinnerten, deren Not sofortige Eröffnung der Debatte die Sißung ge- der Tagesordnung steht eine kleine Vorlage, die Ahnen getreten sei, müsse sich die Partei Rechen- ihr cütiges Herz eben nicht länger zu ertragen schlossen. Aenderung des allgemeinen Berggeseßes. schaft darüber geben, daß mit ihrem Aufstieg vermochte! Und erst die Spiritussteuer, die Weil das Präsidium vorher seschlossen hat, heute Die Mehrheit fürchtet sich also vor dem Ein- eine Debatte über das Exposee des Finanzmin auch ihre Verantwortung größer Steuerreform, das Gemeindefinanzgesetz und geworden sei: Erfolge verpflichten, Wahlerfolge die Verwaltungsreform! Wie frank wäre das gehen in eine politische Debatte, wie sie nach einer sters Dr. Englis zum Budget für 1928, das im verpflichten doppelt, wenn sie nicht schon in arbeitende Volk, wenn nicht die bürgerlichen so langen Pause eigentlich ganz selbstverständlich Druck verteilt wird, nich: zuzulassen, kurzer Zeit die enttäuschten Wähler in ein an- Gesundheitsfabrikanten sich noch im letzten fein müßte. Sie fürchtet sich vor allem vor einer sondern die Debatte erst in den nächsten Spungen in etwa vierzehn Tagen abzuführen, benüßen deres Lager treiben sollen." Und der Erstatter Augenblick des Staatsruders bemächtigt hätten! Besprechung des für sie nicht gerade glänzenden Vertreter der Opposition gleich diesen ersten des Rechenschaftsberichtes warnte davor, an die Aber noch immer hält die herrschende Ergebnisses der Gemeindewahlen und sie greift Punkt der Tagesordnung zu politischen Aus­gestiegene Verantwortung zu vergessen, damit Reaktion die Gesundung nicht für abgeschlossen, daher wieder zu ihrem einzigen Ausweg, zu einer einandersetzungen mit den Regierungsparteien. es eines Tages nicht für die christlichsoziale sondern bereitet neue Maßnahmen vor. Ver- Verschleppungstaktik. Der Kommunist. Saken verliest unter lauten Unwillenskundgebungen seiner Partei­Partei heiße: Die Schar wurde vermehrt, aber schlechterung der Sozialversicherung, Zerstörung Erst in frühestens vierzehn Tagen soll die dieser Zuwachs ist nicht zur Freudes Mieterschußes sollen die nächsten Villen große politische Aussprache folgen. Dann wird die genossen eine Erklärung, in der gegen die Erschie Bung eines Arbeiters durch einen Polizisten in de, sondern zum Unheilgeworden" sein, die den arbeitenden Klassen zur Gejun Regierung von der Opposition auch gleich deren Michalovice, wo die Arbeiter in einem Lohnkampf Schöne und wahre Einsichten, die nur den dung eingegeben werden sollen. Gesunde Real- Meinung über die Sozialversicherungs  - stehen, protestiert wird. Er befaßt sich sodann mit einen Fehler hatten, daß sie von den tion! Für wen gesund? Für die Profit novelle erfahren, die heute gegen Ende der dem Ergebnis der Gemeindewahlen und verlangt, Christlichiozialen schon am Tage macher und Satten! Für die Bourgeoisie und Sißung vorgelegt wurde. Daß die Novelle bei der daß Neuwahlen ausgeschrieben werden. nach dem Reichsparteitag ver die Dunkelmänner, die aus den Proleten am Opposition nur auf schärfste Abwehr stoßen kann, Genoffe de Witte gessen waren, denn unmittelbar darauf liebsten so rasch als möglich willige und denk- wird einem gleich bei einer flüchtigen Durchsicht begann der Judasschacher um Agrarzölle und unfähige Arbeitstiere machen möchten! Aber der Vorlage flar. An der Sozialversicherung darf führ als zweiter Debatteredner folgendes aus: Der vorliegende Gesetzentwurf bedeutet eine Kongrua und um die Bildung eines vorläufig feien wir nur gerecht. In einer Hinsicht niemand rütteln, am allerwenigsten aber eine losen Bundes der tschechischen und deutschen wird die Reaktion auch das Arbeitsvolk Regierung, die heute, nach dem Ergebnis der Ge- wenn auch nur geringe und auf einen fleinen Streis meindewahlen schon zahlenmäßig in der Minder- beschränkte Verbesserung des bisherigen Berg­Bürgerlichen. Was ist seither alles geschehen! gesund machen, denn nichts kann ihr rascher heit ist. Erst Neuwahlen ausschreiben, geiebes. Die Unternehmer sollen verpflichtet werden, Es ging immer tiefer, da gab es kein Salten den Star stechen, an dem viele seiner An- Serr Ministerpräsident, dann wird Ihnen die Uebersichts- und Grubenkarten auch den Aufsichts­und Befinnen! Nie wurde in der christlichiozia- gehörigen noch immer leiden, als die gesunde Wählerschaft schon ganz eindeutig die Antwort auf behörden vorzulegen und sie auch Privatinteressenten len Partei ein wahreres Wort gesprochen, als Steaktion," für welche der christliche Sozialis ihre Sozialversicherungsnovelle geben. Für eine zugänglich zu machen, falls diese wegen Bergbau­Dittatur der Minderheit, als die sich die heutige schäden Einspruch erheben. Es bleibt aber eine große jenes in Troppau  , die Partei müsse immer ein- mus des Herrn Böhr so schwärmt!

Der Sizungsverlauf. Die Parlamentssitzung wurde um halb 4 Uhr