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7. Jahrgang.

Epilog

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

zu drei Telegrammen.

Reichlich spät und beinahe eiwas under mittelt hat der Außenminister drei Telegramme veröffentlichen lassen, die zwar den Fall Gajda nicht in einem neuen Licht erscheinen lajjen, aber sonst zum Nachdenken über mancherlei Dinge, die hierzulande vorgingen, gerade genug

anregen.

Sitten geglaubt haben.

Mittwoch, 2. November 1927.

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Nr. 256.

Um die Erhaltung der Sozialversicherung.

gerade die ärmsten und bedürftigsten Schichten aus der Alters- und Invalidenversicherung aus geschloffen werden sollen.

Nicht einmal die laiserliche Regierung hat die Arbeiterschaft so provoziert wie die gegenwärtige Regierungsmehrheit.

Der Grundsatz jeder Sozialpolitik ist Schutz der Schwachen; Ausscheidung der Bedürf tigsten aus der Sozialversicherung ist aber die unsozialste Politik, die man sich denken fann.

Obwohl wir bei der Schaffung des Gesetzes nicht immer einer Meinung mit unseren tschechischen Freunden waren, sind wir mit ihnen nunmehr einig in dem geschlossenen

und den prüfenden Diplomaten Sand in die publif geredei wie bei uns und den Staats- Anfang eine Affäre der Regierung, Augen streute. bürgern die schwersten Opfer für diese Sicherung er wird es vollends durch die drei Telegramme, Das einzige aljo, was jene dechiffrierten auferlegt, und nirgends hat man so leicht die für die Verantwortlichen so kompromittie Telegramme Interessantes boten, wurde für sinnig wie bei uns mit der Gefahr rend sind, daß man sich wundern muß, daß sie argwöhnisches Auge verfolgte die weiteren nichts geachtet, zu den Aften gelegt und fein gespielt. Der Fall Gajda war von allem auf die Dechiffrierung so viel Wert legten. Schritte des Schlachienlenters mit der frag­würdigen medizinischen Vorbildung. Ungestört tonnie Gajda als Divisionär von Ka cha u den Marsch nach Prag überlegen und die Armeebefehle Napoleons ſtudieren, um au Große Kundgebung der Sozialversicherungsanstalten und Gewerkschaften. jeinen Stil zu schulen, der des letzten Schliffes Gestern fand in Prag auf der Slawischen Abg. Genosse Taub Im Jahre 1920, als die Verhältnisse der noch bedurfte, bevor Mussoliniček dem Mussonsel eine mächtige Kundgebung gegen die er führt aus, daß die Regierungsvorlage schon des Muſſo Ber Sowjetrepublit zum übrigen Europa noch recht lini die Tinte reichen konnte. Er machte manch schlechterung der Sozialversicherung statt. Mehr wegen hellste Empörung hervorgerufen habe, weil gespannt waren, ließ das tschechoslowakische mal von sich reden, der junge Herr in Kaschau ; als 1200 Delegierte waren dem Rufe der Ber- fie nicht im Einklang ist mit der tatsächlichen Außenministerium Telegramme, die es nach sen Auftreten bei den Gemeindewahlen, da er gefolgt, um gegen die vom Bürgerblod beabsich bände der Krankenkassen und der Gewerkschaften Wacht der Regierungsparteien. einer Vereinbarung mit Moskau der russischen den Soldaten durch Tagesbefehl auftrug, eine tigte Novellierung der Sozialversicherung Stel Mission in Prag zu überweisen hatte, de eigene für sie zusammengestellte fascistische Liste lung zu nehmen. Vertreten waren u. a. das chiffrieren, um sich über die Beziehungen zu wählen, hätte den Staatslenkern. jagen Ministerium für Gesundheitswesen( nicht aber unserer Stommunisten zu Moskau flar zu wer- müssen, daß derlei vielleicht nicht mit einem das Ministerium für soziale Fürsorge!), die den. Man wird in der Diplomatensprache aller Marich nach Rom, wohl aber mit einer Sprig- Zentralfozialversicherungsanstalt, die Unfallver­hand ſchöne Ausdrücke für dieje Tätigkeit tour nach Köpenid enden könnte. Aber in den ſicherungsanstalten, die Allgemeine Pensions Die Kouzeffionen werden jedoch gerade jenen unserer diplomatischen Beamten finden und arglosen Taubenherzen unserer Politiker stieg anstalt, die Gewerkschaften, verschiedene Abgeord Schichten der Bevölkerung gewährt, welchen in sicher nachweisen, daß ein eminentes Interesse fein Verdacht auf und vielleicht hat jenes Tele netenklubs( für die deutschen sozialdemokratischen den letzten Jahren die größten Opfer gebracht des Staates gebot, die Dechiffrierung vorzu gramm, das Gajda als einen in Mostan wohl Abgeordneten die Genoffen Pohl und Tan b). worden find. Die finanziell stärksten Kreise der nehmen, sie bleibt aber trotzdem eine ganz ge angesehenen Mann erkennen ließ, noch dazu einen imponierenden Eindruck machte, wurde Behörden sollen eine unerträgliche Macht er Die Tagung, die durch den Waffenbesuch Republik sollen geschont werden. Die staatlichen wöhnliche Spielei, die für die Methoden der beigetragen, den Verdacht zu zerstreuen, daß er vom Abg. Gen. Johanis eröffnet. Er erin halten. Der Origkeitsstaat feiert jeine Auf Nachkriegsdiplomatie bezeichnend ist. Daß die Fascist sei. So stieg Gajda auf der militärischen nerte daran, daß gerade 40 Jahre seit Schaffung erstehung. Die letzten Reſte der Selbstverwaltung neue Diplomatie" der neuen Staaten, die doch Stufenleiter rajch empor, wurde Stellvertreter der Krankenversicherung verflossen sind. Die werden vernichtet, der Finanzminiſter erhält den einen so großen Fortschritt auf dem Wege zu des Generalstabschefs und, nach Shrowns Ein bürgerlichen Parteien haben die Berbefferung entscheidenden Einfluß auf die Vermögens den Idealen der Wahrheit und der Humanität tritt ins Stabinett, Chef des General des Sozialversicherungsgesetzes beschlossen und verwaltung der Sozialversicherung. Was hier Sarſtellen ſollen, ſich solcher Mittel bedient, it a bes. Fiel dem Herrn Gesandten bringen nun deffen Verschlechterung. Der Eigen Geset werden soll, ist nichts anderes als ein lönnte jene jchon enttäuschen, die an das Wun- Strimpl, der die verfänglichen Telegramine nus der Bourgeoisie ist daraus zu ersehen, daß politischer Rach caft niedrigster Art, der einer tiefgehenden Wandlung europäischer gelesen hatte, nichts auf? Er schwieg jedenfalls es ist die Wut der bürgerlichen Parteien, daß es und dachte nicht daran, sein Vaterland vor dem in den Krankenkassen Menschen gibt, die in jeder Sinsicht im Interesse der Klasse tätig sind, aus Aber sei's drum! Wir wollen uns nicht neuen Generaliffimus zu warnen, der sie hervorgegangen find. Was der Minister bei den Praktiken unseres Ministeriums für Roch während des Sokolkongresses fonnie Srámef zur Redfertigung der Vorlage gesagt auswärtige Angelegenheiten aufhalten, das seine Gajda sein fascistisches Programm hat, ist das armseligste, was man bisher von Sendung so auffaßt, daß es sich um die An- eniivideln und seinen Kollegen Syrovy bla­einem Minister gehört hat; seine Ausführungent standen auf dem Niveau des lebten Agitators der gelegenheiten auswärtiger Staaten auch dann mieren, der ihm furz zuvor das Zeugnis aus Es ist Pflicht, in letzter Stunde auf die Gefahren, Herifalen Partei. tümmert, wenn sie in chiffrierten Briefen gestellt hatte, er sei politisch nie engagiert ge- welche die Regierungsvorlage mit sich bringt, Die Bürgerparteien aber haben noch andere niedergelegt sind. Man hat also Briefe ent- wesen. Nun erst wagte man, gegen den Chef aufmerksam zu machen. In deutscher Sprache Pläne: Sie wollen die Unfallversicherung, die ziffert und in den Sowjetbriefen neben anderen der Fascisten schüchtern enzuschreiten und jetzt eröffnet Abg. Gen. Schäfer, der sich mit dem Bergarbeiterversicherung und die Versicherung gleichgültigen oder interessanten Mitteilungen erst erinnerte sich Herr Strimpt der Tele- Abg. Johanis und dem Senator Klečak im der Privatangestellten verschlechtern. auch die Erwähnung des Namens Gajda gramme, die nun vollends dechiffriert wurden. Vorsitze teilt. Er führte u. a. aus: In ernster gefunden. Gajda war damals Hörer der Pariser Das Blatt des Ministerpräsidenten aber fand Stunde treten wir zusammen. Was wir heute Kriegsakademie und hatte in der Republif es zur selben Zeit noch angebracht, Herrn auf dem Gebiete der Sozialversicherung haben, selbst noch nicht aktiv gedient. Daß er in dem Gajda über die Verläßlichkeit und Brauchbarunter aufopfernder Mitarbeit der Arbeiter zustande gekommen. Sowjettelegramm genannt wurde, mußte die feit der Armee auszufragen, worauf der miß­ischechoslowakische Regierung immerhin auf den glückte Napoleon nicht verfehlte, seine fach­hoffnungsvollen jungen General aufmerkjam männischen Ratschläge zu erteilen und auf seine machen. Man durchstöbert doch nicht wochen demnächst erscheinenden Broschüren zu ver lang die Geheimpoſt einer fremden Macht, um weisen! Dringendere Arbeiten haben Gajda sich über Verdächtiges dann damit zu trösten, anscheinend abgehalten, diese Broschüren zu daß es schon harmlos sein werde. Hat man schreiben, für die sich vielleicht noch ein staat also den Werdegang Gajdas einer genaueren licher Verlag gefunden hätte, und wenn der fritisch- historischen Betrachtung unterzogen? Večer" immer noch neugierig ist, so muß cr Sat man aus den damals schon nicht mehr schon die Schlacht an der Sazava auf spärlich fließenden Quellen, etwa aus dem ihre strategischen Unterlagen hin erforschen. Material des Legionärmajors Kratochvil die Wir sind wahrhaftig nicht die Hüter der Stonduitenliste des Generals zusammengestellt? Armee und wollten es nie sein. Aber wir sind Hat man die rätselhaften Vorfälle von Wladi- die Anwälte der steuerzahlenden wostek, die viel weniger geheimnisvollen der Arbeitermassen, denen man jährlich sibirischen Anabasis Gajdas untersucht, die Milliarden für kostspielige Rüstungen Pariser Striegsschule auf den talentierten Vor- aus der Tasche zieht, und wir haben die Pflicht, zugsschüler aufmerksam gemacht? Der be an dieser Telegrammgeschichte nicht fommentar­schränkte Untertanenverstand mag glauben, daß los vorüberzugehen. Und so wenig wir es unter­dienſteisrige Beamte drauf und dran waren, lassen werden, den Arbeitern die für Moskau Die Regierungsparteien vertreten nicht das ehrenvolle Berbindung Interesse des Versicherten, sondern das der all das zu tun und sich darüber selarheit zu wenig ehrenvolle Verbindung verschaffen, was der Name Rudolf Geidis, alias mit Gajda und Strakowiecki als eine Unternehmer. Die Agrarier verfolgen das Radola Gajdas, in den Chiffretelegrammen der Begleiterscheinungen kommunistischen Ziel, die landwirtschaftlichen Arbeiter aus der der Sowjetregierung bedeutet. Die Leute, die Klassenkampfes" im wahren Lichte zu zeigen. Binsfußes auf 4% Prozent ist eine ernstliche das schöne Geschäft der Dechiffrierung russischer so wenig werden wir dazu schweigen, daß ge- Gefährdung der Zukunft der Sozialversicherung. Telegramme verrichteten, und jene, die sonst wisse Regierungsfreise wie aus den Tele- Nur der Uebermut des gegenwärtigen Regimes grammen hervorgeht schon im Jahre 1921 fann der Grund zu derartigem Vorgehen sein. noch erfuhren, was zwischen Moskau und Prag grammen hervorgeht an Geheimnissen ausgetauscht wurde, dachten in der Lage waren, Gajda unschädlich zu Die Hoffnung der Regierung, der Arbeiterschaft gar nicht daran, der Erwähnung Gajdas irgend- machen, daß sie aber in sträflicher Leichtfertig werde es gleichgültig sein, wer die Kranken­eine Bedeutung zuzumessen. Die Sowjetregie- feit Herrn Gajda groß und beinahe gefährlich lassen verwaltet, wird sich als trügerisch ex­rung. interessiert sich für einen tschechischen werden ließen. Man macht unzähligen Leuten weisen. Der Bourgeoisie sind ihre eigennüßigen Interessen wichtiger als das Interesse der General, was ist da schon weiter dabei! Legt's wegen fleinlicher Anlässe den Prozeß wegen Republik . Aus unserer Mitte muß der Ruf zum zu dem übrigen! Spionage, man sperrt jährlich Dußende wegen Stampfe ergehen gegen das schändliche Treiben Ist es nicht, als ob die waderen Männer, faum nachgewiesener und meist nicht gelungener des Bürgertums. die 1920 in Moskauer Telegrammen Läuse Spionage ein, man wirft Milliarden für den juchten und Generale fanden, in Vorahnung Militarismus aus und erzählt dem Volfe, das der großen Wission Gajdas ihn eben dieser auf alles geschehe zum Heile der Republik , zur Er sagt, es sei ein Trenbruch, den die tschechischen bewahrt hätten? Fürwahr, dieser Drogist aus haltung des Friedens. Aber man läßt einen Bürgerparteien begangen haben, eine zynische Göding war zu Höherem berufen und aber Mann an die Spitze der Armee gelangen, von Brovozierung aller arbeitenden Schichten in der Tschechoslowakischen Republik. Ein Teil dessen, gläubische Gemüter mögen schon glauben, daß dem man schon 1921 wissen konnte, daß er was schon das schwärzeste Oesterreich gegeben damals eine höhere Wacht, sei's ein alter durch seinen Charakter eine Gefahr für die hat, wird uns wieder genommen. Wir geben Slawengott, sei's der heilige Wenzel oder Republik bedeutet: In teinem zweiten Staate in einen Kampf, in dem wir erst Methodius, ihre schüßende Sand über den tünf- hat man so viel und so überschwänglich von der unsere wahren Freunde und Feinde tigen Führer der tschechischen Fascisten hielt militärischen Sicherung der Re- erkennen werden.

Es sind Einrichtungen in Gefahr, die man der Arbeiterschaft zugesichert hat in weit zurüdliegender Zeit.

Die Tat, welche die Regierungsmehrheit begehen will, wird sich an der Volkswirtschaft und am Staate bitter rächen.

Der erste Referent

Widerstand gegen die Regierungsabfichten. Zu diesem Kampfe rufen wir alle auf, die eine ernste Sozialpolitik wollen.

Sodann wird die Debatte eröffnet. Zunächst sprechen die Vertreter der Gewerkschaftszentralen Tayerle, Tučný, Schäfer und Hajef. Tayerle macht die Regierung auf merksam auf den entschlossenen Widerstand der Abg. Genosse Dr. Winter Gewerkschaften, Schäfer betont, daß der Kampf weist darauf hin, daß gerade in einer Zeit der gegen dieses Attentat auf die Rechte der arbei Konjunktur die Sozialversicherung vertenden Bevölkerung auf der ganzen Linie geführt schlechtert werden soll. Die Agitation gegen die werden müsse und man es nicht dulden dürse, Sozialversicherung wird unter wohlwollender wenn alle Organe der Sozialversicherung unter Duldung des Ministeriums für soziale Fürsorge das bürokratische Machtgebot gestellt werden. betrieben.

Eine Million Menschen will man von der Versicherung ausschließen und das nennt man eine Verbesserung des Geseẞes!

Senator Alečát

Sodann sprechen noch furz Jakob Polach, Hruška, Bösmüller der erklärt, daß ein solches Machwerk von Gefeßentwurf im alten Desterreich nicht möglich gewesen wäre und daß die gesamte Arbeiterschaft nun zusammenstehen müsse-, Bicha, Sen. Koutný, der der Gewerbepartei an gehörende Abg. Ježet, der sich für die gegen wärtige Sozialversicherung ausspricht, Kasprsit und Müller. Unter großzem Beifall wird sodann

die folgende

Entschließung

einstimmig angenommen:

Freudig haben wir das Gesetz über die Sozial. versicherung aufgenommen, welches die Kranken­versicherungsanstalten zu Trägern der Invalidi­täts- und Altersversicherung gemacht hat..

Wir waren uns dessen bewußt, daß uns eine große Arbeit erwartet und daß uns das Gesetz eine große Verantwortung auferlegt. Wir haben uns freudig zu dieser Arbeit gemeldet und haben feierlich erklärt, daß wir mit aller Kraft an der gedeihlichen Durchführung des Ge­setes mitarbeiten werden. Wenn sich auch balo gezeigt hat, daß die uns überwiesene Arbeit größer ist als ursprünglich erwarter wurde, haben wir alle unsere Begeisterung, alle unsere Kenntnisse und langjährige Erfahrung in den Dienst des großen Gedankens gestellt und erzielt, daß die Invaliditäts- und Altersversicherung zum feft­

gefeßten Termin, ohne irgend welche Störungen,

in Wirksamkeit treten konnte.

Wir hatten nicht nur Schwierigkeiten mit der neuen Amtierung, viel größere Schwierigkeiten