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Politische Ueberlicht.

Berlin  , den 17. Dezember. Die Flottenvorlage kommt!

Die übliche offiziöfe Einläutung, die vor jeder neuen Militär- oder Marinevorlage geschieht, ist auch diesmal prompt ins Wert gesetzt: das Dementi ist da. Die Nordd. Allg. Ztg." schreibt:

Einige Organe der freisinnigen und sozialdemokratischen Presse beschäftigen sich heute mit einem angeblich in Aussicht stehenden neuen Flottenplan. Wir sind in der Lage, auf das be-= stimmteste festzustellen, daß an teiner Stelle die Vorlage eines neuen Flottenplanes oder eine Abänderung des Flotten gesetzes beabsichtigt wird. An der ganzen Sache ist kein wahres Wort.

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Bimbam! Wenn die Norddeutsche" heute einen Plan in Abrede stellt, dann ist er sicher morgen bereits fertig, Wir entsinnen uns feines Falles, in dem dies Ver fahren nicht angewendet wurde. Erst soll natürlich die Militärvorlage unter Dach und Fach; eher giebt es feinen neuen Marineplan in der offiziösen Telephontammer der un Norddeutschen". Sind aber die Soldaten erst bewilligt, dann verändern sich die internationalen Verhältnisse wieder so stark und plöglich, daß unbedingt neue Schiffe nothwendig sind. Die Norddeutsche" dementirt das heißt: die Flottenvorlage kommt!

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Uebrigens ist das offiziöse Organ allzu kühn, wenn es sich anmaßt, die Absichten jeder Stelle zu kennen. Das ist heute unmöglich.-

Die Freifinnige Zeitung" bemerkt zu der verdächtigen Auslassung der Norddeutschen":

so

aber nichts liegt uns ferner als die Absicht, Eueren ge­rechten Wünschen nach Selbständigkeit und freier nationaler Entwidelung entgegenzu

treten.

er

Eingedenk der vielen faft unerschwinglichen Opfer, welche Euch zur Vorbereitung für den jezigen Krieg die kaiserliche Regierung bereits abverlangte, find wir weit entfernt, daß er gegen seine Ueberzeugung handle, naments lich Euch weitere Laften aufzulegen und verlangen wir bon niemandem, daß feine gegen Ueberzeugung handle, namentlich werden wir Entere heilige Religion achten und ehren, doch können wir offenen Widerstand nicht dulden und namentlich müssen wir hinterliftigen Verrath strenge strafen. Wenn Ihr uns freundlich entgegenkommt, werdet Ihr uns nur als Freunde und nicht als Feinde kennen lernen.

zufriedenes und zu allent schweigendes Beamtenthum zu gebieten, das glauben wir gern. Wir glauben aber auch, daß es nicht viele Beamte geben wird, die sich von der Bert. Storr." überzeugeit lassen: Stillschweigen und vertrauensvolles Abwarten sei der beste weg, wenn man seine Lebenslage verbessern will.

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,, Volksgemeinschaft".

In der Thronrede, mit der die gegenwärtige Reichstagsfeffion eröffnet wurde, war das vorlegte Wort der inhaltsschwere Ausbruck Voltsgemeinschaft". Darunter versteht man die innerliche Einheit der Nation, deren Glieder, von den geringsten" bis zu den höchsten", durch das Band der Rechtsgleichheit zusammengehalten sind. Wir wissen nun freilich längst, daß es eine Boltsgemeinschaft nicht giebt, daß wir vielmehr in einem Klaffenstaat leben, der Volks­zertlüftung ist.

Namentlich handelt Ihr thöricht, wenn Ihr aus Eneren Wohnungen flieht und diefe der Zerstörung preisgebt. Ihr thut besser, wenn Ihr die Soldaten freundlich erwartet und Ihr mit ihnen friedlich wegen der Lebensmittel unterhandelt, welche durch- pflichttreuer Beamter, hatte sich in einem Wahllokal mit Sozial aus nothwendig sind.

Die Militärbefehlshaber werden dann von Euch nicht mehr verlangen, als was durchaus nöthig ist und Euer Eigenthum schützen, welches Ihr durch Flucht dem Raube und der Plünderung preisgebt.

Das übrige überlassen wir mit voller Zuversicht dem Gott der Heerschaaren! Sollte unsere gerechte Sache obsiegen, dann dürfte sich vielleicht auch den Böhmen   und Mähren   der Augenblick darbieten, in dem fie ihre nationalen Wünsche gleich den Ungarn   verwirklichen können.

gründen.

Warum hat denn, als Abg. Lieber am Donnerstag im Reichs- Möge dann ein günstiger Stern ihr Glück auf immerdar be­tag die anwesenden Regierungsvertreter scharf provozirte, gegen­über den Behauptungen Bebel's über die Möglichkeiten einer Flottenvermehrung niemand das Wort ergriffen und dasselbe er­lärt, was wir jetzt in der Nordd. Allg. 3tg." lesen? Allzuviel Vertrauen wird auch die Erklärung der Nordd. Allg. 3tg." nicht hervorrufen; denn abgesehen davon, daß für die Richtigkeit der selben nur der Redakteur der Nordd. Allg. 3tg." verantwortlich ist, erinnert man sich auch noch, daß nach 1896 die Tirpitz'schen Flottenpläne auf das bestimmteste in Abrede gestellt wurden, nachher aber, als Herr Tirpiz Staatssekretär der Marine wurde, alsbald zur Ausführung gelangten.

Das preußische Oberkommando. Das hat denn auch die nationale" Bismärckische Politik ziemlich erreicht und es verlohnt sich, in unseren Tagen der nationalen" Ausweisungspolitik an dieses den Czechen verpfändete Wort Preußens zu erinnern.

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Zur Psychologie der ,, Exzeffe".

Saftbarkeit des Staates für Schäden, die durch irrthüm liche Rechtsprechung entstanden sind. Aus dem Großherzog thum Hessen   wird gemeldet:

Darmstadt  , 16. Dezember. In der heutigen Sigung der Zweiten Kammer erklärte Justizminister Dittmar, daß die Ne­gierung in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch   die Haftbarkeit des Staates für Schäden aufnehmen werde, die durch seine richterlichen Beamten verursacht

würden.

Jm Heilbronner Wahltrawall Prozeß sind, wie unsere Leser wissen, die sämmtlichen Angeklagten von der schweren Anklage des Landfriedensbruchs und Aufruhrs freigesprochen worden. Die Geschworenen haben damit ein richtiges Verständniß in das Wenn das hier Zugesagte durchgeführt wird, so wird damit in Wesen solcher Wahlunruhen bewiesen, die sich aus harmlosen Demon- dem kleinen Einzelstaat ein altes gerechtes Verlangen erfüllt werden. strationen nur dann zu entwickeln pflegen, wenn die Be- Man sollte freilich meinen, daß es als eine Anstandspflicht des hörden taktlos auftreten. Das hohe Maaß von Einsicht Staates betrachtet werden müßte, die durch irrthümliche Recht­soll bei den Heilbronner   Geschworenen voll anerkannt werden; denn sprechung herbeigeführten Schäden, so weit es möglich ist, wieder es muß ja berücksichtigt werden, daß es bürgerliche Geschworene gut zu machen und Entschädigung zu leisten. Bisher ist diese alte waren, die in der heutigen Zeit der Klassenjustiz Proletarier, die bemokratische Forderung bei den Regierungen jedoch noch stets auf für einen Sozialdemokraten hatten demonstriren wollen, frei- den größten Widerstand gestoßen.- gesprochen.

berneint worden sind.

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entwickeln.

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Deutsches Reich  .

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Immerhin ist man doch bemüht, wenigstens den Schein einer Art Volksgemeinschaft zu wahren; man ist ja entpört, daß wir die Nothwendigkeit des Klassenkampfes eingesehen haben. Zu der gestern mitgetheilten Disziplinarhandlung gegen den Braunschweiger Postschaffner Wolf wird nun die Legende von der Voltsgemeinschaft unerbittlich zerstört. Der Postschaffner, ein guter Patriot" und demokraten an einen Tisch gesezt und sich schauderbar! sogar mit ihnen in eine Unterhaltung eingelassen. Ueberdies hatte er in der Stichwahl zwischen dem Stonservativen und Sozialdemo traten sich gestattet, den letzteren für das fleinere Uebel zu halten. Wegen dieser Verbrechen wurde er zur Strafversetzung und Kürzung seines Gehalts um 2/8 verurtheilt.

heim sei und daher kein gwang, so zu stimmen, als der vorgesetzten Vergeblich hatte der Vertheidiger ausgeführt, daß die Wahl ge­Behörde es angenehm sei, für Beamte erſtehe.

und

Moralisch sei nothwendig, daß Jeder so wähle, wie er denkt nd kein Gesez hindert den Beamten, auch außerhalb seiner Beamten­pflicht, ſeine Gesinnung zu bethätigen. Die Bethätigung sozial­demokratischer Gesinnung ist keine Dienstverlegung. Die Beamten find nicht fürstliche, sondern Reichsbeamte, und Untreue sei es da­her nicht, wenn einer sozialdemokratisch wähle. Es verdiene keinen Tadel, daß der Angeklagte bei den Sozialdemokraten sigen blieb, denn soweit sind wir Gott sei Dant noch nicht, daß den Beamten verboten wird, neben Sozialdemokraten zujizen. Die Sozialdemokraten sind anständige und ebenso noble Leute, welche Meinung der Angeklagte auch ebenfalls hatte.

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Das Gerichtsurtheil stellte dem Optimismus des Vertheidigers gegenüber fest, daß wir Gott sei Dant" doch schon so weit sind. Der Angeklagte habe die Uniform geschädigt, da er den Verkehr mit den Sozialdemokraten im Wahllokale nicht abgebrochen habe. Ihm seien die unfittlichen Bestrebungen der Sozial. bemokratie, die auf den Umsturz der bestehenden Gesellschafts­ordning gerichtet seien, bekannt, und nur sein Leichtsinn habe ihn bor härterer Strafe bewahrt.

Die sozialdemokratischen Bestrebungen find zwar so fittlich, daß fie geradezu aus der Ethik abgeleitet werden können. Aber ein moderner Justizbeamter bedarf, um die nöthige Examina zu be­stehen, nicht des Nachweises, daß er mit Erfolg philoſophiſche Kollegien besucht hat.

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Die Gesegesvorlage über den Schutz der Arbeitswilligen stedt noch so tief in den Vorstadien, daß es einigermaßen zweifelhaft ist, ob sie vom Reichstag in dieser Session noch verabschiedet werden kann. Der Kaiser hat bekanntlich schon im Herbst versichert, daß die Zuchthausvorlage ihrer Vollendung und: An einem Kaiserwort soll man nicht drehen noch deuteln." entgegengehe. wir glauben deswegen, daß schon für die baldige Einbringung des Buchthausgesetzes gesorgt werden wird, wenngleich es ja bei den Regierungen einige Schwierigkeiten zu machen scheint, das vom Kaiser angekündigte Gesez mit der Bestimmung durchzudrücken, das jeder, der zum Streit anreizt, mit Zuchthaus bestraft werde.

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Und so fann es denn in diesen Kreisen für sittlich gelten, daß Bolfsgenossen wie Ausfähige gemieden werden müssen, sofern fich Uniformträger nicht strafbar machen sollen. Wenn sich die herrschen­den Klassen in das Ghetto ihres Standesbewußtseins und ihrer Daß Arbeiter, die in politisch erregter Zeit ihrer Meinung in Hyndman Ueber das Verhältniß zwischen England und Frankreich   forretten Gesinnung einsperren wollen, so haben wir nichts dagegen. vielleicht nicht immer ganz verständiger Weise Ausdruck verleihen, hat unser Genosse& yn d man in London   für die Pariser Betite Nur rede man fürder nicht mehr von Volksgemeinschaft und sei doch bei bürgerlichen Geschworenen im allgemeinen ebenso schlecht auf Republique" einen hochinteressanten Artikel geschrieben, in welchem so konsequent, zu verhindern, daß die sozialismusreinen Jünglinge gehoben find wie bei den politisch und sozial anderen Kreisen an- Trotz des jetzt in England graffirenden Kriegsfiebers und trop der Das ist doch eine weit engere Berührung, als das Miteinanderſizen er die Nothwendigkeit einer Annäherung beider Länder darlegt. mit den Verseuchten" zusammen in die Kasernen gesperrt werden. gehörenden gelehrten Richtern, berveist der fast gleichzeitig mit dem bort herrschenden Ueberzeugung, auch gegen eine russisch- französische im Wirthshaus! Heilbronner   Prozeß verhandelte Helmbrechtser Aufruhr- Allianz, ja selbst gegen einen russisch- deutsch  - franzöſiſchen Dreibund 100 spirtis 2912 und Landfriedensbruchs- Prozeß. Dort haben die bayerischen Geschworenen diefelben schweren Schuldfragen bei ganz was wir aus eigener Erfahrung bestätigen tönnen von großer Mittheilung zu: fiegreich fämpfen zu können, sei die Masse des englischen   Volkes- Buchthausgeseh. Der Frankfurter Beitung" geht die folgende ähnlicher Sachlage bejaht, die von den schwäbischen Laienrichtern Sympathie für Frankreich   und das französische   Volt befeelt. Und Allerdings fehlte in dem bayerischen Prozesse ein Hegelmaier der Zivilisation und des Fortschritts wäre, wenn Frankreich  führt weiter aus, daß es jedenfalls im Interesse als Milderungsgrund. Herrn Hegelmaier haben die Heil- und England wieder, wie zu den Zeiten des Krimkrieges, Hand in bronner Geschworenen eigentlich allein verurtheilt, der Zeuge Sand gingen. An die Dauer der chauvinistischen Strömung, so wie wurde hier zum Angeklagten und moralisch Berurtheilten. fie durch Chamberlain vertreten ist, glaubt Hyndman   nicht, hält Gar viel und nicht viel Gutes ist von dem Heilbronner   Scharfmacher aber den Krieg mit Rußland  , auch bei momentanem Zurüdweichen während der acht Tage dauernden Gerichtsverhandlung gesprochen Rußlands  , für unvermeidlich. So viel für heute. Hyndman   wird dem worden. Konrad Haußmann, der bekannte süddeutsche demokratische worden. Konrad Haußmann, der bekannte füddeutsche demokratische Abgeordnete, gab eine treffsichere Charakteristit des städtischen Gewaltigen nächst seine Ansichten über die Weltlage im Vorwärts" des näheren von Heilbronn  , seine Beweisführung war für Herrn Hegelmaier geradezu vernichtend. Und niemand fand sich, der diesen schwer kompromittirten Zeugen in Schutz nahm. Nicht der Oberstaatsanwalt, nicht einmal der Vor­figende, der in seinem ganzen sonstigen Verhalten darauf ausging, den Geschworenen die Ueberzeugung beizubringen, daß die Angeklagten des Aufruhrs und Landfriedensbruchs schuldig seien, hielt es für an- wendet sich in einem langen Artikel die amtliche Berliner   Korre: gebracht, für Hegelmaier eine Lanze zu brechen. Nur der Zweite spondenz". Die Beamten jollen mit den Gehältern, die ihnen die Staatsanwalt, der staatsanwaltlicher wie der Oberstaatsanwalt fein Staatsregierung zahlt, zufrieden sein und sollen vor allem nicht wollte, machte einen schüchternen Versuch nach dieser Richtung. Es öffentlich für Aufbesserung ihrer Lebenslage agitiren. Doch wir blieb aber bei einem Versuch, der bei den Geschworenen nicht den wollen das Organ des Herrn v. d. Recke   selber sprechen lassen: mindesten Eindruck machte. Auffälligerweise hat sich gewiffermaßen als Begleiterscheinung der fortgesezt sich günstiger gestaltenden materiellen Lage der Beamtenschaft eine stets anwachsende Agitation zu gunsten fernerer Gehaltsaufbesserungen bemerklich gemacht Die Freifinnige Vereinigung hat sich, noch bevor die erste und immer weitere Kreise der Unterbeamten in ihren Bannkreis Berathung der Militärvorlage im Reichstag stattgefunden, gezogen. Die Betheiligung an diesen agitatorischen Bestrebungen bereits vollständig mit derselben befreundet. In ihrer Presse wird vor ist nicht geeignet, der Erfüllung der von den Unterbeamten gehegten jedem Widerstand abgemahnt. Die Nation" meint, man fönne schon weiteren Wünsche die Wege zu ebnen. Man wird der Staats- jezt schließen, daß die Militärvorlage trog ihrer schweren Mehr­regierung das Zeugniß nicht versagen können, daß sie nach besten belastung nicht auf sehr starken Widerspruch stoßen werde. Auch die Kräften und mit großem Erfolge bemüht gewesen ist, eine Hebung gesegliche Festlegung der 2jährigen Dienstzeit herbeizuführen, wird die der Lebenshaltung der Unterbeamten zu fördern und deren Bus Freifinnige Vereinigung nicht versuchen, denn, so meint die Nation", funft sowie diejenige ihrer Familienglieder zu sichern. Welchen diese dauernde gefeßliche Festlegung habe gegenwärtig im Wesents Umfang die Aufwendungen für diese Zwecke seit dem Etatsjahre lichen nur noch theoretisches Interesse. Das ist der politische 1890/91 gewonnen haben, läßt sich schon daraus ermessen, daß Standpunkt einer" Oppositionspartei". die jährliche Mehrbelastung, welche das preußische Volk unter Hinzurechnung der von den kommunen aufgebrachten Leistungen lippische Thronfolgefrage", so erklärt der Reichs- Anzeiger", wurde ,, Eine Vorlage von Schaumburg- Lippe   betreffend die in Folge dieser Aufwendungen zu tragen hat, auf etwa 150 Mil- im Plenumi des Bundesraths am Donnerstag den zuständigen Aus­Millippische lionen veranschlagt werden kann,

Unsere Partei ist aus dem Heilbronner   Prozeß rein hervorgegangen. Alle die Lügen und Ver= Teumbungen, die damals über unsere Parteigenossen in aller Welt verbreitet wurden, konnten in dem Prozesse nicht einmal von der Anklagebehörde berwerthet werden. Diejenigen Zeugen, welche thatsächlich der sozialdemo ratischen Partei angehören, machten den allergünstigsten Eindruck, fie benahmen sich viel ruhiger und gesitteter, als z. B. der Führer der Gegenpartei, der politische Heißsporn Hegelmaier.

Wir können das Urtheil für uns zitiren, das ja nicht von Proletariern, sondern von gut bürgerlichen Geschworenen gefällt ist und darum auch für unsere Feinde einwandsfrei sein dürfte.

Das ,, nationale" Preußen.

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Jm Reichstag meinte neulich der Mannheimer   national­liberale Rechtsanwalt Bassermann:

Wir halten am Dreibund fest, sehen aber mit einem gewiffen Bangen auf die innere Entwidelung Desterreichs, die die Feinde der Deutschen   in den

Vordergrund bringt..."

Am Bundesrathstische nickte man diesem Erkurs beifällig zu, und es war niemand im Hause, der Herrn Bassermann und die Regierungsleute darauf aufmerksam gemacht hätte, daß der Triumph der Czechen eigentlich die Einlösung eines von den Preußen gegebenen Versprechens ist. Die Münchener Post" holt das nach, indem sie folgendes Aftenstück in die Erinnerung ruft, das 1866 in Prag   an allen Straßenecken angeschlagen war:

Böhmen  !

Preußische Proklamation nach der Schlacht bei Königgräh. Einwohner des glorreichen Königreiches Infolge des gegen unsere Wünsche vom Kaiser von Desterreich herbeigeführten Krieges, betreten wir nicht als Feinde und Eroberer, sondern mit voller Achtung für Eure historischen und nationalen Nechte Eueren heimischen Boden. Nicht Krieg und Verheerung, sondern Schonung und Freund­schaft bieten wir allen Einwohnern ohne Unterschied des Standes, der Konfessionen und Nationalität.

An die Beamten 1 hyd

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Das neue Geschenk des Kaisers an den Reichstag, das Kriegsschiffe", die unter Benutzung amtlichen Materials und wir gestern erwähnten, ist eine Wandtafel deutscher unter Mitwirkung des Marinemalers Willy Stöver bearbeitet ist. Die Starte ist in der Bibliothek aufgehängt worden. Sie zeigt in unter Mitwirkung des Marinemalers Willy Stöwer   bearbeitet ist. farbiger Lithographie eine Seitenansicht und den Durchschnitt des die Karte ist in der Bibliothek aufgehängt worden. Sie zeigt in beiden großen Kreuzer Fürst Bismard" und" Freya  ", sowie zwei inienschiffs Kaiser Friedrich III.", des Streuzer Geyer" ber Torpedoboote.  -

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leber gewisse Grenzen könne jedoch bei Hebung der Lebens- schüssen überwiesen. Der Fürst von Schaumburg- Lippe   ist bekannt­lage der Beamten nicht hinausgegangen werden, da es sich hier um lich der Schwager des Kaisers, der seinerseits Anspruch auf die dauernde Ausgaben handele, die auch in finanziell ungünstigen Zeiten Thronfolge in Lippe macht.- zu leisten seien. Dann heißt es weiter: Politischer Meineid. Zu dem hannoverschenmeineids­

Von der Einsicht der Unterbeamten wird erwartet werden prozeß bemerkt die Frankfurter Beitung": können, daß sie sich nicht der Hoffnung hingeben, durch öffent- Bum zweiten Male hat sich in Deutschland   der Fall ereignet, liches agitatorisches Vorgehen materielle Vortheile über diejenige daß ein Gericht das Verbrechen des politischen Grenze hinaus erlangen zu können, deren Innehaltung im Juteresse meineides als vorhanden angenommen hat. Als im Auguſt der Aufrechterhaltung eines geordneten Staats- Haushalts als ein des Jahres 1895 das Schwurgericht in Essen   den ehemaligen Gebot dringendster Nothwendigkeit angesehen werden muß. Jeden- Kaiserdeputirten Schröder und seine Mitangeklagten des wissentlichen falls würde durch eine derartige Agitation weder die Haltung Meineides für schuldig erklärte, weil fie die Darstellung eines der Staatsregierung, noch diejenige des Landtags der Monarchie sozialdemokratischen Blattes über Vorgänge in einer tinmultuarischen in einer den Unterbeamten günstigen Nichtung beeinflußt werden Volksversammlung unter ihrem Eide für richtig erklärt tönnen. hatten, während der als Gegenzeuge fungirende Gendarm die

Der letzte Satz heißt unzweideutig, daß die öffentliche Agitation Unrichtigkeit beschworen hatte, wurde das lirtheil in Deutschland  für Gehälteraufbesserung die matgebenden Instanzen in eine den weitaus überwiegend mit Erstaunen darüber aufgenommen, daß im Beamten ungünstige Stimmung verfeße und den Beamten eher Laufe der Verhandlungen ganz ausbrüdlich als einziges Motiv des schaden als nüßen werde. Diese Versicherung wirft auf die Meineides die Absicht, den Parteigenossen zu retten, augenonumen Charaktereigenschaften der Regierung kein günstiges Licht. Was foll war... Jezt hat wieder ein Gericht einen politischen Meineid au­denn ein armer, abhängiger Unterbeamter thun, der seine und seiner genommen und zwar auf nicht bessere Gründe hin wie in dem Familie Lage nach fümmerlichen Jahren des Wartens endlich einmal Effener Falle... gebessert sehen möchte? Es bleibt ihm nur der Weg der Petition In dem Hannoverschen Falle ist wegen wissentlichen Meineides und der Agitation, um die Oeffentlichkeit und die Voltsvertretung auf 3 Jahre Zuchthaus, 10 Jahre Ghrverlust und dauernde Un­den biza für die Hebung seiner Berhältnisse zu intereffiren. fähigkeit zum Zeugeneide erkannt, obgleich in Und die Beamten wissen denn auch sehr gut, daß dieser Weg herigen Berichten für den wissentlichen Meineid fein Lasset Euch von unsern Gegnern und Verleumdern nicht ein- der einzige iſt, auf dem fie vorwärts kommen. Wenn die offiziöse anderes Motiv angeführt wird, als daß der Angeklagte Ermahnung von einer fortschreitenden Verbesserung der Lage der Sozialdemokrat war, und der, zu dessen Gunsten er den Gid flüstern, daß wir aus Eroberungssucht diesen Unterbeamten spricht, so tann fie dies nur, weil für die Erhöhung leistete, derselben Partei angehörte. Das Vorgehen der Anklage­jezigen Krieg hervorgerufen! Oesterreich   hat der Unterbeamtengehälter seit Jahren ein systematischer Kampf ge- behörde sowohl wie des Gerichts fällt dabei auf durch seine merk uns zum Kriege gezwungen, indem es mit den führt wird, in dem die Sozialdemokratie in vorderster würdige Einseitigkeit. Für den des Meineids Beschuldigten Tag nur deutschen Regierungen uns überfallen wollte; Reihe steht. Daß es der Regierung lieber ist, über ein mit allem ein künstlich konstruirtes Motiv zum Meineid vor, nicht der

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