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r. 302. 15. Jahrgang. 2. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt. Sonntag, 25. Dezember 1898.

Armen- Unterstützungswesen

auf dem Lande.

Der Ausfall der Neichstagswahlen in den ländlichen Bezirken Ostpreußens   jagte den konservativen Parteiführern einen nicht geringen Schred in die Glieder. Sie erließen gleich nach der Wahl einen Aufruf, in welchem sie ihren Parteigenossen anriethen, sich mehr als bisher um ihre Arbeiter zu fümmern, für ihr leibliches Wohl zu sorgen und ihnen vor allem auch zum Bewußtsein zu bringen, daß im Alter für sie gesorgt sei.

Versammlungen.

der Ortsarmen ob. Auf den Gütern, ebenso in den Dörfern, ist Das ganze Armen- Unterstüßungswesen auf dem Lande bedarf meist eine Armtenstube, wo dann die Unterstützungsbedürftigen einer durchgreifenden Umgestaltung, die, verständig durchgeführt, untergebracht werden. Die Gemeinden zahlen monatlich eine ebenso im Interesse der Besizer, als im Interesse der Arbeiter liegt. Kleinigkeit in Baargeld   und Naturalien, wobei vorausgesetzt wird, Darf man aber von der junkerlich- preußischen Regierung eine zeit­daß der Unterstützte sich durch geringe Dienstleistungen noch soviel gemäße Neuregelung dieser Verhältnisse erwarten? zu verdienen kann, als er zur Erhaltung seines Lebens braucht. Die Gutsarmen sind ebenfalls auf das lettere an gewiesen, im übrigen können sie sich täglich ihr Essen vom Hofe holen. Solange diese Armenstübler noch auf Beinen sind und Gelegenheit haben, hier oder dort ein paar Pfennige zu verdienen, geht es noch mit ihrem Loos. Tieftraurig wird es erst, wenn sie Die Generalversammlung des Verbandes der Möbel­durch vorgeschrittenes Siechthum ans Lager gefesselt werden. Da polirer, welche am 19. Dezember stattfand, beschäftigte sich mit den fümmert sich dann meist niemand um sie und die Qualen des Anträgen des Vorstandes, betreffend die Einführung eines Sterbe­Wie die Herren von Ar und Halm für das leibliche Wohl ihrer Hungers bleiben ihnen oft nicht erspart. Und es kommt gar nicht geldes und Gewährung der üblichen Krankenunterſtügung. Nach Arbeiter sorgen, ist hinlänglich bekannt; der Erfolg dieser Fürsorge zu selten vor, daß diese Aermsten Hand an sich legen, ihrem Jammer- längerer Debatte wurde beschlossen, diese Anträge erst in sämmtlichen tritt am deutlichsten bei der massenhaften Abwanderung der oft- basein ein Ende zu machen. elbischen Landarbeiter nach dem Westen und dem dadurch ent­Filialen zur Diskussion zu stellen, um sie dann in einer späteren Gegen die Festsetzungen der Ortsarmen- Verbände ist eine Bersammlung endgiltig erledigen zu können. Der Antrag des Vor­standenen Landarbeitermangel zu tage. Die qualvollste Leidenszeit Beschwerde nur beginnt für den Landarbeiter erst, wenn er zu der Kategorie der scheidungen dieser letzten Körperschaft sind endgiltig. nur an den Kreisausschuß zulässig. Die Ent- ſtandes, die Mitglieder E. Moes und Reißel auszuschließen, Ortsarmen übergehen muß. Dann wird ihm zum Bewußtsein wurde angenommen. Sodann referirte Weber über den Zweck Die Ortsarmen Verbände versuchen natürlich vorerst die alten der Kontrollkarten. Er wies in trefflicher Weise auf den Werth der gebracht, wie für sein Alter gesorgt ist. unterstützungsbedürftigen Leute bei ihren erwachsenen Kindern unter- Statistit hin und ermahnte die Mitglieder, die Karten gewissenhaft Nach den bestehenden Bestimmungen sind die Gutsbefizer, wenn zubringen. Dadurch sichern sich die Gutsherren noch die Arbeits- auszufüllen. Die Ablieferung der Karten muß spätestens am 8. Januar es sich um einen selbständigen Gutsbezirk handelt, die Dorfgemeinde, fraft der jungen Frau, da die Pflicht des Kinderivartens nunmehr in den Zahlstellen oder bei H. Schulz erfolgen. wenn eine solche in Frage steht, verpflichtet, alle diejenigen ihrer den alten Eltern übertragen wird, sodaß die Frau täglich zur Ortszugehörigen im Falle der Bedürftigkeit zu unterstüßen, die Arbeit gehen kann. Sind die Armen derartig untergebracht, Der Verband der Ban-, Erd- und gewerblichen Hilfs. mindestens 2 Jahre an dem betreffenden Orte ansässig gewesen sind. dann wird ihnen meist ein lächerlich geringer Betrag, arbeiter( Bahlstelle Berlin IV, Bußerträger) hielt am 19. Dezember Daraus ergiebt sich schon, daß die Gutsvorsteher ebenso wie die etwa 3 M. pro Monat noch als Unterstützung gewährt. Ja es eine Generalversammlung ab. Wegener erstattete den Jahres­Gemeindevertretungen ihr Augenmerk darauf richten werden, Leute, fommt sogar vor, daß die Herren sich in diesem Falle ganz der bericht der Ortsverwaltung, derselbe gab zu Ausstellungen feinen bei denen die Bermuthung nahe liegt, daß sie in nicht allzu Unterstüßungspflicht entziehen. Beschwerden beim Kreisausschuß haben Anlaß, der Borstand wurde entlastet. Bei der hierauf vorgenommenen langer Zeit der öffentlichen Armenpflege zur Last fallen selten Erfolg. Nicht gar zu selten haben sie den Erfolg, daß den Neuwahl des Gesammtvorstandes wurden die bisherigen Vorstands­könnten, bei Zeiten abzuschieben, und zwar so zeitig, daß sie Beschwerdeführern vom Orts- Armenverband die Unterbringung in mitglieder mit Ausnahme des zweiten Saffirers wiedergewählt; die noch an einem anderen Ort die Unterſtüßungswohnberechtigung er- der Anstalt in Tapiau   angedroht wird. Natürlich sträuben sich letztere Wahl fiel auf Gustav Koch. Als Kandidat zum Delegirten langen. die alten Leute dagegen und verlieren damit oft den für den Verbandstag wurde Bogedein aufgestellt, die endgiltige In den Gutsbezirken ist das Abschieben der älteren Leute Anspruch auf Unterstützung. Ueberhaupt ist die Ueber Wahl des Delegirten soll in einer außerordentlichen Mitglieder- Ver­weniger schwierig; fie erhalten den Ziehschein und müssen sich eine weisung an die Anstalt einer der dunkelsten Punkte im ganzen fammlung am 2. Januar vorgenommen werden. Das schädliche andere Arbeitsstelle suchen, was ihnen um so weniger gelingt, Armenunterstügungswesen auf dem Lande. Jeder Ortsarmenverband Treiben des allen Bauarbeitern wohlbekannten Auch- Kollegen" als es ihnen anzusehen ist, daß sie nicht mehr im Boll- tann, wenn er ca für zweckmäßig erachtet, einen oder den anderen, Oskar Schulz wurde einer scharfen Kritik unterzogen, und als­besiz ihrer Arbeitskraft sind. Schwieriger gestaltet sich die der von ihm unterstützten Ortsarmen der Provinzialanstalt über- dann noch einige interne Vereinsangelegenheiten erledigt. Sache schon in den Dorfgemeinden, wo derart von den Gütern weisen. Gegen eine derartige Ueberweisung kann der davon Be- an Abgeschobene oft noch als Freiarbeiter sich niederlassen. Sobald die troffene Beschwerde beim Kreisausschuß erheben. Giebt dieser der Eine Mitglieder Versammlung des Zentralverbandes Gefahr erkannt ist, die dem Gemeindesäckel droht, dann versucht man Beschwerde nicht statt, dann muß sich der Armie fügen, deutscher Maurer( Bahlstelle II) nahm am 20. d. M. den Bericht auch das unangenehme neue Gemeindemitglied los zu werden. Und will er nicht die Unterstügung verlieren. Geradezu himmel- über die stattgehabte Streistonferenz entgegen. Der Berichterstatter da giebt es, da der Mann, so lange er noch arbeiten kann, bei den schreiend find oft die diesbezüglichen Verfügungen der Orts- Armen- W. Müller gab an der Hand eines reichhaltigen Zahlenmaterials Gutsbesizern in der Nachbarschaft Gelegenheit hat, das zum Lebens- verbände. Man scheut sich nicht, Ehegatten, die ein Menschenalter der Meinung Ausdruck, daß nur in der Zentral- Organisation unterhalt dringendst Nothwendige zu verdienen, nur ein Mittel: Der hindurch Freud und Leid gemeinsam getragen haben, im Alter aus- die Interessen der Arbeiter wirksam vertreten werden können. Hauswirth fündigt ihm die Wohnung und kein anderer Befizer der einanderzureißen und einen der Gatten der Anstalt zu überweisen. Sönig wies darauf hin, daß erfolglose Streits in der Regel auf Gemeinde vermiethet eine Wohnung an ihn. Dadurch ist derjenige, Diejenigen, die sich so oft als die berufenen Hüter von Ehe und Konto der Organisationslosigkeit der Arbeiter zu ſehen sind. Bur der noch nicht unterstützungswohnberechtigt ist, ohne weiteres ge- Familie gegen die alles zerstörende Sozialdemokratie aufiverfen, Kenntniß wurde gebracht, daß die Sperre über die Firma Schulz zwungen, den Ort zu verlassen. sie machen sich kein Gewissen daraus, Ehegatten noch am in Charlottenburg   aufgehoben ist. Aber auch bei Leuten, die schon länger als zwei Jahre in der Lebensabend auseinander zu reißen, nur um eventuell der Armen­Gemeinde wohnhaft sind und Abgaben gezahlt haben, wird dasselbe fasse oder bei den Gutsbesizern, die selbst einem Gutsbezirk vor Die in Solzbearbeitungs- Fabriken und auf Solzplähen Verfahren in Anwendung gebracht, wie folgender, kürzlich in einem stehen, der eigenen Schatulle, ein paar Mart zu erhalten. Zahlreich beschäftigten Arbeiter( Filiale 2) hielten am 20. Dezember eine Weit­Dorfe in Kreise Pr. Eylau vorgekommener Fall beweist. sind die Fälle, wo die alten Leute nicht von einander ließen, zur gliederversammlung ab, die leider schwach besucht war. Theodor Ein dort wohnender Freiarbeiter war, trotzdem er sich noch Hälfte die Armenunterstügung verloren und lieber vereint hungerten, tener referirte über das Thema: Arbeiterrecht und in den besten Jahren befindet, durch schwere anhaltende ehe sie sich trennten. Sapitalistenfreundlichkeit". Unter Vereinsangelegenheiten wurde über Krankheit in seiner Arbeitskraft etwas geschwächt. Das scheint bei den Damit ist den Armenverbänden aber gerade gedient, und es den Anschluß an den deutschen Holzarbeiter- Verband verhandelt und Gemeindevertretern die Befürchtung wach gerufen zu haben, der be- fieht oft so aus, als ob die leberweisung nach der Anstalt mur an- beschlossen, die Januarversammlung lediglich zu einer Diskussion treffende Arbeiter könnte in einiger Zeit mit seiner Familie der Gemeinde gedroht wird, um die Unterstügungen herabzudrücken. Mit der über diesen Gegenstand zu benußen. Bekannt gegeben wurde, daß zur Last fallen. Es galt ihn also abzuschieben. Trotzdem er immer Drohung auf Ueberweisung an die Anstalt find gewisse Herren überhaupt am 11. Februar in Puhlmann's Lokal, Schönhauser Allee  , ein richtig und pünktlich die Miethe gezahlt hatte, wurde ihm die Woh schnell bei der Hand, insbesondere wenn der Arme ihnen etwas Maskenball stattfindet und zu zahlreicher Betheiligung aufgefordert. nung gekündigt. Er suchte im Orte selbst wie in benach- widerhaarig dünkt oder sie darauf ausgehen, die Hungerbrocken noch barten Gemeinden Wohnung, doch überall ohne Erfolg. Das zu verringern, wie auch aus folgendem Fall erhellt: Schöneberg  . Am 19. Dezember tagte hier bei Obst eine Ver­einzige, was er erhielt, waren Bescheinigungen von ber In einer Ortschaft im Landkreis Königsberg wird ein Mann sammlung des Arbeiter- Bildungsvereins, in welcher der Genosse schiedenen Besitzern, daß er bei ihnen sich vergeblich um eine Wohnung mit seiner Familie von der Gemeinde unterstützt, da ihm der Schubert über die neuesten politischen Ereignisse" referirte. Die bemüht hatte. Der Mann konnte also nicht ziehen und wurde rechte Arm bis über dem Ellbogen amputirt ist, er also nächste Versammlung( Generalversammlung) findet am Montag, den fchließlich nebst Familie mitsammt seinen Habseligkeiten vom Erefutor keine Arbeiten verrichten fann. Die Versicherungsanstalt 2. Januar 1899 statt, in derselben gelangt die Broschüre von Bebel: auf die Straße gefeßt. Erst auf Vorstellung beim Amtsvorsteher hat den Anspruch auf Invalidenrente abgewiesen, weil der Grad Bollsheer, nicht stehendes Heer" gratis an die Mitglieder zur Ver wurde ihm erlaubt, in der Gemeinde Armenstube mit den Seinen der Erwerbsunfähigkeit des Krüppels noch nicht die Bewilligung theilung. sich ein Unterkommen zu suchen. Diese Stube ist ein kleiner schmaler einer Invalidenrente rechtfertigt. Der Mann ist nicht in der Arbeit Raum in einem halbverfallenen Hause, den die Familie, um seinen Arm gekommen, hat also auch keinen Anspruch auf Unfall bestehend aus Mann, Frau und zwei Kindern, noch mit rente. Er erhält mumehr von der Gemeinde freie Wohnung, einem anderen dort wohnenden Mann theilen muß. Die Wohnung, monatlich 3 Mart und einen Scheffel Getreide. Sei es mun, die der Mann bisher bewohnte, steht I e er. daß der Gemeinde diese Unterstützungsbürde zu schwer ge­worden, oder sei es, daß andere Gründe die Herren ge­leitet haben, kurzum, man hat: dem Manne, der eine Frau Daß sich durch derartige Maßnahmen die Gutsherren beziehentlich und ein Kind von 6 Jahren hat, mit leberweisung nach der Anstalt Dorfgemeinden nicht vollständig ihrer Unterstützungspflicht ent- gedroht. Von Weib und Kind soll er gerissen werden, weil es die ziehen können, ist am Ende selbstverständlich, denn an einem Armen, pflege" so erheischt. oder dem anderen Ort bleiben die Herumgestoßenen doch So zeigen die Herren Agrarier ihren Arbeitern, daß im Alter hängen und werden schließlich dorthin übergeführt, wo fie für sie gesorgt ist. Und die Arbeiter haben das rechte Gefühl dafür, C Unterstüßungswohnsiz haben. Nunmehr hat der zuständige Ortsarmen- sie sind erbittert über diese Art von Fürsorge im Alter, fie merken Verband feines Amtes zu walten und die Unterstüßung festzusetzen. es wohl, daß man sie gleich einer ausgedrückten Zitrone fortwirft, Jm selbständigen Gutsbezirk bildet der Gutsbesizer in nachdem sie sich ein Menschenalter hindurch für ihre Arbeitgeber eigener Berson den Ortsarmen- Verband, in der Gemeinde gequält haben. Gemeinde gequält haben. Und nicht zum geringsten trägt diese ländliche wird er aus der Mitte der Gemeindemitglieder gebildet. Armenfürsorge auch dazu bei, daß die jüngeren Landarbeiter bei Zeiten 3,70 W.­Diesem liegt in erster Linie die Bestimmung über die Versorgung ihre Habe aufpacken und nach dem Westen, nach den Städten ziehen.

So versuchen Gemeinden sich der ihnen drohenden Armen unterstützungspflicht zu entziehen.

10. Dr. Reusing, zu 2 Jahren Festungshaft verurtheilt, weil er

Einige bemerkenswerthe Begnadigungen seinen Kollegen Dr. Flicher in Bonn   im 3 weikampf erichoijen

aus dem Jahre 1898.

Das nachfolgende Verzeichniß macht feinen Anspruch auf Voll­ständigkeit. Die angeführten Daten beziehen sich, soweit nichts Anderes angegeben, auf die Nummer des" Vorwärts", in welcher die betreffende Nachricht enthalten war.

1. Der Pianist Georg Liebling  , wegen mißhandlung des Musit- Kritikers Löwengard zu einer Gefängnißstrafe verurtheilt, wird, wie er selbst der Presse aus Algier   mittheilt, zu einer Geld­Strafe von 500 m. begnadigt.( 4. Januar 1898.)

2. Der frühere Feldwebel Bartelt aus Neisse  , bom Kriegs­gericht zu 7jährigem Zuchthaus verurtheilt, weil er seine Frau erichossen hatte, wird, nachdem er 42 Jahre verbüßt, be­gnadigt.( 11. Februar.)

hatte, wird begnadigt( 3. Juni). Die ,, Germania" bemerkt zu dieser Meldung:" Zur Bekämpfung des Duellumfugs trägt die fortwährende Begnadigung der Duellanten ganz gewiß nicht bei".

11. Der wegen unberechtigter Vornahme einer Berhaftung und Körperverlegung im Amte zu 4 Monaten Gefängniß verurtheilte Schumann Josef Barstowiak in Posen wird zu 4 Wochen Gefängniß begnadigt( 23. Juli).

=

Aut

27. Dezember( 3. Weihnachts- Feiertag) findet in den Arminhallen", Kom­Samariter Kursus für Arbeiter und Arbeiterinnen. mandantenstr. 20 eine Weihnachtsfeier statt. Anfang 6 Uhr( siehe Inserat). Den Kolonnenmitgliedern zur Nachricht, daß die Sigung im Dezember ausfällt. Der Vorstand. Landsmannschaft der Schleswig Holsteiner  . Heute, abends 6 Uhr in G. Feuerstein's Festfälen, Alte Jakobstr. 75, Weihnachtsfeier ver­bunden mit Kinderbescheerung, Vorträgen und Tanz. Bergnügungsverein Alemania  . Heute Abend 7 Uhr im Englischen  Hof, Neue Noßstr. 3, Weihnachtsfeier verbunden mit Tanzkränzchen, Präfent­Bertheilung und Vorträgen.

Briefkasten der Expedition.

Krüger, Spremberg  . Inserat fostet bei zweimaliger Ausnahme

Aus der Wilhelmstraße.

Wegen groben 11nfugs ist in Birna ein Arbeiter bestraft worden, weil er in einem Restaurant despektirlich von Bismard gesprochen hatte."

Der Reich stanzler war eben vom fröhlichen Jagen im Saupark Heimgekehrt, als ihm diese Notiz vor Augen famt. Er ver färbte sich und seufzte: Wer weiß, was mir noch bevorsteht! Ich habe 12. Der Lieutenant v. Brüsewiß, der am 12. Otmich ja nicht despektirlich über Bismarck   geäußert, aber ich habe ihn in tober 1896 aus geringfügiger Ursache in einem der Thronrede ignorirt, vollständig ignorirt, während doch wohl Café zu Karlsruhe   den Mechaniker Siepmann mit alle Mitglieder des Reichstags bestimmt erwarteten, daß wir seinen dem Säbel niedergestochen und wegen dieses Heimgang mit einigen passenden Worten erwähnen würden. Kann Mordes vom Militärgericht zu einer Gefängniß das nicht auch als grober Unfug aufgefaßt werden? Ist es nicht strafe von nur drei Jahren verurtheilt worden für viele Deutsche eine ärgere Belästigung und Beunruhigung, wenn 3. Das von dem Schriftsteller Söder ein war, wird, nachdem er noch nicht 2/3 der Strafe ver- ich bei einer solchen Gelegenheit von Bismarck   schweige, als wenn gereichte Gesuch um Anordnung der Wieder- büßt, begnadigt.( 8. September.) in Birna ein Arbeiter beim Vier auf ihn schimpft? Ich aufnahme des Verfahrens bezw. Begnadigung 13. Polizeidiener Höter aus Barmstedt  , wegen Körper- bin in meinem langen Leben niemals mit den Gerichten in Konflitt für den nach der Meinung weiter Kreise unschuldig verlegung im Amte vom Altonaer   Landgericht zu 4 Monaten gekommen, ich bin noch nicht bestraft. Wenn ich jetzt in meinen verurtheilten Albert Biethen wird abgelehnt. Gefängniß verurtheilt, wird zu 100 M. Geldstrafe begnadigt; seine alten Tagen... ich mag das gar nicht ausdenken!" ( 17. Febr., 18. April.) Amtssuspendirung wird vom Regierungspräsidenten aufgehoben. Hoffentlich übersieht der Staatsanwalt, der jetzt ja sonst so viel ( 11., 21. September.) zu thun hat, diesen Fall, so daß es zu keiner Anklage kommt. Wir 14. Schumann Walstab in Breslau  , von der dortigen wollen das dem alten Herrn von Herzen gönnen. Zur rechten Straffammer wegen Bergehens im Amte( Freiheits- Freude am lieben Weihnachtsfest wird ihn freilich die Sorge und 5. Garde- Kürassier Matt, wegen Betheiligung an den im beraubung) zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt, wird, Unruhe, in der er sich noch immer befindet, schwerlich kommen Sommer 1896 in der Hafenhaide sich abspielenden Kouleur" fämpfen nachdem das Reichsgericht die gegen das Urtheil eingelegte Revision lassen. zwischen Garde- Kürassieren und 2. Garde- Dragonern zu 2 Jahren verworfen, zu 20 M. Geldstrafe begnadigt.( 1. Oktober.) Festung verurtheilt, wird begnadigt.( 8. März.) 15. Der Expedient der sozialdemokratischen Reußischen Volks­6. Dem wegen Betruges zu mehrjähriger Buchthausstrafe Beitung" in Greiz  , Schenderlein, wegen Breßvergehens zu berurtheilen Bankdirektor Ehlers aus Parchim   werden fünf Monat Gefängniß verurtheilt, wird nach Verbüßung von drei 18 Monate seiner Strafe durch Begnadigung erlassen.( 2. April.) Monaten vom Fürsten von Reuß- begnadigt.( Berl. Abendpost" 7. Fabrikant Kügler aus Plauen  , welcher wegen Beleidigung 16. Nov.)

4. Dem wegen schwerer Ruppelei zu 1 Jahr Buchthaus berurtheilten Ehepaar Wehofsti wird, der Neuft. Zeitung" zu­folge, diese Strafe auf dem Gnadenwege erlassen.( 6. März.)

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Die Abrüstungskonferenz soll nach einer Meldung der Times* auf eine Erörterung des russischen Programms durch die in Peters­ burg   beglaubigten Vertreter des Auslandes beschränkt bleiben. Es ist wohl als sicher anzunehmen, daß die Erörterung bei einem Glase guten Weins stattfinden und mit einem donnernden Hoch auf den

des reußischen Landesfürsten zu vierwöchentlicher Haft verurtheilt, 16. Der Strafantritt der Danziger Schuhleute Hilpert, sich der Strafe durch die Flucht nach der Schweiz   Seele und Lehmann, die wegen widerrechtlicher ewigen Frieden schließen wird. entzogen, wird begnadigt, wodurch der gegen ihn erlassene Steck- Arretirung und Mißhandlung des Referendars Erdtmann brief sich erledigt.( 24. April.) zu empfindlichen Gefängnißstrafen durch alle Instanzen verurtheilt 8. Polizeisergeant Haß aus Stargard  , wegen schwerer Beworden, wird, nachdem ihre Gnadengesuche sowohl durch den Justiz leidigung zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt, wird zu minister, wie den Minister des Innern abschlägig beschieden, auf Festungshaft von gleicher Dauer begnadigt.( Berl. Tageblatt", allerhöchsten Befehl vorläufig ausgesett. Die 27. April.) faiserliche Anordnung soll das Ergebniß einer zweien von den Schuyleuten vom Kaiser gewährten Audienz sein.( 4. Dezember.) Letzteres wird vom faijerl. Hauptquartier für unrichtig erklärt; das nach wäre den Schuyleuten nur vom dienstthuenden Flügeladjutanten die Abgabe eines Gnadengefuches bescheinigt worden.( Berl. Abend­post" 10. Dez.)

9. Sefondelieutenant der Reserve Albert Stöhr 3, wegen Heraus­forderung zum 3 weitampf mit tödtlichen Waffen bezw. Theil­nahme an einem Pistolenduell durch kriegsgerichtliches Urtheil au 3 Monaten Festungshaft verurtheilt, wird nach Verbüßung der Hälfte der Strafe begnadigt.( 18. Mai.)

Der Kultusminister Dr. Boffe hat einen hohen türkischen Orden erhalten. Die. Verleihung ist etwas spät erfolgt, weil die Hohe Pforte in dem Manne des freien Geistes eine Art von Jung­ türken   witterte. Als man dann hörte, er dichte, war man durch die Aehnlichkeit mit den Gepflogenheiten des seligen Herrn v. Mühler beruhigt, und der Orientfahrer hat in der That nach seiner Rückkehr sich bemüht, durch Einschreiten gegen mißliebige Professoren die Er­innerung an jenen Amtsvorgänger zu Ehren zu bringen. ( Kladderadatsch".)