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Dienstag, 80.April 1929.
Zag der Millionen.
um jeden Rückschlag abzuwehren. Noch lauern rings Gefahren. Krieg und Reaktion, Not und Elend, giftiger Haß und wahnsinnige Profit
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tigen Gesellschaft. sucht das ist noch immer das Bild der heu
Aber troß allem hat die Arbeiterklasse schon manche Position erstürmt, sich politische Rechte, ein Stück Schußes ihrer Arbeitskraft gesichert, sich ein hohes Maß von kultureller und politischer Bildung angeeignet.
Und die Weltbewegung des Sozialismus geht weiter ihren Gang, weiteren Etappen und dem großen Endziele zu!
Bierzigste Maifeier! Am hun- mung schlagen läßt, ruft er in den Herzen und dertsten Jahrestag des Bastilleſturmes waren Sirnen Wirkungen hervor, die nicht anders als im Jahre 1889 die Abgesandten der europäi- revolutionär genannt werden können. Er erschen Arbeiterparteien in Paris zusammenge hebt die Seleinmütigen und stärkt die Müden. fommen, um eine neue Internationale zu be- IIe Räder stehen still, wenn gründen. Es war der Delgierte 2avigne, Dein starker Arm es miII!" der den Antrag stellte, der erste Mai möge Daß der erste Mai zum Staatsfeiertag durch Arbeitsruhe gefeiert werden, um in allen geworden, bestätigt nur die Tatsache der stei Ländern zugleich für einige wichtige Arbeiter- genden Macht der Arbeiterklasse und kann die forderungen zu manifestieren. Bedeutung des stolzen Wortes nicht herabminRings in der Welt ist trotz Fascismus Im Staate der Habsburger, in dem die dern. Die Räder würden auch ſtille stehen, und der Bürgerblöcke alles in rastlosem AufArbeiterfasse dieses Staates damals lebte, wenn der erste Mai nicht gefeßlicher Feiertag stieg. Die Verdammten dieser Erde, so oft sie herrschte noch tiefste Finsternis. Adel, Kapital wäre und sie werden, komme was wolle, immer auch in Zeilschlachten besiegt werden mögen, und Kirche waren unter der Vatronanz der stille stehen, um die Feinde des Sozialismus erheben sich stets aufs neue, um mit verstärkter Krone im ungeschmälerten Besitz der Macht, zu mahnen, daß die untersten Schichten des Kraft gegen die Bollwerke des Kapitalismus nur für das Kleinbürgertum fielen vom reich Volkes zum Bewußtsein ihrer geschichtlichen anzustürmen. besetzten Tische der Staatsmacht einige Brocken Mission gekommen sind und nicht länger mehr ab. Die Gesetzgebung, die Verwaltung der nach Licht hungern wollen. Länder und der Gemeinden waren ausschließlich Domänen der Besitzklassen. Die Arbeiter Es ist unser Tag, den wir feiern, der besaßen keinerlei politische Rechte, sie frondeten Tag der Arbeiterschaft! Immer sichtbarer teilt in überlanger Arbeitszeit und waren jedem sich die Welt in zwei große Heerlager: für und Bezirkspaicha, jedem Polizeibüttel auf Gnade gegen den Savitalismus: und Ungnade ausgeliefert.
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Freudiger,
zuversichtlicher als je wird die sozialistische Ar= beiterschaft die heurige vierzigste Maifeier begehen!
Sie ist ihr mehr als je Symbol der revolutionären Aktion und trotz der
nmitten dieser Orgie von Hochmut
und gegenseitiger Verachtung wollen wir nicht wählen noch richten. Frei dienen wir der freien Wahrheit, die, in fich grenzenlos, auch keine äußeren Grenzen fennt, keine Vorurteile der Völler, keine Sonderrechte einer Klasse. Gewiß, wir haben Freude an der Menschheit und Liebe zu ihr. Für sie arbeiten wir, aber für sie als Ganzes. Wir kennen nicht einzelne Völker, sondern nur das Volt, das eine unmittel bare Volk, das leidet und fämpft, fällt und sich wieder erhebt und dabei doch immer vorwärts schreitet auf seinem schweren Wege in Blut und in Scheiß - dieses Volkes aller Menschen, die alle, alle unsere Brüder sind. Nur be wußt werden müssen sich die Menschen dieser Brüderschaft.
Wie in diesen gedrückten, rechtlosen Majsen der Arbeiterschaft der Gedanke der Maifeier zündend wirkte, davon kann sich die heu tige Generation faum eine Vorstellung machen. Der Bariser Internationale Sozialistenkongreß hatte den 1. Mai als Tag einer großen und gebung für den Arbeiterscyus ausgerufen, in Deſterreich und Deutſchland war es eine Dreiheit von Forderungen, die an diesem Tage erhoben wurden: Achtstundentag, WeLtfrieden und politische Rechte. Damit war der Charakter des 1. Mai als der des Kampfes für den Aufstieg der ArbeiterHajfe, gegen den kapitalistischen Imperialismus und für die Anteilnahme der Proletariermassen am Proletarier, die nicht erwacht sind und sich für Tag der Millionen! Wir fei Rulturgenuß gekennzeichnet. Der Verlauf der ersten Maifeier überiraf das Besißbürgertum als Grundlage feiner unern ihn im Zeichen des Kampfes alle Erwartungen. Eine ungeheuere Gefühls- natürlichen Herrschaft mißbrauchen laffen. Noch gegen den Völkermord, im Zeichen welle der Einheit bemächtigte sich der Herzen sind die Millionen kämpfenden und flaffenbeer sozialistischen Internatioder von: Kapitalismus Ausgebeuteten und von wußten Proletarier nicht immer start genug, nale!
fortgesetzten Spaltungsversuche der in unaufgehörten auch Tschechen und Deutsche zur gleiDie Besitzklasse erkennt die ihr aus der haltsamer Bersetzung befindlichen kommunisti chen Delegation. Doch zerfiel sie bereits in gwei Erſtarkung der sozialistischen Bewegung erwachschen Partei wird die Sozialdemokratie was sie Gruppen. Für die deutsche Gruppe ebenso wie jene Gefahr, und wendet, um sie zu bannen, früher gewesen: das Kristallisationszentrum für die Gesamtheit der österreichischen Partei die verzweifeltsten Mittel an. Mit Hilfe des für die denkende und klassenbewußte Arbeiter sprach Victor Adler , für die tschechische aicismus fucht sie die Arbeiterbewegung im fchaft. Gruppe Sybes. Beide wiesen darauf hin, Blute des Proletariats zu ersticken und wo ihr Millionen werden an diesem Tage unter daß neben der Schwere der Verfolgungen die dies nicht gelingen will, verfälscht sie die De- unseren Bannern marschieren. Er soll uns in Unterschiede der Sprachen eine mokratie. Was sie unter„ Ordnung" versteht, verstärktem Maße Werbetag und croße Erschwerung der Organisation und der das ist die Sicherung der Interessen ihres des Bekenntnisses, doch vor allem Tag Propaganda im Proletariat Oesterreichs bräch Geldsacks, ist der Schutz der Ausbeutung. Sie des Kampfes fein! Des Kampfes für die ten. Und eine weitere große Schwierigkeit bot sucht die Arbeiterklasse in ihr früheres qual- nächsten Ziele, aber auch für das hohe soziali lange Zeit die Spaltung in Radikale und Gebolles Senechtesdaſein zurückzuzwingen. In der stische Ideal, die Sprengung der Feijeln, die mägiate, die hauptsächlich der Frage galt, was Pflege des Klassenbewußtseins ist das fapita- der Kapitalismus den arbeitenden Menschen die Arbeiter mit dem Wahlrecht anfangen follliftische Bürgertum der Arbeiterschaft voraus aufgezwungen hat und für die Verwirklichung ten. Eigentlich noch eine müßige Frage, denn, geeilt, noch gibt es zehntausende, ja Millionen des Sozialismus. sagte Adler:„ Die Arbeiter in Desterreich haben fein Stimmrecht und werden es auch so bald nicht haben."
der Staatsgewalt Entrechteten. Nie vordem hatte sich ihrer ein größeres Massengefühl, ein stolzeres Selbstbewußtsein bemächtigt, nie war ihre Begeisterung größer, als an diesem geschichtlich bedeutsamen Maientag, der zum erstenmal die Seere des Proletariats in betonn derungswürdiger Disziplin aufmarschieren sah.
Die Maifeier murbe und blieb für die fämpfende Arbeiterklasse eine unversiegliche Kraftquelle. Das fühlten und fühlen alle: der iozialistische Maicebante ist ein Lichtbringer, er hebt das Gemeinschaftsgefühl des Proletariats und bringt es zum Bewußtsein seiner Straft. Es war Rofa Quremburg, welche einmal der Bedeutung der Maifeier in folgendem Satz Ausdruck gab:
Der geniale Hauptgedanke dea Maifest es, das ist das eigene nb unmittelbare Auftreten der proletarischen Massen, das ift die politische Waffenaltion der Millionen Arbeitenden, die fonft im parlamentarischen Alltag, getrennt durch staatliche Schranken meist nur durch den Stimmzettel dem eigenen Willen Ausdruck verleihen. können..."
Tag der Millionen! Sei uns gegrüßt! An diesem Tage fühlt es ebenso der im Sumpfen Fabriksjaal fronende Lohnsklave, wie der im Innern der Erde robotende Bergmann und der in den Höllenschlund eines Schiffs= förpers gebannte Heizer, daß ein Schidsal te verbindet, ein Geift e erfüllt.
Unter wehenden roten Fahnen, dem Symbol der Liebe und des Kampfes, ziehen sie, aus Fabriken und Werkstätten hinaus in die jungfräuliche Natur, im Bewußtsein, daß sie das Schicksal ihrer Menschwerdung, das Schicksal der Zukunft des Menschengeschlechtes in ihren Hän- den trage it.
mer größer.
Mensch zu Mensch.
Menschen, Menschen alle, streckt die Sän de über Meere, Wälder in diWelt zur Einigkeit! Daß sich Serz zu Hevzen fense: Neue Zeit!
Starke Rührung soll aus Euren Aufenthalten Flutgleich wellen um den Erdeball, Mensch- zu- Menschen- Liebe glühe, froh verhalten,
überall!
Was gilt Westen, Süden, Nähe, Weitsein,
wenn Euch eine weltentkreifte Seele millionenfältigt! Euer Mutter- Grde- Blut strömend Jch- und Zeitsein überwältigt!
Menschen! Alle Ihr aus einem Grunde,
alle, alle aus dem Ewig- Erde- Schoß,
reißt Euch fort aus Geldkampi, Krieg, der Steinstadtrunde: werdet wieder findergroß!
Menschen! Alle! Drängt zur Herzbereitschaft! Drängt zur Krönung Eue, und der Erde! Einiggroße Menschheitsfreunde, Welt- und Gottgemeinschaft. werde!
Nun, sie haben es seitdem erobert, und noch viel mehr, die demokratische Republik . Und in dem verkleinerten Desterreich leidet sie auch unter feiner Spaltung und feinen natio nalen Gegenfäßen mehr.
Die Proletarier der Tschecho= ilowakei find nicht so glücklich. Der tommunistische Spaltungsbazil. sidus verheert ihre Reihen, und die natio= nalen Gegenfäße erschmeren dort die sozialistische Propaganda und Organisation ebenso sehr, wie sie es ehedem im alten Defterreich taten. Doch auch in dieser Be= ziehung liegt das schlimmste hinter uns. Deutsche und tschechische Proletarier gewinnen immer mehr Berührungspunkte, die internationale Solidarität drängt die na tionale Intoleranz zurück, und die Kommuni ften arbeiten wütend daran, sich gegenseitig unmöglich zu machen. Allerdings überdauert die Wirkung der kommunistischen Bhrafologie auf viele Gemüter eine zeitlang den moralischen und organisatorischen Zusammenbruch der kommunistischen Partei. Das kann jedoch ihren Rückgang mur verlangsamen, nicht aus der Welt schaffen.
Gerrit Engelfe.
Ein Brief Karl Kautskys.
Und gleichzeitig geht es in der ganzen Welt vorwärts! Gerade dieses Jahr ist ein besonders ergiebiges Wa hI= jahr, das bereits reiche Ernte gebracht hat. Eben hat Genosse Leo Blum in Narbonne glänzend gefiegt, in Oesterreich haben Ge meindewahlen eindringlich wirkende Fortschritte gebracht. In Dänemark gehn wir mit den besten Aussichten Neuwahlen entgegen. Vor allem aber verspricht die Wahl in Engand der Arbeiterpartei Erfolge zu bringen,
Wir haben und an den verehrten Alts einigen und zu begeistern. In die meister der Sozialdemokratic, art sem Jahre veranlaßt uns die Maifeier, auch Rautary, um einen Beitrag für die Mat in die Vergangenheit zu blicken, nummer unseres Blattes gewendet. Genosse den Weg zu ermessen, den wir zurückgelegt haMantsin hat uns darauf folgenden Brief geben. Denn vor vierzig Jahren wurde sie ein- die weit über englisches Gebiet hinaus wirken, geführt, auf dem Sozialistenkongreß, der im die der Bewegung für Sozialismus und FrieJuli 1889 in Paris tagte und die zweite In- ben; der Bewegung, der die Maifeier gilt, ternationale begründete. einen mächtigen Anstoß verleihen müssen.
schrieben, den wohl die gesamte sozialistische Arbeiterschaft unferes Staates mit inni
Einstimmig wurde damals die internatio
gem Dank quittieren wird: Liebe Genossen, Das Licht des Sozialismus ist zu einer mächtigen Flammenfäule geworden, die den gerne würde ich Euch einen größeren Beitrag nale Maifeier beschlossen. Bloß zwei Nationen Also mit frohen Erwartungen dürfen wir Kämpfenden voranleuchtet und die Zahl derer, zur Maifeier schicken. Aber ein tschechisches beteiligten sich nicht an der Abstimmung, doch den ersten Mai feiern! Grund zu Enttäuschundie aus dem Dunkel des Elends zu ihm fin- fozialistisches Organ in Prag hat mich schon beide nicht aus Gegnerschaft geçen den Gedan- gen haben nur jene, die vermeinten, nach der den, sich als Mitkämpfer eingliedern, wird im vor Euch um einen solchen ersucht und zwei- ken, der auch ihren Beifall fand. Die Belgier Revolution würden wir nur noch kampflose mal binnen wenigen Tagen einen größeren weigerten sich, abzustimmen, wegen eines VerZur Erweckung dieser Massen hat nicht Artikel über dasselbe Thema zu schreiben, übersehens der Kongreßleitung, die Russen aber Siege feiern. Nein, große Rämpfe fte= wenig die Maifeier beigetragen, die im steigt ineine augenblickliche Leistungsfähigkeit aus dem Grunde, weil in ihrem Lande eine hen uns noch bevor, schwere Kämpfe. höchsten Maße revolutionär gewirkt hat. Schon angesichts der Tatsache, daß die Arbeit an sozialistische Maifeier noch unmöglich sei. Die Maifeier ist und bleibt eine Seerschau des Das erftemal hat sie die Entwicklung und die einem neuen dicken Buch mich ganz involutionen gesehen, doch ist es zur Zeit wieder vierzig Jahren jährlich erneuten Heerschau verRußland hat seitdem zwei große Re- rämpfenden Proletariats. Aber in der seit Erziehung der Arbeitermassen zu bewußten Anspruch nimmt. Kämpfern unendlich beschleunigt, sie hat auch dahin gekommen, daß dort eine öffentspäter jedesmal die Spannkräfte der Bewegung Und doch interessiert mich ge- liche sozialdemokratische Kund- sammelt sie kampferprobte Truppen, die schon erhöht. Sie hat die Massen aufgerüttelt, hat rade in diesem Jahr die Maifeier gebung ganz unmöglich ist. Nur be- viele Siege errungen, reiche Eroberungen aufden von Stlavengeist erfüllten Gefnechteten in besonders hohem Grade. Nicht hördlich abgestempelte Demonstrationen sind zuweisen haben. Sie marschieren voran mit der und Erniedrigten Selbstvertrauen einceflößt. nur die Aufgaben der Gegenwart, der Kampf in Sowjetrußland gestattet, wie ehedem an unerschütterlichen Sicherheit des vollständigen Eben weil der erste Mai eine ftion der um Abrüstung und die Schaffung sozialer und firchlichen Festen die Prozessionen der StaatsMassen war und ist, eine Musterung politischer Zustände, die den Frieden sichern, kirche. Endsieges!
der Millionen und Abermillio- machen es dringend notwendig, da= Auf dem Pariser Songreß. 1889 fraten nen gegen den Feind, eben weil er unfere für in machtvollen Maifeiern die die Oesterreicher noch als eine geschlos Herzen an diesem Tage in gleicher Stampfftim- Proletarier aller Länder zu verfene Gruppe auf neben den Ungarn
Ich begrüße Euch aufs herzlichste Guer