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Nun bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung des Kaisers| Wir wünschen Gründe zu hören, um deretwillen es nöthig erscheint, ausfällt. Ausländern den Aufenthalt nicht zu gewähren, statt daß uns Uebrigens theilen wir zur Beruhigung ängstlicher Ge- die billige Redensart aufgetischt wird, es liegen keine Gründe müther mit, daß nicht auf alle offiziellen Auszeichnungen vor, den Aufenthalt zu gestatten.

volle Haltung" auf. Maßvoll", d. h. bei denen um Bued  : Scharf macherpolitit nach Stumm'schem Muster treiben. Auffällig ist, daß nationalliberale Blätter bisher zu der Buted, schen Leviten Lesung kein Wort gefunden haben. Ob sie - reuig in sich gehen? Oder ob ste keinen Schaden für ein Mann für immer zu verzichten hat, der es wagt, der Der Ruf unseres Landes im Auslande wird durch ihre Partei darin sehen werden, wenn sie sich nicht durch zentral­Märzkämpfer pietätvoll zu gedenken. Der Stadtverordnete derartige Maßregeln wahrlich nicht gefördert. Es wäre verbändlerische Nathschläge in die Bahnen der freitonservativen Dr. Richard Ruge hat nicht nur für das Kirchhofs wünschenswerth, daß sich die vorgesetzten Behörden mit dieser Partei treiben lassen, welche bei der letzten Reichstagswahl von Gitter, sondern sogar für die Errichtung des Denksteins für Angelegenheit befassen. Wie reimt es sich denn zusammen, ihren früheren 440 000 Anhänger Stimmen nicht weniger als Die Märzgefallenen gestimmt und ist doch zum Geheimen daß der preußische König den Zaren seiner unwandelbaren 100 000 verlor? Ob sie vielleicht gar meinen, daß Herr Bued  , der Sanitätsrath ernannt worden. Freundschaft versichert und in derselben Stunde russische Unter- beim Kampf um die lex Rede im Abgeordnetenhause seiner Barter Möglicherweise liegt aber hier eine Fahrlässigkeit vor, thanen, arme Arbeiterinnen, gleich Uebelthätern aus Preußens in den Rücken fiel, nicht als Hüter der nationalliberalen Grund­prinzipien gelten könne?- und wir fürchten fast, daß unser Hinweis auf dieses unzeit- Grenzen verjagt werden.- gemäße Versehen zu einer Regierungskrisis führen könnte. Herr Lucanus wird nun morgen wieder nachsinnen, ob man diese Auszeichnung eines Revolutions- Demonstranten" nicht rüdgängig" zu machen vermöchte....

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Bundestägliches vom Bundesrath.

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Wahlrechts- Zerstörung.

Wir hatten vor Kurzem Mittheilung von dem Beschluß der Chemnizer Stadtverwaltung gemacht, das bisherige gleiche Bürger- Wahlrecht zu beseitigen und ein auf der Gliederung nach Berufsständen beruhendes neues Gemeinde Wahlrecht zu schaffen. Den Anlaß hierzu gab die Befürchtung, daß die Sozialdemokratie bei Fortdauer des jetzigen Wahlrechts die Mehrheit in der Stadtverordneten­versammlung erhalten könnte.

Der weltbewegende Streit um die Thronfolge in Lippe ft mymehr vom Bundesrath entschieden worden. Ent­fchieden? nein, der Bundesrath hat die Streitfrage, welche kaiserliche Entrüstungstelegramme und bundesfürstliche Proteste und tiefste Trauer der monarchistischen Gemüther erzeugten, Mit einer Schnelligkeit, die sonst den sächsischen Verwal­nicht entschieden, sondern auf einen günstigeren Zeitpunkt tungsbehörden fremd zu sein pflegt, ist diese Angelegenheit verschoben. Der Beschluß lautet: durch alle Instanzen gegangen. Das Ministerium des Herrn 1. daß, nachdem die fürstlich schaumburg- lippische Regierung b. Metsch hat das neue Wahlrecht für Cheminiz bestätigt. der fürstlich lippischen Regierung das Recht bestritten hat, die Etwas Anderes konnte auch von dem Ministerium nicht er­Thronfolge in Lippe mit den geseggebenden Faktoren des Fürsten  - wartet werden, unter dessen Führung das sächsische Landtags. thums selbständig zu regeln, nachdem die fürstlich lippische Re- wahlrecht sowie das Gemeindewahlrecht in anderen sächsischen gierung abgelehnt hat, diesem Einspruche der fürstlich schaumburg Städten, besonders auch in Leipzig  , vernichtet wurde. fippischen Regierung Folge zu geben, und nachdem hierauf die fürstlich schaumburg- lippische Regierung die Entscheidung des Bundesrathes angerufen hat, die Zuständigkeit des Bundes: raths zur Erledigung der Streitigkeiten nach Artikel 76 Absatz 1 der Reichsverfassung begründet ist;

2. daß zur Zeit kein hinreichender Anlaß zu einer fach­lichen Erledigung gegeben ist, da ein mit den Ansprüchen Schaumburg- Lippe's   unvereinbarer Fall der Thronfolge oder Regentschaft in Lippe nicht vorliegt;

3. daß durch diesen Beschluß einer späteren Entscheidung über die Wirksamkeit der Atte der lippischen Landes- Gesetzgebung gegenüber den von Schaumburg- Lippe   erhobenen Thronfolge- und Regentschaftsansprüchen nicht vorgegriffen wird;

4. baß auf eine Würdigung aller weiteren an den Bundesrath gelangten Anträge, Erklärungen und Schriftsäge über diese Sache nicht einzugehen ist."

Es verlohnt sich, nochmals sich zu bergegenwärtigen, wie das neue Wahlrecht der Stadt Chemniz ausschauen wird:

An meine lieben Berliner! Der Kaiser hat an die Sta verordneten Berlins   folgendes Dankschreiben gerichtet: " Potsdam  , 4. Januar 1899.

Die Stadtverordneten meiner Haupt- und Residenzstadt Berlin  haben mir zum Begium des neuen Jahres freundliche Glück­wünsche und unverbrüchliche Ergebenheit in der Adresse vont Ich bin hier durch

81. Dezember angenehmer berührt worden, als ich diesmal

zu meinem schmerzlichen Bedauern behindert war, am Neu­jahrstage in meiner Hauptstadt zu weilen und mich der Hulen Grüße und Kundgebungen wie sie mir von der Berliner   Bürger­schaft an diesem Tage stets in besonders herz­licher Weise entgegengebracht worden sind. Ich danke den Stadtverordneten bestens und wünsche der Berliner   Bürgerschaft auch im neuen Jahre Gottes reichsten Segen."

Wilhelm R." Der Kaiser ist also sehr zufrieden mit seinen Berlinern. Ea ist nur auffällig, warum die Bestätigung des Bürgermeisters Kirschner nicht erfolgt, der doch gewiß an huldigenden Grüßen uno Rundgebungen" ein hervorragender Berliner   genannt werden darf.­

Internationale Höflichkeit. Im Auftrage des Präsidenten der Französischen Republik   begab sich am Mittwoch der französische  Botschafter in Berlin  , Marquis de Noailles  , nach Potsdam  , um sich nach dem Befinden des Kaisers zu erkundigen. In Potsdam   ein­getroffen, wurde der französische   Botschafter von der Kaiserin int Stadtschloß   empfangen. Außerdem wird berichtet, daß sich der Gesundheitszustand des Kaisers seit dessen Erkrankung am Neujahrs­tage dauernd bessert.-

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Vereinsgesetz. Entgegen anderweiten Meldungen erfährt die Deutsche Tageszeitung" bon gut unterrichteter Seite", daß die preußische Staatsregierung in der kommenden Landtags- Session eine Vorlage, betreffend die Abänderung des Vereinsgesetzes auf der Grundlage beslegten bezüglichen Gesezentwurfs, nicht wieder einbringen wird, obwohl sie nach wie vor an der Nothwendigkeit einer Ausgestaltung des Vereinsgesezes im Sinne ihrer frühern Vorlage festhält.

Die Wählerschaft wird in fünf Abtheilungen gegliedert: 1. in eine Allgemeine Abtheilung", die durch diejenigen gebildet wird, welche eine der folgenden vier Abtheilungen nicht angehören, 2. in den ,, Arbeiterstand", der aus denjenigen gebildet wird, die der Alters­und Invaliditäts- Versicherungspflicht unterliegen, 3. in den, Beamten und Gelehrtenstand"( Aerzte, Beamte, öffentliche und private, aktive und in Ruhestand versezte, Geistliche, Lehrer, Nechtsanwälte), 4. in den Gewerbestand", den diejenigen Bürger bilden, welche ein Geschäft besitzen oder ein Gewerbe betreiben, ohne als Inhaber derselben im Handelsregister eingetragen zu sein, sowie die Obermeister der Immungen, und 5. in den Handelsstand" im Sinne des Handelsgesetzbuches. Ferner wählen in der fünften Abtheilung alle diejenigen, welche nicht zu einer der Abtheilungen 2 bis Es handelt sich bekanntlich darum, ob durch den sächsischen 5 gehören, soweit sie ein Einkommen von über 2500 Mart be­Steiern. Schiedsspruch, der den Graf- Regenten Ernst der Thronfolge berechtigt erklärte, zugleich auch dessen Söhne diese Be­Es ist klar, was diese famose berufsständische Gliede. Jedenfalls thäte die Regierung sehr flug daran, wenn das Ver­rechtigung erwarben oder nicht. Lippe behauptet dies, rung", die unsere Junker und Kapitalisten gar zu gern auch sprechen des Reichskanzlers betreffend Aufhebung des Verbindungs­Schaumburg- Lippe bestreitet es, und Preußen unterstützt des Sie bedeutet eine vollständige Unterdrückung der unbemittelten ja der Regierung nichts daran liegen, daß das Vertrauen zu Re­für das Reichsparlament einführen möchten, bedeutet. verbots für politische Vereine einfach erfüut würde. Schließlich fann Letteren Einwände. Die Entscheidung" des Bundesraths wird in Preußen und am schwersten arbeitenden Volksklassen, eine schamlose gierungserklärungen gänzlich verloren geht. als ein Nasenstüber empfunden werden und als kein sanfter. Selbstbevorzugung der befizenden Klassen. Die Armen und Kein Fortschritt! Die von einer parlamentarischen Korre Die füddeutschen Regierungen haben gezeigt, daß nicht jeder Schwachen, die des doppelten Rechtes bedürften, um ihre spondenz gebrachte Nachricht, daß ein Gesezentwurf, betreffend die preußische Wunsch ihnen Befehl ist. Freilich lag das wirthschaftlichen Lebensinteressen auch in der Gemeinde gegen Haftung des Staates für Versehen der Beamten 2c., Recht Lippe's und das Unrecht des Schaumburgers gar zu über der Allgewalt des Geldsacks zur Geltung zu bringen, im Justizministerium ausgearbeitet worden sei und dem Landtage sie werden entrechtet und zu Boden geworfen. Klar am Tage. zugehen werde, bestätigt sich, wie der Hamb  . Korr." schreibt, gutem Man lebt in sächsischen Staatsmänner" Kreisen des Bernehmen nach nicht. Es wär zu schön gewesen! Aber zu mehr als zu einer Ablehnung der unberechtigten thörichten Wahnes, mit derlei ungerechten und unsozialen Die Politischen Nachrichten" melden, melden, daß Erwägungen preußischen Wünsche konnte sich der Bundesrath nicht erheben. Mitteln die Sozialdemokratie schädigen zu können. Auch die in der Richtung der fälschlich angekündigten Borlage in ber Preußen, den leitenden Bundesstaat, dessen Souverän zugleich Reichsoberhaupt durch eine runde Abweisung des Schaumburg- legte Reichstagswahl, welche ein gewaltiges Anschwellen der That innerhalb der preußischen Regierung stattgefunden haben, schen Einspruches zu brüstiren, das wäre zu viel des bundes- Sozialdemokratischen Stimmen, die Eroberung neuer sozial- daß fie aber zu einem negativen Ergebnis geführt hätten. Erwägungen über Reformen zum Besseren bleiben in Preußen räthlichen Muths gewesen. Und so hat sich denn der Bundes- demokratischer Mandate, die Eroberung auch der einft als stets negativ. Das fleine Großherzogthum Heffen wird diese Haft­rath entschlossen, keinen Entschluß zu fassen, sondern die end- Reaktionshochburg gefeierten Haupt- und Residenzstadt des pflicht, wie neulich mitgetheilt, einführen. Aber Preußen erklärt sich außer Stande, für die Versehen der Beamten zu haften. Nun, wir giltige Entscheidung auf eine Zeit zu verschieben, wo- vielleicht Landes brachte, hat diese weisen Politiker nicht belehrt. Aber die Geschichte lehrt jeden, den Machtbesitz nicht erlauben uns einen Vermittelungsvorschlag. Man nehme die Minister eine günstigere politische Situation den Entscheidungsmuth blind gemacht, daß Herrschaftserhaltung durch ungerechtigkeit aus der Kategorie der Beamten heraus, für deren Versehen aller­stärken und die Anerkennung der Rechte der Biesterfelder Graf- Regenten- Familie selbst positiv aussprechen lassen und äußerliche Reaktionsmittel in um so gewaltigerem Zudings die Tragfähigkeit des Staates nicht ausreichen mag. Aber ohne die Minister dürfte der Staat doch der Haftpflicht für seine fammenbruch endet. Beamten gewachsen sein.

dürfte.

Die Geister des seligen Bundestags werden fichern, wie weit ihre historische Fähigkeit, zu beschließen, daß nichts zu beschließen sei, vom neudeutschen Bundesrath übertroffen ist.

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Das Bombenattentat ist todtes lebe das Dolch attentat! denkt das internationale Lockspizzelthum und, um den Skandal der entlarvten Polizeiverschwörung von Kairo  vergessen zu machen, hat es plötzlich entdeckt, daß Luccheni  Die Berichtigung des Berliner   Polizeipräsidenten. in Genf   ein neues Geständniß abgelegt und Mitschuldige Herr v. Windheim hatte berichtigt, daß die Nachricht von angegeben habe. Mit Ausnahme der fragwürdigen Gesellen, der Ausweisung russischer Arbeiterinnen, die in einer Berliner   die aus Attentaten ein Geschäft machen und von ihnen leben, Zigarettenfabrik beschäftigt seien, nicht wahr sei. Wir haben kann kein im Besitz seiner fünf Sinne befindlicher Mensch bereits gestern diese Berichtigung gewürdigt und mitgetheilt, ein Interesse gehabt haben, die der Politit ganz fernstehende daß es sich um Ausweisungen aus Charlottenburg   und pesönlich hochsympathsche Kaiserin von Oesterreich zu er­handelt. Auch das Berliner Tageblatt", das von Herrn morden. Die Geständnisse Luccheni's sind also unzweifelhaft v. Windheim's Dementiversuch zuerst erschrocken zusammengefnickt auf demselben Miste gewachsen, wie die Verschwörung von war, hat mittlerweile Kenntniß von dem wirklichen Sachverhalt Kairo  .- erhalten; es giebt folgenden Wortlaut eines solchen Aus­weisungsdekrets wieder:

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Die fönigl. Polizeidirektion.

Charlottenburg  , ben... 1 1898.

Auf den Antrag vom 18. d. M. eröffne ich Ihnen, daß nach den stattgehabten Ermittelungen kein Grund vorliegt, Ihnen den Aufenthalt in Charlottenburg   fernerhin zu gestatten. Sie sind vielmehr als Ausländerin, welcher ein gesetzlicher Grund auf Ge­stattung des Aufenthaltes in den Gebieten des preußischen Staates nicht zusteht, hiermit von Ortspolizei wegen aus Preußen aus­gewiesen worden.

Sie werden daher hierdurch aufgefordert, Charlottenburg   und das Gebiet des preußischen Staates mit Frist von 14 Tagen zu berlassen. eliten Sie nach Ablauf der erhaltenen Frist noch im Aus­weisungsgebiete betroffen werden, so wird gegen Sie auf Grund des§ 132 Nr. 2 des Gesetzes über die allgemeine Landes­verwaltung vom 30. Juli 1883 eine Geldstrafe von 50 M. oder im Unvermögensfalle eine Haftstrafe von 5 Tagen festgesezt und vollstreckt werden.

Auch haben Sie auf Grund des§ 182 Nr. 3 des vorgenannten Gesezes Zwangstransport zu gewärtigen.

Sollten Sie ohne Erlaubniß in das Gebiet des preußischen Staates zurückkehren, so haben Sie auf Grund des§ 361 Nr. 2 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich eine Haftstrafe bis zu 6 Wochen zu gewärtigen.

An die Zigarettenarbeiterin

Der Polizeidirektor. Geh. Regierungsrath v. Saldern.

Es handelt sich nicht um eine, sondern um mehrere Duzend Arbeiterinnen, die auf solche Weise aus der preußischen Staatsherrlichkeit abgeschoben werden sollen. Im Handumdrehen wird eine solche Polizeithat vollbracht: es liegt kein Grund vor, Ihnen den Aufenthalt in Charlottenburg  fernerhin zu gestatten."

Deutsches Reich  .

Und Bued sprach!

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Majestätsbeleidigungen. Selbst der Münchener, Ilge. meinen Beitung", die von einem ehemaligen Staats. anwalt redigirt wird, beginnt schüchtern gegen die Majestäts­beleidigungs- Prozesse zu protestiren:

Daß mittels Anzeigen wegen Majestätsbeleidigung eine; geradezu schamlose Erpressung befrieben wird, konnte im; Laufe der letzten Monate nicht allzu selten beobachtet werden. Man muß es als vollkommen gerechtfertigt bezeichnen, wenn, dieser für einen bedauerlichen Tiefstand der Sittlichkeit Zeugniß ablegenden Erscheinung in der Tagespressie eine rege Er örterung gewidmet wird. Natürlich wird sich das. Bor tommen folcher niedrig gearteten Handlungsweise niemals voll­tommen verhüten lassen. Die Möglichkeit, den Umfang dieser Erpressungen erheblich einzuschränken, ist indessen gegeben, und zwar dadurch, daß die den Staatsanwaltschaften bezüglich der Erhebung der Anklage eingeräumten Befugnisse erweitert werden... Wir meinen, daß die meisten mit Anzeige wegen dieser Verfehlungen getriebenen Erpressungen nicht vorkommen würden, wenn der Staatsanwalt in der Lage wäre, nach freiem Ermessen darüber zu befinden, ob die Anklage zu erheben ist oder nicht. Etwas muß jedenfalls ge­fchehen, um der nichtswürdigen Ausnutzung der öffentlichen Straf gewalt für private Zwecke ein Ende zu machen, sonst gelangen wir fchließlich noch zu Zuständen, die an die Zeiten des fittlichen Niederganges mahnend erinnern. Die Häufung der Majestäts­beleidigungs- Prozesse ist kein Ruhmesblatt in der politischen Ent wickelung des neuen Reichs."

Die Etatsrede des Abgeordneten Bassermann hatte eine leichte sozialpolitische Färbung. Aber wohl niemand, der unseren tapita­listisch verknöcherten Nationalliberalismus tennt, wird daraus Ver­dacht schöpfen auf einen neuen Sturs der Partei in der Arbeiterfrage. Zum mindesten wird man erst Thaten zu sehen verlangen. Trozdem giebt es Leute, welche die wiederentdeckte national­liberale Arbeiterfreundlichkeit ernst nehmen, sehr ernst. Und das find merkwürdigerweise die intimsten Freunde der Nationalliberalen. Der Vorschlag des Blattes ist gänzlich verfehlt. Der Redakteur Herr Bued, der Generalsekretär des Zentralverbandes der der, Allgem. 8tg." scheint schon einigermaßen seinem früheren Berufe Induſtriellen, ſchüttet in einem höchsteigenen Artikel in der Deutſchen entfrembet au ſein ſonſt würde er noch wissen, daß die Staate Industrie- Zeitung" die Schaale jeines Zornes über die Baſſer- anwälte gemeinhin in jeder Einleitung einer Majestätsbeleidigungstlage mann'sche Etatsrede aus: eine Ruhmesthat erblicken. Den Werth eines modernen Staatss " In der nationalliberalen Fraktion des Reichstages hat sich anwalts mißt man, wie den Hirsch nach der Zahl seiner Enden, nach unverkennbar hinsichtlich der sozialpolitischen Fragen eine starke der Zahl der von ihm erfolgreich durchgeführten Majestäts­Echwenkung vollzogen. Diejenigen Elemente der Partei, die durch ihre genaue Stenntniß der Arbeiterverhältnisse und der Grund beleidigungs- Prozesse. Ein freies Ermessen" würde also bei dem bedingungen für das wirthschaftliche Gedeihen die Fraktion bisher zu einer maßvollen Haltung veranlaßt hatten, scheinen an die Wand gedrückt zu sein und andere Männer die Führung über­nommen zu haben.

Es ist wohl anzunehmen, daß diese Schwenkung der Partei von dem Wunsche diktirt worden ist, sich hinfort mehr auf die Massen zu stützen und diesen daher, im Wettbewerb mit den anderen Parteien, möglichst viel zu bieten.

Die nationalliberale Partei hat gewiffe Grundprinzipien, die fie nicht verleugnen fann, wenn sie sich nicht selbst gänzlich aufgeben will. Es erscheint zweifelhaft, ob es ihr, bei Aufrechterhaltung dieser, gelingen wird, die der radikaleren Gesammthaltung stets mehr au geneigten Massen durch ihre radikale Haltung in der Sozialpolitikan fich zu ziehen. Nicht zu bezweifeln dürfte es aber sein, daß die national­liberale Fraktion durch diese Haltung weitere Streise ihrer bis. herigen Anhänger abstoßen wird, diejenigen Kreise, die in der un­gestört fortschreitenden Arbeit, in der möglichst ausgedehnten und zunehmenden Gütererzeugung eine der wesentlichsten Grundlagen des wirthschaftlichen Gedeihens, des Wohlergehens der Arbeit­nehmer, wie der Arbeitgeber, und damit unseres gesammten Staats­wesens erkannt haben. Doch die Partei hat über ihr Schicksal selbst zu verfügen."

Gewiß, der Ausländer hat kein Recht, sich in deutschen  Ländern aufzuhalten; die Behörde hat das Recht, ihn zu entfernen. Es muß jedoch schärfster Protest erhoben werden, daß Polizeibehörden von diesem Recht in der Weise Gebrauch machen, wie der Charlottenburger  Regierungsrath und Polizeidirektor v. Saldern. Wenn sich ein Staat das Recht wahrt, Ausländer auszuweisen, so ist er damit Nach Herrn Bued   verträgt es sich nicht mit den Grund­doch der Verpflichtung nicht überhoben, von diesem Recht nur prinzipien" der nationalliberalen Partei, sozialpolitische Versprechungen einen fachlich begründeten Gebrauch zu machen. zu machen. Wer dies thut, giebt die der Partei geziemende maß­

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staatsanwaltlichen Pflichtgefühl genau so wie obligatorischer Zwang wirken. Denken doch selbst die Richter heute durchweg staats. anwaltlich und machen von dem" freien Ermessen", das Haupt­verfahren zu eröffnen, stets den Gebrauch, daß sie den Antrag des Staatsanwalts afzeptiren.

Mit der gewünschten Erweiterung der staatsanwaltlichen Be fugnisse ist also gar nichts gethan. Demmziationen, Erpressungen und Majestätsbeleidigungs Prozesse bilden einen untrennbaren Dreibund. Will man die Schmugfeuche der Denunziationen und flage durch bas einzig mögliche Mittel: die Aufhebung des Erpressungen eindämmen, so beseitige man die Majestätsbeleidigungs­majestätsbeleidigungs- Paragraphen.-

Köller, wie er leibt und lebt. Die Kreuz- Beitung" schreibt heute unter dem Scheindatum Berlin  :

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eine

Aus Nordschleswig haben soeben wieder 30-40 dänische Unterthanen ausgewiesen werden müssen; wie der Verlauf der Angelegenheit beweist, aber nur deshalb, weil die dortigen Macher", unter denen der Landtags- Abgeordnete Hanssen vorans steht, durch den Lärm der freisinnigen und sozialdemokratischen Presse in Deutschland   ermuthigt, sich erdreistet hat, neue Protest- Kundgebung zu inszeniren, was natürlich unter den obwaltenden Umständen nur die Ausweisung der Betheiligten, soweit sie Dänen waren, nach sich ziehen konnte. Darüber darf sich aber niemand beklagen; denn Herr