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Nr. 16. 16. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Donnerstag, 19. Januar 1899.

Reichstag.

12. Sigung, Mittwoch, 18. Januar 1899, 1 hr. Am Tische des Bundesraths: Nieberding.

Zunächst steht auf der Tagesordnung die erste Berathung der von dem Abg. Graf v. KIindow ström( kons.) und Genossen be­antragten Novelle zum Reichs- Strafgesetzbuch. Sie " Dem Strafgesetzbuch wird vor§ 353a nachstehender Paragraph hinzugefügt:

lautet:

muß, daß sie ihm durch eine Handlung der im Absatz I bezeichneten Art zugänglich gemacht worden sind, durch die Presse veröffentlicht, wird mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Glauben Sie denn, meine Herren, daß ein Redakteur weiß, welche von den Erlassen, die ihm zukommen, verboten sind oder nicht? Glauben Sie, daß der Beamte, der einen solchen Erlaß mittheilt, auf die Redaktion kommt und sagt: Halten Sie meinen Namen ja geheim aus den und den Gründen; für Geld oder aus Sympathie zu Ihnen bringe ich's mur?!" Sie werden doch nicht so naiv sein! Man weiß nie, woher solche Erlasse kommen und jede Redaktion, die auf Ehre hält und die in derartigem Ein Beamter, welcher amtliche Schriftstücke, deren Ge- etwas Routine hat, sorgt dafür, daß sie von nichts weiß.( Oho! heimhaltung angeordnet ist, Anderen zur Veröffentlichung rechts. Burufe links.) Belcher Redakteur wird ein Vertrauen miß­durch die Presse widerrechtlich mittheilt, wird mit Geldstrafe brauchen, das ihm entgegengebracht wird!( Sehr gut! bei den bis zu 1000 Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten Sozialdemokraten.) Das kommt einfach nicht vor. Nun ist es sehr bestraft. Wer Schriftstücke, von denen er weiß oder den Um Entrüstung empfinden! Sind merkwürdig, daß die Herren drüben gerade darüber eine so große Sind Sie etwa jemals bei ständen nach annehmen muß, daß fie ihm durch eine Staatsgeheimnissen so besonders heifel gewesen? Handlung der im Absatz 1' bezeichneten Art zugänglich gemacht worden sind, durch die Preffe veröffentlicht, wird mit Geld­strafe bis zu 1000 Mart oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft."

Abg. Graf Klincowström( f.):

schaft und Fischerei, im Handel und Verkehr oder als Gesinde be­schäftigten Personen entstehen;

II. die Theilnahme an den Wahlen und die Berufung zu Mitgliedern eines Gewerbegerichts auf die in den genannten Be rufen beschäftigten weiblichen Personen ausgedehnt wird;

3. die Verleihung des Wahlrechts und der Wählbarkeit auf das vollendete 20. Lebensjahr herabgesetzt wird. Dagegen beantragen die Abgg. Trimborn und hie( 8.): Der Reichstag wolle unter Ablehnung des Antrages Agster und Genossen beschließen: die verbündeten Regierungen zu ersuchen:

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1. dem Reichstage thunlichst bald einen Gesezentwurf vor­zulegen, wonach zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Prinzipalen einerseits und Handlungsgehilfen und Lehrlingen andererseits kaufmännische Schiedsgerichte errichtet werden;

2. dem Reichstage eine Novelle zu dem Gesez, betreffend die Gewerbegerichte vorzulegen zu dem Zwecke:

a) eine geordnete Aufstellung der Wählerlisten wirksamer zu fichern;

b) die Errichtung von Gewerbegerichten obligatorisch zu machen, soweit nicht die Landesregierung wegen mangelnden Bedürf­nisses Ausnahmen gestattet;

c) die Kompetenz der Gewerbegerichte als Einigungsämter(§ 60 des Gesezes, betreffend die Geiverbegerichte) dahin zu er weitern, daß dieselben auch ohne Anrufen, der streitenden Parteien für die Beilegung der Streitigkeiten wirken können. Abg. Zubeil( Soz.):

( Sehr gut! Heiterkeit links.) Haben Sie vergessen, daß ein Prinz von Preußen vor 50 Jahren von einem Mitgliede Ihrer Partei überwacht worden ist, daß seine Korrespondenz bestohlen, geheime Aftenstücke damals veröffentlicht worden sind? ( Sehr gut! links. Unruhe rechts.) Haben Sie vergessen, daß Unser Antrag hat in der Presse ganz ungewöhnliches Aufsehen Fürst Bismard, obgleich er aus dem Amte entlassen worden erregt. Wir haben, das will ich offen sagen, lediglich an die Ver- war, den Geheimvertrag mit Rußland in den Hamburger Nach­öffentlichungen der sozialdemokratischen Presse gedacht, die in richten" veröffentlicht hat, und dies vom Reichs- und Staats­Yegter Zeit solch unliebsames Aufsehen erregt haben. Es hat sich Anzeiger als Verrath bezeichnet wurde, ohne daß deshalb dabei klar gezeigt, daß die sozialdemokratische Presse nur solche Erlasse Gefeße erlassen wurden? Ich sage Ihnen, meine Herren, veröffentlicht hat, die ihr besonders geeignet fchienen, gegen gewisse während die Veröffentlichung solcher Erlasse, denen Sie zujubelten, Kein Gesetz hat so schnell die Sympthien der gesammten Arbeiter­Maßnahmen der Regierung das Volf aufzuheben. Es liegt offenbar gegen das Staats- und öffentliche Jutereffe waren, ist die der schaft errungen, wie seiner Zeit das Gesez, betreffend die Gewerbe­Diebstahl des betreffenden Beamten vor, gewöhnlich auch Bestechung. Aktenstücke, die der Vorwärts" und unsere Presse publizirt gerichte. Und auch die Arbeitgeber haben sich vorwiegend freundlich Wir müssen unbedingt die beiden Säulen des Staates, die Armee hat, nur im öffentlichen Interesse geschehen.( Sehr richtig! zu ihm gestellt. Wenn es aber wirklich den erhofften Nuzen voll­und den Beamtenstand, von solchen Elementen rein erhalten. Seitens links. Widerspruch rechts.) Und wenn es nicht Ihr ständig bringen soll, dann ist es vor Allem nothwendig, daß der Kreis der Presse sind nun einige Einwendungen gegen meinen Antrag vor- Staatsinteresse ist, dann liegt es daran, daß Ihr feiner Wirksamkeit ganz bedeutend ausgedehnt wird. Die Errichtung von gebracht worden. Da wird gesagt, die Beamten stehen ja heute gauzes Partei- Interesse den Staats- Interessen Gewerbegerichten darf nicht, wie bisher, in das Belieben der schon unter dem Disziplinargefeß. Das ist doch etwas anderes. feindlich gegenübersteht.( Sehr richtig! lints. Oh! rechts.) einzelnen Magistrate gestellt werden. Der jetzige Zustand hat ganz Ein disziplinarisch bestrafter Beamter findet wohl noch private An- Die chronische Krankheit, über die Sie sich beklagen, unerträgliche Mißverhältnisse herausgebildet. stellung, ich glaube aber nicht, daß jemand einen strafrechtlich wegen steckt gerade in dem Staatskörper drin als ein Fremdkörper, der großer Theil Deutschlands mit vorwiegender Arbeiterbevölkerung groben Vertrauensbruches bestraften Beamten anstellen wird. veraltet, verknöchert, versteinert ist; weil Ihre Partei nicht mehr hat immer noch kein Gewerbegericht, z. B. Brandenburg, Nixdorf, Ferner sagt man, die Umgehung des Gesezes wäre zu mit ihren Wurzeln in der Neuzeit haftet, deshalb bringt dieser Wilmersdorf u. f. w. Und fast in allen Provinzen Preußens, wie leicht, da solche Erlasse dann in der Auslandspresse ver- Fremdkörper den Staatsorganismus selbst zum Stoden. Was hat in den übrigen deutschen Staaten zeigen fich derartige Monstro­öffentlicht werden würden. Ich glaube nicht, daß die Auslandspresse der Vorwärts" veröffentlicht? Erstens der Erlaß des Prinzen ſitäten, so in Bernburg , in Ilmenau , in Rudolstadt , in Tilfit, in sich so ohne Weiteres bereit finden würde, und dann wären auch Georg über die Soldatenmißhandlungen. Ich frage Guben , dem hervorragenden Textilort, in Striegau 2c. wohl die Kosten zu groß. Daß solche Erlasse dann hier im Bar­lament vorgebracht werden könnten, ist ja wahr, mir ist es doch aber sehr fraglich, ob ein Abgeordneter hier öffentlich den Dolus auf sich nehmen wird, und im Uebrigen wäre ja auch der Herr Präsident wohl in der Lage, die Verlesung eines solchen Geheimerlasses zu verhindern.( Widerspruch bei den Sozialdemokraten.)

Gin

Auch

andere sonderbare Erscheinungen zeigen sich da; 3. B. sind in Darmstadt jahrelang die Petitionen der Arbeiter um Errichtung eines Gewerbegerichts abgelehnt worden; jetzt wandten sich die Arbeiter mit einer Petition an den Landtag, und darauf ist endlich das Gewerbegericht konstituirt worden. Wenn wir uns die Wirkungen des Gewerbe­gerichts genauer ansehen, so sehen wir, wie nothwendig es überall ist! Redner schildert ausführlich den Nutzen der Gewerbe­gerichte an der Hand der Statistik für das Berliner Gewerbegericht. In der Mehrzahl der Fälle kommen die Arbeiter innerhalb zwei Wochen zu ihrem Recht. Es ist unbedingt nothwendig, das Gewerbe­gericht obligatorisch und überall in Deutschland einzuführen, damit alle Arbeiter dieser Vortheile theilhaftig werden.

einen Redakteur, der Ehre im Leibe hat, ob er ce nicht, als er diesen Erlaß sah, für seine Pflicht hat halten müssen, die öffentliche Meinung wach zu rufen, damit jene Schandwirthschaft gegen über den Soldaten, jene Mißhandlungen aufhörten!( Sehr richtig! links.) Das kann nicht geschehen durch Geheimerlasse, sondern nur dadurch, daß derartige Dinge in die Oeffentlich Ich hätte ja den dringenden Wunsch, daß die Regierung bei teit gebracht werden.( Sehr gut! links.) Und wenn eine allen Erlassen gegen die Sozialdemokratie das Wort, geheim" Wandlung stattgefunden hat, in Bezug auf die Militärmißhandlungen, fortließe und ganz offen erklärte, daß die Sozialdemokratie revo- so war es von dem Momente an, wo der Vorwärts " diesen Erlaß lutionär und antimonarchisch ist.( Sehr richtig! Bravo! rechts.) Aber veröffentlicht hat.( Schr gut! links.) ganz wird man die geheimen Aftenstücke doch nicht entbehren Der zweite Erlaß, der im vorigen Jahre veröffentlicht wurde, fönnen; ich erinnere z. B. nur an die militärischen Erlasse. war der des Grafen Posadowsky, der Streiferlak. Da ist Es handelt sich bei diesen Vertrauensbrüchen um eine chronische es durch uns bekannt geworden, daß die Regierung unter dem Ein­Krankheit, von der wir noch gar nicht wissen, wie weit sie um sich fluffe Ihrer Partei sich gezwungen fühlte, das zweite große Grund­Aber auch unsere zweite Forderung ist nicht minder wichtig: gefressen hat. Aber wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Ich recht des deutschen Volkes neben dem allgemeinen Wahlrecht, das Das Gewerbegericht muß auf alle Kategorien von Ar­beantrage ueberweisung an eine Kommission von Koalitionsrecht den Arbeitern zu beschränken, und jede Be- beitern ausgedehnt, auch auf das Gesinde, das 14 Mitgliedern.( Beifall rechts.) schränkung dieses Rechtes bedeutet gerade so wie jede Beschränkung andelsgewerbe 2c. Die Handlungsgehilfen haben bis jetzt Abg. Lenzmann( frs. Vp.): des Wahlrechtes eine Vernichtung desselben. Dieses Attentat, das man stets, wenn sie das Gewerbegericht anriefen, unter dem Kompetenz­plante, haben wir der Oeffentlichkeit denunzirt, und wir fonflikt zu leiden gehabt. Und von höchster Bedeutung ist die Ausgestaltung Wir lehnen den Antrag a limine ab; die Be- ierden ja ſehen, inwieweit es möglich gewesen ist, es zu ver- des Gewerbegerichts nach der Nichtung hin, daß die Arbeiterinnen, gründung durch den Antragsteller zeigte deutlich den realtionären eite In. Von dem dritten Erlaß hat allerdings der Graf Klindow- die gezwungen sind, in der Industrie thätig zu sein, nicht nur das Stachel, ber in ihm steckt.( Heiterkeit.) Der Antrag richtet sich gegen ström gesagt, seine Veröffentlichung habe ihm sehr gefreut. Der Recht besitzen, das Gewerbegericht anzurufen, sondern auch das die Sozialdemokratie. Wir sind Gegner aller Ausnahme- Erlaß des Herrn v. d. Recke ist ja sehr schneidig. Die Flinte schießt, aktive und passive Wahlrecht dazu erhalten, damit ihre gefese, auch solcher gegen die Sozialdemokratie. Die jetzige Zeit der Säbel haut, das wurde uns schon früher von dem Grafen Klagen von Sachverständigen erledigt werden können. ist nicht geeignet, neue Strafgefeße überhaupt zu erlaffen. Wir Eulenburg hier verkündet. Hier heißt es: die Flinte foll gleich ungerechtigkeit, daß die Arbeiterinnen, die sich über Zurückbehaltung leben in einer Zeit engherzigften Bureaukratismus. Wenn scharf schießen, der Säbel gleich scharf hauen! Das mußte das des Arbeitslohnes, Einbchaltung von Zeugnissen, von Arbeitsbüchern reformirt werden soll, dann mache man eine Neuregelung des Straf- deutsche Wolk wiffen und ich sage, der deutsche Zeitungsredakteur, oder unittliche Anträge beschweren, nicht ſelbſt darüber mitzu­gesetzbuches. Der Beamte, der das Amtsgeheimniß bricht, ist ehrlos, der diesen Erlaß kannte und ihn nicht in die Oeffentlichkeit gebracht entscheiden haben, sondern das ausschließlich Männern überlaffen aber etwas Anderes ist es, sich eines solchen Amtsgeheimnißbruches hätte, der wäre ein Verräther gewesen an der Freiheit müſſen. zu bedienen, wenn man die Publizität des Geheimnisses für und an der Ehre seines Volkes.( Sehr richtig! bei den Die Gewerbe Inspektionsberichte beweisen, daß die weiblichen wünschenswerth hält. Viel zu weit geht es, eine solche Veröffent- Sozialdemokraten.)

Es ist eine

Arbeiter nicht in der Abnahme, sondern in der Zunahme begriffen lichung unter Strafe zu stellen. Eine nothwendige Folge der Was nun den vorliegenden Antrag betrifft, so wird er ja nicht sind. Wenn man sich nicht genirt, diese Arbeitskraft auszubeuten, Annahme dieses Gefeßentwurfs wäre die häufige Anwendung angenommen werden, da ja sogar die nationalliberale Partei nicht dann wird man es doch nur recht finden, wenn man den weiblichen des Beugnißzwangs Verfahrens, eines sehr unmoralischen für ihn zu haben ist. Herr v. Klindowström hat aber gemeint, Arbeitern ein Mitbestimmungsrecht da einräumt, wo es fich Zwangsmittels. Die Bestimmungen des Entwurfes find viel zu wenn etwa die Tribüne des Reichstages dazu benutzt werden sollte, um ihr eigenstes Interesse handelt. Nicht nur unter den dehnbar, als daß sie den erwünschten Erfolg haben könnten. Die um derartige Dinge zu verlesen, dann könnte ja der Herr Präsident Frauen der arbeitenden Klassen, sondern auch unter denen der be­heutige Zeit leidet an mehr als einer Krankheit. Aber es bringt die Verlesung verbieten. Aber, meine Herren, in Deutschland haben fizenden Klaſſe macht sich das Bedürfniß nach Befreiung von der feine Heilung, wenn man die Aufdeckung von Schäden erschwert. wir blos eine Stätte noch, wo das Wort frei ist. Der Reichstag ist Vormundschaft der Männer geltend. Wir haben keine Veranlassung, der Regierung die Wahrung ihrer das letzte Asyl des obdachlosen freien Worts, und dieses letzte Asyl Ju Oesterreich ist ein neues Gewerbegerichts- Gesetz erlassen Staatsgeheimnisse zu erleichtern. Handelt es sich wirklich einmal soll der Präsident des Reichstages dem freien Worte nehmen! Das worden, das zahlreiche Fortschritte in unserem Sinne enthält. um Geheimnisse, dann mag die Regierung sie besonders gut wahren. wäre ja eine Schmach für den Reichstag, wenn er der­( Beifall links.)

Präsident Graf v. Ballestrem: Der Abg. Lenzmann hat gesagt, die jüngeren Kollegen auf der Rechten wüßten jedenfalls noch nicht, was parlamentarischer Anstand sei. Das ist nicht zulässig und der alte Parlamentarier Abg. Lenzmann hat damit seinen jüngeren Kollegen kein gutes Beispiel gegeben.( Heiterkeit.)

Abg. Hoffmann( Dillenburg , natl.):

Wir verhalten uns dem Antrag gegenüber im Wesentlichen ablehnend. Wenn das Bedürfniß dafür wirklich vorliegt, dann hätte die Regierung die Pflicht, einen solchen Entwurf einzubringen. In diesem Falle würden wir ihn näher prüfen. So scheint uns die Ausnahmegesetzgebung nicht gerechtfertigt. Man sollte vor allem nicht alle Erlasse als geheim bezeichnen, viele der unbefugt ver­öffentlichten verdienen diese Bezeichnung nicht. Die Bestimmungen im Gesezentwurf find zu wenig eratt, als daß sie nur wirklich Miß­bräuche treffen würden.

Abg. Liebknecht( Soz.):

Wer sich die Unterschriften unter dem Antrag durchgelesen hat,

artiges duldete, das wäre die Abdankung des Reichs­tages!( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich wieder hole, was schon der Kollege Lenzmann Ihnen gesagt hat: statt daß Sie sich vor der Oeffentlichkeit fürchten, forgen Sie lieber dafür, daß alles, was Sie thun, derart ist, daß es das Licht nicht zu scheuen hat. Und was uns Sozialdemokraten betrifft, so machen Sie da drüben( nach rechts) meinetwegen Geseze wie Sie wollen, wir werden unter allen Umständen unsere Schuldigkeit thun. So lange unsere Presse besteht, wird sie die Rechte des Volkes ver­theidigen, und sollte es Ihnen möglich werden, abermals Ausnahme­gesetze zu machen, dann werden wir fämpfen und werden mit Ihnen gerade so fertig werden, wie wir früher mit Ihrem Herrn Bismarc fertig geworden sind.( Lebhaftes Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Abg. v. Kardorff( Rp.):

während bei uns das Gewerbegericht nicht zuständig ist für Ent schädigungsansprüche, welche dem Arbeiter durch Verweigerung eines Beuguiffes, Einbehaltung des Arbeitsbuches 2c. entstehen, ist ihnen in Oesterreich diese Zuständigkeit gegeben. In Oesterreich ist das Gewerbegericht auch zuständig bei Streitigkeiten, die aus Miß­verhältnissen entstehen. Sowohl in staatlichen Betrieben wie in der Privatindustrie macht sich das Bestreben geltend, die Arbeiter durch Gewöhnlich sind aber Arbeiterwohnungen an die Scholle zu fesseln. die Kontrakte so abgefaßt, daß mit der Kündigung aus irgend welchen Gründen auch die sofortige Räumung der Wohnung ver­bunden ist. In Desterreich sind ferner alle Handelsangestellten dem Gewerbegericht unterstellt.

die

Nun wird über die Einigungsämter geklagt, ein Artikel in der Volkswirthschaftlichen Korrespondenz" bekämpfte sie als, Brutstätten Wenn der Sozialdemokratie. Einigungsämter bisher zu keiner ersprießlichen Thätigkeit gelangen Mitte des Reichstags hervorgehen mußte. Er hätte eigentlich von selbst, da die Entscheide der Einigungsämter nicht rechtsverbindliche Es ist eigentlich bedauerlich, daß ein derartiger Antrag aus der konnten, so liegt das aber an der Gewerbegerichts- Gesetzgebung der Regierung ausgehen sollen; aber da haben wir jahrelang ver- Straft haben.( Sehr richtig! links.) Wir sind bereit, ihnen diese Kraft zuzuerkennen, aber natürlich filr geblich gewartet: es scheint, als ob die Regierung nach dieser Rich- rechtsverbindliche Straft fung hin keine Initiative hat. beide Theile. Wir wünschen ferner eine Entlastung der Der Abg. Liebknecht sprach von den großen Zweden, die die Inimungs- Schiedsgerichte zu zu Gunsten der der Gewerbegerichte. Veröffentlichung von solchen Erlassen rechtfertigen. Wohin sollten Die Verbandstage der deutschen Gewerberichter stehen ebenfalls wir aber kommen, wenn bei uns der Grundsay:" Der Zwed heiligt auf diesem unseren Standpunkt, daß die Streitigkeiten aus die Mittel", eingeführt werden soll? Der Antrag tritt der De- dem Lehrlingsverhältniß den Innungs- Schiedsgerichten entzogen und moralisation des Beamtenstandes entgegen, wir werden daher für ihn den Gewerbegerichten überwiesen werden müssen. Selbst die eintreten. Innungen in Frankfurt a. M. haben diese Auffassung als berechtigt anerkannt und einen dahingehenden Beschluß gefaßt mit der Motivirung, sie wollten nicht Zwietracht säen, sondern die Eine tracht zwischen beiden Institutionen fördern.( Hört, hört! links.) Ich befürchte, hier bei uns in Berlin wird es anders werden. Hier werden segensreiche Einrichtungen beschränkt, nicht erweitert werden. Dabei sind nur 778 Klagen bei den Berliner Innungs- Schieds­gerichten im Jahre 1897/98 angestrengt worden.

Hierauf schließt die Diskussion. Das Schlußwort erhält der Abg. Dietrich( f.):

der wußte sofort, weß Geistes Kind er war. Von jener Seite kommen nur Anträge, die einen Griff in die Tasche der Steuer­zahler oder ein neues Maultorbgesetz bedeuten. Schon in der Presse bemerkte man eine eigenthümliche Behandlung des Antrages. Zu­nächst sagte sich jeder: von dieser Seite muß ein Antrag tommen, der die Presse tnebeln soll; es han delt sich gewiß um ein Preß­fneblungs- Gefeß. Darauf wurde uns erklärt: Das fällt uns gar nicht ein! Wir sind nicht die Wölfe , für die Ihr uns haltet, wir sind ja Lämmer!( Heiterkeit links.) Nicht die sozialdemokratischen Veröffentlichungen, sondern die Ver= Der Antrag stellt eine Befriedigung des Rechtsbedürfnisses dar; hökerungen des Etats gaben uns den Anlaß dazu. Die man tann ihm zustimmen, ohne Rücksicht auf irgend welche offiziöse Norddeutsche Allgemeine" stimmte dem zu. Wir haben politische Zugehörigkeit. Es handelt sich lediglich um ein moralisches Gebot. Der Stoff wird der Sozialdemokratie ja trotzdem nicht uns aber keinen Augenblick über die Ziele und Zwecke des Antrages täuschen lassen; und die Rede, welche der Herr Antragsteller selbst fehlen; sie haben dann ja immer noch solche Apokryph- Erlasse, wie soeben gehalten hat, führte eine dankenswerthe Klärung dessen her- neulich den vom Kriegsminister und dem Chef des Militärkabinets bei, was beabsichtigt wird. Es soll nicht nur ein Knebel gezeichneten. Die Verweisung des Antrags an' eine Kommission wird gesez, sondern auch ein Ausnahmegesetz werden, das heißt also eines jener schimpflichen Gesetze, welche in Deutsch hierauf gegen die Stimmen der beiden konservativen Parteien land versucht worden sind zu jener Zeit des Sozialistengefeßes und abgelehnt. des Kulturkampfes, eines jener schimpflichen Geseze, welche wesent­lich daran schuld sind, daß diese chronische Krankheit den deutschen Staatsorganismus ergriffen hat, über welche der Herr Ab­geordnete Graf v. Klindowström sich beklagt hat.

Was soll denn durch dieses Gesetz erreicht werden? Der Beamte foll strafbar sein, welcher geheime Erlasse veröffentlicht. Brauchen Sie deshalb neue Geseze? Können Sie nicht gegen Ihre Beamten vorgehen und weit Schlimmeres über sie verhängen, als durch diesen Paragraphen geschehen soll? Und dann soll es heißen: Wer Schriftstücke, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen

Es folgt die erste Berathung des Antrags Agfter und Ge­noffen( Saj:): Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage bis zur nächsten Session einen Gesetz­entwurf porzulegen, durch welchen:

1. die Errichtung von Gewerbegerichten obligatorisch gemacht und deren Zuständigkeit auf die Entscheidung von Streitigkeiten ausgedehnt wird, die aus dem Lohn, Arbeits- und Dienst­verhältniß aller im Gewerbe, Bergbau, in der Land-, Forstwirth­

Ich bitte Sie, unsere Anträge anzunehmen und Ihre Liebe" für das arbeitende Volk damit zu bethätigen. Treten Sie mit uns für den Ausbau der Gewerbegerichte ein, wir zeigen Ihnen einen Weg zum sozialen Frieden auf diesem Gebiete!( Bravo ! bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Möller( natl.) beantragt, den Antrag des Abg. Basser= mann( natl.), der die Gewerbegerichte betrifft, mit zur Debatte zu stellen. Dies geschieht, da kein Widerspruch erfolgt. Der Antrag Bassermann lautet:

Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstag einen Gesezentwurf vorzulegen, wo­nach zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Prinzipalen einerseits und Handlungsgehilfen und Lehrlingen andererseits kauf­männische Schiedsgerichte errichtet werden."