tuovbcn sei, auf der Strahe Zettel zu vertheilen. Letzteres gehöreaber an und für sich nicht zu den Obliegenheiten eines Hausdienersund Portiers, es liege somit keine unberechtigte Arbeitsverweigerungvor. Auch sei es kein gesetzlicher Gnind zur sofortigen Entlassung, wennder Kläger auf der Strasie einem Manne sage, im„Deutschen Reichs-adler" sei nichts los. Allerdings sei das Gericht der Meinung, daßdieses Vergehen gegen die Interessen des Arbeitgebers eigentlich nurdurch die sofortige Entlassung geahndet werden könne; maßgebendWare indessen das Gesetz, und darin fehle eine hier anwendbare Be-stlmmung. Jedenfalls liege einer der Entlassungsgriinde des§ 123der Gewerbe-Ordnung nicht vor.Mit der bisherigen Praxis des GcwerbcgerichtS hat dieKammer v unter dein Vorsitz des Gewerberichters Tcchow gebrochen.Bisher hatte das Gelverbegericht allgemein angenommen daß derArbeitstag im Einklang mit dem Landrecht als Einheit zu behandelnsei. Demgemäß wurde Arbeitern, die im Laufe des Tages ent-lagen worden sind, der volle Lohn für den Entlassungstag auchdann zugebilligt, wenn die Kündigung ausgeschlossen"war. DieKamnler v hat nun diesen Standpunkt„als unpraktisch und fürbeide Parteien nicht förderlich" aufgegeben.Die Nufallrente darf, einem Entscheide des Neichs-Versiche-ruiigsamtes zufolge, auch jemand nicht entzogen werden, derspäter wegen eines Vergehens oder Verbrechens ins Gefängnißoder ins Zuchthaus gekommen ist. Es charaktcrisirt den in denBerufsgenossenschasteu herrschenden engherzigen Geist, daß dieservernünftige Entscheid erst von der höchsten'Jlistanz gefällt werdenmußte.Gevictzks"Bcif wtfl«Wie„Streikprozcfse" entstehen. Während des vorjährigenBanarbeitcrausstandes in Spandau begegnete der Zimmerer Weißeines Tages einen neu zugereisten Maurer aus Hörne i. Wests., dervon dem Buchhalter Stempfler von der in Arbeiterkreisen nurzu gut bekannten Firma Gebr. P e i n e ck e nach einem Logis be-gleitet wurde. Da Weiß ganz richtig vermuthete, daß der betr.Maurer den arbeiterfeindlichen Bestrebungen der Unternehmerfirmadienstbar gemacht werden sollte, sprach er den Maurer mit denWorten an:„S i n d D i r d e n n d i'e h i e s i!g e n B e r h ä lt n i s s ebekannt gegeben worden?" Der übereifrige Buch-Halter glaubte jedenfalls, daß Weiß durch diese in be-rechtigter Ausübung seines Koalitionsrechtcs gethane rechtharmlose Aeußerung ein Vergehen begangen hatte, auf dasnach dem Plane der Regierung Zuchthausstrafe stehe, er ließde» Namen des Zimmerers feststellen, und nun wurde natürlich gegendenselben auch Anklage wegen„Bedrohung" erhoben. Der Amts-auwalt beantragte im Termine am 20. d. M. gegen den Angeklagtenin der That zwei Wochen Gefängniß! Das SchvfscngerichtSpandau konnte sich aber denn doch nicht die Ansicht des ßlmts-anwnlt über den Begriff„Streikvergchen" zu eigen machen und er-kannte auf Freisprechung. Wer entschädigt den ZimmererWeiß nun lvegen der ihm ohne gesetzlichen Grund verursachten Un-annehmlichkeiten?Ein skaudlvser Fall von Tchnlkinder-Mißhandlung durcheinen Lehrer lunrdc vor dein Landgericht zu Bautzen verhandelt.Der Kirchschnllehrer und Kantor S u s ch k e ans Klein-Bautzcn warwegen schwerer Körperverletzung angeklagt. Durch40 Zeugen wurde erwiesen, daß dieser ergraute„Jugendbildner"jahrelang die ihm anvertrauten Schulkinder in unglaublich barbarischerWeise mißhandelt hat. Er schlug die Kinder mit starkenStöcken auf 5topf und Rücken, so daß starke Striemen und Beulenentstanden. Ein Knabe bekam 20 so starke Schläge hintereinanderauf die Hand, welche nach einer dadurch hervorgerufenen Knochen-Hantentzündung d a u e r n d verkrüppelte. Die Mädchen wurdenvornehmlich auf die Waden geschlagen, bis diese ganz mitSchwielen bedeckt waren. Der Unmensch hatte sich für seine Ziohheitförmliche Systeme zurecht gemacht. So mußten die Kinder zur Strafe�stundenlang mit eng angezogenen Beinen auf einer scharfen Pult-kante sitzen. Ferner zog er unter den Nasen der Kinder Bindfadenvon einer Wand des Zimmers zur andern, um ihnen das„Still-sitzen" beizubringen. Eine ganze Reihe solcher Einzelfälle wurdenfestgestellt; wegen mehrerer besonders schwerer Delikte konnte aberkeine Anklage erhoben werden, weil Verjährung vorlag. DerPrügelpädagoge wurde zu sechs Monaten Gefängniß vcr-urtheilt. Die lange Untersuchungshaft rechnete man ihm voll an.AuS Halle a. S. wird uns berichtet: Mit der vorläufigenSchließung der hiesigen Filiale des Verbandes der Fabrik-, Land-und Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen Deutschlands hat die Polizeigründlich Fiasko gemacht. Wir haben seiner Zeit darüber berichtet,als das königliche Landgericht die Schließung jenes Vereins aufGrund der„Ermittelungen" der Polizei bestätigte und dabei zumAusdruck brachte, daß ein die gesetzliche Freiheit undOrdnung gefährdender sozialdemokratischer Miß-brauch des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes vorliegensollte. Der Vorstand sollte sich nämlich gegen den bekannten§ 8 desVereinsgesetzes vergangen haben, weshalb vor der Strafkammer desLandgerichts sechs Vorstandsmitglieder und Revisoren derFiliale unter Anklage standen. Es wurde nämlich behauptet,jener Verein sei ein politischer Verein, der Frauenspersonenals Mitglieder aufgenommen habe und mit einem politischen Verein(Gewerkschaftskartell) in Verbindung getreten sei. Durch die Ver-nehmung des Polizci-Jnspektors Sparig und mehrerer Wachtmeisterkonnte nicht das Geringste nachgewiesen werden, daß der Verein mitdem Kartell in Verbindung getreten war. Die Polizeibeamtenhatten die„lleberzeugung". daß Politik getrieben worden sei, konntenaber nichts Thatsächliches beweisen. Der Staatsanwalt beantragtedennoch die Verurtheilung der Angeklagten und die Schließung desVereins. Der Verthcidigcr Rechtsanwalt H e r z f e l d wies auf denKriegcrbund hin, der hier in Halle in ganz nnvcrhülltcr WeisePolitik getrieben habe und beantragte die Freisprechungder Angeklagten und Aufhebung des Polizeibeschlusses. Der Gerichtshoferkannte demgemäß.Straffreier Handel mit der Milch verseuchter Kühe. DasKammergericht hat in seiner letzten Sitzung eine Polizeiverordnunginsoloeit für ungiltig erklärt, als sie den Verkauf jederMilch verbietet, die von an Maul- und Klauenseuchen erkranktenKühen stammt. Zur Begründung führte der Präsident aus: Eineso weitgehende Vorschrift stehe mit dem Reichsgesetz zurVerhütung der Viehseuchen in Widerspruch. Die Staats-anwaltschast mache zwar geltend, daß die fragliche Polizei-Verordnung zum Schutze der Gefimdheit erlassen sei unddeshalb ihre Stütze im§ 6 des Polizei- Verwaltungsgesetzesfinde. Der Senat sei indessen der Meinung, daß das Rcichs-Vieh-seuchcngesctz denselben Gegenstand behandle, wie die Polizeiverord-nung. Dieses Reichsgesetz wolle nicht nur der Seuchengefahr begegnen.sondern bezwecke auch, die Menschen vor den Gefahren zu schützen, diesich aus dem Genuß der Milch von seuchcnkranken Thieren ergeben.Aus diesem Grunde dürfe eine Polizeiverordnung, die die Gesundheitschützen wolle, mit ihren Vorschriften nicht über die Bestimmungendes ReichSgesetzes zur Verhütung der Viehseuchen hinausgehen.—Der Angeklagte, der kurz nach dem Erlöschen der Seuche die Milchder trank gewesenen Kühe im abgekochten Zu stände verkaufthatte, wurde freigesprochen. Das Gericht hielt es für unerheblich,daß eine Desinfektion der von den Thieren benutzten Räume nochnicht erfolgt war.Die Beleidigungsklage, welche die Rittergutsbesitzer Majorv. Tiedemann, Dr. H a n s e m a n n und Landes-ökonomierath Kenne mann gegen den RedakteurH o j n a ck i von der Posener Zeitung„Dziennil pozn."angestrengt haben, gelangte gestern vor der zweiten Instanzzur Verhandlung, da der Beklagte gegen das auf 75 M.lautende Urtheil der ersten Instanz Berufung eingelegt hatte. Klägerfind Vorstandsmitglieder des„Vereins zur Förderung des Deutsch-thums in den Ostmarken". Ueber die Vereitelung desseiner Zeit geplant gewesenen polnischen Aerzte-KongresfeShatte die genannte polnische Zeitung einen Artikel gebracht, inwelchem er ans drei gleichlautenden Artikeln der f.Post", der„Deutsch. Ztg." und den„Leipz. N. Nachr." den Schluß zog, daß dieHetze gegen den Aerztekongreß eine künstliche gewesen sei, um denAerztekongreß zu diskreditfren. Es wurde ausgesprochen, daß dieHetze, die als Fabrikat anzusehen sei, Zeugniß ablege von der„Perfidie", dem„Pharisäerthnm" und der Hinterlist der Meister undSchüler des H. K. Tismus. Diese Ausdrücke sah auch die zweiteInstanz als beleidigend an und bestätigte daher das erste Erkenntnißmit der Maßgabe, daß die Publikation in polnischer wie in deutscherSprache zu erfolgen sei.VerfAnnnlttn gen.Eine gut besuchte Generalversammlung deS deutschenHolzarbeiter Herbandes, Zahlstelle Berlin, tagte am SonntagVormittag im Feenpalast. Zu Beginn der Sitzung erhoben sich dieVersammelten zu Ehren der im letzten Quartal verstorbenen Mit-glieder. Darauf gab Miele den Kassenbericht. Die Hauptkasse hateingenommen 19 351,73 M., ausgegeben 20 764,83 M. DieLokalkasse hat eingenommen 44 353,71 M., darunter einenübernommenen Bestand von 84 775,20 M.; ausgegeben hatsie 6242,89 M., darunter 2066,35 M. Streikrmterstützungund 969 M. für den Arbeitsnachweis und den Kassirer.Für das nächste Quartal bleiben 38110,82 M. Die Unterstützungskasse hat 400,40 M. eingenommen und 477 M. ausgegeben.M a t t h e s bemängelte, daß die Ausgaben der Gaukasse nicht extraaufgeführt wären. Eine direkte Abrechnung sei nöthig, weil dieZahlstelle Berlin mehr nimmt als giebt. Glocke erwiderte, daßdie Abrechnung leichter sei, wenn alle Agitationskosten zusammengebucht würden. Miele konnte Matthes gegenüber beweisen, daß"die Zahlstellen der Provinz nur 119 M. zur Agitation bei-gesteuert hatten, daß also Berlin auch die Agitation in der Provinzfast allein bezahlt habe.Bei dem Bericht über die Unterstützungskasse wurde beantragt,daß die Namen der Unterstützten nicht verlesen werden. Ein dahin-gehender Antrag wurde nach längerer Debatte abgelehnt.Der Vorsitzende Glocke berichtete dann, daß" im letzten Quartal1 Generalversammlung und 12 Vorstandssitzungen stattgefunden haben.Acht Prozesse mußten beim Land- und Amtsgericht geführt werden.Mehrere Prozesse schweben noch.Die Bezirksleiter klagten allgemein über mangelhaften Besuchder Versammlungen. In Friedri'chsberg und Fricdrichsfelde konntendie angemeldeten Bezirksversammlungen wegen zu schlechten Be-suches nicht abgehalten werden. Ein Antrag Markmann, den Bericht der Bezirksleiter den Abrechnungen gedruckt beizufügen, wurdeabgelehnt, da das dafür verwendete Geld besser für Agitation zuverwenden sei.M a a ß gab den Bericht der Wcrkstatt-Konttollkommission. EinebettächtlichcAiizahl Sitzungen der Kontrollkommissionen wurden ab-gehalten, zu denen die Arbeiter von 320 Werkstcllen eingeladenwaren. Beschäftigt waren in diesen Geschäften 3036 Gesellen, unterihnen 1269 organisirt. Meist wurde das Ueberstundenlvesen undandere Differenzen erledigt. Von 775 Adressen, die von 623 Unter-nehmcru dem Arbeitsnachweis übermittelt worden waren, konnten565 erledigt werden. 499 Kollegen kamen in Stellung. Hansenbeschwerte sich, daß oft andere eingestellt würden als die, die nachder Reihenfolge berechtigt wären. M a a ß erklärte, daßVormittags von 8 bis 10 und Nachmittags von 3 bis 4 Uhrdie Ausgabe der Adressen stattfinde. Nur solche würdenanderweitig vergeben, die von den vorher Eingetragenen nichtangcnoninicn worden seien. Matthes glaubte, darauf aufmerksammachen zu müssen, daß die Arbeitsvermittelung pro Mann eine Markkoste. Glocke wies nach, daß dies nicht der Fall sei, da der Arbeits-Vermittler außerdem hunderte von Differenzen zu erledigen habe undmeist bis in die Nacht hinein arbeite.Bei dem Bericht über die Bibliothek wurde beantragt, die Zweig-bibliothekcn dem Zentralbureau zu überweisen. Nachdem Glockeangeführt, daß mau dem sehr verschiedenen Lescbedürfniß Rechnungtragen müsse und es am besten sei, die Bibliothek nach dem imnächsten Jahre zu beziehenden Geivcrkschaftshaus am Engelufer zuverlegen, wird der Antrag abgelehnt. Glocke machte bekannt,daß die Industriellen beantragt hätten, den Arbeitsnachweisgemeinschaftlich zu führen. Die Industriellen wollten die gesammtenKosten tragen, doch sollte eine Person zum Arbeitsvermittler gewähltwerden, die nicht Arbeitgeber noch Arbeitnehmer ist, und zwar vonden Industriellen und der gesammten Tischlerschaft. Dagegen hätteder Vorstand des Verbandes der Holzarbeiter verlangt, daß einArbeitgeber und ein Arbeitnehmer dazu bestellt werden und derArbeitsnachweis bei einem Streik ruht. Das hätten dieIndustriellen nicht angenommen. Doch würde eine noch-malige Zusammenkunft stattfinden. Auf Antrag Mattheswurden die weiteren Schritte in dieser Angelegenheit der Orts-Verwaltung überlassen, die endgiltige Entscheidung aber einer außer-ordentlichen Generalversammlung. Ebenso wurde ein Anttag Fuchsangenommen, die Resultate der Verhandlungen schon vorher inBezirksversammlungen mitzutheilen. Hierauf wurde Glocke wiedereinstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Ferner wurden gewählt:Nissen zum ersten Schriftführer, Miete zum Rendanten, Postund Koblenzer zu Revisoren, Wolf und Königzu Beisitzern. S t u s ch e berichtete über die Thätigkcit des Gau-Vorstandes, der 8 Sitzungen und 42 öffentliche Versammlungenabgehalten hat. In der Provinz bestehen jetzt 42 Zahlstellen. DerGauvorstand habe 2173,57 M. eingenommen und 1809,81 M. aus-gegeben, sodaß 363,76 M. Bestand bleiben. Der Gauvurstand wirdmittels Stimmzettel gewählt. DaS Resultat der Wahl soll im„Vorwärts" bekannt gegeben werden.Glocke kam dann auf die Werkstattordming der Industriellenzu sprechen, die abgewiesen werden müsse, da sie unannehmbarePunkte enthalte. Meier aus Adlershof wies auf den Sttcik hin,der dort ausgebrochen sei. Bisher seien nur drei„Arbeitswillige"gefunden, von denen zlvei durch einen Gendarmen von und zurBahn gebracht würden.(Gelächter.) Zu dem Gewerkschaftskongreß,der im Mai in Frankfurt am Main tagt, wurde G l o ck e alsDelegirter gewählt und darauf die Versammlung geschlossen.>' Die Lohnbewegung der Krefelder Weber bildete die Tages-ordnuna einer öffentlichen Versammlung aller in der Textilindustriebeschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen, die am Sonntag im Eng-lischen Garten tagte und zu der auch die Vertreter der organisirtenArbeiter Berlins eingeladen waren. Der Vorsitzende des Textil-arbeiterverbaudcs K. H ü b s ch schilderte in eingehender Weise dieUrsachen und den Stand der Lohnbewegung, wobei er an die be-kannten Vorkommnisse erinnerte, die sich bereits vor Monaten inKrefeld abspielten und a»S denen zur Genüge hervorgeht, daß auchder gegenwärtige Kampf nicht frivol von den Arbeitern in-szenirt ist, sondern lediglich durch das rigorose Vorgehen derUnternehmer hervorgerufen ivurde. Die völlig ungerechtfertigteLohnreduzirung, die für die Sammetweber eine Verringerung ihresVerdienstes von 10 und 15 pCt., für einen Theil der Arbeiter sogarvon 20 pCt. bedeutet, konnten die Arbeiter nicht über sich ergchenlassen, zumal das Einkommen der Weber im Allgemeinen bisherschon außerordentlich minimal ivar. Nach dem Bericht der Handels-kammer in Krefeld über die Löhne seit dem Jahre 1894 bis 1897hat das Einkommen der dortigen Weber, obwohl nach demselbenBericht die Geschäftskonjunktur eine andauernd sehr gute ist,durchaus keine Steigerung erfahren. Ein Beweis für diegünstige Geschäftslage ist auch, daß die Zahl der mechanischenWebstühle in allen Branchen erheblich vermehrt wurde. Trotzdemaber die Lebensweise in dieser Gegend eine verhältnißmäßig sehrtheure ist, betrugen die Löhne im Jahre 1897 in der Handwcbcrei401 M., pro Woche 7,71 M.; in der Seidenweberei 535 M., proWoche 10,28 M. und in der Sammetweberei 952 M., pro Woche18,30 M. Die angegebenen Löhne verringern sich aber für dieeinzelnen Arbeiter ganz wesentlich, weil hierbei die bedeutendenLöhne der Meister mit einbegriffen sind. Außer den 2800 Webernkommen noch die große Anzahl Hilfsarbeiter, die von dem Aus-stände betroffen sind, in Betracht, so daß etwa VOOO Personenzu unterstützen wären. Der Redner kommt zu dem Schluß, daß,oblvohl der Kampf ein sehr schwieriger ist, derselbe dennoch zuGunsten der Ausständigen verlaufen" muß, wenn die finanzielleFrage eine entsprechende Lösung findet. Sache der Ar-beiterschaft wird es sein, die nothwendigen Mittel zurUnterstützung ihrer kämpfenden Klaffengenossen aufzubringen.Nachdem noch F. K o tz k e in längeren Ausführungen für die aus-giebige Unterstützung der Ausständigen plädirt" hatte, gelangtefolgende Siesolution einstimmig zur Annahme: Die Textilarbeiter-Versammlung erklärt sich mit den streikenden Kollegen" in Krefeldsolidarisch. Die Anwesenden verpflichten sich, so lange der Streikdauert, einen wöchentlichen Beitrag für die Ausständigen zuentrichten. Des Weiteren stellt die Versammlung das Er-suchen an die Berliner Gewerkschafts- Kommission, sie mögeveranlassen, daß der den Textilarbeitern in Krefeld von den Fabri-kanten aufgezwungene Kampf von der Arbeiterschaft Berlins in dernothlvendigen Weise unterstützt wird.Bekannt gegeben wurde noch, daß auch bei Fr. Ko tz k e, Marien-burgerstraße 31, und bei Sander, Höchstestr. 11, Sammellistenfür die Ausständigen in Krefeld zur Ausgabe gelangen. Außerdemivurde auf die jüngsten Vorkommnisse in der Druckerei des„Lokal-Anzeiger" hingewiesen und aufgefordert, dahin zu wirken, daßdieses' Blatt in Arbeiterkreisen beseitigt wird. Sodann erfolgte derSchluß der Versammlung mit einem kräftigen Hoch auf die Be-wegnng.In Spandan fand am Sonntag eine gut besuchte Versammlungder Bäckergesellen statt. Oskar Allmann-Hamburgreferirte über:„Die Bewegung der Bäckerei-Arbeiter um Abschaffungdes Kost- und Logiswesens bei den Meistern" und führte den An-wesenden in recht anschaulicher Weise eine Menge des statistischenMaterials, welches seiner Zeit für die Annahme des„Bäckereischutzgesetzes"maßgebend war, vor Augen. Die Diskussionsredner N i tz s ch k e,H ä t s ch o l d, Werner u. A. wiesen besonders auf die bevorstehendeIlmwandlung der Spandaucr Bäckerinnung in eine Zwangs-n n u n g hin und legten den Gesellen dringend ans Herz, bei deralsdann vorzunehmenden Neuwahl des' Gesellen- Ausschussestüchtig auf dem Posten zu sein und nur solche Gesellenmit Äemtern zu betrauen, die auch wirklich die Interessender Bäckergesellen und Lehrlinge vertreten und nicht gefügige Werk-zeuge in der Hand der Meister seien. Dem gegenwärtigen Alt-gesellen, Schwarplier wurde vorgeworfen, daß er für die Frei-schreibung eines Junggesellen, der sein Gesellenstück zur Zuftiedenheitgemacht,' vor Kurzem einzig aus dem Grunde nicht gestimmthätte, weil er seinem Lehrmeister etwas zu„helle" ge-Wesen sei. Ja, Schwarplier hätte sogar beantragt, denJunggesellen noch sechs Monate nachlernen zu lassen,während selbst die Meister nur für sechs Wochen bezw. drei MonateNachlemen gewesen seien. Schließlich sei der Junggeselle zu sechsWochen„verürtheilt" worden. Der so angegriffene Schwarplierversuchte wiederholt, diese Thatsachen in ein milderes Licht zu rücken,erfuhr aber später eine recht gründliche Widerlegung. Einige neueMitglieder traten dem Verbände bei.Familientragödie. In Sulz back beschloß die Frau einesTrunksüchtigen, sich und ihre drei Kinder durch den Tod von demManne zu befreien. Sie band zwei der kleinen Kinder aneinanderund warf das Bündel in einen Weiher; darauf sprang sie mit demkleinsten Kinde selbst ins Wasser. Alle vier ertranken. Die Mutterstand kurz vor einer neuen Entbindung.Ein ungetreuer Kassirer wurde zu Stettin verhaftet. Essoll sich um einen Betrag von etwa 40 000 M. handeln. Die Unter-schlagungen, die bei einer dortigen Firma begangen sind, reichen bisin das Jahr 1897 zurück.Das Landgericht Kösliu verhandelte am Montag gegen denVorwerksbesitzer Pricbe-Zanow wegen Kaufes konservativer Stimmenbei der Reichstags-Stichwahl im Wahlkreise Schlawe- Bütow, sowiegegen 23 wegen Stimmenverkaufes angeklagte Personen. Sämmt«liche Angeklagte wurden ftcigesprochen.Von der Tiefsee-Expeditton. Wie die Hamburg-AmerikanischePackctfahrt- Aktiengesellschaft mittheilt, hat sie vony Kapitän Krech,dem Führer deS auf der Tiefsee- Expedition befindlichen Dampfers„Valdivia" folgendes Telegramm aus Emmahaven auf Sumatraerhalten:„Bouvet Insel gefunden; gelangte nahe Enderby, Kerguelen.über St. Paul, Neu-Amstcrdam, Cocos nach Emmahaven. An Bordalles wohl".Ans England sind neue Nachrichten über Unwetter ein-getroffen. Wegen Sturmes am Sonntag war die Postverbindungüber den Kanal gestört. Das am Freitag Abend von Ostende ab-gegangene Packetlioot hat Sonntag Nachmittag Passagiere und Post inQueens borough gelandet, nachdem es mehr als24Stunden lang inDoververgeblich versucht hatte, anzulegen. Auch ein zweites belgischesPacketboot hat Passagiere und Post in Oneensborough gelandet.—In verschiedenen Th eilen Englands herrschte während der Nacht zumSonntag heftiger Sturm. Mehrere Flüsse sind ausgetreten. DerPostdampfer von Calais nach Dover machte wiederholt vergeblicheVersuche, die Landungsstelle in Dover oder Folkestone zu erreichen,und landete schließlich an letzterem Orte. Die Nacht-Dampferdienstoim Kanal waren eingestellt.In der Nacht zum 20. d. Mts. hat ein verheerendes Feuerdas Dorf W i n g e r o d e, im Kreise Worbis, heimgesucht. 17 Ge-Höfte mit allen Wohn- und Mirthschaftsbauten, mehrere Scheunen,alle Vorräthe verbrannten. Auch eine Menge Vieh und Geflügelwurden ein' Raub der Flammen.Der Sehanspieler Roschtschin Jnssarow in Kiew wurde vomDekorateur des Petersburger Theaters, Malow erschossen.Der Mörder, dessen Frau in Kiew engagirt ist, war zur Aus-führung der That eigens nach Kiew gereist. Als Grund der Thatgilt Eifersucht.Auf der Halbinsel PelopouneS hat ein Erdbeben fürSter-liche Verheerungen angerichtet. Mehrere Ortschaften sind gänzlich,andere theilweise zerstört. Eine große Anzahl Menschen tft verunglückt._Briefkasten der Redaktion.Tie jnrisiisrhe Sprechftuude wird Diensiags, TouuerstagS»»dFreitags abends von 7�/- bis 8V-»hr abgehalten.O. H. 65. I. und 2. Kinder sind ausgeschlossen. 3. Kostenlos. 4. Er-fahren Sie von dem Portier.Nt. V. 47. Wenden Sie sich an die Charitee, Poliklinik für Nerven-krankheiten, Montag, Mittwoch und Freitag von 10—12 Uhr.R. B. 100.„Umgehend" heißt:„mit nächster Post", also sofort" undnicht gelegentlich._Witternngsübersicht vom 23. Januar 1899, Morgens 8»Hr.teiKsd IIi»StationenHapnrandaPetersburgCorkAberdeenParis7ö17g4 NNW759 NW761 j£SSBiö»Willer j i 11i d»molken!—294 heiterbmolkig3!hlb. bcd.Wctter-Prognose für Dienstag, den S4. Januar 1899.Etwas kühler, zeitweise heiter, vielfach nebelig bei schwachen südlichenWinden; keine erheblichen Niederschläge.Berliner Wetterbureau.Verantwortlicher Redakteur: August Incobey in Berlin. Für den Jnieratentbeil v erantw ottlich: Th. Glocke in Berlm. Druck und Verlag von Max Babing in Berlin.