Freitag, 20. Juni 1930.

Auffichten des Baugewerbes und der Bauinduſtrie.

Von Jng. Otto Ditmar.

XI

Wollen wir der Bautätigkeit das Horoskop| kolonien wohnt, oder bei Eltern, Verwandten ftellen, dürfen wir nicht von der augenblicklich oder sonst als Untermieter provisorisch herrschenden Situation ausgehen, die ihre Wur lang provisorisch, definitiv provisorisch unter­zeln nicht allein in den allgemeinen Wirtschaftsgebracht ist. Es besteht gar kein Zweifel, daß der verhältnissen hat, sondern die auch von politischen Bedarf an Wohnungen aller Art immer noch Zuständen beeinflußt ist. Wir müssen vielmehr weitaus größer ist, als das Angebot. Das Ange vom Standpunkte des Bedarfes ausgehen und bot aber, das besteht, ist für die Klaffen der Be da kommen wir zu zwei kardinalen Feststellun- völkerung, die Wohnungen braucht, ungeeignet. gen: zu wenig und zu schlecht. Hier wären Wege zu finden, das ist das Problemt, zu wenig: Dies mag angesichts der fie das seiner Lösung harrt und das mit einem berhaften Bautätigkeit, die noch vor kurzem Schlage die Bautätigkeit wieder beleben würde. herrschte und angesichts des Umstandes, daß Der Wege, die eingeschlagen werden können, heute tausende Wohnungen leerstehen und fei- find zwei. Entweder diesen Teil der Bautätigkeit nen Mieter finden können, erstaunlich erschei- ganz aus der Sphäre privater Unternehmertä nen. Wir dürfen aber dabei nicht vergessen, daß tigkeit herauszuheben, so daß durch Verzicht auf diese Bautätigkeit nicht ausschließlich Wohnbau- Gewinn und Rente billige Wohnungen herge tätigkeit war und insbesondere, daß sie fast gar stellt werden können, oder aber es muß sich ein feine Wohnungen für die minderbemittelten Ford oder ein Bafa der Bauindustrie fin Stände hervorgebracht hat. Alle die erstellten den, der durch Organisation und Rationalific Wohnungen waren dem minderbemittelten Mit- rung im Stande ist, Wohnungen zu erschwingli telstande unzugänglich, denn lange Zeit hindurch chen Preisen in Menge auf den Markt zu brin verlangte man doch die Erlegung von Baubeigen. Dieser oder jener Weg für Baugewerbe trägen" von zehn, zwanzig, dreißig und mehr und Bauindustrie sind beide Lösungen gleich Tausenden. Dafür wurden oft ganz erbärmliche günstig. Für die in der Bauarbeit Beschäftigten Wohnungen zur Verfügung gestellt, durchaus ebenfalls. Es würde gebaut werden und die In feine Luguswohnungen, meist Zwei- und Drei- dustrie wäre beschäftigt. Früher oder später wird zimmerwohnungen. Wenn wir trotzdem sagen, und muß dieser oder der andere Weg betreten daß dies keine Wohnungen für die minderbe- werden und wir werden unbedingt in nicht zu mittelten Stände waren, so hängt das eben dalanger Zeit erneut eine große Konjunktur in mit zusammen, daß bei uns der Wohnungs  - diesem Wirtschaftszweig erleben. standard so niedrig ist, daß Zwei- und Dreizim­merwohnungen schon zu den Wohnungen für die Verwaltungsbauten belangt, wird die Bautätig­Was die großen Geschäfts, Industrie- und befferbemittelten Stände gehören. Daß sich aber feit auf diesem Gebiete kaum ins Stoden ge Wohnungen, wo Einlagen von mehreren Tau- raten. Sängt sie doch mit der Konzentration und jend Stronen zu leisten waren, nicht der Mittel- Affumulation des Kapitals zusammen, einem stand oder das Proletariat, somit der größte Prozesse also, der ohne Unterbrechung und stän Teil der Bevölkerung leisten konnte, liegt auf der dig vor sich geht und der ständig nicht nur neue Hand. Nun waren allerdings dieje tragfähigen große Gebäude erfordert, sondern sie auch er­Schichten der Bevölkerung sehr bald gesättigt möglicht. Ebenso scheint es mit den großen Bau­und die Wohnungen sofern sie nicht schon auf ten für kollektive Bedürfnisse wie Theatern, Ver­Bestellung gebaut wurden blieben leer stehen. einsheimen, Gemäldegalerien, Bibliotheken, Dadurch wurden naturgemäß die Bedingungen Schulen, Turnhallen, Sportplägen, Forschungs Bibliothefen, für die Erlangung einer Wohnung etwas gün instituten, Krankenhäusern und last leider not ftiger, man mußte nun nicht mehr Baubeiträge" least Stajernen etc. zu stehen. Auch hier müssen leiſten und auch nicht den Zins auf Jahre hin- ständig steigende Bedürfnisse befriedigt werden. aus vorauszahlen, aber die Miete blieb so hoch, Was die Wohnbautätigkeit belangt, wurde daß die Wohnungen einfach leer blieben, schon erwähnt, daß die politischen Verhältnisse eine denn die Schichten, die sich sie leisten konnten, große Rolle spielen, was in der Antithese waren schon mit Wohnungen versehen, und jene, freier Wohnungsmarkt und Mieter­die mit Wohnungen nicht versehen waren, fonn ich it feinen Ausdruck findet. Uns will nicht ten sich wieden den Zins nicht leisten. bedünken, daß der freie Wohnungsmarkt eine Darin nun liegt die Strije. Absa ystok- sprunghafte Steigerung der Wohnbautätigkeit be­lungen auf dem Wohnungsmarkte. wirfen würde. Das liegt eben daran, daß ja der Auf der einen Seite eine große Menge leerste- zahlungsfähige Mittelstand heute schon Wohnun hender Wohnungen, auf der anderen Seite Volk, gen hat. Würden aber noch mehr Wohnungen das in Baraden, Zeltsiedelungen und Waggon- l unter gleichen Verhältnissen wie bisher gebaut

Ingenieure o

Genossenschaftsbeilage.

Lederer u. Bloch

Ingenieure

Teplitz- Schönau  

Paul Fischer u. Co.

Karlsbad

Wegebau­Gesellschaft m. b. H.

Karlsbad.

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Wenzel Renner

Kalkwerke

bei

Zentrale SCHWARZENTHAL Hohenelbe

Betriebe: Schwarzenthal  , Langenau  , Hohenelbe, Jesenný. Verladestationen: Hohenelbe und Jesenný. Telephon: Hohenelbe 27. Telegr.: Renner, Schwarzentkal.

Weißkalk

Weißbaukalk

Hydraulischer Baukalk

Dolomitkalk

Kalkstein

Kalksteinschotter Gartenkies Marmormehl

Analyse

des

Kohlensaurer Kalk  .. 98.320%

Kohlensaure Magnesia

Schwarzen­thaler

Weißkalksteines

Wasser u. Organisches

"

99.511% 0.823" 0.120 0.114, 0.098 0.584" 0.112» 0.028 0.152 99.993% 99.869°

"

Jesennýer Hohenelber Dolomitst. 56.32% 39.36"

99

"

0.79 3.28" 0.04 99.79%

"

"

Eisenoxyd u. Tonerde Kieselsäure.

Ergiebigkeit des Kalkes:

10.000 kg Schwarzenthaler oder Jesennýer Weißkalk ergeben:

28-30 SUMPFKALK.

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werden, so würde dadurch nur die Zahl der leer| fürchtiges Staunen. Einrichtungen für die Ab stehenden Wohnungen vergrößert werden müssen. fuhr von Sehricht oder Abfälle sind technische Dadurch aber, daß man einige Altmieter aufs Wunschträume gebildeter Hausfrauen. Sogar die Pflaster würfe, wüchse ihnen noch kein Geld in Speisekammer fehlt oft.

der Tasche, sich auch die neuen teneren Wohnun­Die meisten Wohnungen sind auch zu flein. gen zu mieten. Man darf sich also von der freien Eine unerhörte Stulturschande ist es, daß es Wohnungswirtschaft allein feinerlei Wunder vor­stellen. Vielmehr muß die Wohnungsgesetzgebung Wohnungen gibt, die nur einen Wohnraum ho trachten, das Problem des Baues nicht bil- ben, der als Stüche, Schlafzimmer, Wohnzimmer, liger aber bezahlbarer Sleinwohnungen zu furz als alles dient. Es find dies die sogenann lösen, dann erst kann der Wieterschutz, der alten Wohnfüchen, eine Einrichtung, die z. B. in der Schweiz   völlig unbekannt ist. Auch das aller­durchaus kein soziales Ideal ist, da er ja die Mieter wahllos, ohne Rücksicht auf das Einkom- ärmste Bolf schläft dort nicht in einer Küche. Es men und die soziale Leistungsfähigkeit in alte ist dort ebenso undenkbar, wie bei uns am bort Mieter mit niedriger und neue mit hohem Zins zu schlafen oder zu kochen. teilt, beseitigt werden.

Ebenso schlecht sind in unseren Häusern die gemeinsamen Wohneinrichtungen. Wir wolfen Und zu schlecht: Niemand fatti das gar nicht davon reden, daß nicht jedes Hans bestreiten, daß unser Wohnungsstandard nicht wenigstens ein gemeinsam benüßbares Telephon nur tief unter den amerikanischen, sondern auch hat, daß mehrstödige Häufer feinen Personen tief unter dem westeuropäischen steht. So schlecht, und feinen Lastenaufzug haben, und daß sich nein so erbärmlich wie bei uns, wohnt man über die Vorzüge der Zentralheizung vielleicht wirklich nur noch in Rumänien  , am Balkan   oder streiten ließe. Aber es gibt immer noch Woh in einigen Teilen Polens   und Rußlands  . Nicht nungen sogar in der Mehrzahl-- ohne elet auf die Höchstleistungen oder in diesem Fall beftrischen Strom, ohne Heizgas und ohne Wasch jer Niedrigftleistungen kommt es an. Sicher wird füchen, Wohnungen also, in deren stitchen neben es auch in Paris   oder London   einzimmerige Kel- der Zubereitung von Speisen auch noch schmut lerwohnungen geben, in denen die Enterbten der sige Wäsche gewaschen wird. menschlichen Gesellschaft hausen; es fommt viel­mehr auf den Durchschnitt an. Der Durchschnitt

Gerade dieses zweite Stapitel unserer Woh.

der Wohnungen ist bei uns geradezu jämmerungsverhältnisse, das zu schlecht", das lich. Sowohl was die einzelne Wohnung anbeviel zu schlecht" sichert unserer Bauindu­langt als auch dort, wo mehrere Wohnungen in strie und unserem Baugewerbe, sowie den Silfs­einem gemeinsamen Gebäude jind, die ganze industrien jahrelange gute Beschäftigung. Es gilt nur den Weg zu finden, diese Zustände richtig Behausung. auszuwerten. Das primäre Moment ist sicher Wohnungen ohne Badezimmer z. B. sind lich die Sebung der Wirtschaftsverhältnisse, aber bei uns sicherlich nicht der Durchschnitt, sondern es muß gesagt werden, daß es nicht das einzige die Majorität. Badezimmer gilt bei uns als ist, denn sonst wäre es unerklärlich, wieso der Lurus. Wohnungen, die fein eigenes Vorzimmer Durchschnitt der Wohnungen bei uns, so viel haben, fallen geiviß nicht auf. Ebenso ist der schlechter ist, als anderwärts, wo gleiche oder eigene Abort nicht eine durchgehende Einrich ähnliche Wirtschaftsverhältnisse herrschen. Den tung. Ein geradezu troftloses Kapitel sind die wichtigsten Faktor scheint hier die richtige Pro­Küchen. Die Mehrzahl der Wohnungsbauer hat paganda zu bilden. Propaganda, die erzieherisch noch nicht begriffen, daß die Küche eigentlich ein virft, denn viele Leute kennen gar nicht die Ar nicht die Werkraum ist, der eine besondere Anlage und des besseren Wohnens. Sie wohnen auch eine Reihe von unentbehrlichen Einrichtungen mit Berücksichtigung ihrer materiellen Berhält fordert. Im allgemeinen ist bei uns eine Stüche nisse zu schlecht. Immer wieder, in Ausstellun immer noch bloß ein leerer Raum, den nur ein gen, Vorträgen, in Zeitungsinseraten und Pro­mehr oder weniger meist aber weniger speften muß Propaganda für besseres guter Küchenofen charakterisiert. Wenn man die Wohnen" gemacht werden. Es muß dies ge­fen entfernt, fann er auch als Zimmer gefren. radezu ein Schlagwort, ein Slogan werden. Dies Sonst ist meist in der Küche gar nichts mehr, liegt nicht bloß im Interesse von Baugewerbe was ihre Benüßung als Werkraum fennzeich und Bauindustrie, sondern ist ein Stulturwerf. nen würde. Oft nicht einmal eine Wasserleitung. Das Baugewerbe und die Bauindustrie hat hier Ist sie da, gilt sie als Luxus. In der Mehrzahl allerdings ein großes Feld der Betätigung und der Fälle besteht der Fußboden aus weichen die Presse wird sich sicher gerne auch in diesen Brettern. Ausgusse für Spülwasser, erregen chr- Dienst stellen.