Nr. 259. Mittwoch. 8. November 1980. Seite 3. kung der Krise auf die Bodenerwer- der. Die kleinen Bodencrwerber bleiben die Raten schuldig insgesamt sind hier etwa 450 Millionen ausständig; das Bodenamt kommt durch Gtzvährung von Zahlungsaufschub bei mäßiger Verzinsung entgegen. Aerger sei die Situation bei den Kolonisten, denen einheit­liche Kredite auf 33 Jahre bei zwei halbjährigen Annuitäten von 4.8 Prozent gewährt wurden. Im Eigentum von Einzelpersonen befinden sich 1583 Restgüter, davon sind 550 Objekte in den Händen ehemaliger Angestellter der Großgrund­besitze, und 418 im Eigentum ehemaliger Päch­ter. Weitere 365 Restgüter gehören jeristischen Personen. Die Finanzlage jener Restgutbesitzer, die sich über!nveftiert hatten, sei ziemlich schlecht. Unfähige Besitzer werde daS Boden­amt nicht schützen, zur Sicherstellung fähiger Restgutbesitzer, die durch die Krise in Schwierig­keiten geraten sind, treffe das Bodenamt jedoch Hilfsmaßnahmen. Den ehemaligen Ange­stellten, die Restgutbesitzer sind, wurden Kredit« von 78 Millionen gewährt. Anqestelltenorgani- sationen, die 27 Restgüter besitzen, erhielten Kredite von 23 Millionen. Außerdem beantragte das Bodenamt bei der Regierung, die Frist zur Zurückzahlung des Anfangskredites von 150 Mil­lionen, den es seinerzeit erhielt, angemessen zu verlängern, um auch diesen Betrag zum Teil als langfristige Kredite für bedrohte Bodenerwerber verwenden zu können. Um das nächste Arbettsprogramm. Prag  , 4. November. Das Kollegium der politische« Minister verhandelt« auch heut« über daS nächste Arbeitsprogramm der Re­gierung. Di« Beratungen sind noch nicht zum Abschluß gelaugt, sondern werden morgen nach­mittags fortgesetzt werde«. Am Donnerstag tritt der reguläre Miniperrat zusammen. Ein Genrebilddicn von besonderem Reiz ist es, daß sich an unserer Kritik der Staatspreisverteilung an Max Brod  ausgerechnet der agrarischenBenkov" reibt, Das Blatt der Restgutbarone, das leider noch immer, ohne daß der Ministerpräsident dem widerspräche, als sein Blatt bezeichnet werden kann, stellt sich noch bornierter, als es von Haus aus doch ohnehin ist, und meim, man könne es uns nie recht machen. Es leistet sich folgende Polemik: ,Max Brod   ist allerdings Jude, viel­leicht Zionist, aber er schreibt ausschließ­lich deutsch   und repräsentiert dar deut­sche literarische Schassen in unserer Republik  " immer noch eher, könnten wir hinzufügen,! als der ,Menkov" die tschechische Kultur reprä- sentiert; den würden wir nicht einmal für zu­ständig erachten, in Sachen der tschechischen Kultur auch nur ein Urteil abzugeben, geschweige denn in Fragen der deutschen   Kultur, oie ihm doppelt fremd ist, einmal durch di« Sprache und dann durch seine Wesensart, die ihn von jeg­licher Kultur distanziert. Was Herrn Brod betrifft, so ist er nicht vielleicht", sondern ganz zweifelsohne Zionist, nämlich Jude nach dem eigenen nationalen Be­kenntnis, und so wenig wir dagegen hätte», daß ihm irgendein literarischer Staatspreis ohne be­sondere Kennzeichnung verliehen würde, so nach­drücklich müssen wir doch von neuem betonen, daß wir einen als deutschen   Staatspreis amtlich spezifizierten Preis den ihrem Bekenntnis nach deutschen   Schriftstellern Vorbehalten sehen möchten; wir nehmen di« ganze Sache nicht besonders wichtig, können uns aber auch nach der Belehrung, die von so kompetenter Stelle wie vomBenkov" ausgeht, nicht entschließen, den Staatspreis d«S Herrn Brod als einen deutschen   Staatspreis anzuerkennen. Wir möchten auch bezweifeln, ob es sich Herr Brod zur Ehre rechnet» als Jude von einem Blatt verteidigt zu werden, daS vor wenigen Wochen noch zum Pogrom aufforderte, und als Dichter den Schutz der Journali­stik zu genießen, die kürzlich die Konkurrenz Stklbrnhs-zu schlagen hoffte, indem sie den Scharfrichter über den Nutzen d«r Todesstrafe interviewte. Der Unterrichtsmini st er, den das noble Blatt ebenfalls gegen uns in Schutz nehmen will, wird wohl über die tägli­chen Stänkereien und notorischen Krakeels des Blattes der Boulevard-Agrarier ungefähr daS- stlbe denken wie wir! Böhmische Landervertretmw. In der gestrigen Sitzung kam die Beratung dez Sandesvoranschlatzes nicht weiter, als bis zur Beendigung der Generaldebatte. Es spra­chen die Mitglieder der Landesvertretung Mandl(Nat.-Tem.), Itz, fchristl.-Soz.), Kai­ser(Landbund), Genosse Ksandr(sich. Soz.- Dem.) und eine Reihe Redner tschechischer Par­teien. Der deutsche christlichsoziale Haupt ver­suchte nochmals die Mitschuld an dem jetzigen Stand der Selbstverwaltung von seiner Partei abzuwälzen und nachzuweisen, daß die deutschen  Sozialdemokraten nur das täten, was di« Christ­lichsozialen wolltcn und jetzt auch tu» würden. Seinen nicht ganz klären Ausführun­gen folgt- am Schluß nicht einmal der Beifall der eigenen Parteigenoflen. In der heutigen Sitzung wird zunächst der Finanzreferent des Landes das Schlußwort zur Generaldebatte halten und sodann die Debatte über d'c einzelnen Kapitel des Budgets beginnen. Arbeiter und Bauern. Mn Landwirt über Agrar- und Sozialpolittt. Der unsere« Leser» schon bekannte Landwirt Alfred I. Roßmanith(Raase), ei« mit de» Problemen der heutigen Landwirtschaft ehrlich ringender Mensch, der die Austastung vertritt, daß der Laudwirtschast mit den alte« agrarischen Methoden nicht zu helfen ist, sendet uns(und wie er uns mitteilt, auch derLandpost") einen länge­re» Artikel, der sich mit dem Verhältnis zwischen Arbeiter« und Bauern befaßt. Der Autor kommt zu dein Schluß, daß die Bauer« ein außer­ordentliches Interesse an der He­bung der Lebenshaltung der Arbei­ter haben. Mr find mit der Meinung des Verfasser» nicht in alle» Einzelheiten einverstan­den, bringen aber die Schlußfolgerungen des Artikels, well daraus ersichtlich ist, daß man auch aus einer anderen Blicksphäre zu druselben For­dere« gelangen kann wie wir. Eine Meldung besagt, daß es im kommenden Winter in den U. S. A.  , die rund 100 Millionen Einwohner zählen, mehr als 16 Millionen Menschen geben wird, die direkt von der Arbeitslosigkeit betroffen sein werden. Aber bleiben wir bei unserem Beispiel von einer Million in einer» Staatswesen vorhandener Arbeitsloser. Arbeitslos sein heißt, seine Lebens­haltung auf das Aeußerfte einschränken mästen, weil das Geld zum Kaufe fehlt. Äm stärksten drückt sich diese Einschränkung in der herab­geminderten Art der Deckung der Ernäh­rungsbedürfnisse aus. Ein Arbeitslostr wird für sich und sein« Familienangehörigen weniger Milch, weniger Butter, weniger Erer, weniger Fleisch, weniger Wurst, weniger Fett, weniger Speck, mit einem Wort weniger an Beredlungsprodukien aller Art kaufen können, al4 er er töte, wenn er Geld hätte, sie zu kaufen. Sin Arbeitsloser, ein schlecht bezahlter Arbeiter oder Beamter kann sich zeitweilig durch die grüßte ihm aufgezwungene Sparsamkeit im Ankauf von Kleidern, Schuhen u. dal., durch Einschränkung seiner sonstigen Lebensbedürfnisse, über die ärgste Not teilweise helfen, er kann zu- sammcngepfercht in unhygienischen Wohnungen Hausen, auf Reinlichkeit und jedes sonstige Kul- turbedurfnis verzichten. Aber noch weher als alle diese drückenden Ent­behrungen tut der Hunger. Der Hun- S tut nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsäch- , psychologisch und körperlich weh. Er ist der grausamste Begleiter der Not. Und da der Mensch nicht vom Brote allem leben kann und schon gar nicht bei der Art seiner ihm aufgezwungenen Arbeitsweise und unter unseren klimatischen Ver­hältnissen, so ist eS der Hunger nach Der- rdlungSprodukten, der den Menschen am meisten peinigt.und den er als erstes und. drin- gendstes Gebot stillt wenn ar kann. Wenn er aber nicht kann, muß er den Ankauf von Ber- edelungSprodukten einschränken, droffeln und vielfach zeitweilig ganz einstellen. Es ist daher gewiß nicht zuviel in Rechnung gestellt, wenn man annimmt, daß ein Arbeitsloser pro Tag und Kopf unr mindestens 5 K weniger von all den aufgezählten begehrten Kostbarkeiten kaufen wird als er es bei voller Beschäftigung und gutem Verdienst täte.^Ungerechnet auf die bei­spielsweise angenommene Anzahl von Arbeits- loscn macht das pro Tag fünf Millionen oder in 365 Tagen eine Milliarde und 825 Mill io non K aus. In einem Staats­wesen mit der angeführten Arbeitslosigkeit be­trägt daher das Einnahmenmanko Mr die Land­wirtschaft jährlich nahezu zwei Milliarden. Autarkie und Unmöglichkeit deS Absatzes inS Ausland zugrundegelegt, fließen mithin der Landwirtschaft eines solchen Staates jährlich rund zwei Milliarden weniger zu als bei einem gut beschäftigten und gut bezahlten Gesamt- avbeiterstand. Nach der oben zitierten Reuter­meldung würde daS für die Bereinigten Staaten von Nordamerika   wenigstens das Sech zehn­fache, das wären also weit mehr als 30 Mil­liarden K, ausmachen. Ich rate den ameri­ kanischen   Farmern sich mit diesen Ziffern etwas näher zu befassen. Die Zahlen werden wahr­scheinlich eine nicht un-bedeutende Erhöhung er- fechren, well der normale Lebensstandard eines amerikanischen   Arbeiters wesentlich höher und die Jnnenkaufkraft des Dollars, wie man mir sagt, weitaus geringer ist. Es kann daher den ameri­ kanischen   Farmern in ihrem eigensten Interesse empfohlen werden statt uns mit ihren Pro­dukten zu überschwemmen lieber dafür zu sorgen,.daß sie ihren eigenen Mitbürgern um oie 30 Milliarden ihrer Erzeugniffe dadurch mehr verkaustn, daß sie ihre Arbeitslosig­keit abschaffen. Wenn wir den Hunger in Zahlen ausdrücken wollen, so könnt« man sagen, es hungern die eigenen Bürger der reichen U. S. A.   um einen Betrag, mit dein die Ameri­kaner das Elend'bei den Bauern Europas   aus­zubreiten systematisch an der Arbeit find. Es ist eine falsche Rechnmlg, Not und WirtschaftS- qualen dadurch beseitigen zu wollen, daß man diesen Furien der Menschheit ei» größeres Wir- kungsscld einräumt. Was sagen unS diese Beispiele? Sie sagen unS mit eindringlicher Klarheit: Die Bauern­schaft aller Länder und Erdteile hat,«eben den Arbeitslosen selbst, das allergrößte, vitalste, so­zusagen ureigenste Interest« a« der Behebung der Arbeitslosigkeit, an der Besserstellung des Arbeiters,' an der Erhöhung des Lebensstandards der gesamten Arbeiterschaft. Die Bauernschaft aller Lander mutz diese Ziel« mit allen Kräften, mit allen Mitteln und mit ihrer ganzen Poli­ tischen   Macht fördern und unterstützen. In nichts andrem drückt sich der auch wissenschaftlich be­gründete Uebergang zur Ernährung mit einem Mehr an veredluugsprodukten stärker ans als bei der breitesten Bevölkerungsschicht, der Arbei­terschaft. Sie hiezu dauernd materiell z« be­fähigen, ist ein« der wichtigste« Aufgaben jeder modernen, anfbauende» Agrarpolitik. 8» kommen Mr nicht weiter! Die Rede Curtius und das tsdiediisdie Echo. Herr Dr. CurtiuS, der deutsche Reichs­außenminister, scheint doch mehr von der alten Schule Preußischer Diplomatie als von der Stresemanns zu haben, sonst hätte er den: säch­sischen Abgeocktneten Gradnauer im Außenaus­schuß des ReichStagg ganz anders geantwortet, als er eS tatsächlich tat. Was Herr Curtius, der heute doch wohl unter allen Außennnnistern der WAt der ist, der das größte Maß von Verant­wortung tragt, und am meisten Anlaß hätte, seine Worte auf die Goldwage zu legen, vorige Woche vom Stapel gelassen hat, das war die typisch schnoddrige Antwort des Korpsstudenten auf eine Anrempelung. Herr Curtius hat er offo den Kulturbohkott Deutschlands   gegen die Tsche- chostowakei angedroht und die bisher zu diesem Ende unternommenen Schritte autgeheißen. Er hat damit eine neue Welle des tschechischen Na­tionalismus aufgeruhrt, es den Prager   Licht­spielbühnen sehr erschwert, deutsche Tonfilme wieder aufs Programm zu setzen, er hat den versöhnlichen Elementen unter den Tschechen  einen Knüttel zwischen die Beine geworfen und weder der deutschen   Kunstinduftrie, noch dem Rufe Deutschlands   genützt. Stellen wir uns einmal vor, der deutsche Außenminister hätte nicht als forscher Fuchs­major, sondern mit der abgeklärten Ueberlegen- heit des Diplomaten gesprochen, stellen wir Uns vor, er hätte wirklich die Prager   Krawalleure und ihre Beschützer moralisch züchtigen wollen! Was hätte er sagen müssen? Nun ungefähr doch das folgende: Wir sind ein altes Kulturvolk und wir sind eine der größten Nationen der Erde. "Dir können es'uns leisten, über kleinliche Ge­hässigkeiten zur Tagesordnung überzugehen. Es ist uns freilich nicht gleichgültig, ob man unse­ren NationSgenoffen die Scheiben einwirft und den Mund verbietet, wir werden nach bestem Können ihre Partei ergreifen, aber es ist unter unserer Würde, Gleiches mit Gleichem zu ver­gelten, es ist unter der Würde einer Großmacht- gegen den kleineren Nachbar mit Repressalien vorzugehen, cs ist unter der Würde des deut­ schen   Volkes, auf die Anpöbelung durch tsche­chische Fascisten mit- dem Kulturbohkott eines ganzen Volkes zu antworten, dessen Kinderkrank­heiten im zweiten Jahrzehnt der Eigenstaatlich­keit wir eben verstehen müssen, dem wir gerade durch unser Beispiel zeige« müssen, wie wenig diese Formen des nationalen Geltungstriebes imponieren können, wie urünskutabel sie unter Nationen alter Kultur und Staatlichkeit sind. Durchaus liebenswürdig und bei gleichzei­tiger Anerkennung des guten Wlllens auf tsche­chischer Seite hätte Herr Curtius den Baxa und Konsorten doch eine gut sitzende moralstche Ohr­feige verabfolgen können. Seine Antwort hat diese Herren nicht moralisch gerichtet, sondern ihr Ansehen befestigt; sie dürfen ja jetzt um so mehr glauben, in durchaus europäischem Bahnen zu wandeln, wenn sie das empfehlen, was Herr Curtius seinerseits auch für ein geeignetes Mit­tel des Kulturkampfes halt. Auf der andern Seite beweist aber das Echo der tschechischen Presse, daß man auch hier nichts dazulernen will. Di« tsche­chische Presse von den nationalistischen Jingoblättern ganz abgesehen verkennt eines: die Wirkung, die vom Baxa a u s g e h t. DieP r. Press e" vor allem sollte sich doch an das erinnern, was wir ihr erst unlängst sagten, als sie dem Ausland den Artikel des Genossen F. Krejöi vorsetzt«: man kann nicht zween Herren dienen, der Kultur und dem Baxa  ! Die Regierung hat gegen di« Ruhe­störer und ihre polizellichen Patron« energisch durchgegriffen, das ist richtig; die Unruhen wur­den erstickt, die anständige Presse hat sich an­ständig gehalten, die großen Parteien sind von den Gassenjungen abgerückt; die Partei des Außenministers hat sich in ihrer Preffe bemüht, die schmutzigen Hintergründe der Kampagne auf-! zudecken. Alles richtig. Aber was ge­schah dann? Dann kam der Herr Baxa  und feierte die Rowdies als nationale Helden, machte die Deutschen   für den^Krawall verant­wortlich, sprach von Provokationen, drohte mit der Wiederholung des Klamauks, wenn die Deutschen   weiter laut deutsch   sprechen würden, drohte den deutschen   Journalisten mit Repres­salien, wenn sie Uebles über ihn und sein Prag  berichten würden, und vor wenigen Tagen erst hat der Primator von Prag   seinen Namen an die Spitze eines Aufrufes gesetzt, den 40 Chau- vmisten zeichnen, die sich in holdem Wahn als Intellektuelle" vorstellen und der ein neuer Unser neuer Itoman. Wir beginnen heute mit dem Abdruck eines neuen Romans Billo, Sohn von Wotan. Der Verfasser, I. O. C n r w o o d ist ein bekannter guter Erzähler, mit des­sen Kunst sich unsere Leser gewiß bald befreunden werden. Appell zu antideutschen Kraftäußerungen ist. Begreift denn die tschechisch« Oeffentlichkeit nicht, was dreser Mann für den Staat bedeutet? Wis­sen Herr Dr. Bene8 und seine Presse nicht, daß sie Sisyphus-Arbeit leisten, solange sie Herrn Baxa   als den ihren an so sichtbarer Stelle stehen lassen? Man stelle sich doch vor, daß etwa in Wien   gegen die Tschechen so vorgegangen würde, wie in Prag   gegen di« Deutschen  ; daß zwar die Regierung und die großen Parteien von den Banden abrückten, daß dann aber der Bürger­meister aufstünde und die Sache abgestraftcr Ruhestörer als nationale Tat feierte, sich selbst an die" Spitze der Hetze stellte! Würde man nicht an der Ehrlichkeit der Verantwortlichen zweifeln?! Wir glauben uns von der Rode deS Herrn Dr. Curtius und von seiner Auffassung der deutsch  -tschechoslowakischen Beziehungen genügend weit distanziert zu haben; wir verurteilen den Kulturbohkott als ein unwürdi­ges Mittel der Abwehr, das im Affekt ver­ständlich, als Plan aber verdammenswert ist und das obendrein ganz Unschuldige trifft. Aber wir möchten auch dre Aufmerk­samkeit der tschechischen Oeffentlichkeit, soweit ihr am Frieden und an der Kultur liegt, auf die Schönheitsfehler des Prager  Landfriedens lenken. Daß die Zeitung des Ministerpräsidenten im Chor der schlimmsten Krakeeler mitbrüllt, ist peinlich ge­nug, aber es mag noch hingehen, da sie wenige Fremde verstehen, sehr wenige lesen und kaum einer ernst nimmt. Daß aber an der Spitze Prags   der alte Rituälmord-Recke Baxa  , der verbohrteste Chauvinist und das leibhaftige Wahrzeichen eines balkanischen Kamelottentums, die Hauptstadtrepräsentieren" darf, das ist wohl der gröbste Schönheitsfehler im demokra­tisch gepuderten Gesicht dieses Staates! Auf beiden Seiten, diesseits und jenseits des Erzgebirges müßte man anders an die Fragen herantreten, soll der gemeinschädliche Hader einer fruchtbaren Zusam­menarbeit weichen! Die australische Arbelterregierung und der Senat. Die australische Arbeiterregierung hat mit sehr ernsten finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen und ihre Aufgabe in dieser Richtnng ist keineswegs beneidenswert. Aber überdies Mlt sich ihr noch eine andere Schwierigkeit ent­gegen: der Senat, der wichtige Gesetze ver­schleppt. Obwohl die Arbeiterpartei im Unterhaus eine gewaltige Mehrheit besitzt, wird sie durch die Tatsache gehemmt, daß im Senat eine natio­nalistische Mehrheit vorhanden ist. Die Blätter der australischen Arbeiterpartei beschweren sich über die Art und Weise, in der der Senat die Politik der Regierung hennnt und dadurch den Willen des Bolles, der bei den Wahlen vom Oktober 1929 so Kar zum Ausdruck gekommen ist, verfälscht. ImAustralian Wörter" heißt es zum Beispiel, daßj«e wichtige Vorlage, die vom Unterhaus m den Senat gelangt, bewußt so behandelt wird, daß die Regierung in ihrer Gesetzgebung zur Ohnmacht verurteilt ist" und an einer andern Stelle,daß es, klar ist, der Senat wolle es der Regierung unmöglich machen, die Politik durchzuflihren, um derent­willen sie gewählt wurde". Ganz besonders wird auf zwei Beispiele hingewiesen. Der Senat hat die Vorlage über den G e t r ei d e h a n he l bei der ziveiten Le­sung mit 15 gegen 12 Stimmen abgelehnt, ja nicht einmal ine Beratung im Komitee zugelas­sen. Dabei handelt es sich' wie derAustralian Worker" erklärt,um eine dringende Maß­nahme. Das Wohlergehen eines wichtigen Wirt­schaftszweiges hing von ihrem sofortigen In­krafttreten ab. Die Wirtschaft Australiens   und, sein Kredit im Ausland waren damit verknüpft. Und die Regierung war vom Boll beauftragt wockten, das Gesetz ernzubringen und durchzu­führen". Weiter hat der Senatdas Schiedsge- richtSgefetz abgeändert und wesentlich geschwächt. Das Gesetz war geradezu der Pfeiler der Politik der Regierung. Infolge ihrer Stellung zu dieser Frage hat die Arbeiterpartei die Wähler Mr sich gewonnen, ist das Ministerium Bruce-Page ge­stürzt. Infolge ihrer Stellung zu diesem Problem ist die nationalistische Partei zusammengebrochen und ihr Führer erlitt als der erste australische Ministerpräsident, der als Abgeordneter nicht wiedergewählt wurde, eine schwere persönliche Wahlniederlage. Wenn die nationalistischen Mitglieder des Senats in ihrer Gesamtheit da­mals vor das Boll hätten treten muffen, hätten sie das gleiche Schicksal erleiden müssen. Arm Unglück mußten sie sich nicht dem Urteil der Demokratie unterwerfen und deswegen können sie uns heute das ungeheuerliche und groteske Schauspiel zeigen, daß eine entscheidend geschla­gene Partei das unverkennbare Urteil der Wäh­ler mißachtet.