Seite 2 Donnerstag, 19. Feber 1981. Nr. 43. liegen dürften, nicht hinausgehen und^er Redakteur wurde kürzlich entlassen. Aber es hat des Einschreitens des I u st i z m i n i- sters bedurft, um dieseAffäre" zum end­lichen Ende zu bringen! Ob auch Kulmberg; wie so viele seiner Vorgänger/ eine Erklärung unterschreiben mußte, daß auf jede Entschädi­gungsansprüche verzichtet tverde, ist mir nicht bekannt, aber notwendig hat unsere Justiz nach der bisherigen Praxis einen derartigen Verzicht nicht: sämtliche Ratskammern haben bisher erforderlichenfalls die Entschädigung verweigert mit dem Hinweis, daßbegrün­deter Verdacht" gegeben war und der Geschä­digte durch sein Verhalten wahrscheinlich sein Dasein die Haft verschuldet habe! In allen diesen Fällen wurde Unter­suchungshaft verhängt, in allen diesen Prozessen wurde später nicht ein Schein eines Verdachtes gerechtfer­tigt, in allen diesen Untersuchungen kam es zu einen:Jnstanzenzug", der in der altöster­reichischen Strafprozeßordnung nicht begrün­det ist: nach dem vierzehnten Hauptstück, § 173 bis 197. entscheidet über die Unter­suchungshaft der Untersuchungsrich­ter, hat nach Paragraph 149 binnen 24 Stunden in Ausnahmsfällen drei Tagen den Häftling einzuvernehmen und über die weitere Jnhaftbelassung unter Angabe der Gründe zu entscheiden auch wenn es sich um obligatorische Untersuchungshaft handelt und es ist weiters di Haft nach § 183 unter möglichster Schonung der Ehre und Person durchzuführen. Wenn es sich bei uns um Spionage handelt, dann wiü> dasMaterial" vor allem den Militärbehör­den nach Prag zur Beurteilung überlassen und von hier aus über das Schicksal des In­haftierten entschieden; auf diese Zustände, die immer wieder zu Blamagen und Unmensch­lichkeiten führen müssen, wurde hier schon verwiesen. Immer wieder muß man die Frage aufwerfen, ob es einen Staat im Staate gibt, ob sich Wie löblichen Militärs init den passierten alljährlichen Budgetüber- fchreitungen nicht begnügen könnten? Ist es nötig, daß von dieser Seite immer wieder der § 107 der Verfassung verletzt wird? Die Freiheit der Person ist nun einmal ge­währleistet, auch wenn es nur um Zivilisten geht, niemand darf seinem ordentlichen Rich­ter entzogen werden und die Unterwerfung simpler Bürger unter die Maschinerie einer Militäichegutachtung kann von den Beteiligten im Gesetze nicht begründet werden. Der Spio­nagespiele lvaren es nun schon genug; viel zu oft mußten die doch nicht immer sehr libera­len Strafgerichte eindeutige Belehrungen an die Militärbehörden erteilen, es wäre an der Zeit, den Untersuchungsrichter endlich wieder nach dem Gesetze, das heißt unabhängig, amtieren zu lassen. Bon Prag aus kann man schwer beurteilen, was sich in entferntester Provinz abgespielt hat; es ist eine der weni­gen Errungenschaften des vielfach veralteten Gesetzes, daß der Grundsatz der Unmittel­barkeit auch bei der Untersuchung durch­dringen konnte! Damit hängt aber auch eine zweite Frage zusammen, die eine dankbare Aufgabe der Legislative ist; nach dem Gesetze über die Entschädigung für ungerechtfertigte Un­tersuchungshaft vom 18. vni. 1918 R. G. 318 entscheidet über den Anspruch dasselbe Gericht, das die Hast verhängt, im Verfah­ren vor dem Kreisgericht die Ratskammer, die Beschwerdeinstanz in Haftsachen. Es ist wohl ein einziger Fall, daß der Richter dar­über zu entscheiden hat, ob sein eigenes Verhallen seinen Brotgeber d. i. den Staat ersatzpflichtig macht. Würde dieses Investttionsmilelhe im Bndget- ausichud verabschiedet. Prag , 18. Feber..Der Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses verhandelte yeute den gan­zen Tag über die künftige Jnvestitionsanleihe von 1300 Millionen. Referent war Abg. Dr. P a t e j d l. In der ausführlichen Debatte for­derte u. a. K e i b l(D. Rat.) die Aufnahme einer Ausländsanleihe, während Mahr- Harting die Errichtung eines besondere« Ausschusses zur Kontrolle der Anleihe anstrebte. Novak(Nat. Dem.) verlangte vom Finanzminister Aufklä­rungen über gebundene Einlagen der Staatskasse bei der Landesbank im Betrage von 483 Millio­nen. K o p e c k y(Komm.) wendete sich gegen jedes weitereSchuldenmachen", trat für eine Vermögensabgabe ein und verlangte die Heran­ziehung der Sozialversicherungsanstalt zu Zwek- ken der Arbeitslosenunterstützung; ihre Einnah­men seien größer, ihre Ausgaben lleiner als er­wartet, so daß sie ganz gut eine halbe Milliarde für Arbeitslosenunterstützung aufbringen könnte. Genosse Hackenberq verwies darauf, daß nicht 1300 Millionen, sondern leider-nur 486* Millionen für neue Investitionen bestimmt sind. Er verlangte, daß man bei der Ver­gebung der Änvestitionsarbeiten nur jene Unter, nehme berücksichtige, di« keine unbegründeten Ent­lassungen vornehmen und auch nicht die Notlage der Arbeiter zu Vertragskündigungen, bezw. Lohn­herabsetzungen ausnühen. Wenn schon kein« gesetz­liche Handhabe bestehe, um die Unternehmer von solchen Handlungen abzuhalten, so müsse man die Vergebung der Investitionen dazu benützen, um auf di« Unternehmer zugunsten ihrer Arbeiter und Au- gestellten einen entsprechenden Druck auszuüben. Lei­der werden die beabsichtigten Investitionen unserer Textilindustrie keine Beschäftigung bringen können; auch von den Investitionen der Staatsbohnen werde das deutsche Gebiet nicht viel halben. Gegenüber der kommunistischen Forderung nach Heranziehung der Sozialversicherungsan» stalt für Ärbeitslosenlürsorg« stellt Genosse Hacken­berg fest, daß zwar die Ausgaben für Renten Wisent« lich geringer seien als ursprünglich angenommen; das rühre jedoch daher, daß di« Alten mit den geringen Renten nicht aus kommen können und daher Weiterarbeiten müsse«, wen« sie leben wollen. Man müsse alle Kraft dafür ein- fetzen, daß durch eine Novell « eine entsprechende Minimalrcnte frstoelegt werd«,' die den alten Arbeitern und den Invaliden ihre wirtschaftliche Existenz sichert. Dafür und nicht für Arbeits­losenunterstützung müsse man di« Ueberschüss« der Zentralsozialversicherungsanstalt verwenden, denn dann würden viele alte Arbeiter in Pension gehen und so den Druck auf den Arbeitsmarkt wesentlich verringert werden. * Finanzminister Dr. Engliö griff wieder­holt in die Debatte ein und legte dabei die Bor­telle einer inneren Anleihe dar, deren Bedingun­gen günstig sein würden und die auch weder den Geldmarkt noch den privaten Kredit schädi­gen würde. Ans der Anleihe würden vor allem veraltete Gesetz geändert, dann hätten die hier so beliebten Pseudo-Spione gewiß weniger lange Zeit, unsere Gefängnisse zu studieren. Noch lassen sich die Einzelfälle zählen, aber es sind ihrer genug, und der Zustand schreit nach legislativer und administrativer Abhilfe. Wir brauchen keine Sonderjustiz für Spionagefälle und ihre Abstellung wird der öffentlichen Gewalt nur einige Blamagen ersparen! W. L. Straßen- und Meliorationsarbeiten finanziert werden. Für den Wasserstraßenfonds seien Kre­dite der allgemeinen Pensionsanstalt gesichert. Bon den Einlagen bei der Länderbank, deret- wegen Abg. Novak interpellierte, seien seinerzeit 243 Millionen vom Finanzminister Novak dort angelegt worden; weitere 100 Millionen entfal­len auf eine Einlage für die Moravskä banka. Die Kontrolle der Verwendung der Anleche sei durch die Verrechnung im Budget und im Staatsrechnungsabschluß genügend gesichert. Auf eine Anfrage über den 130 Millionenfonds er-' klärte der Minister, daß der Kredit vorläufig nur zugunsten der Arbeitslosen ver-j wendet wurde; von einerAufteilung" des Fonds sei keine Rede. * Nach durchgeführter Spezialdebatte wurde di« Vorlage unter Ablehnung aller oppositionel­ler Abänderuugsanträge unverändert an­genommen, ebenso eine Resolution Peters, daß besonders jene Gebiete berücksichtigt werden sollen, die am messten von Krise und Arbeits­losigkeit betroffen sind. Dar Genfer Zollsriedensabkommen. Agrarier Verzöger« Ausschnßberatung. Prag , 18. Feber. Der Außenausschuß des Abgeordnetenhauses erledigte heute nachmittags in Anwesenheit deS Außenministers zunächst das Veterinärabkommen mit Frank-, reich vom 3. Oktober 1930. Hiezu sprach ledig­lich Dr. H a j n(Nat.-Dem.), der formale Be­denken vorbrachte und verlangte, derartige Ab­kommen in Form eines Gesetzes zu kleiden, das auch zu bestimmen hätte, welches Ministerium mit der Durchführung des Abkommens betraut wird. Daun referierte Dr. Stranskh über das Genfer Zollfriedensabkommen,, das im März des Borjahre- unter der Aegide des VöllerbundeS ab­geschlossen wurde. ES fei die erste Realisierung der Bemühungen nach engerer Zusammenarbeit der europäischen Staaten. Die Mehrzahl der euro­ päischen Staaten hat sich in dem Abkomme« ver­pflichtet, jede Zollerhöhung allen übrigen Ver­tragsparteien anzuzeigen und mit ihnen darüber zu verhandel«. Verträge zwischen der Tschecho- flowakei, Oesterreich und Ungarn sind von der er­wähnten Verpflichtung ausgenommen. Be­fürchtungen bestehen hauptsächlich von agrarischer Seite in der Richtung, daß die Konvention der Einführung eines neuen Zolltarifs hinderlich sein könnte, doch hält sie der Referent für unbegrün­det. Es fei ein Erfolg unserer Delegation gewesen, daß sie gegen den Widerstand der Ungarn durch- zusehcn vermochte, daß das Dertragsverhältnis zwischen uns, Oesterreich und Ungarn von dem allgemeinen Grundsatz der Unkündbarkeit bila­teraler Handelsverträge ausgenommen wurde. Damit sei auch formal die Berechtigung unserer Zollerhöhungen auf agrarpolitischem Gebiet anerkannt worden. Nach kurzer Debatte stellte Z i e r h u t(Bund der Landwirt«) den Antrag, die Sitzung zu unter­brechen, da sein Klub zur Borlage eine endgültig« Stellungnahme noch nicht beziehen konnte. Der Vorsitzende unterbrach die Sitzung auf eine halbe Stunde, damit in der Zwischenzeit die agrarische» Vertreter sich über ihre Stellungnahme klar wer­den könnten. Nach Wiederaufnahme der Sitzung antwortete Minister Dr. Bene« auf die Anftage des Abge­ordneten H a j n, warum die Tschechoslowakei das Abkommen seinerzeit in der vorgeschriebenen Frist nicht unterzeichnet habe, während jetzt die Unterzeichnung wieder empfohlen werde. Bene« erklärte, daß seinerzeit wegen der inzwischen durchgeführten Agrarzollerhöhungen die Unter­zeichnung aufgeschoben worden sei; ein weiterer Grund war das unsichere Schicksal unseres Ver­trages mit Ungarn . Erst im November 1930 er­hielt das Abkommen den endgültigen Text, der uns besser entspricht. Es sprachen noch Luschka und S v ö t l i k. Z i e r h u t(B. d. L.) erklärte dann, daß sein Klub mit der Vorlage grundsätzlich einverstanden fei, aber noch nicht abschließend Stellung nehmen konnte und daß er daher erst in der nächste« Sit­zung über die endgültige Stellungnahme werde berichten können. 8e.b a(Nat.-Soz.) verwies auf die Bedeutung des Balkans als Absatzgebiet für unsere Textilindustrie und weist den Borwurf zu­rück, daß wir Jugoslawien etwa ausbeuten wollen. Wenn unsere Ausfuhr nach Jugoslawien ein gro­ßes Plus aufweise, so deshalb, weil wir durch unsere Qualität die fremde Konkurrenz in Jugo- flawien schlagen können, was man von der jugo­slawischen Einfuhr zu uns nicht sagen könne. Minister Dr. Bene« antwortet« dann auf verschiedene Anfragen und Anregungen aus der Debatte, worauf di« Sitzung ans Freitag, den 20. Feber, 9 Uhr, vertagt wurde. Prag und Wien . Im kommunal poli tischen Anzeiger der Stadt Pvag ist ein sehr interessanter Vergleich zwischen den Voranschlägen der Gemeinden Pray und Wien veröffentlicht. Wir Heden daraus folgende Ziffern hervor. Es betrug das ErfordermS. Prag Wien Zentralvevwaltung. 80,307.527 229,273.238 Soziale Fürsorge. 60,497.519 364,617.173 Gesundheit.. 11,430.240 163,034.107 Gemerrrdeeigenlum u. öffenkl. Sicherheit 49,267.869 602,999.295 Finanzen.... 146,374.569 359,499.380 Schule und Wissenschaft.. 54,449.281 382,264.798 Kunst u. Kultus.. 47,467.694 äffen tl. Arbeiten.. 112,067.487 409,459.120 Anstalten und Unternehmungen. 42,344.564 79,472.876 Friedhöfe und Beerdigung... 2,920.529 23,117.775 Summ«... «07,126.339 2613,719.583 Auffallend ist zunächst, daß die Einnahmen Wiens auch«n Verhältnis zur Einwohnerzahl bedeutend größere sind. Während nämlich Wien ungefähr doppÄt soviel Einwohner hat wie Prag , hat es viermal so große Einnahmen. Beachtens­wert ist jÄwch, baß die Ausgaben für so­ziale Fürsorge m Wien sechsmal so groß<2s in Prag , sür die Gesundheit vierzehn- brS fünfzehnmal so groß sind alS die Ausgaben in Prag , die für S ch u l e und Wissenschaft fast viermal so groß ist. Mit Recht bemerkt dasPravo Lidu", daS diesen Vergleich zitiert:Der Wiener Vor­anschlag hat gegenüber dem Prager einen ont- schekdenden UNtevschied: die sozialdemokratische Verwaltung, die haben wir in Pvag nicht. Wir haben auch nicht die Selbständigkeit, di« Die« hat und sind vielmehr der Willkür der staatlichen Bürokratie und der SeMstverwaltuny feindlichen s Gesetzen ausgeliesert" 81 Dte goldene Galeere <Hn Ttoman an» der Atlenlndnferl» »on srt« Holenfel«. Lomnitz ' W80 dy E. Latrtsch« Seti®. Er wußte, wie schwer sein Kampf um El- drid sein würde, darum inszenierte er ihn mit allen Mitteln der Stimmung. Erinnerungen-an einem Winterabend, an einem offenen Kamin, in einem einsamen kleinen Haus in den Bergen lief sein Leben in-en Film, wurde die Wirk­lichkeit Film? Ddrid konnte sich dieser Stimmung nicht entziehen. Die Erinnerungen machten sie waf­fenlos, di« Dankbarkeit gegen Ulfar, die eine vielleicht schon ein klein wenig lästige Pflicht ge­worden war, wurde wieder herzlich und echt. Und so geschah, was Ulfar ein Sieg schien un­nur ein Aufschieben war: die Auseinandersetzung blieb aus. Eldrid stimmte ihm zu, hörte seine Worte an. nickte, gab ihm recht, versprach, ihm in allem zu folgen. Sie fühlte, was er nicht ahnte, daß dieser Friedensschluß mit seiner gan­zen romantischen Inszenierung eine Lüge war, und daß er gar nichts änderte. Er tat ihr leid, als er neben ihr saß, ihre Han- in der seinen, als er über ihren Kopf hinweg ins Feuer sprach, ganz langsam, als wollte er die Stimmung nicht stören, die über dieser Stunde lag. Um der Welt entgegenzutreten, mit der sie kämpften, um mit Leuten, wie denen, die sie hierhergetrieben, fertig zu werden, sagte er, mußte man ein Hel­fein, die Waffe in der Han-, das Gefühl de- Rechts als sichere Deckung im Rücken. Aber wo fei da Recht? Die Mandelbergs müßten ja han­deln, wie sie handelten, sie waren ja nicht schuld, sie konnten besser oder schlechter fein» aber sie konnten es nicht anders machen. Sie mußten nicht das Lied der Reaktion blasen, aber sie muß­ten die Welt, in der sie lebten, die Ordnung, von der sie Ruhen zogen, bejahen, vertreten, verteidi­gen, weil fl« in ein Räderwerk verstrickt waren, auS dem sie sich nicht befreien konnten, und um dessen schicksalhaft-unaufhaltsamen Lauf fi« gar nicht wußten. Sie waren dazu erzogen, zu den­ken, wie sie dachten, und wurden jeden Tag durch die Menschen, mit denen sie sprachen, durch die Zeitungen, die sie lasen, in ihren Ansichten be­stärkt. Von ihnen war nicht« zu erhoffen. Sie Niederkämpfen zu wollen war Don-Quichoteri«. Sie gewähren zu'lassen, war wiederum Verrat an der Zukunft. ES galt, chnen soviel abzugr- Linnen, als ihnen nur irgendwie abzugewinnen war. Die Waage, in der Geist und Wahrheit kein Gewicht hatten und die Schale des Geldes und der Lüg« überwog, mußte zumindest gleich und gleich stehen. Auch wer dies zustande brachte, war ein Held. Helden? Gab eS das noch? Konnte«S daS in dieser Welt noch geben? Nichts war lächer­licher als«in Held, der mit dem Schädel durch die Wand gehen wollte.Wir sind nicht mehr heldenhaft", sagte Ulfar,wir kämpfen nur noch um unser Leben." In dieser Stunde, da sein Herz ossen vor ihr lag und er sich wahr zeigte, da er sich schwach zeigt«, konnte sie ihm nicht widersprechen. Sie willigte ein,'Mandelbergs neuen Vertrag end­gültig abzuweisen, überhaupt keinen Dauerver­trag mehr einzugehen, sondern nur Rollen zu übernehmen, die sie als Mensch vertreten könnt«. Er versprach ihr, dies« Rollen zu schaffen, ihre Arbeit follte noch enger verbunden sein als sie es bisher war, sie sollte nur mehr gemeinsame- Werk fein, gemeinsames Erlebnis, gemeinsam geformt. So stand der Traum über dieser Stunde, die nichts mehr von Wirklichkeit an sich hatte. Ulfar war freier in seinem Herzen nach dieser Stunde, im Herzen Eldrids aber war eS enger und banger. Er war arglos und traut« ihr. Sie wußte, daß sie dies« Stunde verraten werde, verraten müsse, wollte sie nicht ihre Zu­kunft opfern für ein Heldentum, das keine- war. Sie waren keine Helden, Ulfar hatte recht. Niemand war Held mehr in dieser Zeit. * Nach ihrer Rückkehr spielte Eldrid unter Prägers Regt« bei einer kleinen Firma di« Hauptrolle in einem netten, anspruchslose» Lust­spiel, dar weit über Erwarten gefiel. Es kam ab und zu vor, und war für Regisseur und Dar­steller immer eine innere Genugtuung, daß Außenseiterfirmen ehrgeiziger waren als die gro­ßen Gesellschaften, und einen wagemutigen klei­nen Film drehten, der dann an Publikumswir­kung di« Filme der großen Firma übertraf. Auch Prager hatte die Mandelberg-A.-G. verlassen, die ewigen Konflikt« mit Mandelberg hatte er fatt, ein ersprießliches Arbeiten schien ihm dort unmöglich geworden, und so hatte er Wander­mann das Feld geräumt, der bei Mandelberg jetzt das große Wort führte. Wandermann hatte den einfachsten Weg eingeschücgen, den Weg über Anita Bings Herz. Aus einer Reise zu Außenaufnahmen, an der Mandelberg nicht teilnehmen konnte, weil er Kstufer für älter« Filme aus Ungarn und Polen erwartete, war eS Wandermann gelungen, in daS nicht gerade sturmsicher verbarrikadierte Herz der niedlichen Backfischdarstellerin einzu­dringen und durch diesen leichten Sieg auch Mandelberg vor sich in die Kni« zu zwingen. Run war bei der Mandelb«rg-A.-G. alles in ichönfter Ordnung, denn zwischen Mandelberg, Wandermann und Anita Bing gab es ja kein« geistigen oder künstlerischen Differenzen^ Es konnte nur über Personalfragen gestritten wer­den, und die wurden im Wege der Protektion immer am günstigsten beigelegt. Ulfar hatte einige neu« Filmbücher skizziert, di« er verschiedenen Firmen einreichte. Die meisten antworteten nicht, andere lehnten die Entwürfe mit unverbindlichen höflichen Phrasen ab; er hatte das sichere Gefühl, daß sie nicht ge­lesen worden waren. In jeder Firma saßen«in oder zwei Dramaturgen, die die Hand über der Produktion hielten und all« Einsendungen zurück­schickten, weil sie nur ihre eigenen ,Ldeen" ver­wendet sehen wollten. Prager las di« Bücher, «ineL davon gefiel ihm gut. Er wollt« eS in­szenieren, fano aber keine Firma, die den Film ?ewagt hätte. Er war«in Wagnis, denn er atte den unverzeihlichen Fehler einer neuen Idee. Wochenlang wandert« Prager mit dem Entwurf von einer Gesellschaft zur anderen. Die ganze Friedrichstraße kannte daS Thema be­reits. Ueberall begegnete man ihm freundlichst, ja, gewiß,«S wäre der sehnlichste Wunsch der Direktion, einmal einen Film wie diesen drehen zu können' einen Film von Bedeutung aber die Kosten das Risiko die Zensur di« Mentalität der Theaterbesitzer leider, leider müßt« man verzichten. AuS Paris , aus London kam di« gleich« Antwort. Ueberall suchte man angeblich gute Filmbücher, überall lehnte mau sie ab, um doch lieber den Kitsch zn erzeugen, oer sicheren Profit verhieß. Auch Eldrid fand nicht das Engagement, das sie suchte. Man bot ihr fast täglich Rollen an, sie forderte die Manuskripte ein und las sie mit Ulfar durch. ES waren entweder tränen­selige Schauerdramen von vergewaltigten edlen MÄchen, di« schließlich doch einen verzeihende» Gatten fanden, oder Schwänke, in denen Zitter­greise, mit BerjüngungSpillengarnituren ausge­rüstet, in Nachtlokalen um junge Kokotten balz­ten. Eins war so widerlich wie das andere, «ins so alt wie das andere. Film« waren wie Glieder einer Kette; die Kett« war um so besser geschmiedet, je gleichmäßiger di« Glieder»raren. Di« Ablehnung der Rollen durch Eldrid sprach sich in Filmkreisen bald herum und ließ sie im Kitts sinken. zKorrjrtzung joigt.)