Seit« 6 Donnerstag, 18. Juni 1991. Rr. 142. <<» e<><»< Hmtcrfrainbc Prag. Sonntag, den 21. Juni 1931, findet am Pohobeletz-Turnplatz der DTJ(beim Brevnovklosterj der Kindertag statt. Programm: Lieder, Sprechchöre, Rezitationen der Kin­der und Roten Falken; Kinderturnen und Fahurnschwingen der Roten Falken; Stegreifspiel: Eine gefährliche Bisite im Zeltdorf der Roten Falken. Spiele und Belustigungen für Kinder und Eltern. Beginn: Halb vier Uhr nachmittags. Wir laden di« Eltern in allen proletari­schen Organisationen«in, ihre Kinder an dem schönen Erlebnis des Kindertages teilnehmen zu lassen. ,* SamStag, den 20. Juni 1931, bauen die Prager Roten Falken am Festplatz ihr Aeltdorf auf. Alle Genossinnen«nd Genossen sind «ingelade«, ab halb acht Uhr mit uns einen schönen Falkenabend z« verbringen. * Für Speise»nd Trank wird am Sonntag vorgesorgt. Freundschaft. Geriditssaal -er bestochene Verfolger. Eine nnromantische Räubergeschichte. Prag , 17. Juni. Ms sich eines Morgens Ser in Kroöehiav wohnhaft« Meister Londin der Kläduoer Poldihütte zu seiner Arbeit begeben wollt«, wurde er an der Türe seines Hausgartens von zwei Leuten überfallen, die ihm nach kurzem Kampf« die Aktentasche entrissen, di««r unter-dem Arm trug, und davonliefen. Die Täter mußten mit den peisiönlichen Verhältnissen Londins wohl vertraut '«in, denn in der Aktentasche befanden sich an.16.000 Kronen Lohngeld, das der" Meister an diesem Tage auszuzahlen«erd daS er tags vorher bei der Bartk abgehoben Hatte. Er rief um Hilf« und alsbald setzten einige Passanten den Räubern nach. Bor allem zeichnete sich dabei Emil I a n ö i l aus, der oben auf seinem Fahrrad in die Arbeit fuhr und nun mit aller Kraft di« Verfolgung der Täter aufnahm. Er war, denn auch bald den Uabeltätern bis auf wenige Schritte.aahcgekommen und de« Blicken der übrigen Verfolger beinahe schon entschwunden. Bald aber holten sie ihn«in, denn er hatte di« Jagd abgebrochen und saß neben seinem Rad am Straßenrand. Er erklärt« das damit, daß ihm die Räube-r mit Erschießen gedroht hätten, wann er nicht zurückbleibe und da«r ohne Waffen war, hält« er sich auf keinen Kampf einlassen kön­nen, was denn auch jeder ohne weiteres einsah. JamSik blieb also vorläufig der Heid des Tages. Aber nicht lang«. Denn schon am nächsten Tage waren die zwei Räuber festgenommen und das ge­raubt« Geld zustandegebracht. Es fehlten nur einig« hundert Kronen und die Räuber«Märten, 700 K dem Ja nkrkaüf di« Straße geschmis­sen" zu haben, worauf er von der Verfolgung abließ. Eine weitere, geringere Sumnr« hatte sich die Geliebte eines der Kumpane angeeignek, di« in den Anschlag eingeweiht war. Die Aktentasche war im Dickicht eines nahen Waldes versteckt worden und dieRäuberbraut", di« im Zivilboruf Friseurin ist, hakte noch vor der Teilung der Beute einen Griff ins Dolle getan. Di« beiden Attentäter kamen vors Schwurgericht und wurden wegen RaubsS ab geurteilt, das Verfahren gegen IanöiI und die Friseurin wurde ausgeschieden und nun vor dem Senat des LGR. Novotny verhandelt. Janöik leugnete, aber di« beiden Täter, di« heute als. Zeugen auftraten, schi idente,n anschaulich, wie sie ihm' zugerufen hätten:B leib stehn w i r schmeißen di>r was hin.!", worauf die Ant­wort erfolgt«:So schmeißt!" Sie warfen dann 700 K auf die Straße, die er aushob und die Verfolgung«instellte. Auch die Friseurin behauptete, von dem Anschlag nichts zu wissen, wurde aber durch di« Aussagen ihrer früheren Freunde über­führt. Das Urteil lautet« für Jan-ik auf vier Monat« schweren Kerkers unbedingt, wäh­rend die Frisenrin mit drei Monaten bedingt davonkam. rb- Kunst und Wissen Deutsche Musikakademie. Heute, Donnerstag, Absolyenten-Orchesterkonzert in der Börse um halb 8 Uhr abends. Beechoven: Klavierkonzert Nr. 1; zwei Lieder aus ,-Egmont". Mozart : Violinkonzert A-Dur. Weber: Arie der Agathe. Schubert-Liszt : Wanderer-Fantasie. Karten bei Wetzler und an der Abendkafsa. Sonntag, den 21. d. M. in der Kleinen Bühne, XII Uhr vormittags, Matinse der Opern- und Schauspiel-lassen. In Vorbereitung. Oper: Freitag, den 26. ds. gekannt die komische Oper ,^D«r Widerspensti­gen.Zähmung" von Hermann Götz zur Auf­führung. Dirigent: Georg Szsll. Regie: Ewald Schindler. Schauspi el: Am Samstag, den 27. ds. Russischer Komödien-Abend. Unter der Regie Friedrich Hätzlins werden erstaufgeführt:D i e Spieler" von Gogol ,Der Doppelgänger" von Äwertschenkp undHeiratsantrag" von Tschechow. Operette: Sonntag, den 28.. erscheint Anzengrubers Posse mit GesangDer Doppelfelbstmord" nach vielen Jahren wieder im Spielplan. Regie: Stadler. Dirigent: Waigand. Wochenspielplan beS Reuen Deutschen Theaters. Donnerstag, 7.80 Uhr: ,/D« r Hauptmann. von Köpenick". Freitag, 7.30 Uhr:Der Rich­te r von Zalamea"(2033). Samstag, halb 8 Uhr:Im weißen Rößl". Son>ntag, 7.80 Uhr:Im weißen Rößl". Montag, 7.30 Uhr: ,^Die Entführung aus dem Srräil"(2041). Wochenspielplan der Kleinen Bühne. Donners­tag, 7.30 Uhr:Cocktail." Freitag, 7.30 Uhr: Roxv schiebt Kulissen ." Montag, 7.30 Uhr:Voruntersuchung." Aus der Partei Jugendbewegung. 2. I. Prag, Gruppe l.(Wanderungen.) I. Partie: Nachtwanderung nach Br and eis. Trasjpunkt Samstag nachmittags um halb 5 Uhr bei. der Endstation der ISer-ElektrrschenNa Harfö" in BhsoLan. Führet: Pauer. II. Partie: Treffpunkt Sonntag um halb 7 Uhr früh an der­selben Endstation. Musikinstrument« und Legitima­tionen. mitbringen! Vereinsnachrichten Arbeiter-Turn- unv Sportverein Prag . W heut«, Donnerstag, den 18. Juni, findet das Turnen für Turner und Turnerinnen gemeinsam jeden Dienstag und Donnerstag am Sommerturnplatz der D. T. I., Prag II., HokejZi, statt. (Endstation der Achter-Linie.) Alle Wienfahrer haben bestimmt zu erscheinen! Der Film Aus-er Tonfilmwoche. . Der Grock -Film bewahrt sein« Anzichungs- kraft; viel« Tausende haben diesen in seinem Können wirklich einzigartigen Künstler bewundert, sein« VarietSszen«, die fast den ganzen zweiten Teil des Films erfüllt, ist einzigartig: wenn«r sozusagen das Klavier überlistet, wenn er di« Geige auf einen -falschen Ton stimmt oder seinem winzigen Marter­instrument nette Töne entlockt, wenn er sich an der Süße der von ihm nicht nur gespielten, sondern noch mehr hingeworfenen Weisen begeistert, dann wirkt er bezaubernd. Der übrige Film ist trotz Lian« Haid ganz jämmerlich, es genügt, wenn man nur zum zweiten Teil der Vorstellung geht. -» Wenn die Geige« schluchzen", nach Wahl auch, weim sie klingen,"ist das Programm des Urania- Kinos, das seit einigen Wochen ausschließlich Filme wählt, die mit Vernunft recht wenig zu tun haben. lieber diesen Film ist schon anläßlich der Aufführung seiner tschechischen Urfassung genug ge­schimpft worden, auch die deutschen Schauspieler Jan tsch, Götz, Schmerzenreich können hier, nichts bestellen und so bleibt nur der kleine Feh er, dessen Talent augenfällig ist. * Der Andere" ist. ein Koriue r-Film nach Ideen von Paul . Lindau. Albert Basser- mann hat schon im stummen Film die Rolle des Staatsanwalts gespielt, der ein Doppelleben führt und. die Nächte als Schwerverbrecher in Spelunken verbringt; Fritz Kortner weiß diese problemati­sche Figur mit Sicherheit zu deuten, macht die Wandlung vom angesehenen Bürger zum Verbrecher recht glaubhaft und packt in den Szenen mit seiner Verbreche«geliebten, die von der Käthe v. Nagy xecht temperamentvoll dargestellt wird. All« Wer- ragi aber Heinrich Georg« als urwüchsiger Kaschcmmenwirt; man wird diese Ruhe kaum«in zweites Mal so dopgestellt finden. Der Film hat Tempo, er hat sogar Schnitt, leidet aber an einem unmöglichen happy-end, das gar nicht motiviert Wird; der Staatsanwalt heilt sich nämlich selbst! W. 8. Literatur Die große Kluft." Roman von Erich Eber- M a y e r. Paul Zsolnay Verlag, Wien . Kriegs- und NachkriegSjugen», zwei verschiedene Welten. der Autor stellt sie in den Gestalten zweier Studenten einander, gegenüber. Jürgen Ried, achtzehnjährig, war. ein Kind, als der Weltbrand raste, nur allerlei Kriegsspielzcug, das irgendwo in den Bodenkam- merp vergraben liegt, bildet für ihn die Erinnerung an.den Krieg, längst überwuchert durch die Ein­drücke her Jugendjahre. Sonst gemahnen ihn nur eine Reihe von Jahreszahlen und Namen wie Marr;«, Tannenberg, Brest-Litowsk ufw., die er für das Abitur lernen muß, an di«große Zeit". Jürgen ist«innormales Kind seiner Zeit", zu- Sozialistische Jugend Prag . Ortsgruppe I. Heute, um acht Uhr abends, in der Gec Diskussionsabend über Der Leipziger Parteitag Es spricht Abgeordneter Genosse I a k s ch. Kommet recht zahlreich und pünktlich! gehörig' einer Jugend, der der Sport eine Art Glaubensbekenntnis ist, erfüllt vom satten sicheren Glücksgcfühl des Jungseins. Zwischen ihni und der heutigen Jugend überhaupt und Tom Forster, den ihm der Dichter als Repräsentant«: der Vovkriegs- jügend gegenüberstellt, klafft di«große Kluft". Tom ist ein Entkommener des Krieges", hinter ihm liegt Grauen, Wahnsinn, in seinem Körper ist noch das Gift der Vergasung oder das der elf Operationen. Aber wäre auch all die» Nicht gewesen, er liefe doch mit einem Knax in der Welt herum, wie die anderen Hunderttausend« von Männern, die der Krieg verschont" hat. Tom sucht diese Kluft zu überspringen, an dem leichten spielerischen Treiben der neuen Jugend möchte er genesen, doch dauernd kann er drüben au der anderen Seite des großen Kluft nicht Fuß fassen, es gibt keine dauernde Angleichung der zwei WÄten. Erich Ebermayer ist ein guter Gestalter und ausgezeichneter Erzähler. Er hat hier«in Wenk geschaffen, das zu dem be­handelten Problem einen höchst beachtenswerten Beitrag davstellt. r, Auf der Suche nach einem Weg." Aufsätze. Bon Klaus M a n n. TranSmare-Verlag, Berlin . Neben der Jugend, der das He» nur der Muskel für ihre sportliche Betätigung ist, gibt.es auch«ine, die sich in diese erschütterte, in ihrer ZivMsäton wankende Weit hinausgestellt sieht, denkend ihre Zeit miterlebt und nach einem Weg aus dem Wirrsal hinaus, nach festen Grundlage» unter ihren Füßen sucht. Klaus Mann , der Sohn Thomas Manns , ist ein solcher Suchender und Ringender, er ist von dem Gedanken beherrscht, den Anatole France als letzte« Eindruck, von dieser Welt mit ins Grab nahm, daß die heutige Kultur am Rande des Abgrundes stehe, daß eines Tages ihr radikaler Zusammenbruch er­folgen könne und Neues, Fremdes, UnerMrliches erstehen werde. Alles scheint ihm in Frage gestellt. Er sieht sich, die gesamte Jugend zwischen Extreme gestellt wohin, wohin führt wohl der Weg? Aus der ihn erfüllenden Unruhe heraus schreibt er und setzt sich mit den Erscheinungen der Zeit, mit, dem, was er liost, auseinander. Er ist kein Politiker, weiß nichts von den wirtschaftlichen Zusammen­hängen, er sieht nur den künstlerischen, den literari­schen Niederschlag des Zeirgeschehens, irgendwie empfindet er demokratisch, pazifistisch. Vielleicht wird Klaus Mann am besten durch di« eigenen Wort« charakterisiert, di««r über di« Hauptperson eines Romans von Hans Natonek schreibt:.Der Gewissenskonflikt dieses Weichhardt ist der Konf/M jedes denkenden Menschen, der aus bürgerlich­geistigen Herkütvften hinaus und zu neuen Bindun­gen drängt; der der sozialen Klasse schon halb ent­wachsen ist, an der«r andererseits mit seinem Lebensnerv hängt. Es handelt sich um di« G«- WisftnArisis des Individuum?, das im Kollektivum die Zukunft spürt und so zwischen zwei Welten pendelt..." Man wird die Aufsätze Klaus Mann ? gewiß mit Interesse und Nutzen lesen.r. Hera»Sacker: Sieatried Taub. Chefredakteur: Wilhelm Nießner.. Verantwortlicher Redakteur: Dr. EmU Streu ß Prag . Druck:.Nota' A.-G. für Zeitung- und Buchdrnck, Prag . Für den Druck verantwortlich: Otto H o l i k. Prag . Die Zelrungemertenfrentanir»Uwe vo»»er Bau- a. felegtatfica. »ireknoa mit Trlat 9tc. 13.S00/Vlt/tMÖ detaillier Die Kartenlegerin Sie wohnt« in einer der grauen Miets­kasernen im Norden der Stadt. Ihr Alter war schwer zu bestimmen. Mit ihren grauen Haaren sah sie in der Stube, in der immer Halbdunkel herrschte, wie eine Sechzigjährige aus, während die. helle,- sprunghafte Stimme diese Annahme sofort zu widerlegen schien. Es war ein eifriges Gehen auf der Treppe und in ihrer Wohnung. Ihr Gewerbe hatte regen Zuspruch, ohne Reklame, nur durch Weiter­empfehlung von Mund zu Mund, in den Sälen der Fabriken, in den Büros, an den Straßenecken, in den Geschäften,, überall, wo arme, gehetzte Proletarierhirne noch nicht erkannt hatten, daß die Zukunft nur im Menschen selbst liegt, und versuchen wollten, mit mystisch verschwommener Orakelbefragüng das Kommende, Bevorstehende zu ergründen,Gehen Sie zur Möbius!" flüster­ten die Frauen und Mädchen sich heimlich zu. Die Möbius legt Ihnen die Karten wie keine andere. Jede? Wort trifft ein!" Sie hauste, eine moderne Pythia,: in ihren beiden Stuben, die sie nur zu den notweltdigsten Besorgungen verließ. Am frühen Nachmittage begann das Kommen und Gehen in ihrer Woh­nung. Manchmal saßen drei, vier Frauen zu gleicher Zeit in der einen Stube und warteten, während sie im Nebenzimmer eine Besucherin abfertigte. Männer kamen selten; nur von Zeit zu Zeit drückte sich ein niedergeschlagener Mann in die Stube, wartete mit scheuen, unsicheren Augen, bis er an der Reihe war, und schlich sich nachher wieder befangen davon. Arbeitslose, die nach langem, untätigem Warten auf den Nach­weisen in ihrer Not und Verzweiflung nach der letzten Hoffnung griffen, die Karten befragen ließen, ob sie bald wieder auf Arbeit und Brot rechnen durften. Die Kartenlegerin forderte kein Honorar, Forderungen zu stellen verbot das Gesetz. Sie antwortete auf dahingehende Fragen nur:Rach Belieben" und strich mit gleichmütiger Miene und ohne ein Wort des Dankes die Mark ein, die ihr die Besucherin nach einem stillschweigen­den Brauch auf den Tisch legte. Eine junge Frau saß vor dem Tisch, an besten anderer Seite die Karteirlegerin Platz genommen hatte. Die Augen der Möbius glitten forschend über di« vor ihr Sitzende, die verlegen und unsicher nach unten sah.Sie sind zum ersten Make bei mir?" fragte sie. ,>Jawohl, wir sind erst vor kurzem hierher gezogmt." Die Fragerin nickt«.Zeigen Sie mir mal Ihre Hand!" Ihre Augen glitten suchend über die Hande bis zu den Armen hinauf. Es war vieles, was sich dem geübten Blick da verriet; die Fingernägel zeigten noch Spuren einstiger Ge­pflegtheit, doch waren sie jetzt nicht mehr so sorg- sältig beschnitten und gefeilt. Die Fingeffpitzen waren zerstochen, wie bei Menschen, die viel mit der Hünd nähen. Um den Arm lagen zwei goldene Armbänder, ein stärkeres und ein dünnes, so­genanntes Freundschaftskettchen. Die Kartenlegerin sah wieder die Besucherin an.Sie sind in anderen Umständen?" Die Frau nickte.In welchem Monat?" Lm sechsten. Mischen Sie die Karten und denken Sie an das, was Sie wisten wollen!" Sie reichte ihr ein. Spiel Karten hin. Schweigend sah sie zu, wie die junge Frau die Blätter mit unsicheren Händen ineinander schob.Heben Sie ab!" Langsam zog sie eine Karte nach der anderen herunter und verteilte sie auf den Tisch. Dann betrachtete sie nachdenklich die bunten Blätter. Es ging Ihnen früher bester jetzt liegt eilt Kreuz über Ihrem Leben. Ihr Mann bat seine Stellung verloren" ein flüchtiger, aber aufmerksamer Blick streifte die Besucherin, die, ohne es zu wisst«, genickt hatte.Er hatte ein gutes Einkommen, aber schon feit längerer Zeit ist er außer Stellung. Sie arbeiten jetzt, nähen, aber Sie verdienen nicht viel---" l Wird mein Mann bald wieder eine Stellung bekommen?" unterbrach die Besucherin sie. Eine bange Gespanntheit klang aus ihrer Stimme. Vorläufig nicht doch, halt, ich sehe hier eine Möglichkeit" sie verglich die Karten, aber nein, die geht wieder vorüber; die Karten liegen nicht günstig. Ein Blonder steht Ihrem Mann im Wege... Sie haben Geld zu erwar­ten. Aber bis dahin dauert es noch einige Zeit; man kann aus den Karten den Zeitpunkt noch nicht^enau feststellen." Sie verteilt« die Karten anders über den Tisch, nahm dort ad und legte da zu. Dann fuhr sie fort:Die Karten zeigen ein Kind. Sie wer­den ein Mädchen bekommen, aber hier schräg liegt der Pik-Bube" Erschreckt fuhr die junge Frau zusammen: Das bedeutet doch Sterben?" Die Kartenlegerin schüttelte den Kopf.Nein, junt Sterben liegt er nicht. Aber Sie werden eine schwere Geburt haben" sie verglich die Karten, murmelte vor sich hin: Das liegt hier im Wege, daneben die Traumkarte, Stahl und Eisen sie fuhr zu der Besucherin, die sie angstvoll an- starrte, fort:Es wird eine Zangengeburt oder ein Kaiserschnitt sein; die Karten zeigen Metall, das sind die Instrumente, und der Traum wird die Narkose bedeuten!" Sie fügte noch ein paar allgemeine Bemerkungen hinzu. Dann stand sie auf:.Mehr ist heute nicht zu sagen. Vielleicht kommen Sie später noch einmal wieder!" Schweigend legte die junge Frau ein Mark­stück auf den Tisch und verließ mit einem leisen Guten Tag" das Zimmer. Erich Winkelmann sah seine Frau nachdenk­lich an.Was hast du denn, Annie? Du bist ja heute so sonderbar?" Die Gefragte wehrte hastig ab.Nein, nein, Erich, das kommt dir bloß so vor." Dann nähte sie, eifrig weiter. Als sie abends im Bette lag, warf sie sich unruhig hin und her. Ein paarmal schluchzte sie leist auf, bis ihr Mann, der noch am Tische saß, darauf aufmerksam wurde. Er setzte sich zu ihr auf den Bettrand.Nun sag mir mal, Annie, was dich bedrückt," fragte er leist die junge Frau. Als sie wieder Ausflüchte zu machen versuchte, nahm er ihr Gesicht in seine Hände: Aber Annie, du bist doch bis jetzt immer ehrlich gegen mich gewesen." Da erzählte sie ihm unter Tränen, was die Kartenlegerin zu ihr gesagt hatte. Er schüttelte erschrocken den Kopf.Aber Annie, wie konntest da Hinsehen? Mußt du dir denn nicht selbst sagen, daß kein Mensch das Kommende Vorher­sagen kann? Und nun hast du Angst?" Sie nickte. Er streichelte ihr beruhigend das Gesicht,Richt bange sein! Morgen gehen wir zum Arzt, und du laßt dich untersuchen. Dann weißt du, woran du bist!" Der Arzt lachte.Kleine Frau, es ist alles in bester Ordnung bei Ihnen. Nur keine unnütze Angst, haben! Aber/' er wurde ernstden Weibern mit ihrem verdammten Kartenlegen sollte man bald mal das Handwerk legen. Wie­viel Unheil ist dadurch schon angerichtet worden, besonders bei sensiblen und furchtsamen Men­schen!" Eine leichte Unruhe blieb aber doch in Annie Wiukelmann zurück, bis endlich die Entbindung die letzten Schatten verlöschte. Sie verlief glatt und schnell. Es war ein Junge. Als alles vorbei war, trat der glückliche Vater an das Bett seiner Frau. In den Händen hielt er das kleine, quäkende Bündel Leben. Was sagst du nun, Annie? Wenn du erst wieder auf bist, dann nimmst du den Jungen und gehst mit ihm hin zu der alten Hexe. Dann kannst du ihr zeigen, wie ihre Prophezeiungen eintreffen!" Sie lächelte mit frohen Augen zurück.Rein, Erich, davon bin ich kuriert. Nie wieder gehe ich zur Kartenlegerin. Kein Mensch weiß, wie alles kommt. Durch solche falsche Voraussagen verliert man den Mut. Und den brauchen wir in die!" Zeiten nötig genug aber zu anderen Dingen!" Walter Schirmeier.