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Freitag, 21. August 1981.

Geile 3

Die KPD oon heute. Bon Kranz K ü n st l« r, Berlin . . Heinz Reumann, der eigentliche Führer der lommunistifchen Partei Deutschlands und das gefügige Werkzeug der russischen Tscheka, hat im Frühjahr in der Berliner Roten Fahne" die baldigewahrhafte Bolksrevolution" ange­kündigt. Aus der Volksrevolution wurde fünf Monate später der Dreibund der Hugenberg, Hitler und Thälmann . Diese Dreieinigkeit von Stahlhelm, Haken­kreuz und Sowjetstern im Kampf gegen die De­mokratie und Arbeiterklasse erlebte am 9. August eine katastrophale Niederlage. Der Ueberlauf der Thälmann und Neumann zur weißen Front der Henker und fascistischen Mordbanditen" hat Millionen kommunistischer Arbeiter die Augen geöffnet. Diese Arbeiter verdienen unsere ganze Aufmerksamkeit. W i r müssen sie überzeugen, daß der Zersplitterung und Zerreißung der deutschen Arbeiterbewegung Einhalt geboten werden muß. Der Empörung der kommunistischen Arbeiter über den Verrat und die Niederlage vom 9. August glaubte» gewisse Stellen in-er Lei­tung der deutschen Sektion der IH. Internationale dadurch begegnen zu können, daß die blutigen Vorgänge am Bülowplatz in Berlin zum Blitz»! ableiter für das an der Arbeiterschaft begangene Verbrechen ausersehen waren. Alle Uederfälle auf Polizeibeamte und sozialdemokratische Funktionäre vor und am 9. August waren nicht unvorbereitet. Die intellektuellen Urheber sind in jenen Kreisen der kommunistischen Partei zu suche», die sich um da- militärpolitische Mit- teilungsblattOktober" gruppieren. Um dieselbe Zeit als Heinz Neumann im März d. I. aus­rief:Die Kommun« marschiert auf, die Kom­mune steht drohend im Hintergrund!", wurden in dem militärpolitischen Mitteilungs­blattOktober" einen illegal erscheinden Schrift Serienartikel überDie revo­lutionäre Armee und der Straßen­kampf" undZur Taktik des Stra­ßenkampfes im bewaffneten Auf­stand" veröffentlicht. Selbst vom reinrevo­lutionären" Standpunkt der Kommunisten auS gesehen, sind di« Veröffentlichungen ein Ver­brechen. Nie hat irgendein Generalstüb seinen Feldzugsplan in Broschürenform erscheinen lassen, damit der Gegner Einblick erhält über Ziel und Taktik des militärischen Vorhabens. Die Kommunisten aber besprechen all« Einzel­heiten einer gewaltigen Auseinandersetzung und liefern ihre eigenen Leute von vornherein dem Gegner auS. Ist eS Wahnsinn oder Spitzel­arbeit? Wer wird diese Frage richtig beant­worten können! Beides wird zusammengehören. Ueber die Aufgaben der Abteilun- g«n der revolutionären Armee heißt es in der Aprilnummer 1931 der Schrift Oktober": »Organisierung und Bewaffnung". 1. Selbständig« militärische Aktionen. 2. Führung der Volksmenge. Di« Abteilungen können jede Größe haben, von zwei, drei Mann angefangen. Die Abt«ilungen sollen sich selbst bewaff ­nen, so gut eS geht(Gewehr, Revolver, Bombe, Messer, Schlagring, Stock, petroleumgetränkte Lappen zur Brandstiftung usw.) Die Abteilungen sollen sich nach Möglichkeit aus Leute« zusammensetzen, dir nah« beieinander wohnen. Fede Abteilung soll im voraus die Metho­den und Mittel gemeinsamen Vorgehens auS- arbeiten: Zeichen in den Fenstern, Zuruf«, und Pfiff«, um in der Menge die Gruppen­genossen zu erkennen ustv. Auch ohne Waffen wird den Abteilungen aufgegeben eine ,^sehr ernste Rolle" zu spielen: 1. Indem st« die M«nge führen, 2. indem sie bei günstiger Gelegen­heit Schutzleute überfallen und ihnen di« Waffen wegnehmen. Ueber die vorbereitenden Aktionen wird wörtlich ausgeführt: Wir wiederholen, daß auch mit den, prak­tischen Arbeiten sofort begonnen werden muß. Sie zerfallen in vorbereitende und militärische Opera-, tionen. Zu den vorbereitenden Operationen ge­hören: Die Beschaffung aller Arten von Waffen und Patronen, di« Auswahl von für den Stra- ßrnkampf geeignet gelegenen Wohnungen(ge­eignet für den Kampf von oben, für die Unter­bringung von Bomben, Steinen, usw. oder von Säuren zur Begießung von Schutz­leuten. Arbeit gibt eS dabei genug, und zwar eine Arbeit, bei der jeder, auch wenn er zum Straßenkampf ganz ungeeignet ist, sogar ganz schwache Leut«, Frauen, Halbwüchsige, Greise usw. ungeheuren Nutzen bringen können." Ueber den Einfluß der topographischen Be­sonderheiten der Stadt als Kampfgebiet auf die Taktik des Straßenkampfes heißt es weiter: Die Stadt gibt den Kämpfenden eine Reih« von Vorteilen, die insbesondere den schlechter bewaffneten und schlechter organi­sierten Aufständischen zugute kommen. Das Vorhandensein toter Schießwinkel. in allen Richtungen und solider Deckungen gibt verhält­nismäßig viel Schutz vor dem Feuer der Ge­wehre, Maschinengewehre und der leichten Artil­lerie. Die Erkundungsmöglichkeiten sind außer­ordentlich beschränkt. Nachrichten über den Gegner siud nur sehr unvollständig und nur durch fort­währenden Kampf und durch Agenten(Aus­nützung der nichtkämpfenden Bevölkerung) zu diesem Zweck bekomme»".

Trotzdem aus dem Boraufgesagten klar hervorgeht, in welchem Nachteil sich die von den Kommunisten geführten Aufständischen gegen­über der Staatsmacht befinden, kommt der mili­tärische Fachberater zu nachstehender Schluß­folgerung: Die Geschichte der vergangenen Ausstände in Westeuropa scheint zu beweisen, daß die Aufständischen unter den modernen Bedingungen einen Straßenkampf nicht gewinnen können. Das ist ein großer Irrtum. Trotz objektiven Schwierigkeiten, trotz der Rückständigkeit in der Taktik des Straßenkampfes haben die Aufständi­schen selbst in den vergangenen Kämpfen lehrreiche Beispiele gegeben, die beweisen, daß alle Chancen für sie sind. Unsere Sache ist es, die neuen Be­dingungen, die neuen Methoden des Kampfes zu lernen, um die alten Fehler endgültig zu über- winden."

Es war an der Zeit, gerade jetzt das Hafar- deurspiel der Kommunisten zu besprechen. Diese Richtlinien für den Straßenkampf und Bürger­krieg sind blöden Hirnen vom Schlage eines ,Massenkämpfers" und Leutnants Scheringer entsprungen. Wenn jetzt Polizeibeamte im Dienst getötet und sozialdemokratische Funktio­näre überfallen werden, so sind als die eigent­lichen intellektuellen Urheber die zu betrachten, die planmäßig und verbrecherisch Arbeiter zu den gekennzeichnetenrevolutionären" Handlungen treiben. In ihrem ganzen Tun und Treiben unterscheiden sich die- Kommunisten nicht im geringsten von ihren fastistischen Bundesgenossen. Der 9. August war der Anfang zu einer Gesundung der deutschen Arbeiterbewegung. Jetzt gilt es, die Arbeiterbewegung von der an­steckenden Moskauer Krankheit zu heilen.

Lin Hetzfilm und ein Kitsch obendrein!

Ab Freitag beginnt in der Tschechoslowakei zunächst in drei Präger Kinos der Film Engel der Hölle" zu laufen. Gerade wir, die toir den Kampf gegen die Hakenkreuztrottrl, die den Remarqurfllm zum Ziel ihrer Manöver gemacht hatten, mit dem Erfolg geführt haben, daß der Film jetzt in der Provinz überall ohne Störungen läuft und die Oeffentlichkeit sich von der Sinnlosigkeit der Hetze überzeugen kann, haben das moralische Zf echt, einen nationalisti­schen Kriegsfilm, komme er von welcher Seite immer, aufs schärffte abzulehnen.Engel der Hölle" ist ein Film, gegen den man nicht scharf genug auftreten kann. Er stellt völlig einseitig die Deutschen als Gewaltmenschen, ekelhafte Karikaturen von Menschen, die Engländer aber als opfernde Helden hin. Einige Beispiele: das Vorkriegsdeutschland wird an einem Münchener Biergarten, in dem eine Familie plötzlich zu rufen beginnt, an einer Fatzke von Offizier und einer Schlampen- von Offiziersdame gezeigt. Beim Zeppelin-Angriff auf London läßt der Kommandant des Luft­schiffes, wieder eine Karikatur dümmster Art, den Beobachter, weil das Einziehen der Gondel zuviel Zeit kosten würde, abschneiden oder bester, da sich der Monteur weigert, den Kameraden zu töten, schneidet der Kapitän ihn selbst ab, dazu theatralisch sprechend:Mit Gott für Kaiser und Vaterland!" Weil das nicht genügt, um das Luftschiff schneller fahren zu machen, läßt der Kapitän die halbe Besatzung abspringen. Das ist alles ebenso blöd wie tendenziös. Einem gefan­genen englischen Flieger wird angedroht, daß er binnen zwanzig Minuten erschossen werde, wenn er nicht die englischen Pläne verrate! Warum hat man denn nicht jenen Zeppelin­angriff gezeigt, nach welchem der Kapitän eines englischen Handelsdampfers den schiffbrüchigen deutschen Soldaten die Rettung verweigerte? Es gab im Luftkrieg wahrlich auf beiden Seiten so viele abschreckende Barbareien, daß ein ehrlicher Film nicht nur die Deutschen alsEngel der Hölle" zu zeigen brauchte. Der Film kann, wo immer er gezeigt wird, nur die nativ- nalistischen Leidenschaften auf- st a ch e l n, die übelsten Instinkte im Zuschauer entfesseln. Deutsche werden aus innerer^Reaktion heraus nationalistisch werden, Nichtdcutsche wer­den zum Deutschenhaß aufgepeitsch. Es sei aber auch ein Wort über diekünstlerstwe" Dualität dieses nationalistischen Machwerkes gesagt.

In England sagt manvon 400 Ameri­kanern ist der Statistik zufolge einer irrsinnig; die übrigen 399 singen die Schlager, die er kom­poniert"; man könnte auch sagen... sehen sich die Filme an, di« er dreht"; denn nach allem, was seit dem Sieg des Tonfilms aus Amerika zu uns kommt, muß man schließen, day die Film- produktion in die Irrenhäuser verlegt worden ist.Hell's Angels" stellt in seinem nicht-mili- tärischen Teil das äußer st e an Schmiere dar, daS sich denken laßt. So kindisches und schlechtes Spiel sah man zuletzt etwa um 1912! Ein Frauenzimmer, besten schauerliche Blondheit, Magerkeit und Geschmacklosigkeit szenenweise noch koloriert gezeigt wird, läßt einen geradezu übel werden; aktelang ist man versucht, mit brachialen Mitteln gegen den Stumpfsinn und die wider­lichen Erscheinungen auf der Leinwand zu protestieren. Man muß sich nur wundern, daß eine Verleiher-Firma wie die U n i t e d A r t i st s, die bisher fast ausnahmslos Qualitätsware importiert hat, diesen Film in die Tschecho- slowakei bringt. Richt Wundern wird man sich über unsere Filmzensur, die diesen Film mit allen Schweinereien unbeanständet durchgehen ließ und sich dafür an guten Filmen schadlos halten wird. Von diesem Konsortium hat man nichts anderes erwartet. Das streicht zwar aus einer Wochen­schau das republikanische Deutschlandlied, weil eS staatsgefährlich wäre, läßt aber in der gleichen Wochenschau ungeniert dasGod save the king " spielen, dessen Melodie doch die des deutschen Kaiserliedes und doch Wohl genau sostaats­gefährlich" ist wie die des Deutschland -Liedes. Nein diese Filmzensur hätte uns nur über­rascht, wen» sie ausnahmsweise einmal einen Film verboten hätte, den zu verbieten Anstand, Kulturpflicht und ethisches Gefühl geboten hätten! Selbstverständlich hat sich auch der gute Europäer Beneö für nicht befugt und berufen erklärt, gegen den Dreckfilm einzuschreiten. ES wird an Deutschland sein, die Konsequenzen zu ziehen, wenn man einmal in der umgekehrten Lage ist. Denn wenn auch die deutschen Firmen nicht vier Millionen Dollar auf einen Dreck anwenden können, ein paar Paralytiker, die einen den Hell's Angels" künstlerisch und moralisch gleich­wertigen Film drehen könnten, würde niaii schon auftreiben. Die deutsche Provinz sei jedenfalls vor dem Machwerk gewarnt! Dr. E. F.

Streckenarbeiter bei Karlsbad vom Sage überfahren Karlsbad , 20. August. Heute früh fuhr der Schnellzug Eqer Reichenberg, der Karlsbad um 7.4o Nhr verläßt, zwischen den Ortschaften Dallwitz und Neubau, unweit des Ortes Sotten in eine Gruppe von Strecken­arbeitern. Zwei von den Arbeitern, der 28- jährigc Streckenarbeiter P o v l a d a, verheiratet und Vater zweier Kinder, und der 26jährige ledige T.cckenarbeiter Hönel wurden von der Lpkomotive erfaßt, zu Boden gestoßen und ge­tötet. Beiden wurden die Glieder vom Leibe getrennt.- Ein weiterer Arbeiter erlitt infolge des grausigen Awblicks einen schweren Nerven- chock. Die übrigen Arbeiter kamen glücklicher- wesse mit dem bloßen Schrecken davon. Die Ur­sache des Unglücks ist darauf zurückzuführen, daß der Reichenberger Schnellzug heute früh aus ver­kehrstechnischen Gründen auf einem sogenannten falschen Geleise" fuhr, welches in der Regel nur zu Fahrten in entgegengesetzter Richtung benützt wird. Scheinbar sind die Arbeiter von dieser Tatsache nicht unterrichtet worden, so daß sie der Richtung von Karlsbad keine Aufmerk- samkeiO schenfien. Nach den Erhebungen ist zwar von Karlsbad aus eine Verständigung an die Arbeiter abgegangen, doch ließ sich bisher nicht feststellen, ob sie dieselbe auch erreicht hat. Gleichzeitig wurde auch festgestellt, daß der Partieführer Hönel plötzlich verschwunden ist. Man nimmt an, daß Hönel, der als tüchtiger und verläßlicher Vorarbeiter bekannt ist, eS ver­absäumt hat, seine Arbeitskollegen von der dies­bezüglichen Aendevung zu verständigen und daß er aus Grqm über sein Versehen Selbstmord verübt hat. Karpathorussischeö. Zusammenschluß der Parteien gegen die Agrarier. Für Dienstag hatten die tschechischen Sozialdemokraten die Vertreter aller übrigen Parteien Karpathorußlands zu einer Beratung eingeladen, zu der alle Parteien mit Ausnahme

der Agrarier und Kommunisten erschienen. Die bratenden Parteien stellen einen Block dar, welche bei den letzte» Wahlen 137.000 Stimmen erhielte», während auf die Agrarier 95.000 und auf die Kommunisten 30.000 entfielen. In der Beratung wurde der tiefsten Unzufriedenheit mit den Behörden Ausdruck gegeben, die kein Interesse für die notleidenden Kleinlandwlnr und Arbeiter haben. Tie Subventionen>verden ausschließlich an Angehörige der Agrarpartei verteilt, der Landespräsident kümmert sich nicht um die Anftagen, die an ihn in der Landesver­tretung gestellt werden. Die versammelten Par­teienvertreter werden sich für die sofortige Ein­berufung der karpathorustischen Landesvertrettmg einsetzcn, sowie dafür, daß der di« Bevölkerung schädigenden agrarischen Diktatur, der sich der Landespräsident willig fügt,«in Ende gemacht wird. Abd el Krim entflöhe«? London , 20. August. In der spanisch:» Hauptstadt läuft ein Gerücht um, daß der be­rühmt« Führer des Rifaufstandes Abd«l Krim von der Insel R ä u n i o n, wo er interniert ivar, entkommen sei und eftien neuen Auf st and gegen die Spanier in Marokko vovbcreit«. Dieses Gerücht habe, so weiß der Reuterkorrespondcnt in Madrid zu berichten, in Madrid große Sorge verursacht, be­sonders da die spanisch« BesahungSarmee in Marokko völlig demoralisiert sein soll. ES heiße sogar, daß einzelne Soldaten Waffen an die Eingeborenen verkauften, und es sei allgemein bekannt, daß Marokko von kommunistischen Agen­ten überschwemmt sei. In spanischen konserva­tiven Blättern, so heißt eS in der Meldung des Korrespondent» des Reuterfchen Büros weiter, wird die Politik der Regierung, die Heeres- stärk« herabzusetzen, abfällig kritisiert, und ein führendes Mitglied der Cortes, Garem, erklärt« gestern,«ine Wiederholung des Ge­metzels von Anoual im Jahre 1921, wo 10.000 Spanier ums Leben kamen, liege im Bereiche der Möglichkeit.

Schwierige Regierungsbildung in Budapest . Bethlen Außenminister? Budapest , 20. August. Graf K a r o l y i führt Besprechungen nicht nur mit den Mitgliedern des bisherigen Kabinettes, sondern mit Mitgliedern aller Parteifchattierungen der Einheitspartei und der christlichsi^ialen Wirtschaftspartei, da er be­sonderes Gewicht darauf legt, daß die volkswirt­schaftliche« Refforts solchen Händen anvcrtraut weroen, denen gegenüber nicht nur alle Partei­schattierungen, sondern das ganz« Land vollkom­menes Vertrauen entgegenbringt. In dieser Frage bestehen große Schwierigkeiten, weil es wegen Parteirücksichten sehr schwer ist, sachver­ständige Beamte für die Übernahme der Porte­feuilles zu bestimmen. Andererseits ist es sehr schwer, unter den Mitgliedern der beiden Regie­rungsparteien solche Männer zu finden, die die- & Anforderungen in den Augen des ganze« des voll entsprechen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Graf Karolyi im Laufe des morgigen Tages vorläufig jene Portefeuilles anbieten, bei denen die Personenfvage keine Schwierigkeit ver­ursacht, und zwar das Justizportefeuille dem biS- herchcn Justizminister Dr. Zsitvav, das Porte­feuille des Hanvedministers dem bisherigen Hon- vedmintster G ö m b ö s, das Portefeuille für Kultus und Unterricht dem bisherigen Wohl­fahrtsminister E r n s z t, das Ackerbauporteseuillc dem bisherigen Finanzminister Dr. Wekerle oder irgend einem anderen landwirtschaftlichen Finanzmanne. Hinsichtlich der Besetzung des Finanzportefeuilles führt Graf K a r o l y j Ver- tandlungen mit dem ehemaligen Minister des Aeußeren W a l k o und einigen anderen Fachleu­ten. ES scheint auch nicht ausgeschlossen, daß Graf Bethlen sich vor der ungeteilte» Forde­rung des ganzen Londes beugt und ebenfalls in das Kabinett eintritt, indem er das Portefeuille des Auswärtigen übernimmt, sofern es sein Ge­sundheitszustand ermöglicht. Man hält die Lösung kür möglich, daß Graf Bethlendas Portefeuille des Auswärtigen übernimmt und vorläufig einen längeren Urlaub zur Wiederherstellung seiner Gesundheit antritt. * Budapest , 20. August. Der Präsident der Einheitspartei Pest hl stattete heute mit einer Delegatton dem bisherigen Ministerpräsidenten Grafen Bethlen einen Besuch ab und bat ihn, auch weiterhin dem politischen Leben der Partei anzugehören. Graf Bethlen erklärte, seine Demrsston sei die Folge einer politischen Ueber- legung gewesen. Wäre er nicht überzeugt davon, daß da« Land in der gegenwärtigen finanziellen Situation alle Hoffnungen zur Entwirrung der Lage besäße, so hätte er es für seine oberste Pflicht gehalten, auch weiterhin mff seinem Platze auSzuharren.

Echt nationalsozialistisch! DerAngriff" wegen Verleumdung eingestellt. Berlin , 20. August.(Eigenbericht.) Das in Berlin erscheinende nationalsozialistische Blatt Der Angriff" wurde heute wegen einer unerhörten Verleumdung beschlagnahmt und auf sechs Tage Verbote». Das Blatt hatte in größter Aufmachung die verleumderische Behaup­tung gebracht, das Eisenbahnattentat in Jüterbog sei von der Schutzformation des Reichsban- n e r s verübt woroen. Das Reichsbanner habe damit gerechnet, daß die in der Nähe auf einem Truppenübungsplatz stationierte Reichswehr auf den Schauplatz des Attentates abrücken werde und daß dann das Reichsbanner Gelegenheit haben werde, sich auf dem Uebungsplatz liegende Waffen der Reichswehr anzueignen. Als Unterlage wurde ein anrüchiges Schreiben eines angeblichenVerbandes der Bahnschutz- Polizisten" bezeichnet, welcher seinen Sitz in Berlin haben solle. Einen solchen Verband gibt es nach amtlicher Auskunft nicht, ebenso keinen Verband der Eisenbahner ähnlichen Namens, der seinen Sitz unter der imAngriff" angegebenen Adresse hätte. Die BundeSleituntz des Reichsbanners be­zeichnet diesen unerhörten Vorwurf als be­wußte Lüge und Verleumd»ng, offen­bar zu dem Zwecke veröffentlicht, die Aufmerk­samkeit der Bevölkerung von den sich täglich häufenden Gewalttaten der Nationalsozialisten abzulenken.

Wahrscheinlich Bolttentschelb-Sebatte! Gesek«, 21. August. Die Nationak- s o z i a l i st e n hatten für gestern abends nach Anröchte eine Versammlung einberufen, zu der sich auch etwa 100 Kommuni st en einfanden. Kurz nach der Eröffnung kam es zu Streitig­keiten, die bald in eine wüste Schlägerei ausarteten. Die Gegner gingen mit Tisch- und Stuhlbeinen, mit Gläsern und Mestern auf­einander los und zertrümmerten die Saalein­richtung sowie die Fenster und die Türen. Die alarmierte Polizei sand die Gegner noch im heftigsten Kampfe und mußte mit der blanken Waffe eingreifen, um die Streitenden zu trennen. Acht Kommunisten, zwei Nattonalsozialisten und ein Polizeibeamter wurden in schwerver­letztem Zustand ins Krankenhaus geschafft. Die Zahl der Leichtverletzten konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Die Polizei mußte die ganze Nacht hindurch auf Posten bleiben, um neue Zu­sammenstöße zu verhindern.