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Ing. Dtto Ditmar.
Der Wandel der Bauaufgaben
und der Bauausführung.
Feftungen. Die Erfindung der modernen Waffen zwingen, fann sie stauen, Wildbäche verbauen und entwertete diese Festungen vollkommen und eine fönnte noch viel mehr derart nüßliche Bauaufmoderne Festung bestand aus isolierten Stüß- gaben lösen, würde man nicht alle Kräfte auf punkten, die aus Eisen und Stahl gebaut waren, militärische Aufgaben konzentrieren. im Terrain fast unsichtbar und untereinander Mit der Beherrschung des Menschen durch durch die weittragende Wirkung des modernen den Menschen kam auch der Lurus. Dinge, die Geschüßes verbunden, im letzten Augenblick auch nicht einem lebenswichtigen Bedarfe, sondern der durch Schüßengräben und Stacheldraht. Unterhaltung, dem Vergnügen, der Freude dienen. Die Bauaufgaben zerfallen in zwei Gruppen:[ Via Flaminia trennen und von hier führt wieder Ein großes Gebiet der Ingenieurbautätigkeit Zunächst wohl als persönlichen Lurus à la hänHochbauten und Jugenieurbauten. Natürlich ist ein weiterer Weg zu den heutigen Asphalt- und war seit je der Bau von Wasserleitungen. Wasser- gende Gärten der Semiramis, die Landhäuser der die Grenze nicht scharf. Manche Bauwerke fönnen Betonstraßen und insbesondere zum Eisenbahnweg. leitungen und Meliorationen kannten schon die Griechen oder das Prunkschiff am Nemisee . Aber durchaus nicht in einer dieser Gruppen ausschließ Aus der Gründung von stabilen Staatswesen er- alten Etrusker. durch Sklavenwirtschaft gefördert entstand bald lich eingereiht werden. Eine Fabrik ist eben so gab sich aber eine große Reihe von noch anderen Mit der Entwicklung des Staatswesens famen auch ein follektiver Luxus der Freien. Etwa die sehr ein Ingenieurbau wie ein Hochbau. Eine Bauaufgaben für den kollektiven Bedarf. Zunächst natürlich Bauaufgaben ganz anderer Art auf und Theater und Stadien der Griechen, die Brunf Transformatorenstation, ein Wasserturm ist Hoch- Staatsverwaltungsgebäude, Parlamente, Senate, insbesondere die Entwicklung des Handels, der bäder der Römer, die Arena für die Tier- und und Ingenieurbau gleichzeitig. Im allgemeinen Gerichte, Festungen, Lager- und Schatzhäuser, Industrie und des Verkehrs brachte eine Mannig- Menschenkämpfe. sind Hochbauten vorwiegend der dauernden oder Bäder, Schulen, Anstalten u. dgl. Gerade auf faltigkeit von Bedarfsbauwerfen für kollektiven Viele Bauten erforderte auch der soziale und vorübergehenden Unterbringung von Menschen, diesem Gebiete zeigt sich der Wandel der sozialen Bedarf. Es entstanden, um nur einiges zu nennen, ideelle Ueberbau der jeweiligen GesellschaftsTieren und Gütern gewidmet, während die Ingenieurbauten mehr der Technik und dem Verkehr dienen. Wohnhäuser, Theater, Verivaltungsgebäude, Schulen, Stirchen, Speicher usw. sind Hochbauten. Straßen, Eisenbahndamme, Tunnels, Wasserbauten, Kanäle sind Ingenieurbauten.
Es ist nun reizvoll den Wandel der Bauaufgaben als auch ihre Durchführung in ihrer Abhängigkeit von den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen, vom Stande der Technik und vom sozialen Ueberbau zu beobachten.
Der Wandel ist sowohl bei den Hochbauten als auch bei den Bauten des Bauingenieurs bemerkbar,
Ein großer Teil der Hochbauten dient dem persönlichen Bedarf. Wir nennen diese Bauten für gewöhnlich einfach Häuser. Die Entwickelung des Hauses von der natürlichen Höhle und vom Wetterdach zum Balast und vom Patrizierhaus zum Zinshaus enthält alle Phasen des Wandels der menschlichen Gesellschaftsordnung. Der Nomade brauchte keine festen Wohnbauten. Seine Wohnstatt war die natürliche Söhle. Später baute er Windschirme und Wetterdächer, aus denen das Zelt wurde. Als er seßhaft wurde, entwickelte sich aus dem Zelte das Dach und aus den Zeltstüßen die Säulen und Ständer des Hauses. Erst Staatenbildung, Arbeitsteilung und Herrschaft von Mensch über Menschen, damals in Form von Slaverei, ermöglichte den Bau von steinernen Brachthäusern, von Palästen der Herrscher und den stattlichen Bauten der reichen Bürger. In den Palästen der Herrscher spielte sich freilich auch ein Teil der Staatsverwaltung und der Rechtspflege ab und die Häuser der Bürger dienten auch der Produktion. Bis in die Neuzeit herauf aber war das Wohnhaus Gebrauchsgegenstand, nicht Ware. Erst die Neuzeit machte auch aus dem Wohnhaus wie aus allem Ware. Das Zinshaus wird nicht in erster Reihe dazu gebaut benützt und gebraucht, sondern vermietet zu werden. Natürlich hat dieser Funktionswandel auch auf den künstlerischen Wert des Wohnhauses Einfluß. Der alte Hochbau ist nicht bloß technische Arbeit, sondern auch Kunst. Und die Verwandlung des Hauses aus Bedarfsgegenstand in Ware unterdrückte die Kunstquote im Bautverk vollkommen. Höchstens ersetzte es Kunst und Kitsch um den Warenwert des Hauses zu erhöhen. Es borgte aus Epochen hoher funfttechnischer Wertigkeit einzelne Aeußerlichkeiten, die es auf die Fassaden klebte, ohne jede innere Verbundenheit mit dem Bauwerke selbst.
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Erst die jüngste Zeit hat das Wohnhaus wieder irgendwie zu einem vorwiegenden Gebrauchswert gewandelt. Und die größeren Wohnbauten, z. B. der Wiener Gemeinde oder unserer gemeinnüßigen Genossenschaften sind nie vorwiegend Ware gewesen, sondern Werke des Bedarfes und es ist charakteristisch, daß sie sofort auf den wertlosen Zierrat und Tand, oder etwa die Schnörkelei des Jugendstils zugunsten vornehmer harmonischer Flächengliederung und praffischer Raumeinteilung verzichtet haben.
Verwendet mehr Stahlblech!
In den U. S. A. werden jährlich pro Kopf der Bevölkerung cca. 71 kg, in Großbritannien cca. 60 kg, in Deutschland cca. 27 kg, in Tschechoslowakei aber nur cca. 16 kg Bleche verbraucht.
Die Verwendungsmöglichkeit
ist vielseitig: Geschirre, Konserven, Verpackungen, Apparate, Knöpfe, Bauzwecke, Möbel, Behälter, Kessel, etc. etc.
Die inländische Blechindustrie ist gerüstet, auch den höchstgestellten Ansprüchen nachzukommen und scheut keine Mühe und kein Opfer, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben, in der festen Überzeugung, daß
Stahlblech das Material der Zukunft
ist.
Verwendet mehr Stahlblech!
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Neben der Entwicklung des Wohnhauses Verhältnisse ganz deutlich. Ebensosehr der Einfluß| Warenhäuser, Fabriken, Verwaltungsgebäude der läuft der Bau von Werfen für kollektiven Bedarf. der Technik. Als Beispiel soll etwa die Befestigung Industrie und des Handels, Bahnhofsbauten, Sowie die menschliche Gesellschaft sich irgendwie einer Siedlung angeführt werden. Ursprünglich Schiffsagentien, Steuerämter, Kasernen, Gefängzu organisieren beginnt, stellen sich kollektive Be- grub man um die Siedlung einfach einen Graben. nisse, Messegebäude, Turnhallen, Krankenhäuser, dürfnisse ein. Hier handelt es sich zunächst vor Dadurch entstand von selbst auch ein Wall. Später Schulen, Elektrizitätswerke, Gasanstalten uff. wiegend wohl um Ingenieurbauten. Der Weg, wurde in die Mitte der Siedelung eine Burg oder; Die große Entwicklung der Technik ermöglicht die Straße, die Brücke über den Bach, werden wohl Festung gebaut. Im Mittelalter war es meist um- heute Bauaufgaben von gigantischen Dimensionen die ersten Bauwerfe für follektiven Bedarf ge- gefehrt um eine Burg entstand eine Siedelung. zu lösen. Man kann Erdteile von einander trenwesen sein. Ein langer Zeitraum wird allerdings Die mittelalterlichen Städte, die keiner Burg zu nen, wie es durch den Suezkanal und Panamaden ersten Prügelweg von einer Via Appia oder geordnet waren, entwickelten sich zu follektiven fanal geschehen ist, man faun Flüsse in neue Betten l
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ordnung. Von den Resten der Antife stammt sogar der Hauptteil auf diesem Gebiete. Alle Tempel und sonstigen Kultbauten, die großen Theater und die Reihe von Bauten, die den Uebergang zu den follektiven Bedürfnissen und zum kollektiven Luxus bildet. Auch das Mittelalter, das Kirchen und Klöster baute, verrät damit den Stand seines ideologischen Ueberbaues. Heute dagegen dienen dem Üeberbau Kasernen, Druckereien, Zeitungspaläste und Vereinshäuser mit Vortragssälen.
So wie jedes Gebiet menschlicher Tätigkeit, ist eben auch die Baukunst zeitbedingt. Nur ist die Beobachtung dieser Zeitbedingtheit bei der Baufunst doppelt interessant, denn sie hat zwei Wur zeln. Eine rein praktische und eine rein fünſt lerische. Die praktische Seite der Bautätigkeit dient der Bedürfnisbefriedigung, die künstlerische ist weniger erdgebunden und soll das Schönheitsbedürfnis befriedigen.
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Der Wandes der Bauaufgabe und ins besondere der Bauausführung ist natürlich auch durch den Stand der Technik bedingt, dies um so mehr, als ja der jeweilige Stand der Technik seinerseits eine bestimmte Wirtschaftsordnung zur Folge hat. Immerhin ist es erstaunlich, daß man vor Jahrtausenden schon mit ganz anderen Baumaterialien und Methoden an ganz ähnliche Bauaufgaben herantreten fonnte. Die Durchführung allerdings ward dann ganz anders. Die alten Aegypter und Griechen fannten z. B. noch nicht das Gewölbe. Aber auch sie bauten Gotteshäuser, ebenso wie der mittelalterliche Baumeister. Allerdings ist die Lösung der Aufgabe ganz verschieden, wie eben ein griechischer Tempel von einer gothischen Kirche. Die Römer kannten schon den Rundbogen und daher sind ihre Tempel und Paläste unseren Renaissancebauwerken schon sehr ähnlich. Die heutigen Baumaterialien Beton, Eisen, Glas, Leichtbauplatten ermöglichen grundlegend andere Lösungen, wie wir sie etica bei den drei neuen Prager Kirchen- zwei davon in Wrschowitz und eine in den Weinbergen - sehen können. Vor allem aber hat man die Bauwerke berechnen gelernt und man macht sie daher heute mit viel weniger Aufwand an Material nicht immer zu ihrem Vorteil. Aber eben hier setzt die moderne Technik besonders ein. Die Dichte der Trennungskörper Mauern und Decken soll durch eigene schalldämpfende und warmhaltende Materialien ersetzt werden. Auf den Markt kommen eine große Reihe der verschiedensten Materialien dieser Art, meist in Form von Platten. Gerade dieses Gebiet ist eine ausgedehnte Wissenschaft geworden. Die Propaganda hat auf diesem Gebiete eine rechte Umwälzung der Baumethoden und Baumaterialien hervor gerufen und tut dies noch immer.
Mit den neuen Baumaterialien und Baumethoden können wir heute wohl alle nur denfbaren Bauaufgaben lösen, seien diese nun praftischer oder künstlerischer Art. Wir können Flußläufe verlegen und dem Meere Grenzen setzen, fönnen Bauwerke tief unter der Erde bauen und 100 Stockwerke über der Erde, können Wasserleitungen legen und Sümpfe entwässern, fönnen alles und werden es noch mehr und besser können, wenn sich die technische Fähigkeit mit einer entsprechenden Organisation der menschlichen Gesellschaft verbinden wird, mit einer Organisation, die statt Schüßengräben und Festungen lieber Straßen und Kraftwerke bauen wird.
Bauunternehmung
Pittel& Brausewetter
Prag II., Lützowova 33.