Seite 4 Dienstag, 8. September 1831. xr. Lvs. T agesneuigkeiten Moiffi und ein problematisches Frauenfchicksai. In Salzburg hat sich folgender Vorfall ab­gespielt: Die Lcitupg der dortigen Landeskran- Knanstalt gibt auf Angriffe, die gegen den christ­lichsozialen Landeshauptmann Rehrl"erhoben wurden, zu,Moissi in Würdigung rein künstlerischer Absichten zu Studienzwecken gestattet zu haben, in einem weißen ArztkittelZeuge der Entbindung eines armen Mädchens zu sein. DerKünstlerhabesich dabei in jeder Beziehung taktvoll benommen. Moiffi be­merkt in einem Wiener Blatt, er habe Studien für einen Roman benötigt, den er derzeit schreibe und der ein problematisches Frauenschick­sal behandle." Problematischer als diese Gesellschaftsord­nung, welche solchen Skandal und srlche Er­klärung duldet, dürfte der Roman auch nicht sein und das Frauenschicksal nicht int entferntesten an die Problematik desarmen" Mädchens heran­reichen, das man listig vor einem prominenten Schauspieler entbinden läßt, welchen man ihr mitten ins verpfuschte Leben setzt, während die wohlhabenden vermögenden Mädchen sichs-n aller Diskretion nehmen lassen und bei diesem gewiß ebenso interessanten Vorgang, der auch Studienzwccken dienen könnte, keinem Herrn Moissi oder sonstwem gestatten, beizuwohnen, und wenn er sich noch so taktvoll in jeder Bezie­hung benehmen dürste. Bei einem armen Mädchen und Menschen ist aber alles erlaubt und gestattet, was immer man mit ihm aufführt, allein die Erklärung, daß es sich eben um einen solchen gehandelt hat, als Entschuldigung zu gebrauchen, für eine von allen anständigen Menschen als Gemeinheit empfundene Roheit, spricht von der Notwendig­keit, diese Gesellschaftsordnung einer gründlichen Umgestaltung zu unterwerfen. Köstlich in dieser Erklärung ist die Bekannt­gabe von dem in jcher Beziehung taktvollen Ver­halten des Künstlers. Was hätte er denn tun sollen oder was hat man Gegenteiliges von ihm erwartet? Es ist doch schon taktlos genug, auf Grund seiner prominente» Schauspielkunst, von der Bühne weg, in M a s k e als Arzt vermeidet in das leidvolle Leben eines armen Menschen und in dessen Krankenzimmer zu treten zu Studienzwecken für einen problematischen Frauenroman. Die Problematik der bürgerlichen Welt ist aus solchen Vorfällen weit mehr ersichtlich als aus Ergebnissen irgendwelcher literarischer Extra­touren. Und so nebenbei: Es ist nicht bekannt, daß Goethe, um der Figur seinesGretchens" den Hintergrund problematischen Schicksals zu geben, sich von einer Schwangeren dazu inspirre- ren ließ und es soll ihm trotzdenr gelungen sein, das Leben dieses Mädchens mit einem an­sehnlichen Maß von Schicksalsproblcmatik erfüllt zu haben. Der Igel. Unglück beim Trebttfcher Flugtag. Absturz bei einem Akrobatik-Flug. Brü«n, 6. September. In Trebitsch ereignete sich bei dem vom Mährischen Aeroklub heute veranstalteten Flugtag ei» Nnglücksfall. Der Pilot Wenzel P e r i n a ans Miliöeves bei Rovy Jiöin in Böhmen vollführte auf dem Flug­zeug A48 Akrobaten-Kun st stücke. In einer Höhe von etwa 600 bis 700 Metern wurde der Flieger von einem heftigen Windstoß ersaßt und das Flugzeug stürzte jäh ab. Dem Flie­ger gelang es nicht mehr, es ins Gleichgewicht zu bringen. Bei dem Ausfallen auf einen Felsen wurde das Flugzeug zertrümmert, der Motor ge­riet in Brand und der Pilot verbrannte. P e r i n a war in der Brünner Waffenfabrik be­schäftigt und Pilot des Mährischen Aeroklubs. Schwere Stürze beim Paduditzer Motorradrennen. Mit lOOKilometer in d i e Z u schauer­menge. Pardubitz , 7. September. Bei dem ge­stern hier stattgefundene» Motorradrennen um denGoldenen Sturzhelm", welchem an 50.000 Personen«sahen, kam es zu schweren Unglücksfälle». Während des Rennens stießen zwe« tschechoslowakische Rennfahrer, Dohnat und Kraus, zusammen, wobei D o h n a l mit leichten Abschürfungen davon kam, während Kraus erheblich verletzt wnrde. Weitaus ernster verlies aber der Sturz eines ausländische» Teil­nehmers am Rennen, des Däne» Soerensen, welcher mit Hundertkilometergeschwindigkeit in das Publikum hineinfuhr, wobei eine äroße Zahl von Personen, darunter auch drei Schulkinder, schwer verletzt wurden.Einigen der Berletzten wurden Arm« und Be.ine gebro­chen, Soerensen selbst erlitt lebensgefährliche innere Verletzungen. Rennauto fahrt in die zuschauer. Mailand , 6. September. Bei dem hier abge­haltenen großen internationalen Autorennen geriet ein Alfa-Romco-Wagen aus der Bahn, rannte gegen die Brüstung und stürzte in die Zu­schauermenge. Der Wagenführer blieb unverletzt, von den Zuschauern wurden zwei.ge­tötet und 14 verletzt. Zeppelin aus Amerika zurück. Friedrichshafen , 7. September. Graf Zep­ pelin ist von seiner Fahrt nach Südamerika wohlbehalten wieder heimgekehrt. Das Luftschiff landete um 15.45 Uhr. Die Landung vollzog sich glatt. Genoss« Modrükek sechzig Jahr«. Wenige Tage noch dem 60. Geburtstag des Genossen Dr. Franz Soukup vollendet ein anderer bedeu­tender Funktionär der tschechischen Sozialdomo- kratie, Genosse Franz ModrLöek, sein sech­zigstes Lebensjahr. Modrüöek ist am 8. Sep­tember 1871 in Habrover(B^irk Chrudim) geboren und war ursprünglich Bildhauer. Als Jüngling schloß er sich der anarchistischen Be­wegung an, weswegen er im Jahre 1892 in Wien eingesperrt und aus Niederösterreich aus, gewiesen wurde. Er kam dann nach Prag , wo er sich der Lmlodina anschloß und 1893 neuer­lich verurteilt wurde. Bis zum Jahre"1895 saß er im Kerker, wurde dann amnestiert und arbeitet« einige Zeit lang in Deutschland und Frankreich , woraus er abermals nach Prag zurückkchrtc. In den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts wurde er einer der ersten Bor- käuipfer der Genossenschastsbewegung und grün­dete 1908 mit den Genossen Havranek, dem ver­storbenen Jirüsek, Llvstig und Kolinsty den Prager Konsumverein. Er war auch im Ver­band der tschechischen Konsumgenossenschaften tätig, der ihn 1911 zum Vorsitzenden wählte. Zu gleicher Zeit betätigte er sich in der politi­schen Partei und wurde schon im alten Oester­reich Nlgeordueter. Er war auch Mitglied der revolutionären Nationalversammlung, 1919 trat er aus der tschechischen Sozialdemokratie aus, kehrte ober bald daraus wieder zur Partei zu­rück. Seit 1925 ist er Senator. Mobrüoük ist nicht nut Praktiker, sondern auch ein bedeuten ­der Schriftsteller, der die tschechische soziologi­sche Literatur um eine Reihe von Werken ver­mehrt hat. Mldrä^k ist zwar kein Marxist, aber ein ehrlich ringender, strebender Mensch, dem insbesondere die tschechische Genossenschafts­bewegung viel verdankt. Eröffnung der Prager Messe. Sonntag, den 6. September, wurde unter großer Teilnahme in- und ausländischer Einkäufer die XXlil. Herbst­messe eröffnet. Aus Frankreich , Deutschland , Oesterreich, Polen , Jugoslawien , Holland , Däne­ mark , England und aus einigen überseeischen Staaten sind bereits etliche Einkäufer in Prag eingetroffen. Auch mittels Autobussen und Auto­mobilen sind zahlreiche Interessenten in Prag cingetrossen und war am Eröffnungstage der Kongreß für Straßenbau von mehr als 400 Fach­leuten aus der ganzen Republik und aus dem Auslande besucht. Die Zahl der Besucher am ersten Meffesonntage ist mit 60.000 nicht zu hoch gegriffen und lassen die in ungewöhnlich großer Zahl eingeholten Informationen ein erfreuliches Messegeschäft erhoffen. Di« Folschspiekerhanden in Nortdböhmeu. Die berüchtigte ,Lerz-"-Bond« aus Tetschen-Bodenbach , für deren Mitglie­der die SicherheitSbehörden Nordböhmens ein starkes Interesse zeigen, hat in der letzten Zeit wieder mehrfach von sich reden gemacht. Immer wilder fallen den Falschspielern vertrauens­selige Leute herein, die sich sozusagen im Hand­umdrehen ihrer Barschaft beraubt sehen.» In Tetschen-Bodenbach ist den Hasardeuren längst der Boden unter den Füßen zu heiß geworden, weshalb sie aus diesem Gebiet verschwunden find und ihre Tätigkeit in Gegenden auszu­üben versuchen, wo sie weniger bekannt sind. In einigen Ortschaften um B.-Leipa rupften sie einige Opfer so gründlich, daß das Schicksal über sie hereinbrach: in Reichstädt wurde die Bande beim Falschspiel von der Gendarmerie überrascht. Einige Mitglieder der Bande konnten festgenommen wer­den, während«s anderen gelang, in einem bereitstehenden Auto zu entfliehen. Wahrschein­lich durften sie nach einiger Zeit in der Reichen­berg-Gablonzer cder in der Warnsdors-Rum- burger Gegend auftauchen. Schneefall im Riesengebirge . Aus Hirsch- berg meldet man: Die Schneekoppe hatte heute früh 8 Uhr bei minus 1 Grad den e r st e n Schneefall in diesem Herbst. Nautilus" wieder beschädigt. Nach den letz­ten aus London kommenden Meldungen ist das UnterseebootN a u t i l us" eben aus dem ark­tischen Eis aufgetaucht und befindet sich auf dem offenen grönländischen Meere auf der Fahrt nach Spitzbergen . Das Unterseeboot wurde, wie gemeldet wiü>, beschädigt und hat eine sehr schwere Fahrt hinter sich, doch ist an Bord alles wohl. Wie verlautet, hat Sir Herbert W i l k i n s während der Reife viele werwolle wissenschaftliche Daten gewonnen. Der Schöpfer der Sozialhygiene gestorben. In Berlin starb Donnerstag Genosse Prof. Dr. Alfred Grotjahn , der Sozialhygieniker der Ber­ liner Universität. In ihm verliert nicht nur die fozialdemokratische Partei Deutschlands eines ihrer hervorragenden Mitglieder Gen. Grot­ jahn gehörte der Partei schon seit seinen Stu« dienjahren an sondern auch die medizinische Wissenschaft einen in der ganzen Welt bekannten Gelehrten. Prof. Grotjahn ist allgemein als der Baler der modernen Sozialhygiene anerkannt, er hat eine unübersehbare Zahl von Schülern auf diesem Gebiete herangezogen. Unter seinen vie­len Werken(über Bevölkerungspolitik, Heil­stättenwesen, Alkoholismus, Schulreform u. a.) sst besonders sein grundlegendes WerkSoziale Pathologie" hervorzuheben, in dem die Bezie­hungen der Krankheiten zur sozialen Lage dar- Vom Rundfunk Empfehlenswertes aus ven Programmen. Mittwoch. Prag : 11.30: Schallplatte», 18.25: Deutsche Sendung: Arbeitersendung, Bruno Schwab: Die Finanznot der Gemein­den, 19.05: Feier zu Vrchlickys Todestag, 21: Violinkonzert, 21.30: Orchestcrkonzert.-r Brünn: 17.45: Schallplatte», 18.25: Deutsche Sendung: Arbeiterolympiade in Wien. Mähr-Ostrau : 14.30: Orchesterkonzert. Breslau : 17.05: Mozart- Lieder. Leipzig: 16: Opernmusik, 0.30: Nacht­konzert. Wien : 17.15: Alte Kammermusik, 20: Arienabend, 20.40: Karl Ginzkeh. Moskau : 19.30: Konzert. gestellt werden. In den Jahren 1920 bis 1924 gehörte Prof.. Grotjahn auch dem Reichstag an. Verbrecher aus Böhmen in Salzburg ver­haftet. In Salzburg wurde der 56jährige Hilfs­arbeiter Johann Jari sch k o aus N e u d e k (Bezirk Neuhaus) in der Tschechoslowakei verhaf­tet, der seit einigen Monaten von der Polizei als Schwerverbrecher eifrig gesucht wurde. Er trug bei der Verhaftung zwei geladene Re­volver bei sich. Durch«ine» Hnsschlag getötet. In den Ställen der Aktienbrauerei in B u d w e i s be­treute der Kutscher I. Trha die Pferde und wurde dabei von einem der Pferde so heftig geschlagen, daß er auf dem Wege ins Krankenhaus verstarb. Dampferkatastrophe. An der Ostspitze von Cornwall sank der o73 Tonnen große englische DampferOpal" aus Glasgow . Der Kapi­tän und der erste Ingenieur ertran­ken. Das Schiff war mit einer Ladung Mais auf der Fahrt von Antwerpen nach Cardiss unterwegs. Aus der Sudelküche desExpreß". Das Blatt des mortüifch Hingerichteten Herrn Stri- br»v tischt seinen Lesern ein Märchen auf, das wegen seiner Stupidität unseren Lesern nicht verschwiegen werden kann, denn Spaß muß sein. Kaffee trinken wollte. Man sucht« eine tschechi- kann", erzählt es, daß Genosse Dr. Czech in Karlsbad in ein Restaurant kam und dort einen Kaffee trinken wollte. Man suchte einee tschechi­sche Bedienung für den Minister aufzutreibcn. Ausgerechnet in Karlsbad . Endlich fand inan eine tschechische Kraft, die den Minister bediente. Aber Genosse Czcch antwortete deutsch und ver­stand die Bedienung nicht. Also das Blatt ent« blödet sich nicht, seinen Lesern solch einen Unsinn zu berichten. Ein Restaurant in Karlsbad sucht für den Genossen Dr. Czech eigens eine tschechi­sche Bedienung! Und Genosse Dr. Czech ant­wortete der Bedienung in deutsch . Ausgerechnet in Karlsbad , der Hochburg der deutschen Sozial­demokratie, wird ein deutsches Restaurant für den deutschen sozialdemokratischen Minister nach einer tschechischen Bedienung senden! Di« Wohnangskanzlri der Prag » Mustermesse befindet sich bis zum Herbstmesseschluß(13. Sep­tember) ausschließlich auf dem Wiksonbahn- hofe(Wartesaal 1. Klasse). Dieselbe besorgt nur für Messebesucher gegen Vorweisung der Messelegi- ymation Hotel- und Privatlogis zu wohlfeilen Preisen. Die Wohnungstanzlei der Prager Muster­messe ist daselbst von den ersten Frühzügen an bis zur Nachtzeit geöffnet. Di« Telephonnummer der Wohnungskanzlei ist 27434. Ein Telephonvereiu! In Berlin wurde ein Reichsverband der Fernsprechteilnehmer" ins Leben gerufen. Den Vorsitz des Verbandes hat Konteradmiral a. D. Boetkc. Zweck des Vereines soll Wahrung der Interessen der Fernsprechteil­nehmer sein, fernerPropaganda für den Fern- sprechet". Wie Werterklirr und Wogenprall brausen die Ruf« des Meister Hildebrand der zeitgenössischen srdeiei deutschen Provinzpublizi­stik, also des Herrn Rudolf Zeidler aus Komo- tau durch dieSr.detendeutsche Tageszeitung", beziehungsweise dasNordböhmische Tagblatt"; welch« Blätter die Mitwelt vor daS unlösbar« Rätsel stelle», welches das Kopfblatt von wel­chen: ist, wobei von einem Kopf in keinem von beiden die Rede sein kann, was durch die stän­dige Mitarbeit der Horpynka, Zeidler und ähn­licher politischer Schriftsteller, deren deutscher Stil ihren politischen Auffassungen und ihrem Geist" entspricht, erhärtet wird. Der 2. Herbst­mond bescherte uns wieder einen Leitanssatz des wackeren Herrn Zeidler. Diesmal gehts im be­sonderen gegen dieFrankfurter Z e i- tun g", im allgemeinen wie stets gegen den Marxismus ". Was sich der alte Herr in Ko- motau darunter vorstellen mag, weiß Wotan allein, allenfalls eine Art modernen Belzebubs, den er mit Tintenfässern bewirft, gleich dem gottseligen Martin Luther , welchen er letzthin mit Idols Hitler verglichen hat, obwohl dieser doch Dreck statt Tintenfässer schleudert. DieFrankfurter Zeitung ", von Zeidler stets als dasrheinische Blatt" bezeich­net, obwohl Frankfurt seit seiner Gründung am Main liegt und deshalb auch Frankfurt am Main heißt, zum Unterschied von Frankfurt an der Oder , während ein Frankfurt am Rhein nur Herrn Zeidler bekannt ist, dieFrankfurter Zeitung, , also beschäftigte sich mit dem Regie­rungswechsel in England und kam zu dem Schluß, daß dorteine Lösung unter Gent- lemen" gesunden worden sei. Hier wollen wir uns nicht mit derFrankfurter Zeitung " aus­einandersetzen, sondern uns am Zeidler er­götzen. Dasrheinische Blatt"betont mit einem nicht mißzuverstehenden Seitenblick auf Deutschland ", daß so was dort nicht möglich wäre, weil die Politischen Hinterwäldler Deutschlands , die di« rechten Plätze der Parla­ment«, den unrechten Platz in der Außenpolitik ni'd überhaupt keinen Platz unter den anstän­digen Politikern einnehmen, eben keine Gent - lemen sind. Das ist natürlich ein jüdisch- marxistischer Dreh.'Herr Zeidler läßt aber die Schmach auf demerwachenden Deutschland " nicht sitzen und gibt demsüddeutschen Demo- kratenblätt" Saures.Ohne rassische Betrach­tung kommt er hieir nicht zum Ziel", was auch sein tschechisches Gegenstück, der brave Soldat S v«j k beim Handel mit rassisch nicht immer einwandfreien Hunden nicht konnte. Boden- siärdig wie der Herr Zeidler nun einmal ist, bedient er sich einer heroischen Sprache. Bon mecrumspülten Sachsen",staatsmännisch hoch­begabten Somit«»", ,,großen Germanen,ge­nialen jüdischen Rheinländern" usw. wimmelt es. Seine Theorie" ist ungefähr folgende: Di« Judenfrage nach feiner und der Zionisten Meinung der Angelpunkt jeglichen politischen Geschehens sei in England anders als in Deutschland . In England geb« es eigentlich keine solche. Wohl haben auch in England Juden wichtige politische Positionen inne,*) aber dort sind sie anständig. Sie sind kein« Pazifisten, im Gegenteil, sie dienen ihrem Adoptivvaterland" wi«Angelsachsen von *)Jn d» neuen englischen Regie­rung sind die Liberalen durch zwei Juden vertreten: Lord Reading(früher Isaacs) und Sir Herbert Samuel, dem ersten High-Commis- sionar von Palästina. Eine neue Verschwörung der Weisen von Zion? Da müssen Sie hinein­leuchten, Herr Zeidler! altem Schrot und Korn". So erkannte man D i s r a e l i, das ist derhochbegabte Semite", nur seinem Aeußeren nach als Juden was ist das für eine rassische Betrachtung, di« nur bis zur Nase reicht? und/überhaupt sind die englischen Juden, wenn auch dazu gezwungen, so doch wirklich« Gentlemen . Anders in Deutsch­ land . Dort läßt man siegegen den nationalen Stachel ihrer Adoptivhennat locken", sie sind Pazifisten, also Vernichter der nationalen Ehre, Freiheit und Wohssahrt. Karl Marr, das ist dergeniale jüdische Rheinländer", reicht als Zeickleinorer Deutschlands fast an das unselige deutsch « Königshaus der Habsbur­ger heran."Die demokratische Presse wett­eifert förmlich untereinander, Beweisstücke für die deutsche Kriegsschuld herbeizuschleppen" und von derFrankfurter Zeitung " hat schon Bis- marck, dar ist dergroße Germane"(aber ein Rundfchädel, also rassisch minderwertig!), ge­sagt, siefühle mehr rechts- als linksrheinisch", womit nur gesagt wäre, daß sie mehr deutsch als französisch fühlte(woraus man ihr, solange das Tritte Reich noch nicht installiert ist, auch keinen Vorwurf machen kann), denn rechts vom Rhein bis Zum Belt", Herr Zeidler, dehnt sich das weite germanische Land, während erst weit links vom Rhein , der doch Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze ist, dos Welschland beginnt. Daß Herr Zeidler entweder nicht weiß, wo rechts und links ist, oder sich in der Geogra­phie so wenig auskennt, daß er«nicht nur Frankfurt an den Rhein verlegt, sondern auch Deutschland , das er kennen müßte, mit Frank­ reich verwechselt, über das er doch als Erbfeind auch einigermaßen Bescheid wissen sollte, ver­mag uns ebensowenig aufzurcgen, wi« seine geistvolle Behauptung, die Sozialdemokraten 'eien dunkle Ehrenmänner, die töricht genug sind, sich zum Londes- und Hochverrat zu be- ferrcn. Herr Zeidler ist csne heiter« Figur und ein: Rens Claire-Tonfilm, von Willy Forst-Lehmann gang zu schweigen, wirkt, mit ihm verglichen, wie eine antike Tragödie. Herr Zeidler, der uns schon viele köstliche Stunden geschenkt hat, will mit anderen als politischen Maßstäben gemessen sein. Was ober soll man von einer Zeitung hal­ten, die. ihn von ihrer Leserschaft ernst genom­men haben will, ihn leitartikeln läßt? Wenn dieCudetendeutsche" glaubt, das nahende Ende der deutfchnotionalen Partei mit einem Stuß wie, d«rMarxismus "erniedrige die Massen der Proletarier zur Schutztruppe deS internationalen Börsenkapitals" aufhalten zu können, erliegt sie einer Täuschung. Daß ihr Bemühen vergeblich bleiben muß, ist aber noch lange kein Milderungsgrund für die Schäbig­keit und bodenlose Unverfrorenheit des Fa« brikantenblatteS, das wahrscheinlich keine an­deren als die kapitalistischenSefange" zu schützen hat. Es ist aber alles vergeblich, Sudetendeulschc", du gehst unaufhaltsam d«u Weg alles Zeitungspapiers und wenn sich nicht ein jüdischer Bankier findet, der dir, wnJakob Goldschmied dem Hugenbekg, einige Millionen vorstreckt, wirst du bald dem letzten Abonnen­ten die Einstellung des BlatteS mitteilen müs­sen. Einen Trost host du allerdings: a>rch der deutschnationalen Partei, der du gemäß deinerüberparteilichen" Sendung dienst, geht ie§ nicht besser. Bon Wahl zu Wahl bekommt sie immer weniger Stimmen und mehr Hiebe. Die nächste Portion ist am 27. September fällig. Solltet ihr euch aber(oder eure Nazis) sm Wahlkampf schlecht aufführen, daun be- krnwt ihr die Hiebe noch vor dem Termin. It.