Sette 4 Samstag, 12. Septemder 1981. Ar. 213. einem Funk einer nach beim Augenzeugen des Unfalles sie unter dem Augzeug hervorzivheu konnten. Der Führer des Flugzeuges wurde bei dem Aufprall mrfs Wasser aus dem Sitze geschleudert und konnte gerettet iverden. Darüber hinaus hat die Arbeiterschaft das Recht und die Pflicht zur Selbstwehr. Sie wird sich, das sei den Verantwortlichen bei den Hit- lerleuten gesagt, nicht widerstandslos niederknüppeln lassen. Der Sieg der Arbeiterschaft über den Hitler- fafcismus muß Hand in Hand gehen mit ihrem Steg über die kommunistische Zerstörungsarbeit. Die ständige Bereitschaft zur Abwehr der fascistischen Angrrffe muß ergänzt werden von dem Willen, die Einheit der Arbeiterbewegung wiederher;«stellen, die allein die Bürgschaft ist für den Sieg über das Hakenkreuz. Die Kommunisten haben der Hitlerschen Mordpest den Boden bereitet. Die Sozialdemokratie muß beide Schädiger der Arberterbewe- gung, den Bolschewismus und den Fascismus, überwinden. Wirbelsturm. Washington, 11. September. Nach beim Marinedepartement eingegangenen_ spruch aus San Juan auf Portorieo hat dort ein Wirbelsturm außerordentlichen Schaden angerichtet. Infolge Beschädigung der Funkstation mußte die Nachricht von einer Notstation abgesandt wechen, zu deren Weiterbetrieb jedoch nicht genügend Strom vorhanden ist. pest haben. Bor der Spaltung der Arbeiterbewegung und in anderen Gebieten, in denen die ! Sozialdemokratie ihre ungebrochene Kraft behauptet hat, hätte ein Zwischenfall wie der in Proschwitz einen Sturm entfacht, der die Mordbuben in die Ecke gefegt hätte. In Nordböh men dürfen es die Hakenkr'euzler wagen, Arbeiter totzuschlagen, Werl von der einst so stolzen Arbeiterbewegung durch die Schuld der Kommunisten nur ein Trümmerhaufen übrig geblieben ist. In Nordböhmen wächst die Hakenkreuzbewegung, weil die Kommuni st en ihr den Boden bereitet haben. Die Arbeiter haben den Glauben daran verloren, daß eS den Kommunisten ernsthaft darum zu tun ist, den Fascismus zu bekämpfen. Man kann nicht ungestraft in Deutschland mit ihm packeln, man kann nicht ungestraft die Kraft der Arbeiterbewegung schwächen, man kann nicht ungestraft jabrelang auf die„Sozialfascisten" schimpfen und damit den Blick der Arbeiter fiir die ungeheuren Gefahren des Fascismus trüben. Der Kampf gegen die fascistische Mordpest, der unversöhnliche und zielbewußte Kampf, ist das Gebot der Stunde. Er wird erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Arbeiter unter den Fahnen der Sozialdemokratie zu vereinigen. Er schlägt fehl, wenn die Arbeiter auch weiterhin den Kommunisten nachlaufen, die die Hakenkreuzseuche geradezu herangezüchtet haben. Wrr hoffen und verlangen, daß die Behörden das ihre tun: es muß das letzte Mal Ärbeiterblut geflossen sein. Es muß den Buben der Krebs und Lung das Mörderhandwerk gelegt werden. Die Hillergarde» morden auch bei uns. A« dem Arbeitermord in Proschwitz. Am Samstag, den 29. August, hielten die Kommunisten in Proschwitz bei Gablonz eine Iugendversammlung ab. Sie hatten bereits zu früheren Bersammlungen in Wiesenthal , Rei chenau und Maffersdorf die Nationalsozialisten zur„Aussprache" eingeladen. Auch zu der Versammlung in Proschwitz ließen sie Einladung^ an die Hakenkreuzler ergehen. Und diese kamen. Proschwitz liegt in der nächsten Nähe der nationalsozialistischen Hochburg Gablonz . Die Führer der Nazis witterten nun eine günstige Gelegenheit zur„Abrechnung" mit den Kommunisten. Sie unternahmen einen regelrechten Kriegszug mit allem nur erdenkbaren Drum und Dran. In den Nachmittagstunden des „Schlachttages" schickten sie Kunoichafter aus, die die Aufgabe hatten, das Gelände zu studieren und die Vorgänge im Proschwitzer Arbeiterheim zu beobachten, in dem die Versammlung abgehalten wurde. Am Abend marschierten die Hakenkreuzler m voller Wichs, abgeteilt in verschiedene Gruppen, gegen Proschwitz. Sie fanden das Arbeiterheim bereits zum großen Teile von den Kommunisten besetzt. So entspann sich denn gleich zu Beginn der Versammlung ein Streit um die Redezeit und um die Bersammlungsführung. Dieser Streit steigerte sich bald zum Tumult. Während des Abmarsches der Nationalsozialisten, die im Saale gegen die kommunistische Mehrheit nicht ihren Willen durchsetzen konnten und darum einer Auseinandersetzung auswichen, kam es zu einem regelrechten und gut vorbereiteten Sturmangriff der Hakenkreuzler auf das Arbeiterheim. Die braune Mordpest hatte mittlerweile weiteren Zuzug aus Gablonz erhalten und alle stürzten sich mit frischem Mut in das Kampfgewühl, nicht ohne sich entsprechend„vorgesehen" zu haben. Sie rissen Zaunlatten aus, die pe zum Zuschlägen benützten, warfen große Steine und Bieraläser durch die Fenster, kurz, sie benahmen sich so, wie nran es von rechten Hitlerstreitern erwarten muß: s i e m a ch- ten ihrenMordgenossen in Deutsch land keine Schande. Daß sich die Kommunisten wehrten, ist verständlich. Sie sind ja auch nicht gewohnt, zart umzugehen. Aber es ist bemerkenswert und wichtig, daß die Angreiferolle der Fascisten einwandfrei feststeht. Davon zeugen die eingeworfenen Fensterscheiben und die ausgerissenen Zaunlatten. Es ist auch wichtig, festzustellen, daß die Steine und die Zaunlatten gegen unbewaffnete Versammlungsteilnehmer verwendet wurden. Es blieben mehrere Besetzte aus dem Platze. Zwei Kommunisten wurden besoiwers schwer verletzt: der Obmann der kommunistischen Lokal- organisation wurde an einem Auge schwer verwundet, der Vertvalter des Arbeiteryeims, ein sechzigjähriger Mann namens Johann Gödel, erhielt von einem der Moro buben einen derart schweren Schlag über den Kopf, daß er am vergangenen Montag an den Folgen dieser Verletzung starb. Den Vorfällen in S t a a b hat sich nun der Hakenkreuz-Mord in Proschwitz angeschlossen. Die Hakenkreuzler scheinen den Willen zu haben, die Hitlermethoden des Totschlages politischer Gegner auch bei uns einzuführen. Schon gibt eS einige Blutzeugen für ihre Frechheit: nun ist es aber genug! Wir können freilich die Ereignisse in Proschwitz nicht vorübergehen lassen, ohne wiederum die Schuld festzustellen, die die K o m m u n i- st en an der Ausbreitung der fascistischen MordMiami. Die hier eingelaufenen Nachrichten über die Sturmkatastrophe in Mittelamerrka verdichten sich allmählich zu einem Bild grauenhafter Verwüstungen. In Bolizo allein dürften mehrere hundert Verletzte zu bellagen sein. Der Sturm, der über die Stadt raste, hatte eine Geschwindigkeit von 100 bis 150 Meilen die Stunde. Begleitet war er von einer Springflut, die die Wassermengen bis zu zwei Meter Höhe auftürmte und die Straßen überschwemmte. Mehr als 70 Prozent aller, Häuser sind eingestürzt und unter ihren Trümmern liegen noch zahlreiche Einwohner. Wie es heißt, sollen auch mehrere amerikanische Priester unter den Opfern sein. Die Hilfsmaßnahmen haben bereits eingesetzt. Zahlungseinstellung einet tschechisch-amcrika- Die New Iorker ,Mank of Tagesneuigkeiten ßin Tornado tötet 200 Menschen. Eine ganze Stadt in vritisch-Honduras zerstört. Miami (Florida ), 11. September. Die Flug- zeugegesellschaft Panamerican Airways erhielt aus Belize in Britisch-Honduras die inoffizielle Nachricht, daß bei einem gestrigen Tropensturm 200 Menschen getötet wurden. Der Leiter der hiesigen Station der Panamerican Airways er- klärte, die Radioverbindung mit der Station Belize , die seit gestern mittags unterbrochen war, sei- jetzt toiebet hergestellt und der Leiter des Flugfeldes Belize habe gefunkt, daßBelize durch den Tropensturm zerstört und 200 Menschen um- gekommeu seien. Die Hälfte der Bevölkerung ist obdachlos. Inzwischen wurde ein in San Sal vador befindliches Flugzeug der Panamerican Airways beauftragt, alle verfügbaren Vorräte und Medikamente nach Belize zu schaffen. Der Tropensturm wandte sich in der Rich tung auf Halft und wird wahrscheinlich gegen Sarfto Domingo Vordringen. Gin Flugzeug ins Wasser gestürzt. Et« Ehepaar dabei ertrunken. Warnemünde , 10. September. Bei Notlandung infolge Motorstörung gleich dein Start geriet das Flugzeug„D 2115" Ausrollen vom Landungsplatz ins Wasser und! überschlug sich. Die beiden vorn sitzenden Passo-I~ giere, ein Ehepaar Köster aus Wandsbek bei»ischen Bank.„ Hamburg , ertranken, bevor die zu Hilfe eilenden I Europa", deren Präsident der bekannte tschc- * Die Beerdigung des Opfer». Mittwoch nachmittags wurde in Proschwitz der von den fascistischen Mordbuben umgebrachte Arbeiter Gödel beerdigt. Die Behörde hat die Verbrennung der Leiche nicht gestattet. Gödel wurde daher im Beisein von vielen hunderten Arbeitern am Proschwitzer Friedhof bestattet. Die kommunistische Partei hatte ihre Anhänger aufgefordert, zur Ein- äscherung ihres Genossen zu erscheinen. Die Polizei „sicherte" die Zugangsstraßen zur Reichenberger Feuerhalle durch starkes Aufgebot. Erst im Lauf« des Tages wurde den Arbeitern bekannt gegeben, daß die Einäscherung verboten wurde. Trotzdem wieS die Beerdigung viele Teilnehmer auf. Nach I verschiedenen Gerüchten soll der Familie des Ermordeten ein anonym«- Schreiben zugekommen sein, in dem.mitgeteilt wird, daß der Schreiber den Täter kenne und ihn namhaft machen wird. chisch-amerikanische Bankier Thomas 6 a p e k ist, wurde Ende August von Amts wegen geschlossen und soll innerhalb von drei Monaten liquidiert werden. Diese einzige größere tschechische Bank im amerikanischen Osten, die gut geführt war und auch bis vor kurzem prosperierte, ist nach Meldungen der tschechischen Presse ebenfalls ein Opfer der Wirtschaftskrise geworden. Seit Ende Juni hatte die Bank über sieben Millionen Dollar an Einlagen zurückzahlen müssen, wodurch sie schließlich zahlungsunfähig wurde. Am Tage der Schließung hatte die Bank noch neuneinhalb Millionen Dollar Einlagen, die sich auf 15.000 Sparer verteilten. Die Aktiva der Bank, die in Wertpapieren und Grundstücken bestehen, sind stark entwertet; die eingeleitete Untersuchung hat ergeben, daß irgendwelche unlautere Manipulationen als Ursache des Zusammenbruches nicht in Frage kommen. Todesurteile in Mähr--Ostra». Vor dem Schwurgericht in Mähr.-Ostrau hatte sich Freitag der 23jährige Arbeiter Franz Zubr aus Poruby bei Orlau zu verantworten, der im Oktober des Vorjahres sein dreimonatiges uneheliches Kind ermordet hatte. Er hatte das Kind mit dem Kopf solange auf einen Stein geschlagen, bis es tot war. Den kleinen Leichnam scharrte er dann auf der Halde ein, die Pölsterchen verbrannte er im Koksofen und zeichnete auf einem Balken das Datum des Mordes ein. Dos Geschworenengericht erkannte ihn mit zwölf Stimmen schuldig, worauf er zum Tode durch den Strang verurteilt wurde. Die Hand abgerissen. In der neuen Kohlenwäscherei der Kokserei„Karolina" in Mähr.» Ostran wurde der Arbeiter Rudolf W ö l ff vom Treibriemen am Aermel erfaßt, wobei ihm das Fleisch der Hand bis an den Ellenbogen abgeschunden wurde. Der Schwerverletzte wurde sofort ins Krankenhaus geschafft, wo ihm die Hand amputtert werden mußtc. Beim Rangieren von Waggons auf der Grube ,-Hlubina" in Mähr.-Ostrau kam die Arbeiterin Mlada Barto sova zwischen die Puffer. Sie wurde buchstäblich z e r o r.ü ck t und so schwer verletzt, daß sie auf dem Transport ins Krankenhaus ihren Verletzungen erlag. Falsche Zehnkrouenstücke. Ein Hotelier in Neu- poka stellte dieser Tage unter den Tageseinnahmen ein gefälschtes Zehnkronenstück fest. Das Falkiftkat ist um 2.5 Gramm leichter als die normalen Münzen. Di« Kerbungen sind verschieden von. den Kerben echter Münzen und die Prägung des Bildes und der Aufschrift ist besonders scharf durchgesührt. Sonst ahmt daS Falsifikat präzis die echten Münzen nach. Die Behörden haben entsprechende Schritte eingeleitet. DK Bergungsarbeiten an dem vor Korea ge- strandeten Motorschiff der Hamburg-Amerika-Linie ,Murgenland" machen gut« Fortschritte. Der Kapitän hofft, da- Schiff in etwa zehn Tagen nach einem japanischen Hafen bringen zu können. Auf dem Brünner Güterbahnhof geriet Freitag nachmittags der 32jährige Eisenbahnangestellte Stefan Juriga aus Bisenz beim Rangieren von Waggons zwischen die Puffer und wurde getötet. Herzschlag bei der Gerichtsverhandlung. Der 51 Jahre alte Schneider Thomas Beran starb Freitag vormittags plötzlich bei einer Verhandlung beim Bezirksstrafgericht« in Brünn infolge Herzschlager. Ein Kind Überfahren. In Neu-Leskau bei ! Brünn lief die siebenjährige Schülerin Vöra M a- ! tSjokovü beim Herumtummeln unter ein Pcr- senenautomobil, wurde überfahren und so schwer verletzt, daß sie nach der Ueberführung ins Kranken- I Hans verschied. Eine««genehme Begegnung. Von M. Sostschcnko. SPD. Was man nicht alles erlebt! Bor kurzem wurde ich auf der Eisenbahn um eine Erfahrung reicher. Es wirft kein Helles Licht auf die dunklen Seiten unseres Lebens, es wirft vielmehr«in trübes Licht auf di« Eisenbahnverwaltung, die solche ungesunde Zustände herbeiführt. Ich befand mich, wie Sie es aus der Ein- leituna^vielleicht erraten haben, auf einer Reise. Nach Moskau . Aus der Provinz. Ich war nämlich in einem Dorf«, in dem die Kollcktiv- wirffchaft obsiegte. Auf dem Kollektivgute— man kennt daS „Kolchos"-— gebt alles wie auf dem Papier, einfach großartig! Der Roggen wird auf den Tag reif, der Weizen blüht wie in der bekannten Redensart, der Hafer schießt in Achten, daß es«in Vergnügen ist, dazustehen und zuzuschauen! Aber nicht vom Kolchos soll hier die Red« sein! Ich hatte vielmehr die fabelhaften Erfolge der Kollektivwirtschaft bereits hinter mir und bestieg den Postzug nach Moskau . Ich fand sogar im Waggon dritter Klasse «inen Sitzplatz. Nicht so gleich und nicht so leicht, aber ich fand einen. Ich ersuchte die Reisende« in einem Abteil, ein wenig zusammenzurücken, und setzte mich auch hm. Die Zeit war gegen Abend. ES war noch nicht sinster, aber schon dunkel. Abenddämmerzeit. Ich ließ meine Blicke über die Mitreisenden schweifen und sah. eS waren aan; liebe Menschen, keine aufgeblasenen Gesichter. Einer trug eine lange Mähne auf dem sonst unbedeckten Haupte, er war jedoch kein Geistlicher. Ein zweiter trug einen langen Schnurrbart und«ine Uniformkappe. Man sah diesem seine Herzensgute an: Er hielt in der Hand ein Federmesser und teilte einen Apselp die Apfelsckieiben steckte «r in den Mund eines Armlosen. Es saß neben ihm ein junger Mann ohne Arme, sicherlich«in Invalide der Pflicht. Und da er kerne Hände hatte, teilte der andere für ihn den Apfel in Scheiben und reicht« sie ihm auf der Messerspitze. Ein zu Tränen rührendes Bild, des Pinsels eines großen Malers würdig. Gegenüber aßen auch Leute, darunter ein ergrauter Mann in steifem Hut, der fortwährend'lächelte. Sie hatten wahrscheinlrch ein heiteres Gespräch geführt und der ältere Mann konnte sich noch immer nicht beruhigen. Aber nicht der Lächelnde, sondern der Armlose hatte meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. So jung und schon ohne Arme! Ich dacht«, ich werde die Leute langsam in ein Gespräch ziehen und her- ausbekommen, was ich wissen wollte. Ich richtete nun an den Mann mit der Dienstkappe Fragen allgemeiner Art, doch antwortete dieser nur kurz und ungern. Für ihn antwortete bereitwillig der Intelligenzler mit den langen Haaren auf di« üblichen Fragen: wohin fahren Sie? Was kostet Heuer das Kraut? Haben Sie schwer unter der Wohnungsnot zu leiden? Er antwortete: „Wir kennen überhaupt keine Wohnungsnot, Wir leben auf dem Gut." „Wie?" fragte ich ihn,„Sie haben dort ein Zimmer für sich allein?"’ „Ein Zimmer?" erwiderte er mit verächtlicher Gebärde.„Sechzehn Zimmer, dazu«in Badezimmer, dazu eine Vorhalle,, und das übrige Zubehör." „Hatte nign Sie in der Revolution nicht enteignet oder ist bei Ihnen auch so ein Kol- lektivgut?" drang ich in ihn weiter. '„Nein", sagte er,„kein Kollektivgut. Kommen Sie zu uns auf Besuch. Sie werden sehen, wie wir leben." '^WäS sind Sie eigentlich, ich bitte um Entschuldigung", sagte ich,„ein Pächter, oder ein Landwirt?" .„Ja". sagte er,„«in Landwirt. Ich bin „Wie soll ich das verstehen?" fragt« ich. „Sie sind ein gewesener Gutsbesitzer? Die proletarische Revolution hatte doch Ihr« Klass« weggefegt? Ich bitte Sie um Verzeihung", sagte ich,„aber ich kann das nicht verstehen. Vielleicht haben Sie das Landhaus für besondere Bs^ienst« um die Revolution erhalten?" „Ja", sagte er.„Ohne Frage. Für besondere Verdienste. Aber kommen Sie zu uns auf Besuch! Sie werden sehen, wie wir leben!" Was Teufel! dachte ich bei mir. Soll ich mit ihm fahren, sehen, wie er sich trotz durchgreifenden Maßnahmen auf seinem Gute erhalten hatte? Oder hänselt er mich?... Um so mehr, als der ergraute, ältere Mann fortwährend lächelte, auf mich blickt« und lächelte. Ich wollte ihm schon sein unangebrachtes Lächeln Vorhalten, als der Mann mit dem Schnurrbart, der früher den Apfel teilte, das Fevermesser auf di« Bank legte und mir zurief: „Hören Sie doch auf, mit den Leute« zu sprechen, es sind Irre!" Da erst wurde mir die Erkenntnis! Es waren Irrfinnige, und der mrt der Dienstkappe war ihr Wärter. Auch der langhaarige ivar ein Narr. U"- auch der Armlose. Er steckte einfach in der Zwangsjacke und hatte die Arme auf den Rücken gedreht. Es war auf den ersten Blick in der Dunkelheit, nicht zu erkennen, daß er Arme hatte. Mit einem Wort, es fuhren Geisteskranke mit ihrem Wärter in eine Irrenanstalt. Ich blickte auf sie mit seelischer Unruhe und dachte, sie könnten mich noch erwürgen, der Teufel soll sie holen! Und würden den Mord nicht zu- verantworten haben, sobald sie unzu- rechnungsfähig sind. Während ich das dachte, streckte«in Irrer, ein kräftiger Mann, seinen Arm zum Federmesser hin, und schon hatte er es in der Hand. Das war für mich ein Stich inö Herz. Ich sprang auf ihn zu und ergriff seine Hand mit dem Messer. Aber der Mann wehrte sich a«S seinen starken Kräften, und mit Erfolg. Und obendrein kam ihm der Wärter zu Hilfe. „Was ringen Sie mit dem Mann?" schrie er.„Schämen Sie sich! Es ist sein Messer! Ich habe eS von ihm auSgeborgt, um den Apfel zu zerteilen." Und der Mann, den ich überfallen hatte, jammerte: „Ich überlasse mein Messer, und bekomm: dafür Schläge! Schöner Dank! Der Wärter sagte: „Das ist kein Irrer. Dies« drei sind meine Anstaltsinsassen. Aber der ist ein Reisender wie Sie." Ich sagte zum Manne: „In dem Falle bitte ich um Verzeihung. Ich dachte, Sie wären auch verrückt." Er erwiderte: „Sie dachten!... Truthähne und Narren denken... Sie haben sich auf mich gestürzt wir em Besessener." Um dem unliebsamen Wortwechsel ein End: zu machen, hielt ich mich an den Schaffner, der gerade vorbeikam. Ich fragte ihn streng, wieso er«S dulde, daß Irre mit gesunden Menschen zusammen reffen? Der Schaffner erwiderte gereizt: „Wo soll ich fie denn hintun? Im Hundekäfig ist auch kein Platz frei. Sie brauche» nicht gleich beleidigt zu sein!" Ich war eigentlich gar nicht beleidigt. Ich hatte bloß Angst bekommen. Es war natürlich ein Blödsinn von mir, mit unbekannten Menschen ein Gespräch anzufangen. Ich saß nun still und freut« mich, daß auch die Irren still und ruhig saßen. Aber der kräftige Mann mit dem Messer verfolgte mich mit seinen Blicken ohne Unterlaß, nahm schließlich seinen Koffer aus dem Netz um- ging in ein anderes Abteil. Er hotte augenscheinlich von mir nichts Gutes erwartet. Aus dem Russischen-von B. Halperin.
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11 (12.9.1931) 213
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