Einzelpreis 70 Heller.

Sozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik.

11. Jahrgang.

Starhemberg enthaltet.

Angeblich gar kein Hochverrat!

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Freitag, 18. September 1931

Desterreichs Anleiheaussichten günstig.

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Keine politischen Bedingungen. Buresch verlangt mindestens 250 Millionen Schilling.

Wien , 17. September. ( Eigenbericht.) Nachdem schon gestern abends mehrere der acht verhafteten oberöstererichischen Heimwehrführer Genf , 17. September. Das Finanzlomitee| absichtigt, die bereits eingeleitete Ersparnis auf freien Fuß gesezt worden waren, wurde heute abends auch Starhemberg und der des Völlerbundes, das seinerzeit mit dem Wunsche attion noch in diesem Jahr nachdrücklich fort­Generalmajor Puch me yer enthaftet. Die Un- der österreichischen Regierung befaßt worden ist, zusehen. Die notwendige Herstellung des Gleich­tersuchung geht zwar gegen alle weiter, aber nicht die wirtschaftlichen und finanziellen Schwierig gewichts im Haushalt der Länder und Gemein­mehr wegen des Verbrechens des Hochverrates, leiten Oesterreichs und die Mittel zu ihrer Behe- den wird ähnliche Maßnahmen, wie sie im staat­sondern nur wegen kleinerer Vergehen. Der An- bung zu untersuchen, hat soeben die ihm aufge- lichen Budget vorgesehen werden, und auch ähn­walt Starhembergs soll in seinem Enthaftungs- tragenen Arbeiten beendet und wird unver- liche Ersparnisse erfordern. Die Regierung wird gesuch auch auf die Loyalitätskundgebung Star- züglich einen Bericht an den Völkerbundsrat er sich mit den autonomen Körperschaften über die hembergs am Sonntag hingewiesen haben. statten. erforderliche Kontrolle ihver Kreditaufnahme ver­Begründet wird die Enthaftung damit, daß Auch auf österreichischer Seite ist der Eindruck ständigen. die Heimwehr in Kirchhof, wo es allein auf vorhanden, daß der Bericht ein günstiger und oberösterreichischem Boden zu einem Putschver- für die dann einzuleitenden Kreditverhandlungen such tam, nicht Starhemberg , sondern der steiri- förderlicher sein wird. Bon maßgebender öfter­schen Heimwehrleitung unterstehe. reichischer Seite wird betont, daß die Verhand­lungen sich ausschließlich auf finanzielle und bud gettechnische Fragen beschränkten und daß irgend welche politische Bindungen bisher von Defter reich nicht gefordert worden sind.

Wien ehrt die Toten von

Kapfenberg .

Wien , 17. September. ( Eigenbericht.) Seute vormittage waren die Leichen der in Kapfenberg beim Heimwehrputsch getöteten zwei Arbeiter im Verbandsheim der Krankenkassen in Wien aufgebahrt. Um halb fünf Uhr begann die Wien aufgebahrt. Um halb fünf Uhr begann die Trauerfeier. Die Särge wurden dann auf den Zeichenwagen gehoben, worauf sich der Trauer zug über die Mariahilferstraße und die Ring­straße bis zum Schwarzenbergplaz bewegte. Hin ter dem Leichenwagen folgte die Parteivertres tung, alle in Wien weilenden Mandatare der Bartei und Vertreter zahlreicher auswärtiger Korporationen. Auf dem ganzen Weg war der Trauerzug von einem dichten Spalier umfäumt. Bom Schwarzenbergplaß begaben sich dann nur Abordnungen zum Krematorium, wo Dots tor Deutsch eine Trauerrede hielt.

Der Bundesfangler erflärte ferner, daß die Regierung mit Rücksicht auf die Garantie, die sie für die Creditanstalt übernommen hat, auf eine angemessene Herabsehung der Verwaltungskosten bringen werde. Die Regierung wolle die Banken­gesetzgebung einer Revision unterziehen. Mit der Nationalbank wird die Regierung ein Einber nehmen darüber pflegen, daß ein Berater für solange bestellt werde, als der Völkerbund dies für nomvendig erachtet.

Der Bundeskanzler Dr. Burresch hat int nongkomitee erklärt, daß die österreichische Regie vung entschlossen ist, das Gleichgewicht im Budget herzustellen und alle notwendigen Der Kanzler legte dar, daß die österreichische Maßnahmen im Interesse des österreichischen Regierung zunächst eines Kredites von 250 m it­mil eredites und Geldtvesens durchzuführen. Sie bellionen Schilling bedürfe.

Spanien eine Arbeiterrepublit."

Paris , 16. September. Wie Havas aus daß der ursprüngliche Text Spanien ist eine Madrid berichtet, hat das spanische Parlament de motratische Republit" in den Tert heute nach einer Rede des Sozialisten Araquistain Spanien ist eine liberale und demokratische beschlossen, Spanien an einer Arbeiter- Republic"

zu erklären.

Madrid , 17. September. Die Gesetzgebende Rückkehr der Atlantit- Flotte in die Nationalversammlung behandelte gestern den ersten Artikel der neuen Verfassung. Sie nahm nach längerer Debatte mit einer Stimmenmehr­von 18 Stimmen, d. i. mit 170 gegen 152 Stim men, den sozialistischen Abänderungsantrag an,

Heimathäfen.

Nr. 218.

Um die nationale Autonomie!

Einer der Hauptprogrammpunkte unserer Partei auf kulturellem Gebiete ist seit mehr als Srei Jahrzehnten bekanntlich die Forderung nach nationaler Autonomie. Die nationale Autonomie besteht darin, daß die einzelnen Volksstämme int Staat ihr Schul- und Kulturwesen selbst verwal­ten, allein über dessen Gestaltung und Ausge­staltung entscheiden, und zwar durch von ihm freigewählte Vertreter.

Bescheidene Ansäge zur nationalen Selbst­verwaltung bestanden zur Zeit des alten Dester­reich sowohl in Böhmen als auch in Mäh­ ren . In beiden Ländern hatten die deutschen und die tschechischen Schulen jeder Gemeinde je einen eigenen Ortschulrat. In Böhmen waren die Bezirke so eingeteilt, daß sie in der Regel ein geschlossenes Sprachgebiet umfaßten, so daß also die Schulen Böhmens fast aus­nahmslos einem gleichsprachigen Bezirks­churate unterstanden. In Mähren - wo wohnen, wie in Böhmen war die nationale die Volksstämme nicht so territorial gesondert Weise, und zwar noch weit fonsequenter durch­Teilung der Bezirksschulaufsicht auf andere geführt, denn um die Unterstellung einer Schule unter eine anderssprachige Bezirksschulbehörde zu verhindern, wurden die Schulbezirke ohne Rüd­sicht auf die politischen Bezirke gebildet. Die Landesschulräte waren sowohl in Böhmen , afs auch in Mähren in eine deutsche und in eine die tschechische Sektion geteilt. So war also ten Schulaufsicht durch im Landtag zwischen Vertretern beider Volksstämme getroffenen Ver­einbarungen in Böhmen seit 1901, in Mähren feit 1907 vollständig geteilt. In Schlesien hatte es die deutsche Landtagsmehrheit hingegen überhaupt nicht für notwendig gehalten, bezüg Republik der Arbeitenden. Die lich der Teilung der Schulbehörden der tschech Macht aller ihrer Organe kommt vom Bolte" ichen und polnischen Minderheit in irgendeiner abgeändert wurde. Für diese Abänderung stintm Weise entgegenzukommen. Immerhin war das ten die Sozialisten, die Radikalsozialisten und der mals auch in Böhmen und Mähren die natio­Großteil der katalanischen Abgeordneten. nale Autonomie in Wahrheit nicht Das Ergebnis dieser Abstimmung war von durchgeführt, denn, daß in der höchsten begeisterten und gebungen in den Schulaufsichtsbehörde dem Ministerium Reihen der Sozialisten und Radikalen und von nationale Teilung durch Belaffung eigener Refe stürmischen Protesten in den übrigen Bänken der rate für das Schulwesen der einzelnen Nationen Nationalversammlung begleitet. in feiner Weise vorgesehen war, hatten die Schulaufsichtsbehörden feinerlei Mittel für die Errichtung und Aus­gestaltung der Schulen ihrer Natio= nen. Vielmehr war die Errichtung jeder deuts fchen Schule und jeder deutschen Schulklasse an die Zustimmung des in seiner Mehrheit in Böh­ men , wie in Mähren tschechischen Landesaus­ichuffes gebunden, da ja in jedem solchen Falle der Landesausschuß die Mittel für die Anstel­fung des, bezw. der Lehrer der neuen Schule be­willigen müßte. Ebenso war es den nationalen Minderheiten, ob tschechisch oder deutsch , in den Gemeinden un möglich, eine Schule gegen beit der Gemeinde durchzusetzen und um jede den Willen der nationalen Mehr­schechische Schule oder Klasse in einer deut­schen Gemeinde gab es dieselben Kämpfe wie um die Errichtung oder Erweiterung einer deutschen Schule in einem tschechischen Orte. Nach dem Umsturz freilich hat das Minderheits­chußgefeß, das in Wahrheit doch nur die Schulen der tschechischen Mehrheits not on geschaffen, wurden die tscheichschen Schulen in den deutschen Gemeinden von dieser Beschrän­fung befreit, indem es die Kosten der Errichtung der Minderheitsschulen auf den Staat über­wälzt und das alleinige Entscheidungsrecht über die Errichtung solcher Schulen dem Schulmini fterium übertragen hat.

Amerita schlägt fünfjährige Rüftungspause vor.

London , 17. September. ( Reuter.) Marine minister Austen Chamberlain berlag heute im Unterhause einen Befehl, durch den der Atlantik - Flotte die Rückkehr in die Heimathäfen angeordnet wurde, um die notwendige Unter­fuchung in persönlicher Anwesenheit des Ober­tommandanten führen zu können. Die Unter­suchung verfolgt den Zweck, die Schäden zu ersehen, welche aus der Herabsetzung des Soldes entstanden sind. In dem Befehle befand sich die Bemerkung, daß jede neue Weigerung, die Befehle durchzuführen, nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Disziplin in der Flotte beurteilt werden wird. Chamberlain fügte hinzu, daß die Atlantik - Flotte entsprechend dem erhal 1. Würde die Genfer Abrüstungstonferens, an tenen Befehle gestern abends zur Rüdfahrt in

die Heimathäfen in See gestochen ist. Daily Herald" schreibt zum Streit der britischen Matrosen: Die Mannschaften der Striegsschiffe erklärten gestern abends, als ihnen die feste Versicherung zuteil wurde, daß ihre Forderungen vom Marineministerium eingehend geprüft würden, daß sie dem Befehle gehorchen und die Schiffe in ihre Heimathäfen zurückgelei ten werden. Den Mannschaften wurde auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin die Versicherung zu­teil, daß die einzelnen Schiffe tatsächlich in die fen Häfen vor Anker gehen würden und daß die Kommandanten ihre Befehle nicht ändern werden, bis die Schiffe die hohe See erreicht haben.

Gestern herrschte den ganzen Tag über auf allen Schiffen Ordnung, doch befolgte die Mann schaft keinerlei Befehle.

New Yort, 17. September. Das Staats-| Rüstungen, sondern lediglich einen ersten großen departement erklärte gestern seine volle prin Schritt zur Beseitigung des Wettrüstens der Land­zipielle Zustimmung zu der von Senator Borah heere und zur Beschränkung sämtlicher Rüstungen. vorgeschlagenen fünfjährigen Rüstungs- Eine Rüstungspause würde sowohl hiefür wie auch pause. Eine solche würde, sofern sie allgemein für die allmähliche Beseitigung der europäischen erfolge, zum mindesten in dreifacher Hinsicht Streitpunkte sehr günstig sein. jegensreich wirken.

deren für den Mai festgesetzten Datum man hier

nachdrücklich festhält, in einer viel freundlicheren Atmosphäre stattfinden, denn die Ohren der Dele­gierten würden nicht durch das Hämmern in den Munitionsfabriken und Werften irritiert werden".

2. Gäbe eine solche Pause 3eit und damit bessere psychologische Vorbedingungen für die Be­sprechung der verschiedenen politischen Probleme. Die amerikanische Regierung erwarte von der Genfer Abrüstungstonferenz tein plögliches Aufhören aller

3. Würde eine Rüstungspause angesichts der sparungen bei den Wehretats von großem Rugen sein. Weltwirtschaftslage ganz zweifellos durch die Ein­

Dies stelle Ameritas prinzipielle Einstellung dar. Man habe zwar weder von Grandi, noch von Borah bisher Einzelheiten über ihre Vor­schläge erfahren, aber man sei bereit, diese zu prüfen und hoffe, nützliche Winke geben zu fönnen. Amerika würde gern für eine Rüstungs­pause eintreten, sobald die anderen Mächte mit machten.

Der Druck der Bantwelt auf das Weiße Haus .

Offizielle Schritte nicht vor Rongreßbeginn im Dezember.

eine

London , 17. September. Daily Telegraph "| ist. Bekannt ist und nicht dementiert wird die Für die tschechischen Schulen in schreibt aus New York : Nach den Empfehlungen, Tatsache, daß von New Yorker Bantiers ein deutschen Gebieten ist daber die Be.. die führende amerikanische Bantiers dem Präst starter Drud auf das Weiße Haus ausgeübt seitigung eines hemmenden Ein­denten Hoover unterbreiteten, herrscht in parla- wird. Flusses bei ihrer Errichtung und Frankreichs Staatseinnahmen höher mentarischen Kreisen der Eindruck vor, daß Fest steht, daß die Regierung es ablehnt, Ausgestaltung durchgeführt. Wenn immer mehr und mehr die von Europa aus­auch nicht in Form der nationalen Autonomie, als präliminiert. gehenden und von den New Yorker Finanzleuten diese Vorschläge und Anregungen zu diskutieren, to doch in der Weise, daß das Minifterium so Paris , 17. September. Unter dem Vorfis unterstützten Bestrebungen sichtbar werden, das bevor der Hooverplan vom Kongvej ratifiziert viele tschechischen Schulen errich­des Präsidenten der Republik fand heute ein Reparations- und Schuldenproblem zu revidieren. und seine Wirkung auf Deutschlands Finanzlage ten und so viele neue tschechische Klai­Ministerrat statt, in dem Ministerpräsident La- Es handle sich einerseits um eine weitere Her hinreichend erprobt ist. fen an den Minderheitsschulen er­bal seine Kollegen über die bevorstehende Ber- abjezung der Reparationen, andererseits um die öffnen tann, als ihm beliebt, bezw. von der liner Reise unterrichtete. Außenminister Bri- Aufteilung der Ratenzahlungen auf weitere 18 Narodni jednota gefordert wird. Für die deut­and erstattete einen Bericht über die Tätigkeit Jahre, d. i. also auf insgesamt 80 Jahre, schen Schulen aber ist der alte Zustand aufrecht der französischen Delegation in Genf . während der Young- Plan eine Verteilung für geblieben. Wohl hat die Regierung die Landes einen Zeitraum von 62 Jahren vorsicht. fchulräte mit ihren nationalen Geftionen Böhmen und Mähren , dem ja auch durch die Verwaltungsreform Schlesien angeschlossen ist, bestehen lassen und sie hat die national ſelbſtän­schulausschüssen mit ernannten Mitgliedern als Brovisorium nen geschaffen. Dia Qztas

Budgetminister Pietri brachte zur Stennt nis, daß der Budgetentwurf 1932-33 der Ram mer zur üblichen Zeit zugehen werde. Aus sei­nem Bericht ergab sich, daß die Staatseinnahmen für die ersten fünf Monate des laufenden Etat jahres den Voranschlag um 200 Millionen Fran­fen überschritten haben.

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USA - Handelsbilanz paffiv. Washington, 17. September. ( Reuter.) Die Vereinigten Staaten haben feit 1926 heuer wieder zum erstenmal eine ungünstige Handels­Aus halboffizieller amerikanischer Quelle wird hiezu festgestellt, daß weder ein positiver bilanz. Die Ziffern des Außenhandels für den Schritt, noch eine offizielle Aeußerung vor Be- Monat August weisen ein Passivum von einer ginn des Kongresses im Dezember zu erwarten Million Dollar auf.