Nr. rrs. Dienstag, S4. November 1931. Seit« 8 Geriditssaal sich da- Er, 30 Tonnen. Wenn dieses neu« Teleskop wirklich di« angekündigte Stärke besitzt, so ist vielleicht eine neu« Aera für di« Astronomie angebrochen. Wenn diese 20 Meter lange gewaltige Röhr« auf daS Sternen- mehr gerichtet wird, werden dir Astronomen eine große Zahl neuer Sterne entdecken, di« bisher noch keines Menschen Auge gesehen hat. Wtr werden ein« Füll« neuen Materials erhalten über die Konstruk­tion des Weltalls, über die Kräfte, die hier wirksam sind, und vielleicht werden sich manche der bisher un­gelösten Rätsel wenigstens teilweise entschleiern. ES ift ein« phantastische Vorstellung, daß daS älteste Licht, das die Astronomen mit diesem Fernrohr sehen werden, bereits vor 1700 Millionen Jahren den Stern verlassen hat, von dem«S kommt. Schon dies« Ziffer allein gibt unS, wenn auch kein« Vorstellung, so doch eine Ahnung von der Ewigkeit des Weltalls. Die Schwierigkeit ist vorläufig noch di« Auf­stellung d«S Fernrohrs. Man will es nämlich auf einem geeigneten Berggipfel der Anden oder Kordil­leren aüfftÄlen und da di« einzelnen Teile mehrere hundert Tonnen Gewicht besitzen, so ist«S selbst für did heutige Technik em Deutliches Problem, wie man ein solche- Fernrohr biS auf den schwer erreich- baren Berggipfel schafft. P. M. Bedeutend« archäologische Fand« sind neuer­dings auf der In sei Samos und auf dem Ge­biete deS alten Sp^na gemacht worden. 3» Sa­ mos hat der deutsche Leiter der Ausgrabungen, Pro­fessor Dr.- Fischer, die Ueberrest« einer prähistori­schen Mauer gefunden, di« zu einer bis jetzt unbe­kannten Kulturstätte aus dem 7. Jahrhundert« v. Chr. stammt. Aus der gleichen Zeit stammen auch weitere Fund« wie ein« Hera-Statuett« aus dem Kretischen Kulturkreis und Rest« von einer Reirer- staruette. Bei den Ausgrabungen in Sparta fand der Byzanthologe Professor Adamantion«ine Grab­kammer mit Wandmalereien aus der römischen Zeit. Die an di« pompejamschen Malereien erinnernden Gemälde stellen Europa auf dem Stier, Achilles und die Töchter des L^omedes und di« Krönung der Sappho dar. Ein ganz besonders schönes Gemälde zeigt Apollo und di« Musen. Das größte Schiff der Welt. Die Arbeiten an dem größten Schiff« der Welt«inen neuen Transozeandampfer der Cunard-Linle, der bisher noch keinen Namen hat und bloß mit der Nummer 53s bezeichnet wird nehmen einen raschen Fort­gang. In den Docks der Firma John Brown& Co. in Clyd«si d e(England) herrscht Hochbetrieb, um das Schiff im Frühjahr 1832 vom Stapel lassen zu können. Dieses größt« Schiff der Welt wird bei 73.000 Tonnen Wasserverdrängung eine Läng« von 1018 Fuß besitzen. Sein Promenadenbord wird Iweimal so lang wie di« ganze Front des Bucking- ham-PalasteS sein. Neue versuche Marroni«. Wie bereit- ange­kündigt, unternahm Marconi am Freitag in Santa Margarita bei Genua neue Versuch« mit ultrakur- >en Wellen von 50 Zentimeter Länge, di« als ge­lungen bezeichnet werden, lieber sein« Versuch« äußert« sich Marconi folgendermaßen zu Journa­listen: Di« Versuche dienen nur dazu, die praktische Verwendbarkeit- der ultrakurzen Wellen darzutun und zu beweisen, daß die mit ihrer Hilfe geführten Ferngespräche von niemandem, auch nicht von einem Flugzeug, gestört und abgehört werden kön­nen. Dies« Wellen brauchen weder Nebel noch Un­wetter zu fürchten, sie werden aber von einem Berg unbedingt aufgehalten. Dgher ist es notwendig, daß Sender und Empfänger in einer Geraden durch nichts unterbrochen werden. Ueber die praktische Verwendung äußert« sich Mar­coni dahin, daß diese Sendungen vor allem zwischen dem Festland und den Jnsän unter Vermeidung der kostspieligen Kabellegung, dann aber zur Ver­wendung zwischen Schiffen auf hoher Se« dienen werden. Das größte Fernrahr der Welt. Mit de» Fernrohren ist es eine eigenartige Sache Sie sind nicht immer so gewaltig, wie sie auch'ehen. Tx. Mammut-Fernrohre, die man auf manchen Sternwarten gebaut hat-haben in vielen Fällen ein« sehr viel, geringere Wirkungskraft er­geben als klerner« Brüder. Auf der andern Seit« ist nicht zu leugnen- daß man den Fernrohren schon eine gewisse Größe gaben muß, wen» sie für astro- uounjche Zwecke wirklich verwertbar sein lollen. In­folgedessen wurden di« Niesen fernrohre, di« Tele­skop«, auch immer größer und deshalb immer schwie­riger zu hauichaben, bis man nun schließlich dahinter gekommen ist, daß man den ganzen Mantel bei drn Fernrohren üderhaup: nicht braucht. Irgend jemand hat früher einmal geglaubt, daß der Zwischenraum zwischen den verschiedenen Linsen durch ein« Hüll« gegen seitlich einfallendes Licht geschützt werdeu muß, so entstand die Form des Fernrohrs al« eine ge­schlossen« Röhre, Heule weiß man längst, baß daS ein Irrtum war. Daß et zwischen den Linsen bell cder dunkel ist, ist ganz gleichgültig und so bestehen die modernen"Fernrohre nur noch*us einem gewal­tigen Gerippe, in das di« Linsen eingefügt sind. Aber trotz aller Kunstferrigkeir unserer optischen Industrie sind wir mit unseren Fernrohren doch im wesentlichen au der Grenze unserer Leistungsfähigkeit angelangt. Weiter geht eS nicht mehr. Unsere Fern­rohre reichen bis auf ein« Entfernung von 170 Mil­lionen Lichtjahren Dos ist ein« für den Laien un­vorstellbare Zahl. Tas Licht legt bekanntlich etwa 800 000 Kilometer in der Sekunde zurück. Ein Jähr bat etwa 31 Millionen Sekunden. Ein Lichtjahr i>t nun di« Entfernung, die das Licht kn hm 81 jf Millionen Sekunden zurücklegt Das sind immerhin auch durch die Anweisung einer Schiffsgesellschaft an den Kapitän des englischen Touristendampfers Empreß of Canada" veranlaßt, sein« 400 Passa­girr« in Ajaccio im Interesse ihrer eigenen Sicher­heit nicht an Land zu lassen. Di« Ursache dieser Anweisung war der Mord an einem englischen Touristen. Den unmittelbaren Anlaß zur Eröffnung des amtlichen" korsischen Bandenkrieges bildete jedoch | die kürzlich durch«inen Einheimischen erfoßzt« Er­schießung des Banditenhäuptlings Josef Bartoli au- Palneca. Bartoli war durch zahllos« Postraub« und durch sein unerträgliches Erpresserhandwerk, mit dem er all« Unternehmer und zahlreich« Be­sucher der Insel auf unerträglich« Weise chranni-' sierte,«benso bekannt wi« durch sein« Schönheit und I . sein« kavaliersmäßigen Manieren. Nach aller Lau-' bessitt« haben Bartoli- Genossen Blutrache geschwo­ren. Ihnen will di« französische Regierung zuvor» kommen. Sie benutzt deshalb die Gelegenheit Kor­sika von der Banditenplag« zu befreien. Die Schüsse im Wald«. Bartoli-fiel nicht im Kampf, wi« eigentlich für«inen Räuberhauptmann gehört, dem man wegen seiner Geldgier und seiner^Berufs­wahl" den BeinamenParcittore"(Steuereinneh­mer), verliehen hatte, ist«in Opfer seiner Habsucht geworden. Ihm genügten di« in den letzten Jahren durch Erpressungen erlangten 500.000 längst nicht. Ja,«S genügt« ihm auch nicht, daß ihm schon fast feder Geschäftsmann und Unternehmer seines Be­zirks regelrechte Steuern und Anteil« am Gewinn der von ihnen gemachten Geschäfte zahlt«. Dennoch wagt« einer in der Verzweiflung Widerstand. Der HclzhäMer Simonetti,-em aus Angst vor Bar- toli schon das ganze Personal davongelaufen war, so daß er sich außerstande sah, sein Geschäft weiterzu­führen. entschloß.sich Simonetti, den gedichteten Banditenkönig aus dem Weg« zu räumen. Unter dem Borwand, ihnau-zahlen" zu wollen, lockt« Si. monetti den Erpresserkönig in den Wald: Bartoli g'ng mit. Er kam gar nicht auf den Gedanken, daß ein Kaufmann«S wagen könne, gegen ihn zu rebel- iieren. Als Bartoli dann fein Geld haben wollt«, lagte ihm Simonetti zwei Kugeln in den Leib. Räuber und Soldaten." In Palneca und Umgegend war die Freud« groß. Aber die Erleichterung währt« nicht lange Zeit. Di« von einem früheren Gendarmen geführ­ten Anhänger BartoliS schwuren Rache; si« wollte» nicht nur Simonetti und fein ganzer Geschlecht um­bringen, sie wollten auch die Gendarmeriekafern« von Ciamanaee« stürmen und«inäschern. In dieser Situation entschloß sich di« französische Regierung zu ihrer Aktion. Es gilt 80 Banditen das Hand­werk zu legen. sein Leidensweg besiegelt: Wir fühlten unS al- Sieger. Mein mögen vielleicht die meisten Kinder vorwiegend gut und vernünftig sein. In der Masse aber sind sie bestialisch und toll. Aus­genommen:'sie spuren die Knute.(Bei den Er­wachsenen verhakt es sich übrigens genau so.) Von dieser Stunde damals will ich nicht viel erzählen. Es war der übliche Wirbel: der Lehrer schrie unentwegt(sich dazu noch mij der Stimme überschlagend) und stachelte so unsre Bosheit und unsre, zum Teil, unbewußte Freud« am Wehtun nur immer mehr auf. Es ging ein- fach scheußlich zu: Trompetenkouzert, Pult­geklapper, Papiergeschosse... Ich tat mich dabei besonders hervor.(Heute schäme ich mich dessen ehrlich, weil es feige war! Andere Lausbübereien, bei denen ich etwas riskierte, rechne ich mir nach wie vor als PluS an.) Plötzlich sprang der Lehrer vom Katheder auf mich lo-, feixte mich mit bleichem, durch­zucktem und maßlos erregtem Gesicht au urü> zischle mir zu:Sie haben ja rin Gesicht wie ein Affe!" Ich wollte lachen, spürte aber im gleichen Augenblick, wie sich peinlichste Verlegen­heit meiner bemächtigte. Ich wurde rot, begann auf der Stirne fürchterlich zu schwitzen und i gickste idiotisch herum... z Ich weiß nicht mehr, warum mich dieser 9.46Ö.OOO Millionen Kilometer. Also hundertsiebzig Millionen mal soweit reichen unsere Fernrohre. Wer sich davon eine Vorstellung machen kann, kann mehr, al- bisher die besten Astronomen konnten. Aber da der Weltraum an dieser Stell« noch nicht zu Ende ist, so möchten di« umrsättlichen^rsorscher der Gestirne wissen, wie es darüber hiEis aus­sichte Nun hat man in Amerika «in neue- Spiegel­teleskop gebaut, daß soll 1700 Millionen Lichtjahre weit reichen also daS Zchnfach« der bisher^erreich­ten Entfernung. ES handelt sich vielleicht nicht ein­mal so sehr um die Entfernung al- nm die Tatsache, daß man endlich einmal die Fixsterne, die Zentral­sonnen der anderen Sonnensysteme, genauer betrach, ten kann. Bisher reichen unsere Fernrohre nämlich nicht so weit, daß eS irgend einem Astronomen schon gelungen wäre, auch nur den allernächsten Fixstern, da- ist der Stern Alpha im Sternbild des Zentauren, so nah zu sehen, daß er di« Form einer Scheibe an­nimmt. Bisher kennen wi-r Fixsterne nur als Punkt«. DaS soll nun alles anders werden, seitdem man in Amerika das neu« Riesenspiegeltelestop gebaut hat. Ter Durchmesser des Spiegels beträgt 500 Zenti­meter, di« Ticke fast«inen Meter und das Gewicht Der korfifche Dandenkrteg. 1000 Mann, Tanks, Panzerautos, Flugzeuge, Kreuzer uud Bluthund« Der verwan­delte Räuber Der Tod des Erpresserköuigs Bartoli. Ei»-«-eNi-ter ME. »Das war vor vielen Jahren, in der vierten oder fünften Klasse unseres Gymnasiums. Wir hatten erfahren, daß wir einen neuen Stenogtaphielehrer bekommen würden. Diese Unterrichtsstunde fand nachmittags statt: wir Buben, von den Strapazen des Hauptunterrichts ausgerastet und durch das Mittagessen tüchtig gestärkt, strotzten natürlich von unbefriedigtem Tatendrang und Prickelnder Schabernackslust. Dazu /kam noch, daßStenographie" kein ge­fährlicher Gegenstand war. Ter jeweilige Lehrer konnte sich nur auf die Macht seiner Persönlich­keit stützen. Und das wußten wir. Wie wohl derNeue" ausschauen mochte?! Dies« Frage bildete das Hauptthema unsrer erregt-lärmenden und neugierig-gespannten Unterhaltung.. Auf einmal standEr" in der Türe: zögernd, unsicher, mit dem rechten Auge schie­lend, auffällig altmodisch gekleidet, leicht an­gegraut, vielleicht 45 Jahre alt. Einen Augen­blick herrschte Stille: der tödlichere Instinkt der Schüler uyrwittert« den Lehrer. In diesen ersten Augenblicken entscheidet sich oft das Schicksal Füh­rer oder Opfer. Als der Lehrer dann, um einige Kiuaneen unsicherer, das Katheder bestieg, war Sine Kindermörderin. (Prager Schwurgericht.) Prag , 23. November. Wieder saß«ine je», tragischen Gestalten den Geschworenen gegenüber. Wieder ist es eine Proletarierin, wie alle anderen,«in Dienstmädchen, bis dahin von bestem Ruf und musterhaftester Führung. Und es war auch kein leichte- Abenteuer, das diese Tragödie einleitete, sondern wirklich« Liebe, die erste und ein­zige Liebe dieser 28jährigen Rosa Mika. Ihr Geliebter war ihr vorletzter Dienstgeber, ein Gast­wirt, der mit seiner Frau in unglücklicher Ehe lebt«, aber wegen seiner drei Kinder an Scheidung nicht denken kannte. Als die trotz aller Zerwürfnisse eifersüchtige Gattin sie vor die Türe setzt«, fand sie Stellung bei«iner, Lehrersfamilie in Hotowrtz, wo sie zur größten Zufriedenheit arbeitete, bis zum Tage der Katastrophe. Ihr Geliebter besucht« sie allmonarlich in ihrem neuen Dienstort und im Sep­tember v. I. fühlte sie sich schwanger. Sie wollte sichhelfen" lassen. Einer jener Vampyr«, di« im Schatten des Iruchtabtreibunas» Paragraphen ihr mörderisches, aber«inträgliche- Gewerbe auSüben, eine Prager Abtreiberin, bot ihr ihre Dienst« an gegen ein Honorar von 3500 Krone'». Da weder sie noch ihr Geliebter dieses Geld auftrerben konnten, wie- si« ihnen die Tür. Und nun beschloß Rosa Mikadem Schick­sal seinen Lauf zu lassen". Ter Pater deS«r- warteten Kindes, der selbst in finanziellen Röten steckt, versprach ihrspäter nach Möglichkeit Alimente zu zahlen". Sie traf keine Vorbereitungen für die Geburt, ihr ganzes Bestreben ging dahin, den Dienstgebern ihren Zustand zu verheimlichen. Dabei hegt« sie bis zur letzten Minute«in« zaghafte Öff­nung, daß ihrirgendjemand irgendwie helfen würde". Drei Schrecknisse schwebten dem einfachen Landmädchen vor: Di«Schande vor den Leu­ten", di« Verstoßung aus dem frommen Eltern­haus und die guÄende Angst, als ledige Mutter nirgends einen Dienst zu finden. Si« wußte, daß mit derMoral" der(ach so tugend­haften!) Landbevölkerung nicht zu spassen ist. In der Rächt vom 25. Mai d. I. schlug ihre Stunde. Am Abort Pflegt sich diehohe Be­stimmung" dieser armen Geschöpfe zu erfüllen. Am Abort brachte auch Rosa Mika ihr Kind zur Welt; in der Klosettschüssel log es und schrie. Sie ver­sucht« e- zu erwürgen, dann schlug si« sein«n K o P f aus den Rand der Schüssel und endlich holt« sie ei« Küchenmesser, durchschnitr dem neu­geborenen Knaben-en Hals bis auf den Wirbel und stach dann noch einmal zu. Dann wusch sic das Blut ab und verbarg die Leiche in ihrem Wäschekorb. Und da es inzwischen Morgen geworden war, ging sie geradewegs von-er schauer­lichen Tätigkeit dieser, Nacht zur gewohnten schweren Tagesavbeir über. Sie verlor viel Blut uitb so wurde ihre Dienstgeberin aufmerksam und" ließ Arzt und Gendarmerie holen. Die Geschworenen b e j a h t e n mit elf Stimmen die Schuldfrage und der Gerichtshof unter Vor­sitz-es KreiSgerichtspräsr-enten Lin­hart verurteilte sie zu einer vierjährigen schweren Kerkerstrafe. Damit ist-er letzte Kind«-mordptozeß dieses JahreS abgeschlossen. Mr haben unser« Mei­nung über dies« Art von Prozessen schon seinerzeit gründlich ausgesprochen. Nun'mag noch zur Steuer -er Wahrheit eine Behauptung jenes Abendblattes erwähnt sein/ daS sichchristlich" zu netrnen wagt wir meinen den traurig berühmten klerikalen Praksky Bekernik". Dieses Blatt hat«ist neulich seinen bedauernswerten Losern die, kühne Erfindung vorgesetzt, daß Kindesmordprozessestete" mit dem Freispruch der Mörderin enden. Bekannt­lich bekennt sich die nationalistisch' Schmutzpresse genau zu der Zeichen Ansicht. Wir lassen al'o die Bilanz der sieben Kindes- mordprozefle folgen. Bon den sieben Fällen endete' mit Freispruch einer! Fünf führten zur Verurteilung zu j« drei Jahren schweren Kerkers und einer(der heutige) zu vier Jahren. Unsere Ansicht über die verschiedenen Urteile auszusprechen, verwehrt uns das Gesetz. Hier wollen vir nur die Tatsache feststellen, daß in jene» Kreisen der Zweck tatsächlich alle Mittel zu heiligen scheint. rb. Der vor einigen Tagen unter Führung des , französischen General- Huot und des korsischen Mili- , tärgouverneurS Fournier eingeleitet« Feldzug gegen , di« Banditen auf der Insel Korsika hat bis jetzt , noch kein« sehr großen Erfolge aufzuweisen. Etwa . 1000 Soldaten und Gendarmen sind mit Tanks, PanzerautoS, Maschinengewehren und auf Menschen­jagd dressierten Hunden unterwegs, um daS urwald­gleich« Gestrüpp am Col de Berd« zu Kämmen". Aber di« Unwirtlichkeit der Gegend und außer­gewöhnlich schlechtes. Wetter erschweren daS Vor­dringen der Polizeitruppen in beträchtlichem Maß«. Es sind einige Dörfer besetzt und etwa 75 Personen verhaftet worden. Von den Hauptschuldigen, die für das Räuberunwesen auf Korsika(und damit nicht zuletzt für den Rückgang deS Fremdenverkehrs) ver- antwortlich gemacht werden, hat man noch keinen gefaßt. Damit'sie nicht entwischens'kreuzen drei sonst in Toulon stationierte klein« Kreuzer der fran- zösischen Kriegsmarine vor der Küste. In Ajaccio liege» aus dem gleichen Grunde zwei Militärflug­zeuge bereit. Di« letzt« Zuflucht. Biele der in der Macchia, einer korsischen Hoch­ebene,ansässigen" Banditen sind gar kein« Korsen, sondern Verbrecher auS allen möglichen Ländern, die h:«t, von der Polizei verfolgt, ihre letzt« Zuflucht suchen. Di« Banditen, die jetzt die Insel terrorisie­ren, sind in den Augen der meisten ihrer Landsleute nichts als gemein« Verbrecher, d« man haßt und fürchtet. Die Zeiten, in denen der BanditiSmuS vor allem ein Wesensmerkmal der Buttrache war, die sür den Korsen auch heut« noch«in« moralisch gültige Einrichtung ist, sind längst vorbei. Vorbei ist auch di« Epoche, in der so große Banditen wie die berühmten Brüder B e I l a e o s i a, um deren Leben sich«in Kranz von Legenden spann, als wirkliche Notionalhelden galten, deren Tod da- ganz« Volk betrauerte. Bor etwa 50 Jahren wurde gegen di« Brüder Antonio und Giacomo Bcllacosia von den französischen Machthabern ebenfalls eine Expedition auSgerüste' Aber der Krieg gegen sie, die eine blutige Liebes- und Eifersuchtstragödie in die Macchia getrieben hatte Und di« von einem Steil­bang des Monte d'Oro aus das ganze Gebiet um Bocognano beherrschten und unterdrückten, verlief ergebnislos. Im Jahre 1802 kamen di« Brüder wieder unter Menschen und setzten sich in ihrem Heimatsort Bocognano zur Ruh«. Man konnte ihnen in den beiden letzten Jahrzehnten keine Bluttat nach­weisen; sie waren also amnestiert... DerEmpreß of Cameda". In letzter Zeit ist die Bevölkerung der Insel durch zahlreich« Uvberfäll« auf harmlose Touristen, unglaubliche Fäll« von Mord und Erpressung in|j Angst und Schrecken versetzt worden. Daraufhin entschloß sich di« französische Regirrung zu einer energi'chen Aktion. Wahrscheinlich wurde sie dazu i Ausspruch so stark traf. War es nur verletzte Eitelkeit...? Möglich übrigens, daß wirklich irgendetwas in meinem Gesicht in jenem Augen­blick an einen Affen erinnert hatte; sicher aber war ich damals ein ganz sauberer Junge. In diesem Augenblick nun haßte ich de» Menschen vor mir mit der ganzen Kraft memer jungen, ungebrochenen Leidenschaft. Ich hätte ihn am liebsten erwürgt. Bis zum Ende der Stunde hatte ich keine Lust mehr, Ulk zu treiben. Ich schämte mich vor meinen Mitschülern, und für wenige Sekun­den zwar nur, aber immerhin rch dachte daran, wie dieser Mensch durch unsre Grau­samkeit leiden müßte. Gleich oaraf aber haßte ich ihn wieder und schwor ihm heimlich Rache. Der Skandal in der Stenographiestunde ging so einige Wochen fort. Bis eines Tages der Direktor unerwartet das Schulzimmer betrat. Die selbst uns damal­unendlich qualvolle Verlegenheit und das Böllig- Zusammengebrochensein unsres Lehrer- stehen mir noch heute in klarer Erinnerung. Der Direktor blieb bis zum Schluffe der Stunde; es war mäuschenstill. Die nächste Stund« fiel aus. Dann bekamen wir einen neuen Lehrer. Der war der Richtige: ruhig, verständnisvoll und streng. Nicht einer von den Tyrannen, aber ein wirklicher Schul­mann,«in Erzieher. Neulich, nach Jahren, ging ich an einem schonen Herbsttage in den Wildpark unsrer Stadt. Es war em /Spätnachmittag mit klarem, blauem Himmel und schwindender Sonne. Was gibt es Ergreifendere- als die sterbenden Bäume mit ihren überreffen und seltsam müdfarbige» Blättern? Der Wald war menschenleer. Ich fühle mich allein... Bor dem Hirfchgeheae sah rch versonnen und ins Ansckiauen vertieft den Deren zu. Da vernahm rch Plötzlich Schritte: ein alter, säst bettlerhast gekleideter sehr krank auSsehtn- der Mann stand neben mir. Sein schmale«, ein­gefallene- Gesicht hatte die wachsige Farbe eines Toten. Die dünnen, bläulichen Lippen zuckten unruhig. Mit dem einen Auge schielte er... Irgendetwas Urmächtiges brach in mir aus; ern sonderbar würgendes Gefühl durch­strömte mich bis zum Halse herauf: warm, trau­rig und bitter. Ich spürte da« dringende Be­dürfnis, diesen Menschen anzusprechen, ihm etwa- Gute- zu erweisen... Er aber schien meine Absicht zu inerken und entfernte sich scheu, eine kleine, billige Pfeife rauchend; rch roch den schlechten Tabak. Er hat mich sicher nicht erkannt. Harald Spitzer.