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Mittwoch, 25. November 1931.
Nr. 274
den Sanierung— gefordert. Die Frage, die man beantworten muß, wenn man nicht Demagogie, sondern Politik betreiben will, ist vielmehr die, woher der Staat die drei Milliarden nehmen soll. Denn ehe er sie hergibt, muß er sie zunächst haben. Nun dürfte aber selbst in die Reihen der Nationalsozialisten bereits die Kunde gedrungen sein, daß der Staat nach drei Krisenjahren nicht über finanzielle Reserven verfügt, vielmehr die größten Anstrengungen machen muß, um seinen eigenen Haushalt im Gleichgewicht zu erhalten^ Der Staat müßte also"die drei Milliarden borgen, was unter den herrschenden Kreditschwierigkeiten, von denen die Nationalsozialisten vielleicht auch schon einmal gehört haben, wenn überhaupt, nur unter den drückendsten Bedingungen möglich wäre. Selbstverständlich bildet die Sanierung der Selbstverwaltungsfinanzen ein ernstes Problem und eine ernste Sorge. Aber man löst ernste Probleme nicht, indem man unernste Vorschläge zu Papier bringt, deren Grundgedanke etwa der ist, daß der Staat die Zinsknechtschaft dadurch bekämpfen soll, daß er sich in Schulden stürzt. Endlich die nationalsozialistische Lösung der Arbeitslosenfrage. Daß die hakenkreuz- lerische Weisheit uns auch hier die Antwort auf die Bedeckungsfrage schuldig bleibt, ist nicht weiter erstaunlich. Hier liegt vielmehr der Hase im Pfeffer. Daran durften sie ja nicht rühren, wenn sie— was ihnen durchaus gelungen ist— einen Vorschlag machen wollten, an dem vor allem die Unternehmer ihre Freude haben können. Darum haben sie in ihren Antrag nicht nur die famose Bestimmung über den Är- beitszwang ausgenommen, darum sind sie nicht nur über das Problem der Arbeitszeitverkürzung mit lautlosem Schweigen hinweg geglitten, sondern darum reden sie auch nicht von der Arbeitslosenversicherung, zu der die Unternehmer-Beiträge leisten müssen. Sie haben die Forderungen der freien Gewerkschaften verschlafen, welche die Schaffung eines Krisen- fonds vorsehen, zu dem die Unternehmer berzu- steuern haben, sie haben nicht nur Kenntnis genommen, daß der Minister für soziale Fürsorge in seiner Budgetrede für die Schaffung eines solchen Notfonds eingetreten ist, mit der ausdrücklichen Begründung, daß die Unternehmer, die imGegensatzzufa st allen entwickelten Industriestaaten bei uns zur Arbeitslosenfürsorge gar nichts beitragen, zu entsprechenden Leistungen herangezogen werden müssen. Die Nationalsozialisten vertreten scheinbar die Interessen der Arbeitslosen, indem sie für sie Unterstützungen fordern, in Wirklichkeit besorgen sie die Geschäfte der Unternehmer. Die Hakenkreuzler sind darin ganz in ihrer Rolle. Daß aber die Kommunisten beispielsweise in Bodenbach der hier besprochenen Resolution zustimmten, während sie sich bei dem ernsten, die Grenzen der gebotenen Möglichkeiten berücksichtigenden Anträge der Sozialdemokratie der Sfimme enthielten, ist! ein wertvoller Beitrag zur Naturgeschichte dieser„revolutionären" Partei. Die einen wie die anderen, Hakenkreuzler wie Kommunisten,! sehen in der Not der Arbeitslosen eben nicht»
g Dr. Tolpe’s Rache. Boman von A. Aitschul. Der Motor zog an. Nachdem Jenny in einem Gefühl ungehinderter Freiheit etwa fünf Sekunden lang mft anerkennenswerter Fixigkeit und vollkommener Nichtachtung aller gesellschaftlichen Vorschriften wortlos mit den Beinen gestrampelt hatte, holte sie tief Atem, seufzt«, lehnte sich in die Polster und lachte Kurt an: „Also, wohin fahren wir?" „Das frage ich dich." „Dummkopf." „Ach so..." „Glaubst du, ich habe mir deshalb große Toilette angezogen, damit wir im Auto durch die Stadt tuten? Mach ein Programm, gib dem Chauffeur ein« Adresse oder mehrere Adressen, ich habe"— sie griff in ihren Beutel— „ich habe mächtig viel Geld Mitgenommen. Da, siehst du?" ,^Jch habe auch etwa- Geld da", wagte Kurt «inzuwenden.„Spar es dir. Du bist heute mein Gast. LoS. Wohin?" „Die Theater haben schon angefangen." „Dann brauchst du sie erst nicht zu erwähnen." „Revuen?" „Danke." Plötzlich faßt« sie sorgenvoll Kurts Hand. „Hast du überhaupt schon gegessen? Ich auch nicht. Also wir fahren dort hin, wo es schrecklich elegant ist und wir rasend viel essen können. Weißt du ein solches Lokal?" Kurt schüttelte den Kopf. Jenny sah ihn mit großen Augen an.„Ach, ... also oaS bist du geworden?' Da ist es ja gut, daß wir einmal auSreißen. Da siehst du vor deinem Tod wenigstens noch mal waS HsibfcheS."
anderes als willkommenes Agitationsmaterial, der Gedanke, wirklich, Hilfe zu bringen, liegt ihnen meilenfern.... Die Sozialdemokratie wird es nicht schwer haben, solche Manöver billiger Demagogie zu durchkreuzen. Wir haben nie versprochen Wunder zu wirken. Wir haben immer die großen Schwierigkeiten, die bürgerlicher Widerstand in der* kapitalistischen Ordnung
Die Budgetdebatte. (Fortsetzung vo« Seit« 1.) Genosse Hampl(tsch. Sozialdem.) erklärt, ganz Europa sei heute pessimistisch und habe auch allen Grund dazu. Politisch komme dir kritisch« Situation auch in den heftigen Angriffen gegen das demokratische Regime tn Deutschland und Oesterreich zum Ausdruck. Unsere Aufgabe in Mitteleuropa wäre es, ein einheitliches, wirtschaftlich auf sich selbst ange- wiesenes Mitteleuropa anzubahnen, wobei er sich hie Kleine Entente als Kristallisationspunkt vor- stellt. Redner bedauert, daß wir die agrarisch« Politik ständig mit handelspolitischen Schwierigkeiten bezahlen müssen. Wenn die Agrarier zur Bildung einer handelspolitischen Blocks^, im Rahmen der Kleinen Entente fähig wären, würden dabei auch ihre Interessen gut abschneiden. Hampl verlangt energisch die Herabsetzung der Rüstungsausgaben und die Verkürzung der Militäroienst- zeit auf zwölf Monate; er befürchtet, daß zünftige Diplomaten und Militärs auf der Abrüstungskon, ferenz nicht den Mut zu einer radikalen Lösung aufbringen werden. Angesichts der 4Ü0.vdv Arbeitslosen ist I n i t i a- tive auf allen Gebieten der Wirtschaft und der Verwaltung notwendig, um di« Arbeitslosigkeit«in- zudämmen. Wenn die Regierung mit neuen Steuern kommt, so wird sie bei der Sozialdemokratie auf Verständnis stoßen, wenn sie di« wirtschaftlich Stärkeren belastet und di« Lasten gerechter auftrllt. In der Frage d«r Weihnachtszulage, die ein schmerzlicher Kompromiß zwischen den Staatsfinanzen und der Lage der kleinen Angestellten sei, hätte man direkt mit den Organisationen verhandeln sollen. So hab« man nur unnütz böser Blut gemacht. Dr. Lnkscha(Christlichsoz.) verwahrt sich dagegen, daß auf verwaltungstechnischem Gebiet etwa Aenderungen des Staatsvoranschlages legitimiert werden. Ersparnisse am richtigen Platz werde er nicht bekämpfen, er sei aber dagegen, daß man sich zuerst auf die Staatsbeamten fttirz«. Dar Gegenteil wäre eher richtig gewesen. Rach Ausnützung der ungelösten nationalen Probleme z« Angriffen gegen die Koalition stellt er sogar die Behauptung auf, die gegenwärtige Krise sei eigentlich keine Wirtschaftskrise(!), sondern eine Krise der politischen Unfähigkeit, die Dinge zu ordne». In«in«r zweiten Sitzung wind ein« Reihe von Senatsbeschlüssen sowie die beiden Regierungsvorlagen über die Sparmaßnahmen und di« Sparmaßnahmen und di« Steuerzuschläge, letztere mit 36stündiger Frist, den Ausschüssen zugewi«s«n. In fortgesetzter Debatte spricht noch RazuS (Auton. Sojus) über karpachorussische und slowakische Fragen. Dr. Szüllö(Ung. Christlichsoz.) erklärt, Benei vergess« bei seinen Plänen einer Zollunion Tschechoflowakei-Oesterreich-Ungarn einen wichtigen Koeffizienten, das ungarische Nationalgefühl. Ohne Heilung der den Ungarn zugefügtrn Wunden gebe es keine mitteleuropäische Konsolidierung. Letzter Debattenredner ist der Landbündler Böhm.
auch der gerechtesten Forderung entgegenbestellt, auch den Arbertslosen- auseinandergesetzt. Aber was wir versprochen haben: das Los der Arbeitslosen nach Kräften zu mildern, das haben wir geleistet und das werden wir weiter leisten. Damit werden wir aber gegenüber demagogischen Resolutionen, die nremandem etwas bringen, vor der Arbeiterklasse in Ehren bestehen.*
Die WirWastsfitnatton bleibt schwierig. Aus dem Bericht der Natioualbauk. & 24. November. Der Bankrat der wäkischen Nationalbank hielt heute feine ordentliche MonatAitzung'ab. Dem vorgetragenen Geschäftsberichte entnehmen wir: In den internationalen Finanz, und Krediwer» hältmssen bracht« auch der vergangene Zeitabschnitt keine Klärung. Di« Folgen der Kreditschwierigkeiten, der Einfuhrbeschränkungen einzelner Länder und der Devisenverorbnungen kommen in ihren Reflexe« auf. den internationalen Warenaustausch in einem bedeutenden Maße zum Vorschein. Der sschechoilowa- kisch« Geldmarkt blieb trotz der geringeren virt- schatflichen Aktivität gespannt, teils zufolge der wachsenden Schwierigkeiten bei Realisierung der AuSsuhrsordcrungen, teils im Zusammenhänge mil dem erhöhten Bedarf«' derjenigen Saisonzweige der inländischen Erzeugung, die Heuer fast ausschließlich auf heimisch« Kreditquellen angewiesen sind. Der Markt der langfristigen Kredite weist keine Aenderungen auf. Die Bewegung der Großhandelspreise verlief analog der auSläiwischen Entwicklung stabiler. Der Index der empfindlichen Preise erfuhr in den letzten Wochen«ine geringe Befestigung. Die Herbstarbeiten der Landwirtschaft sind im ganzen beendet. Di« Mißernte, an Futtermitteln und Stroh hatte in den Viehzucht-Gebieten Mangel an Rauhfutter und Streu zur Folg« und führt« zu Zwangsverkäufen, welche«in« stark« Senkung der Schlachtviehpreise hervorriefen. Di« industrielle Beschäftigung leidet in den Exportzweigen unter allseitigen Schwierigkeiten, di« sich dem Absatz und der Realisierung der Exportförderungen in den Weg stellen. Di« Arbeitslosigkeit stieg teils- aut diesem Gründe,»«ils wegen vorgerückter Saison. Di« steigenden Ausfuhrschwierigkeiten kommen auch in der Handelsbilanz für Oktober zum Ausdruck, hauptsächlich bei der Ausfuhr von Fertigwaren. Während in der Einfuhr eine sinkende Tendenz nicht wahrzunehmen ist, stellte sich in der Ausfuhr di« regelmäßig« Oktobererhöhung nicht«in. DaS Oktoberaktivum der Handelsbilanz war wesentlich niedriger wie im Vorjahr«. Der Druck der ungünstigen Entwicklung auf den Auslandsmärkte«, hauptsächlich im Zusammenhänge mit der Kreditkris« und mit verschiedenen Maßnahmen zur Beschränkung der Einfuhr, befindet sich dauernd im Steigen. Di« Wirtschaftssituation bleibt schwierig. Der Kurs der tsche- choflowakischen Krone war ruhig.
Las soziale kmvfinden der Agrarier. Wir haben unlängst geschrieben, daß die Agrarier„zu den ärgsten Feinden jeder ernsten Sozialpolitck gehören und kein soziales Empfinden für di« Not der Arbeiterschaft zeigen". Diese Behauptung hat den Herren vom Bund der. Landwirt« Bauchschmerzen verursacht und so Polemisieren sie unter einem zweispaltigen Titel gegen unsere Behauptung. Dabei passiert ihnen etwas.
t«is nur erhärtet, daß in den Reihen der Landbündler nicht eine Spur von Verständnis für die Läge der Arbeiterschaft vorhanden ist. Sie polemisieren gegen den Bestand der Sozialversicherung, die angeblich ein«„Mammutinstitution" ist, der Arbeiterschaft keinen Nutzen bringt und da« man an Stelle des Geldes, das di« Sozialversicherung kostet, 500.000 Arbeitslos« beschäfttgen könnte. Es ist wirklich müßig, sich im Jähr« 1931 mit Leuten auseinanderzusetzen, die gegen die Sozialversicherung zu Felde ziehen. Die Krankenversicherung hat in den mehr als vierzig Jahren ihres Bestandes so viel für die Arbeiterschaft geleistet,/sie hat so sehr zur Hebung der Gesundheit der Bevölkerung beigetragen, daß jeder Kind ihre, Notwendigkeit einsioht. Ebenso begreift jeder Mensch, der nur ein wenig sozialer Empfinden hat, daß auch di« Alters- und Jnvalidenversiche- rung für die Arbeiterschaft notwendig„ist. lieber dkesesDzlale Empfinden verfügen eben dr« Herren vom Bund der Landwirt« nrcht— und daran wird sich chphl auch in Zukunft nichts ändern.
Sie„Deutsche Morgeuzeituug" und der Radlumtov. Die Bergarbeiter von St. Joachimstal führen seit Jahren einen schwerem Kampf gegen die unheilvollen Einwirkungen der Raoiumaus- trahlungeN. Den Forderungen der Bergarbeiter teilt sich die bürgerliche Oeffentlichkeit und die taatliche Grubenverwaltung vollständig gleichgültig gegenüber. Nach schwerer Mühe ist eS unseren Genossen gelungen, den- von den Genossen Abg. Pohl und B r o L i k eingebrachten Gesetzesantrag. im sozialpolitischen Ausschuß zu behandeln. Eine eigene SubkomMission dieses Ausschusses hat sich an Ort und Stelle von den Dingen überzeugt. Just zu der Zeit, wo sich der sozialpolitische Ausschuß neuerlich mit der JoachimStaler Angelegenheit befaßt, erscheint in der ,-DeutscheN Morgenzeitung" in der Nummer 264 vom 19. November 1931 eine Notiz mft der Uebeffchrift„Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeiterschaft in der Joachims- taler Radiumfabrik". Die Wolf-Presse behauptet in dieser Notiz, daß durch die Sicherheitsmaßnahmen die Arbeiter und Angestellten gegen die verderblichen Einwirkungen der RadiumäuSstrah- lungen vollständig gesichert sind, daß infolge neuer Einrichtungen in der Grube die Bildung radioaktiven StaubeS unmöglich ist und daß durch diese Einrichtungen die Bildung der Radiumgase beseitigt ist. Wer die bestehenden Verhältnisse in den Gruben und in der Radiumfabrik in Joachimstal kennt, weiß aber auch, daß der Schreiber von den Verhältnissen in Joachimstal keine Ahnung hat. Es sind in Joachimstal keinerlei Einrichtungen getroffen worden, aus Grund welcher die Ra- oiumgasbildung beseitigt werden kann, noch sind Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, auf Grund welcher die Arbeiter und Angestellte gegen die verderblichen Einwirkungen der Radiumausstrahlungen vollständig gesichert sind. Ebenso wenig sind Wasch- uttd Reinigungseiurichtungen getroffen worden. Die Einführung der amerrka- nischen Bohrhämmer mit Wasserspülung hat lediglich den Zweck, die Staubentwicklung zu hemmen, aber auch den Zweck, die P r o d u k- tion zu erhöhen. Durch Versuche mit der Wetterführung kann lediglich erreicht werden, die staub-, öl- und Pulverrauch geschwängerte Lust aus den Gruben berauszubringen. Sowohl die Radiumausstrahlung als die Radiumgase und die Radiumemanation ist auf die ununterbrochene Ausstrahlung der Pechblende zurückzuführen. Auf Grund der wissenschaftlichen Abhandlungen und Gutachten ist ganz einwand-
Sie schüttelte den Kopf:„Eine rechte Frau ist überhaupt nicht zu gewinnen. Si« verschenkt sich, oder sie ist uneinnehmbar. Nein, ich wollte vorhin sagen: nicht ganz einfach zu lösen. Ihr Männer macht doch so gern au» der Frau«ine algebraische Aufgabe, di« um jeden Preis gelöst werden muß." ,^JennY, ich habe die Empfindung, ein« Lektion zu erhalten. Sollte ich dazu den Frack angezogen haben?" Sie lachte.„Gewiß nicht, aber für daS Gespräch mit einer Frau ist der Mann mitverantwortlich und du fingst an von dem Sinn der Schönheit zu sprechen." Sie berührte seine Hand und lächelt« ihm zu. Glaubst du, liebster Junge, daß uns dieser Sinn so interessiert? DaS ist etwa- für euch, die chr Gleichnisse und Urbilder braucht. Wir wollen—" Sie brach ab und vollführte eine müde, spöt- tische Handbewegung, gleich al» verstünde er«S doch nicht. Da beugt« er sich leicht zu chr und vollendete:„ vermutlich geliebt zu werden." „Vermutlich", antwortet« sie. Und setzte nach kurzem Schweige» hinzu:„Da» ist nämlich unser höherer Zustand." Hob den Kopf und sah Kurt so ruhig und Hefter an, daß«r ein wunderliche- Frösteln spürte. Sie aßen, tranken, schwatzten, rauchten, schwiegen, lachten, schauten ins flitternd« Ge- woge. Dort tanzten die anderen und Mufft war überall in der Lust. Jenny wählte für Kurt schöne Frauen aus. Er sah Jenny an und sah durch sie hindurch in» Herz der Erde. Ja, das war da» Geheimnis irdischen Glücks; Schönheit. Und dem, der sie begriff, war si« zugleich Brücke in» Ewig« hinüber. Plötzlich bemerkte«r, daß Jenny ganz steif dasaß. „Wie? Du sitzt ja ganz steif auf detnem Stuhl?"' \(Fortsetzung folgt.)
Der Wagen hielt. Der Chauffeur schob das Fenster zurück und fragte, wohin er fahren solle. Darauf fragte ihn Jenny kurzerhand nach dem elegantesten Restaurant. Chauffeure und Oberkellner sind nie erstaunt. Er dachte nach, nannte einen Namen, auf den hin beide verständnislos nickten, und fuhr ab. MS der Wagen hielt, stürzte ein betreßter Knabe an den Wagenschlag, öffnete, grüßte und überließ di« beiden der Hut«ineS anderen Betreßten, der den Weg zur Garderobe wies. Gehorsam legte Kurt ab. Jenny behielt das Cape und schritt, ehe Kurt noch recht Orientierung genommen, mutig voran. Dann drang unsinnig viel Licht auf Kurt ein, er fühlte weiche Teppiche, er b«m«rkte einen Kellner, der in überwältigender Dienstbeflissenheit ihnen den Weg zu einem Tisch bahnte. Er sah ein Empore, Mahagonigeländer, tanzende Paar«, Sektflaschen in Eiskübeln,«inen zweiten Oberkellner, der di« Sessel zurechtrückte und die in Saffian gebundene Speisekarte vorlegte. Ein dritter erschien mit der Weinkarte. Kurt setzte sich, musterte etwa» geblendet die überfttdene Architektur. „Herrlich", sagte Jenny, gerade das Richtige." Sie warf den Mantel ab. Einer der Betreßten ergriff ihn, trug ihn fort. Kurt sah nicht, was si« trug, e» war ihm überdies ganz gleichgültig. Er sah da ein Bild von Samt und Silberpokat... eine zauberische Sache. Jenny lachte ihn aus, als er ihr erklärt«, daß ihm jetzt, in diesem Augenblick, der Sinn der Schönheit klar geworden sei,„DaS ist aber reichlich spät", meint« sie,„du bist doch schon ziemlich über di« dreißig? Der Sinn der Schönheit geht einem Mann doch meisten» mit zwanzig auf?" Da erklärte er ihr, daß man mft zwanzig noch sehr verworrene Begriffe von
Schönheit habe und die Sehnsucht nach ihr als Bildnis mit der Ahnung eines höheren Zustandes komme. „Aber dieftn Zustand kann man wohl nicht mit einer Frau«rieben", versetzt« sie und begann ihre Suppe zu essen. „Nicht mit, sondern durch die Frau." „Nicht mit, sondern durch die Frau... DaS heißt, daß«ine Frau ihn natürlich nicht erleben kann. So ist eS immer mit den höheren Zuständen. Sie scheinen alle für euch reserviert. Weißt du was, Kurt? Ich sehe von einem wesentlich banaleren Standpunkt auS, daß du endlich heiraten mußt." heiraten?" „Oder dir eine Freundin anschaffen. ES ist dir bekannt, daß alle Frauen gern kuppeln, also laß mich dir ein« auSsuchen." „Einverstanden", lacht« er.„Mach mir Vorschläge." „Liebesvorschläge bei Ochsenschwanzsuppe, das nennt man wohl Neu« Sachlichkeit? Nein, Kürt, gar so einfach geht daS nun doch nicht. Ich unterhalte schließlich kein HeiratSbüro. Aber ich werde an dich denken. Sage mir, waS du liebst: Blond? Brünett? Schwarz?" Er sah sie an und sagt«:„Brünett." Sie hob die Augenbrauen und gab sein Lächeln leicht zurück. ,H)aS heißt, wen« ich recht versteh«, daß du es mit den Schwarzen versuchen willst. Nicht ungefährlich... denn di« schwarzhaarigen Frauen wollen nicht teilen, sind eifersüchtig wie Rassehund« und entschlossen, alles auf eine Kart« z« setzen... Warum lachst du mich auS?" Er blickte auf chr Haar. „ES ist nicht ganz schwarz und ich habe Alldem blaue Augen, wäre also etwas wir eine kombinierte Schachaufgabe, nicht ganz einfach-- „Zugewiruren?" unterbrach Kurt.