Nr. 800.

Freitag, 28. Dezember 1081.

^e'.te 8

Oie Generationen in unserer Zeit.

Gedicht in dieser Zelt. Meine Frau kommt«ach Haus und weint wie «in kleines Lind, in der Fabrik an der Tür hängt ei« maschinen­geschriebener Zettel. Weiht du auch. Manu, daß wir jetzt arbeits ­los sind? Wie laug « lebt mau den» von dem Bettel? Der Chef sagt, daß er nur dauerud verliert: Er hat«uS nur' noch au- Nächstenliebe beschäftigt. Bor fünf Jahren hat er rationalisiert. Inzwischen haben sich seine Finanzen gekräftigt. Nu« fährt er in seinem blauen Auto davon; Welleicht in die Berge? vielleicht auch an'S Meer? Vielleicht gründet er morgen Mayer und Sohn? Für alle Fäll« find seine Tasche« nicht leer. Aber was wird«uu aus uuS? Bis jetzt find wir«och so t-idlich oben geschwommen; Wir lebten, wenn aum manchmal recht knapp. Wir habe« nie mehr Aussicht irgendwo uuter- zukommrn Nun reiht es auch unS in den Strndel hinab. Willi Mader. nnHuniniRRiuianiuiininiitiiiiniuinmiiiiiiuiiiiiiininiinitnmmuiininnHHiHnnniHiiinHiiHH Kapitalismus gdöft werden kann... aber daraus acht keineswegs hervor, daß der Kapitalismus seine letzte Grenze erreicht hat oder in eine so ausweglose Situation geraten ist, daß ihr bereits soin Tod folgen müßte... Der Kapitalis­mus hat früher manövriert und wird weiter manövrieren..." Gut. daß daS nicht ein Sozialdemokrat gesagt hat. Es hätte ihm unweigerlich den Borwurf des Klaffen­verrates und des Sozialfaseismus eingetragen. Wenn eS aber ein Kommunist sagt, so ist es revolutionäre Erkenntnis. Freilich bleibt noch der Gegensatz zwischen den russischen Sozialdemokraten(Menschewiki) und der regierenden Kommunistischen Partei Rußlands . Trotzdem die Menschewiki niemals und nirgends etwas Konterrevolutionäres getan und niemals ein« gegenrevolutionäre Auffassung ver­treten haben, werden sie von der Sowjetbüro­kratie verfolgt,^ ihre Anhänger ei«gekerkert und ihnen jede Möglichkeit genommen, sich in Ruß­ land politisch zu betätigen. Die terroristische Diktatur über klaffenbewußte Proletarier, die sich zur Sozialdemokratie bekennen, die nach fastistifchen Methoden geübte brutale Unter- vrückunq sozialdemokratischer Arbeiter ist die Schranke, an di« jeder Versuch der Zusammen­arbeit von Kommunisten und Sozialdemokraten stoßen muß. Otto Bauer glaubt, daß in dem Augenblick, da di« Erzeugung von Nahrungs­mitteln und industriellen KonsumtionSm'tteln in demselben raschen Tempo steigen wird wie di« Entwicklung?der Schwerindustrie, wird es mög­lich sein, di« Bedürfnisse der Bevölkerung weit stärker zu befriedigen und wird der Abbau der terroristischen Diktatur und der brutalen Unter­drückung der Sozialdemokratie Rußlands möglich sein. Der Zusammenbruch der kapitalistischen Welt, der sich in der gegenwärtigen Weltwirt­schaftskrise offenbart, hat dem Kampf d«S Prole­tariats um eine bessere Welt ungeheure Schwie­rigkeiten in den Wog gestellt. Sie können nur überwunden werden durch die einheitliche, inter­nationale Aktion der Arbeiter. Der Kapitalismus treibt die Kulturmrnschheit ins Verderben, der Sozialismus allein, der nur das Werk einer einigen Arbeiterklasse sein kann, kann sie retten. Auch die Macht des FasciLmuS, der ein Mitt«l der Kopitalistenklass« ist. der drohenden Entwick­lung zum Sozialismus Einhalt zu tun, kqnn durch«ine einige Arbeiterklasse viel eher ge­brochen werden. Der hakerckreuzleriische Spuk in Deutschland würde vor einem einheitlichen Sozialismus, der auf di« Indifferenten ein« gewaltige Anziehungskraft ausüben müßte, zer­stieben, und auch bei uns in der Tschechoslowakei wäre«S mit dem llebergewicht des AgrariSmuS bald vorbei, der Sozialismus würde zur wirk­samsten und umgestaltenden politischen Kraft des Landes werden. Das ganze Bild der Gestaltung unserer Zukunft würde sich ändern. I» dieser schweren Zeit, in den für die Ent­wicklung der Dlenschheit, für den Bestand der europäischen Kultur entscheidenden Jahren, müßte di« Vertretung dos GesamtintevesseS des Proletariats durch eine einheitliche sozialistische Partei, di« Möglichkeit einer gesamtprol«- tarischen Politik eine ungeheuer« Kraft­quelle für die Arbeiterschaft sein. Dies anzu- strehen ist Pflicht jedes Menschen, der davon durchdrungen ist, daß di« Lösung der katastro­phalen Kris« der Menschheit nur im Sozialismus liegt.Die Kommunisten"(lieS Sozialisten), heißt «S im Kommunistischen Manifest,unterscheiden sich von,den übrigen proletarischen Parteien... dadurch, daß sie... in den verschiedenen Entwick­lungsstufen, welche der Kampf zwischen Prole­tariat und Bourgeoisie durchläuft, stets daS Interesse der Gesamtbewegung vertreten." Wer die ewige Dauer der Spaltung des WeltproletariatS predigt, ist ein Schädiger des Sozialismus und hilft nur der Reaktion in den Sattel, die den Kapitalismus, die Unsicher­heit der prol«tarischen Existenz, di« Not und daS Elend von Millionen verewigen will. Emil Strauß .

Ei« kleiner Ring begrenzt unser Leben, und viele Geschlechter rechen sich dauernd an ihres Daseins uneMiche Kette. Goethe. Lite und Junge Bürger Was sich vor unsere« Augen seit Jahr und Tag in Deutschland abspielt, der raketenartige Aufstieg deS Nationalsozialismus und der unauf­haltsame Zusammenbruch der bürgerlichen Par­teien mit der einen Ausnahme des Zentrums, nennen die unmittelbar Beteiligten gern eine Revolution. Politisch und ihrer Zielsetzung nach ist diese Bewegung in Wahrheit keine Revo­lution, losgelöst von den übrigen politischen und sozialen Faktoren, als Umwälzung innerhalb einer bestimmten Gesellschaftsklasse betrachtet, ist eS eine Revolution, ist es die revolutionäre Lösung eines historisch-biologischen Gegensatzes, der Spannung zwischen jung und alt, zwischen VorkriegS- und Nachkriegsgeneration im deutschen Bürgertum. So widersinnig das klingen mag: mit dem Sieg der nationalsozialistischen Ideologien über das Denken der bürgerlichen Borkriegswelt erst stellt sich das deutsche Bürgertum und vor allem das deutsche Kleinbürgertum auf den Boden der Republik und der neuen, durch Krieg und In­flation geschaffenen Gesellschaft. Stresemanns romantischer Traum vom deutschen BolkSkaiser- tum, von der schwarz-weiß-roten Fahne mit schwarz-rot-goldener Gosch, die Versuche der Demckraten, an die Tradition von 1848 anzu­knüpfen, Hugenbergs Hohenzollerntreue, das waren allesamt Versuche, der neuen Zeit mit den Ideen der alten beizukommen. Hitlers Propa­gandamethoden, die sich bewußt an die Masse urch m der Masse wieder an den Sektor der Denk­faulen wenden, Gottfried FederS Wirtschafts- und Rosenbergs Staatstheorien, so wenig originell und neu sie sein mögen, kommen den Beoürf- niffen der Zeit entgegen, erwachsen aus den Gegebenheiten der unmittelbaren Gegenwart und gewinnt« die Jugend, die politisch agile wie die träge Masse der bisher Indifferenten. Das deutsche Bürgertum und Kleinbürger­tum der Vorkriegswelt haben an den Kapitalis­mus geglaubt; außerhalb der kapitalistischen Ord­nung schienen Arbeit, Wirtschaft, Oronung, Kul­tur undenkbar. Die jungc Generation glaubt nicht mehr an den Kapitalismus . Die Deklassierung der Kleinbürger durch die Inflation, die Wirt­schaftskrise, die Rationalisierung haben den Glau­ben der Jugend an den Kapitalismus erschüttert. Will man sie in den Dienst der Reaktton stellen, so muß man sie durch scheinsozialistische Ideen au gewinnen suchen. Der Nationalsozialismus stellt m Namen und Programm den Zweifel» vielleicht si^ar schon die Verzweiflung der jun- gen Generation am Kapitalismus dar. Nur noch unter der Flagge eines Sozialis­mus, freilich eines möglichst verwaschenen, ge­fühlsmäßig unklaren, mit Traditionen und Vor­stellungen der alten Zeit durchsetzten Sozialismus geht die kleinbürgerliche Jugend von 1931 für die Klasseninteressen der Kapitalisten ins Feuer; sie bringt das größte Maß an Vertrauen den am wenigsten bürgerlichen Schichten der Reaktion, dem vorkapitalistischen Junkertum, dem vor- kapitalisttschen OffizierSadel, die stärkste Feind­schaft der bürgerlichsten Schichte der modernen Gesellschaft, dem Börsen- und Bankenhändlertum entgegen. Aber auch der Nationalismus und Patriotismus der Vorkriegszeit haben sich überlebt, sind unbrauchbarer Ballast der Bour­geoisie geworden; bezogen auf ein Vaterland, dessen Verfassung und Fahne die Bürger hassen, auf eine Nation, deren Einheiüichkeit man nun­mehr selbst leugnet, bieten sic dem Wertbcgriff der Jugend keine Haltepunkte. Wenn Hochverrat patriotische Pflicht, Bürgerkrieg nationale For­derung werden, versagen Nationalismus und Patriotismus der alten Prägung. Der National­sozialismus ersetzt sie durch neue Ideologien, die nicht weniger verlogen, aber zeitgemäß und für eine antirepublikanische, antidemokratische, anti­proletarische Bewegung praktikabel sind. Mit Urgewalt bricht in einem Augenblick der deutschen Geschichte, da Krieg, Umsturz und Erschütterung der Wirtschaft den ruhigen Fort­gang von Entwicklung und Geschlechterfolge stören, als revolutionäres Element der Gegensatz der Generationen hervor. Die zeitliche Grenze zwischen jung und alt bildet der Krieg, die Grenz­scheide der Generation ist, um mit GläserS Roman zu gehen, derJahrgang 1902". (Man kann vielleicht die differenzierten Ueber- gänge von Jahr zu Jahr verfolgen, wie Leo­pold Dingräve eS in der geiswollen und aufschlußreichen SchriftWostehtdiejunge Generation?", Eugen DiederichS Verlag, Jena , versucht hat.) Die Generationen in der Arbeiterklasse. Hier war immer von Bürgertum und Kleinbürgertum die Rede. Wie verhält es sich im Proletariat? Daß die Geschlech­terfolge auch in der Arbeiterklasse daS Denken wandelt braucht kaum bewiesen zu werd»«. ES ist ein Gesetz deS Lebens, daß die in der Gesell­schaft wirrere Generation, im allgemeinen also die Menschen zwischen dem 30. und dem 60. Jahre, in einen Gegensatz zu den um WiArng

ringenden, emporstrebenden Jungen geraten. Jene wollen, was sie in der Jugend gelernt und erfahre» haben, was sie für richtig halten, zur Geltung bringen. Ihre Gedanken durchstrahlen den gesellschaftlichen Körper» durchsetzen ihn mit den Elementen, die ihnen wertvoll, keimträchtig, erprobt scheinen. Die Jugend wächst unter an­deren Voraussetzungen heran, lernt und erfährt andere Dinge, setzt sich weiter gesteckte Ziele, will ihrerseits wirken und säen. In dem Maße, als die alten konservativ werden, bewahren wollen, waS sie geschaffen haben und vollendet glauben, und die Jungen die weitere Bewahrung deS Be­stehenden als verderblich ansehen, wächst die Spannung zwischen den Generationen. Aber nur selten wird auS der Lösung eine Rebellion; nur dann, wenn sich die alte Generation einer plötz­lichen Wandlung im Unterbau der Gesellschaft nicht gewachsen zeigt, wenn sie versagt und den Boden unter den Füßen verliert, wird sie in ge- waltsamem Anlauf von den Jungen hinweggefegt. Das war für das deutsche Bürgertum m den Jahren 1914 bis 1928 der Fall. Es hat ssch weder oem Krieg, noch der Revolution, noch der Repu­ blik gewachsen gezeigt. Der Zusammenbruch seines Staates, seiner sozialen Ordnung und seiner Wirffchast bereiteten den Sturm der jungen Generation vor, der 1929 einsetzte. Für die Arbetterklasse trifft diese Voraus­setzung nicht zu. Zwar hat die Enttäuschung von 1914 wenn man will, einVersagen" vor der Situation viele Jüngere in Opposition und Rebellion getrieben; sse kamen zum Ausdruck in den Spaltungen und Neugründunaen soziali­stischer Parteien von 1916 bis 1921; oer Zusam­menbruch deS Kapitalismus aber kann m der Arbeiterklasse nicht die Voraussetzung eines Um­sturzes der Generationen werden, well ja auch oie alte Generation diese Auflösung vorauSgesehen und gewollt hat. Was sich heute im deutschen Bürgertum vollzieht, der Niederbruch der alten Parteien, daS Einschmelzen der alten Ideologien und die politisch-geistige Umgruppierung radikal­ster Art, könnte m der Arbeiterklasse nur unter einer Voraussetzung seine Parallele finden: wenn die Sozialdemokratie im Kampfe gegen den FasciSmuS versagen, die Errungenschaften von sechs Jahrzehnten verspielen sollte. Dann wäre auch die proletarische Jugend gezwungen, ganz von vorn anzufangen. Dennoch wäre«S gefährlich, wenn die beiden Generationen, die heute in der Arbeiterkalffe wir­ken(eine dritte, die Generation der Gründer, ist ja nur noch'als passives Element vorhanden), sich der Bedeutung deS Generationenwechsels nicht be­wußt wären, wenn die Alten glaubten, es könne alles stillstehen, die Jungen, sie hätten keine Auf­nah«» zu erfüllen, sonder« nur zu erben. Zum funstenmal stit dem Beginn der bürgerlich-kapi- talistischen Aera wechseln in der Arbeiterbewegung die Generationen: von der ersten zur zweiten war eS der Schritt des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft(dre wissenschaftliche Generation war die um 1820 geborene: Marx 1818, Engel- 1820, Lassalle 1825, Liebknecht 1826), von der zweiten zur dritten war es der Sprung von der Idee zur Organisation, von der wissenschaftlichen Entdeckung zur Verbreitung der Lehre, von Marx zu Kautsky und Bern­ stein , von Lassalle zu Bebel, von En­gels zu Viktor Adler ; den nächsten Gene­rationenwechsel verwirren Krieg, Spaltung und Revolution, die Jungen bleiben zur Hälfte stek- ken, zur anderen kommen sie erst nach dem Krieg zur Geltung; Bolschewik! und Austromarxisten, Karl Liebknecht und Hendrik de Man lie­ßen sich gleichermaßen hier einordnen. Man man­ches unvollendet blieb, was zwischen der dritten und vierten Generation ins reine zu bringen war, erweitert sich heute die Spannung, klaffen unüberbrückbare Lücken zwischen drittem und fünftem Lebensalter, fehlt da und dort ein Ring in unseres Daseins unendlicher Kette.' Ole Aufgaben der jungen Generation. Die Vorkriegsgenerationen der Arbeiterbewe­gung haben die drei Säulen der^Arbeiter­bewegung nach harmonischem Bauplan errichtet. Gewerkschaft und Genossenschaft waren die stärkeren Eckpfeller, langsamer wuchs auf weniger breitem Fundament die Säule der politischen Bewegung(in bedenklichem Mißverhältnis und also schon nicht mehr har­monisch blieb in England der polnische Pfeiler weit zurück). Nun sind die Eckpfeiler zu soliden und gründlich fundierten Massiven geworden, an denen die junge Generation weiterbauen, aber nichts wesentliches mehr ändern kann. Mit an­deren Worten, Gewerkschaften und Genossenschaf­ten sind selbständige Gebilde geworden mit einem eigenen Apparat, mit zahlreichen Beamten, mit festbegründeten Einrichtungen, waS sollte, WaS wollte die junge Generation da ändern? Die politische, Säule zu stärken, daS ist eine Ausgabe der jungen Generation; der politischen Partei und ihren Einrichtungen innere Festigkeit und zugleich Beweglichkeit zu verleihen, sie in dem Maße zu verselbständigen, als Gewerkschaften und Genossenschaften ihr Eigendasein abseits der eigentlichen Politik begründen, das ist die große organisatorische Aufgabe der Jungen. Sie stellt sich praktisch so dar, daß die Jugend den Apparat der Parteien, die Presse, die Agi­tation-- und Schulungsmethoden, soweit sie noch in der bloßen Tradition stecken und den Anfor- dexungen des modernen LstzenS nicht entsprechen,

Arbeiter- Jahrbuch 1932 Preis 10 Kronen

Das Jahrbuch gehört ins Haus jedes Arbeiters!

Aus dem InhaltI Internationale Arbeiter- wbeegung, Goethe- Gedenkschriit. mit aller Ehrfurcht vor dem Erprobten und Ge­wachsenen, aber auch mit aller Frische und Un­befangenheit, die nottun, den Bedürfnissen der Zeit angleichen. Eine andere Aufgabe, die so gut ein geistiges Problem wie eine organisatorische Frage ist: der Bau der vierten Säule. WaS wir heute proletarische Kulturorganisationen nennen, ist doch ein recht buntes Bukett von Fahnen und Abzeichen, hinter denen sich oft Vereinsmeierei und kleinbürgerlich verspießerte Wichtigtuerei verbergen. Die große proletarische Kulturorganisation zu schaffen, deren Seele ein Kulturprogramm sein müßte, das nicht die Brockensamnllung von der ausgehobenen Tafel des bürgerlichen Liberalismus, sondern die Quintessenz marxistischer Gesellschafts- und Kul­turkritik in drei Generattonen wäre welch ge­waltige Aufgabe für dir junge Generation! Voraussetzung hierfür ist nicht nur, daß die Alten sich der notwendigen zeitlichen Beschränkt­heit ihrer noch im wesentlichen liberalisttschen Weltanschauung bewußt werden und der Jugend Spielraum gewähren, sondern auch Wille und Erkenntnis der Jugend selbst, daß die Wissen­schaft nicht im 19. Jahrhundert stehen geblieben ist und daß die Probleme der Philosophie, das religiöse ekstgeschlossen, der N a t u r w i s- senschäft, der Kunst und des kulturel­len Lebens überhaupt aus einem anderen Aspekt erfaßt sein wollen, als ihn das 19. Jahr­hundert nnb seine im Wesen bürgerliche Wissen­schaft hatten. Die alte Generation hat. in unseren Berei­chen mindestens, in der Eroberung der Dem o- Tratte ihr Lebensziel gesehen. Es ist nur"°na-' türlich, daß ihr die Bewahrung»er Demokratie als die höchste konservative Aufgabe erscheint. Sie wird aber verstehen müssen, daß der Jugend das Erreichte nicht genügen kann, daß die Jugend über die formale Demokratie hinaus nach neuen Zielen strebt und be» allem Respekt vor der Ueberlieferung auch Institutionen wie den Par­lamentarismus heutiger Gestalt in den Bereich der Kritik einbezieht; Aufgabe der Jugend aber wird eS sein, die demokratischen Grundsätze zu bewahren und die Mängel der Demokratie zu beseitigen, ohne die Idee selbst preiszugeben. Der Sozialismus, der' ehedem ein Traum und eine mit religiöser Jnorunst ver­ehrte Idee war, ist für die Menschen von heute ein aktuelles Problem.Sozialismus in unserer Zeit"(so formulieren es die englischen Radikalen von der I. L. P., und so ungefähr wollen es auch die jungen Sozialisten verstanden wissen, die sich in Deutschland um die ausgezeichneten und für jung und alt lesenswertenNeuen Blät­ter für den Sozialismus" scharen), Sozialismus in unserer Zeit, auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens, das wird die Parole der Jurwen fein. Daß sie dabel weder klein­geistige Reformisten und Gesundbeter der bürger­lichen Ordnung werden, noch sich in radikalen UtopiSmus verlieren, daß sie gläubige So­zialisten der Gesinnung und zünf­tige Werkleute am Bau der Gesell­schaft zugleich seien, das ist ihre große, ihre größte Aufgabe.\ Diese Umschichtung in der Arbeiterklasse, dieses langsame Einrücken neuer Kämpfer in oie alten Fronten mitsamt der allmählichen-strate­gischen Umgruppierung, die sie bewirken sollen, wird sich ohne Bruch und Rebellion, wenn auch nicht ohne Fieber und Reibung vollziehen, wenn beide Generattonen, die wirkende und die stre­bende, die bewahrende und die schöpferische, die abtretende wie die kommende, sich oer Bedeutung des Wandels, seiner lebensgesctzlichen Notwendig­keit bewußt sind,, wenn beide erkennen, daß die eine umsonst gewirkt hat, wenn die andere nicht das Erbe bewahrt, unb diese, daß sie nichts er­reichen kann, wenn sie nicht auf dem ererbten Fundament weiterbaut. WaS sich in der Gesell­schaft so oft unbewußt vollzogen hat, sollten wir als Wissende, geleitet auch hier von marxistischer Erkenntnis historischen Geschehens, vollbringen: Brücke zu sein zwischen den Zeiten, über die Klüfte, ein Bogen, von der Zeichen Kraft ge­spannt und von fernher kommend, dem nachswn wieder Rückhalt und Wurzel, in die Ferne stre­bend, im ewigen Rhythmus deS Lebens; so stotz wir begannen, so hoch unsere Sonne stteg, einmal wird eS Abend, und versinkend wollen wir wissen, daß andere da sind, denen verkündet ist: Zu n e u e n U f e r n l o ck t e i u n e u e r T a g! Dr.(hüll SoMI.k